Protokoll der Sitzung vom 24.04.2008

weil es uns immer wieder Gelegenheit gibt, die Meinungen auszutauschen.

Das Wichtigste hat Kollegin Paulig am Schluss gesagt. Deswegen will ich es gleich noch einmal aufgreifen, auch weil es noch frisch im Gedächtnis ist. Sie haben vom Handlungsbedarf gesprochen, der zweifellos vorhanden sei, und Sie haben es in Zusammenhang gesetzt mit der derzeitigen Nahrungsmittelkrise. Da haben Sie recht.

Wer in dieser Woche einen interessanten Artikel im „Spiegel“ gelesen hat, der kann das Problem nicht ganz von der Hand weisen, dass die großen Firmen, die Futtermittel und Ähnliches herstellen, auch im Bereich der grünen Gentechnik und der Agrogentechnik forschen und manchmal vielleicht aus wirtschaftlichen Gründen in die falsche Richtung forschen. Wenn Sie da sagen, es bestehe Handlungsbedarf, dann haben Sie recht.

Was aber Ihren Antrag betrifft, der letztlich auf eine Änderung unseres Naturschutzgesetzes hinausläuft, komme ich noch einmal auf den Anfang Ihres Beitrags zurück. Da haben Sie gesagt, Sie reden angesichts der knappen Redezeit doppelt so schnell. Da sage ich Ihnen: Dadurch wird es aber nicht richtiger, dadurch wird es auch nicht sinnvoller.

(Widerspruch bei den GRÜNEN)

Lieber langsamer reden und am besten vorher nachdenken,

(Zuruf der Abgeordneten Maria Scharfenberg (GRÜNE) – Weitere Zurufe von den GRÜNEN)

in die Augen, indem wir sagen würden: Ein bisserl sind wir zwar dagegen, aber irgendwo müssen wir es ja doch probieren. So etwas machen Sie. Darin unterscheiden wir uns ganz klar.

Wir sagen: Das ist zu gefährlich. Deswegen sollten wir – ich erinnere an letzte Woche – den Antrag nicht annehmen. Man muss auch die Konsequenz bleiben lassen. Man darf nicht ein bisserl Ja sagen.

Sie streuen mit Ihren Presseerklärungen den Menschen draußen Sand in die Augen. Glauben Sie denn, dass jemand zwischen Langzeit- und Kurzzeitversuchen und sonstigen Dingen differenzieren kann?

Der Landwirtschaftsminister hat unseren Antrag letztes Mal überhaupt nicht verstanden. Ich kann im Übrigen verstehen, dass er ihn nicht verstanden hat. Er hat versucht, das Thema plötzlich mit dem Stichwort „Sicherheitsforschung“ wegzureden. Herr Meißner, der Herr Landwirtschaftsminister redet nicht einmal mehr über Langzeitversuche. Dazu ist er viel zu feige. Er streut jetzt neuen Sand in die Augen der Menschen. Denn er sagt: Wir müssen die Sicherheit erforschen. Wenn aber das Zeug so gefährlich ist, dass man über die Sicherheit nachdenken muss, dann gehört es gar nicht erst ins Freiland. Haben Sie sich eigentlich gut überlegt, was der da für Dinge erzählt?

Die Bevölkerung Bayerns hat es längst begriffen, auch die Landwirte. Sie wollen keine neuen Abhängigkeiten eingehen. Sie wollen ihren Boden schützen und sichergehen. Dabei hat der Staat nach meiner Meinung eine wesentliche Rolle zu spielen. Wenn wir uns selber darin alle nicht so sicher sind, was ich auch von Ihnen weiß, dann kann das nur heißen, dass wir Nein sagen müssen – ausgenommen zu den Laborversuchen.

Deswegen ist dieser Antrag nach unserer Meinung verfehlt. Er springt zu kurz. Wir werden uns der Stimme enthalten, weil wir der Meinung sind: Weg mit dem Zeug aus der Natur! Weg mit dem Zeug aus dem Freiland! Da braucht man keine deklaratorischen Erklärungen von der Art: Ein bisserl müssen wir es schon machen; wir müssen schließlich forschen. Aber für die Forschung sind genügend Labors vorhanden.

Man sollte mit dem Zeug nicht auf das Freiland gehen und Grund und Boden von Landwirten beanspruchen, die gar nichts dafür können, wenn es zu Übersprungreaktionen kommt und das Saatgut und vieles andere mehr in die Freiheit gelangt. Dies wollen doch auch Sie nicht; sonst würden Sie nicht über Sicherheitsforschung reden.

Unsere Bitte ist: Machen Sie mit uns mit! Sorgen Sie dafür, dass das Zeug langfristig aus der Natur verschwindet und möglichst gar nicht erst da hineinkommt! Dann sind wir auf dem richtigen Weg im Interesse der Schönheit unseres Landes und seiner Artenvielfalt.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Herr Staatssekretär Huber.

Was Sie wollen, führt zu Parallelstrukturen, wie ich auch im Ausschuss schon ausführen durfte, und es geht sogar so weit, dass im Gentechnikgesetz die Ausschließlichkeit des Gentechnikgesetzes für die gentechnikrechtliche Beurteilung explizit im schönen § 22 geregelt ist. Anders – darauf ist Kollegin Paulig auch eingegangen – ist es nach § 34 a des Bundesnaturschutzgesetzes, wonach in Natura-2000-Gebieten eine eigene Verträglichkeitsprüfung vorgesehen ist.

(Zuruf der Abgeordneten Ruth Paulig (GRÜNE))

Ja, gerade dann ist doch Ihr Gesetzentwurf entbehrlich, wenn das schon so geregelt ist. Jetzt haben wir die Situation, dass wir, was den Anbau betrifft, nur MON 810 zugelassen haben. Hier ist kein Anbau in FFH-Gebieten oder in deren Nähe vorgesehen. Sie konstruieren da immer einen Zusammenhang – das dürfen Sie ja alles machen – mit der Nähe zu Vogelschutzgebieten, wo aber alle, die das zu beurteilen haben, uns versichern, dass es in diesem Bereich für diese SPA-Gebiete, für diese Vogelschutzgebiete, kein Risiko gibt.

(Ruth Paulig (GRÜNE): Und bei den FFH-Gebieten?)

Wir werden Ihren Antrag aus guten Gründen ablehnen. Denn wir wollen keine Parallelstrukturen. Eine zweimalige Prüfung macht keinen Sinn. Die Dinge sind im Gentechnikrecht geregelt. Ihr juristischer Ansatz wird nicht dadurch richtig, dass Sie ihn jede Woche wiederholen.

Wir müssen uns leider so verhalten, wie ich gesagt habe. Ich bitte also um Ablehnung des Antrags.

(Beifall bei der CSU)

Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Kollegen Wörner.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wir werden uns bei der Abstimmung über diesen Gesetzentwurf der Stimme enthalten. Grund: Ein bisserl schwanger gibt es nicht. Entweder sagen wir zu diesem Dreckszeug konsequent Nein, oder wir sagen Ja. Eine Abgrenzung in der Natur ist nicht möglich. Wir wollen nicht nur Naturschutzgebiete schützen, sondern die ganze schöne bayerische Landschaft, deren Tiere und alle Wesen, die sich auf dieser Erde aufhalten. Das ist der Hauptgrund unserer Ablehnung.

Sie können den Bienen keine Schranken einbauen. Die fliegen in Naturschutzgebiete genauso wie woandershin. Wir können nicht Mikroorganismen vorschreiben, wo sie sich im Boden bewegen sollen.

(Christian Meißner (CSU): Aber wenn Sie es könnten, würden Sie es tun!)

Nein, das würden wir nicht tun. Deswegen bringen wir das Zeug nicht aus. Herr Kollege Meißner, wir machen es anders als Sie. Wir streuen den Menschen keinen Sand

Ich erspare mir den Hinweis auf § 22 Absatz 2 des Gentechnikgesetzes, wo die Konzentrationsklausel explizit formuliert ist.

Ich möchte auch klarlegen, dass das, was Sie fordern, derzeit schon Faktum ist. Faktum ist es deswegen, weil ein In-Verkehr-Bringen von EU-Behörden bereits geprüft wird. Auf EU-Ebene wird die Umweltverträglichkeit bereits geprüft, wenngleich ich zugebe, dass wir hier noch etwas mehr Transparenz brauchen.

Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, BVL, führt solche Verträglichkeitsprüfungen bereits bei der Genehmigung von Freisetzungen im Einzelfall durch. Es prüft, ob die Umweltverträglichkeit gegeben ist.

Sie haben gefragt, wo unser Gegenvorschlag und unser Ansatz sind. Unseren Ansatz machen wir tatsächlich schon beim Anbau. Wenn jemand gentechnisch veränderte Produkte anbauen möchte, muss er es dem Standortregister melden. Danach kann gegebenenfalls eine Prüfung durch die Naturschutz- und die Gentechnikbehörden erfolgen, ob irgendetwas gegen den Anbau spricht.

Jetzt passen Sie gut auf. Ich sage etwas, worauf Sie vorhin nicht eingegangen sind. Nach dem derzeitigen § 34 a ist es so, dass wir beim Anbau nur innerhalb von FFH-Flächen die Prüfung durchführen müssen. Sie haben aber ständig ausgeführt, dass in der Nähe von FFH-Flächen oder Biotopen der Anbau geprüft werden müsse. Das ist derzeit nicht vorgesehen, wird aber ab 17. Juni mit einer neuen Definition des Projektbegriffs möglich werden.

Ab Mitte dieses Jahres wird also eine neue Situation eintreten, bei der diese landwirtschaftliche Tätigkeit mit GVO in der Nähe von solchen Gebieten zu prüfen ist. Wir erarbeiten gerade Vollzugshinweise, um diese neue Rechtssituation zu berücksichtigen. Sie können also all das, was Sie jetzt mit der Gesetzesänderung erreichen wollen, im normalen Vollzug des bestehenden Gesetzes realisieren.

Ihr Gesetzentwurf ist gut gemeint, aber in diesem Fall völlig überflüssig. Doppelt genäht hält halt nicht immer besser. Der doppelte Aufwand, die doppelten Strukturen sind in meinen Augen überflüssig, sie kosten bloß Geld und erhöhen den Verwaltungsaufwand. Aus diesem Grunde ist das Gesetz sachlich überflüssig, rechtssystematisch falsch und vollzugstechnisch verfehlt. Deswegen rät die Staatsregierung, diesen Ihren Gesetzentwurf abzulehnen.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. – Es hat sich noch einmal zu Wort gemeldet Frau Kollegin Paulig.

Kolleginnen und Kollegen! Ja, es muss sein. Dieser Gesetzentwurf zur Zurückdrängung der Agrogentechnik ist notwendig; die Natur ist es uns wert, Herr Meißner.

Sehr geehrter Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen, Hohes Haus! Das war richtig ermunternd. Kollege Wörner hat die prinzipielle Frage „Dreckszeug – Ja oder Nein“ aufgeworfen. Er hat sich meines Erachtens nicht so richtig um das heutige Thema gekümmert, ausgenommen die Nebenbemerkung, dass es nicht bloß um 13 %, sondern um 100 % der Fläche Bayerns geht. Dies kann ich nachvollziehen. Darin bin ich voll Ihrer Meinung. Man muss sich die Dinge grundsätzlich überlegen.

Frau Kollegin Paulig hat die volle wöchentliche Keule geschwungen. Sie hat ihr wöchentliches Feuerwerk mit Weltbank, Konzernen, Hunger in der Welt abgelassen. Das war die volle Dosis.

Ich habe jedoch den Auftrag, die Thematik, die heute auf der Tagesordnung steht, zu behandeln, nämlich den Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN zur Änderung des Bayerischen Naturschutzgesetzes. Ich bin dankbar, dass Kollege Meißner die Problematik schon juristisch-fachlich beleuchtet hat.

Ich weiß gar nicht, warum man so viel Aufheben macht. Wir sind uns in Bezug auf die Artenvielfalt und die Vielfalt der Lebensgemeinschaften völlig einig. Vor allem die genetische Vielfalt ist für uns alle ein ganz hehres Ziel. Sie ist ein zentrales politisches Ziel der CSU, der Staatsregierung und offensichtlich auch von Ihnen. Darüber brauchen wir uns nicht zu streiten.

Bloß streiten wir uns in diesem Haus wie so häufig darüber, auf welchem Weg wir das Ziel erreichen können. Den von Ihnen vorgeschlagenen Weg halte ich für verfehlt. Das will ich Ihnen erläutern.

Sie behaupten, es sei notwendig, das Naturschutzgesetz zu ändern. Ich sage Ihnen jedoch: Alles, was Sie fordern, ist bereits ausreichend geregelt, und zwar dort, wo es hingehört: im Gentechnikrecht. Es ist sichergestellt, dass die spezifischen Gefahren, die die Gentechnik auch für die Natur mit sich bringt, im Gentechnikrecht umfassend und wirklich abschließend beurteilt werden. Die Einwände, die Sie vorbringen, scheinen mir nur dazu geeignet zu sein, Doppelstrukturen aufzubauen.

Die Auswirkungen, die wir hier heute betrachten, sind in der neuen Verordnung über die gentechnische Pflanzenerzeugung geregelt. Danach muss bei der zuständigen Naturschutzbehörde angefragt werden. Sie haben das neue Recht vorhin schlechtgemacht. Aber das steht jetzt ausdrücklich drin. Nun ist anzufragen, ob einschlägige Vorschriften gegen den Anbau auf einer bestimmten Fläche sprechen. Das ist dann zu prüfen.

Aus diesem Grund sage ich: Der Antrag ist rechtssystematisch völlig verfehlt. Die Dinge im Naturschutzgesetz zu verankern, ist wirklich nicht der richtige Ort. Wir haben hier doppelte Zuständigkeiten. Gerade Sie sprechen doch von Bürokratieabbau. Doppelte Zuständigkeiten, doppelte Prüfungen, doppelte Verwaltungsstrukturen und doppelter Aufwand sind nicht zielführend. Wir haben bereits die Strukturen, die das, was nötig ist, ausreichend berücksichtigen.

Vielen Dank, Herr Präsident.

(Christian Meißner (CSU): Jetzt schlägt das Imperium zurück!)

Kolleginnen und Kollegen! Nein, ich schlage nicht zurück. Ich darf die Kollegin Paulig daran erinnern, dass ich im Bayerischen Landtag bin und die bayerischen Interessen vertrete

(Beifall der Abgeordneten Susann Biedefeld (SPD))