Protokoll der Sitzung vom 05.06.2008

Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. des jeweiligen Abstimmungsverhaltens seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen?

Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist der letzte Tagesordnungspunkt. Wird namentliche Abstimmung beantragt?

(Zurufe: Nein!)

Nein. Ich frage ja nur vorsorglich, damit wir die 15 Minuten einhalten könnten.

(Allgemeine Unruhe)

Antrag der Abg. Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Maria Scharfenberg u. a. u. Frakt. (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)Gender Budgeting als haushaltspolitisches Instrument verankern (Drs. 15/9489)

Ich eröffne die Aussprache. Reden Sie, Herr Hallitzky? – Mir war der Kollege Mütze gemeldet worden. Aber vor mir steht der Kollege Hallitzky; Sie haben das Wort, Herr Kollege.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das war jetzt etwas hektisch.

Gender Budgeting ist „Denglisch“, so ein schwieriger Begriff, werden manche gedacht haben

(Engelbert Kupka (CSU): Oberbayrisch!)

und erst einmal oberbayrisch gegoogelt haben. Dabei hatten wir erst vor Kurzem einen Antrag zum Gender Mainstreeming. Es geht also um geschlechtersensible Haushaltspolitik.

(Ludwig Wörner (SPD): Wunderbar!)

Haushalt, das wissen wir alle, ist das, wo politische Inhalte sich materiell verfestigen und damit natürlich auch festgelegt, materiell unterfüttert werden. Haushälterinnen und Haushälter sind von Haus aus erst einmal unschuldig geboren. Deshalb sind sie oft in ihrem Innersten davon

teren Wortmeldungen mehr vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Initiativgesetzentwurf auf der Drucksache 15/9990 und die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit auf der Drucksache 15/10720 zugrunde.

Der federführende Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit empfi ehlt die unveränderte Annahme. Der Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen stimmt bei seiner Endberatung ebenfalls zu, allerdings mit der Maßgabe, dass der § 2 neu gefasst wird. Ich verweise insoweit auf die Drucksache 15/10720.

Wer dem Gesetzentwurf mit der vom endberatenden Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen vorgeschlagenen Änderung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Einstimmig so angenommen – ein seltenes Ereignis in diesem Hause.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, führen wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch. Ich schlage wieder vor, dass wir sie in einfacher Form durchführen. – Damit besteht Einverständnis.

Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Damit ist das Abstimmungsergebnis dasselbe.

Das Gesetz ist damit so angenommen. Es hat den Titel: „Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum“.

Ich gebe jetzt das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Maget, Wahnschaffe, Sonnenholzner u. a. und Fraktion, betreffend „Virtuelle Erprobung des Gesundheitsfonds“, Drucksache 15/10754, bekannt. Mit Ja haben gestimmt 26, mit Nein haben gestimmt 90 bei einer Stimmenthaltung. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 2)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Abstimmung über Anträge und Verfassungsstreitigkeiten, die gemäß § 59 Absatz 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden

genauso brauchen wir eine Jungenförderung in anderen Haushaltsbereichen.

(Herbert Ettengruber (CSU): Wir brauchen einen Männerbeauftragten! Das sollten Sie fordern!)

Aus diesen Gründen beantragen wir, dass die Staatsregierung Gender Budgeting als Instrument einsetzt und damit Geschlechtergerechtigkeit im Staatshaushalt umsetzt. Die Staatsregierung soll ihre Haushaltsentscheidungen dahin gehend untersuchen.

Aber wir kennen Sie ja. Sie sind kaum sensibel, geschweige denn geschlechtersensibel.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Deshalb wären wir schon zufrieden, wenn Sie wenigstens einige Pilotprojekte bei der Bayerischen Staatsregierung anstoßen könnten.

Herr Kollege, Sie sollten wenigstens zeitsensibel sein.

(Allgemeine Heiterkeit)

Frau Präsidentin, danke für den Hinweis.

(Erneute Heiterkeit)

Bayern könnte auch auf die Erfahrungen anderer Länder zurückgreifen und einmal einen fachlich-politischen Diskurs zur dieser Problematik betreiben. Wir könnten uns im Übrigen sehr gut vorstellen, dass der ORH als übergeordnete Controllingstelle, gerade auch weil die EU das wünscht, künftig das Augenmerk auch darauf richten wird. Da würde es der Staatsregierung gut anstehen, auch im eigenen Controlling Geschlechtersensibilität einzuführen.

Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Antrag und mit uns den Weg zu einer neuen, besseren geschlechtersensiblen Ausrichtung des bayerischen Staatshaushalts zu gehen.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. Nächste Wortmeldung ist Herr Kollege Ach. Auf diese Wortmeldung bin ich besonders gespannt, Herr Kollege.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, der Antrag ist dadurch, dass er hochgezogen wurde, nicht besser geworden, die

überzeugt, dass Zahlenwerke absolut geschlechtsneutral sind. Auch die Finanzwissenschaft hat eigentlich nie Zweifel gehabt, dass sich die Grundsätze der Haushaltsführung in Einklang mit den Gleichstellungszielen im Grundgesetz befi nden. Deshalb könnte man natürlich meinen, es sei direkt fragwürdig, wenn man demokratische Finanzentscheidungen nach den unterschiedlichen Auswirkungen auf Frauen und Männer befragt.

Das ist aber nicht nur nicht fragwürdig, sondern es ist im Gegenteil notwendig und geboten. Zum einen aus rechtlicher Sicht. Die EU-Kommission hat schon vor sechs Jahren den Mitgliedsländern aufgetragen, ihre Haushalte auf Geschlechtergerechtigkeit zu untersuchen. International tut sich einiges. Österreich ist auch dabei. Der Bund hat eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Das Ergebnis wird aber noch unter Verschluss gehalten. Länder – Berlin, NRW – waren aktiv, in Bayern ist allerdings bisher Fehlanzeige. Nirgendwo bei uns gibt es so etwas wie einen Gender Check einer Titelgruppe geschweige denn eines Kapitels. – Das ist zunächst einmal die rechtliche Seite.

Aber vor allem geht es um die inhaltliche Notwendigkeit einer geschlechtssensiblen Haushaltspolitik. Zwei Beispiele: Wenn die Staatsregierung eine Straße baut, dann wird sie davon ausgehen, dass diese Straße jeder nutzt. Das tut ja auch jeder; Frauen fahren zwar auch, aber Männer haben mehr Fahrzeuge und fahren mehr. Die Straße wird also stärker von Männern benutzt. Auch wenn die Staatsregierung die Mittel für den ÖPNV kürzt, betrifft es zunächst beide Geschlechter. Aber Frauen benutzen den ÖPNV häufi ger. Wenn Sie also umschichten vom ÖPNV zum Straßenbau, ist das ein Beitrag zu mehr Geschlechterfreundlichkeit für die Männer und mehr Ungerechtigkeit für die Frauen. Das ist ein klares Beispiel, dass sich eine geschlechtssensible Haushaltspolitik auf den Haushalt auswirken würde, nähme man sie denn ernst.

Dabei ist Gender-Politik – oder Gender Budgeting – keine reine Frauenförderung, Kollege Kreuzer.

(Thomas Kreuzer (CSU): Wunderbar!)

„Geschlechtersensibel“ heißt, kein Geschlecht zu benachteiligen. Ein Beispiel: Wenn wir jetzt erkennen, dass Jungen im Bildungsbereich inzwischen, was die Motivation angeht, was Abschlüsse angeht, zu den Verlierern gehören und Mädchen an ihnen vorbeiziehen, dann sollte sich das haushalterisch in diesen Bereichen in Jungenförderung widerspiegeln, wo es darum geht, dass beide Geschlechter gleiche Chancen in unserer Gesellschaft haben. Genauso, wie wir es für selbstverständlich erachten, sogar Sie, Herr Kreuzer, der eben so nett gelächelt hat, genauso wie wir es mittlerweile doch hoffentlich für selbstverständlich halten, dass es eine Frauenförderung im Wissenschaftsbetrieb gibt,

(Thomas Kreuzer (CSU): Ich halte Ihre Ausführungen für wegweisend, Herr Kollege!)

Damit wird deutlich, liebe Kolleginnen und Kollegen: Der Freistaat Bayern begreift die geschlechtersensible Sichtweise als ernst zu nehmendes Thema und handelt auch danach. Anlass für eine zusätzliche Einführung des Instruments Gender Budgeting besteht jedoch nicht.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Doch!)

Dies begegnet vielmehr folgenden erheblichen Bedenken: Zum einen bedingt es, dass jeder einzelne Haushaltsansatz darauf untersucht wird, wie er im Hinblick auf Frauen und Männer wirkt.