Dringlichkeitsantrag der Abg. Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Maria Scharfenberg u. a. u. Frakt. (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) Deutschland braucht kein FBI: BKA-Gesetz im Bundesrat ablehnen! (Drs. 15/10752)
Dann ist es zulässig, wenn es zum Schutz von Leben, Leib, Eigentum, körperlicher Unversehrtheit erforderlich ist - und nicht an jedem Ort in ganz Bayern zu jeder Zeit ohne jeden Anhaltspunkt. Jetzt sagen Sie mir, was Sie gegen dieses Gesetz haben.
- Das wird niemand in der Bevölkerung verstehen. Diese Rechtsänderung ist richtig. Sie wird den Ansprüchen des Bundesverfassungsgerichts gerecht, sowohl tatsächlich als auch rechtlich. Deswegen bitte ich um Zustimmung.
(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Frau Stahl möchte noch einmal sprechen! Wir haben noch zweieinhalb Minuten!)
Herr Präsident, ich möchte im Sinne der Aufforderung von Herrn Weidenbusch dem Erfordernis der richtigen Zitierung nachkommen. Ich bitte, das im Protokoll zu ergänzen. Herr Kreuzer hat vorgelesen, aus welchem Anlass und aus welchen Gründen die Videoüberwachung zulässig ist. Ich würde das gerne ergänzen; denn Sie haben eine ganze Reihe von Punkten weggelassen.
1. um Leben, Gesundheit, Freiheit oder Eigentum von Personen, die sich im Bereich öffentlicher Einrichtungen, öffentlicher Verkehrsmittel, von Dienstgebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen öffentlicher Stellen oder in deren unmittelbarer Nähe aufhalten, oder
2. um Kulturgüter, öffentliche Einrichtungen, öffentliche Verkehrsmittel, Dienstgebäude oder sonstige bauliche Anlagen öffentlicher Stellen sowie die dort oder in deren unmittelbarer Nähe befi ndlichen Sachen
Dieses Zitat zeigt, wie umfassend Sie die Videoüberwachung ermöglichen wollen. Ihr Zitat war schlicht - -
Videoüberwachung und das Filmen auch in Wohnungen, das Installieren von Wanzen in Wohnungen – auch in Wohnungen Dritter, nicht nur in Wohnungen Verdächtiger, sondern auch in Wohnungen von Menschen, bei denen vermutet wird, dass dort Erkenntnisse gefunden werden könnten über irgendwelche verdächtige Personen. Der Paragraph 20 betrifft auch Online-Untersuchung, und diese Untersuchung bezieht sich nicht nur auf das Internet, das wäre das eine, denn das Internet ist quasi ein öffentlicher Bereich, sondern es geht auch um die Untersuchung privater PCs, es geht um die Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechts. Die Untersuchung geht nicht nur so weit, dass quasi mit E-Mails Trojaner auf private PCs oder auch auf Server von Großrechnern installiert werden sollen, sondern die Bestrebungen gehen weiter, bis hin zum Recht auf Wohnungseinbruch und auf das Betreten und Durchsuchen von Wohnungen zur Installierung von Überwachungssoftware auf privaten PCs. Die Anstrengungen gehen weiter zur Telekommunikationsüberwachung von Berufsgeheimnisträgern, zur Einschränkung des Schutzes der Privatsphäre bei dieser Überwachung und zu einer ganzen Reihe von Befugnissen, bei denen man getrost annehmen kann, dass sie vor dem Bundesverfassungsgericht nicht Bestand haben werden. Daher, Herr Innenminister, ich grüße Sie, bitten wir Sie: Setzen Sie sich im Bundesrat dafür ein, dass dieses Gesetz nicht vollzogen wird.
Es geht darum, dass die Privatsphäre, die früher ein hohes Gut war, mit diesem Gesetz systematisch ausgehöhlt wird. Die Grenze zwischen einem vernünftigen Schutz der Bürger und dem übermäßigen Eindringen in ihr Privatleben wird durch das Gesetz weit überschritten. Der Respekt vor der Privatsphäre ist staatlicherseits verloren gegangen. Infolgedessen ging er auch im zwischenmenschlichen Bereich und im Berufsleben verloren. Der Staat nimmt sich immer mehr Rechte. Er glaubt, dass er Computer Dritter überwachen darf. Dies glauben dann auch andere beispielsweise im Berufsleben. Wir hatten den Fall „Telekom“. Es gibt weitere Fälle, die dem folgen. Was bisher galt, wird zur Disposition gestellt.
Früher wollte man die Probleme unserer Gesellschaft damit lösen, dass man mehr Demokratie wagt und mehr Demokratie einsetzt, um alle Kräfte in unserer Gesellschaft zu aktivieren und gemeinsam daran mitzuwirken, gute Problemlösungen für unsere Zukunft zu entwickeln. Jetzt meint man, nur mit einer Ausweitung der Überwachung unserer Gesellschaft – und da passen diese Bestrebungen voll mit verschiedenen anderen Initiativen bis hin zum geplanten Bayerischen Versammlungsgesetz zusammen – kann man die Probleme unserer Gesellschaft lösen.
Wir sagen: Verhindern Sie den Kahlschlag der Grundrechte, erhalten Sie bewährte föderale Strukturen,
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute das geplante BKA-Gesetz auf die Tagesordnung gesetzt, um zu erreichen, dass das von Innenminister Schäuble geplante Umbaugesetz unserer Sicherheitsarchitektur gestoppt wird, dass diesem Umbau Einhalt geboten wird. Wir beantragen, dass die Staatsregierung aufgefordert wird, diese Entwicklung zu stoppen und das BKA-Gesetz im Bundesrat abzulehnen.
Auch die anderen Länderparlamente werden sich mit den geplanten BKA-Änderungen befassen, geht es hier doch um die Aufgabe des bisherigen Sicherheitsgefüges Deutschlands, und das ohne Not. Schließlich arbeiten die Landespolizeibehörden erfolgreich auf dem Gebiet des internationalen Terrorismus mit dem BKA als Zentralstelle zusammen. Meine Kolleginnen und Kollegen, Schäubles BKA-Gesetz will die Zuständigkeit der Länder für die polizeiliche Gefahrenabwehr zur Disposition stellen, und das wäre meiner Meinung nach auch ein Thema für den bayerischen Innenminister.
Erstmals nach dem Dritten Reich und der DDR soll auf deutschem Boden wieder eine Behörde installiert werden, die über sämtliche Geheimdienst- und Polizeibefugnisse verfügen soll. Das BKA soll hierbei mehr Befugnisse erhalten, als den einzelnen Landespolizeibehörden zur Verfügung stehen. Die bisher klare Kompetenzverteilung zwischen Bundes- und Landespolizei soll zur Disposition gestellt werden. Es soll nicht mehr gelten, dass Polizei Ländersache ist. Bei Terrorismus soll der Bund die Federführung bekommen. Es entstünde, durch dieses BKAGesetz, das ich hier bei mir habe, eine Vielzahl von Doppelzuständigkeiten des Bundes und der Länder bei der Gefahrenabwehr. Das bisher Bewährte soll aufgegeben werden und zudem soll das BKA, das bisher als Ermittlungsbehörde unter der Zuständigkeit des Generalbundesanwalts tätig ist, aus eigenem Antrieb tätig werden können, und ohne dass künftig eine Kontrollinstanz dabei eingebunden wäre. Die Generalbundesanwaltschaft soll ausgeklammert werden. Sie soll nicht einmal mehr über die Tätigkeiten des BKA unterrichtet werden müssen. Bisher hatte sie die Federführung in allen Fragen des Terrorismus.
Dies, meine Kolleginnen und Kollegen, stellt eine Entwicklung des BKA hin zu einer zentralen Staatspolizei dar, man kann sagen, zu einem deutschen FBI, zu einer Behörde mit geheimdienstlichen wie polizeilich exekutiven Mitteln: allmächtig, allgegenwärtig und allzuständig. Das BKA soll hierbei zur präventiven Gefahrenabwehr alles tun dürfen, was es im Polizeirecht und bei den Nachrichtendiensten gibt. Diese Befugnisse werden in einem umfangreichen neuen Paragraphen 20 defi niert, von § 20 a bis § 20 x. Er reicht über das - aufgrund seiner Wirksamkeit höchst umstrittene - Instrument der Rasterfahndung bis zum Lauschangriff –, und zwar nicht nur innerhalb, sondern auch außerhalb von Wohnungen, er umfasst die
Herr Präsident, Hohes Haus! – Nachdem jetzt die In-Sich-Gespräche der GRÜNEN ein Ende gefunden haben, ist es vielleicht ganz gut, dass auch die anderen politischen Seiten dazu einmal gehört werden.
Ach komm, red’ halt nicht schon wieder rein. Das dauernde Reingeschnattere – – Lassen Sie einen anderen auch mal reden.
Frau Kollegin Kamm, ich habe von Ihnen schon manchen Antrag gelesen, aber der vorliegende ist wohl der Gipfel der Scheinheiligkeit.
Sie geben hier vor, für den Föderalismus zu kämpfen. Ihnen geht es bloß darum, die Tätigkeit des Bundeskriminalamts bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus zu verhindern. Sie sind dagegen, dass das Bundeskriminalamt polizeiliche Maßnahmen einsetzt. Sie wollen auch auf Länderebene laufend blockieren oder verhindern. Sie tun so, als wollten Sie für den Föderalismus kämpfen. Im Prinzip geht es Ihnen nur darum, eine wirksame Terrorismusbekämpfung zu verhindern.
Was stellen Sie hier für einen Antrag? – „Die bundesdeutsche Sicherheitsarchitektur mit der Zuständigkeit der Länder für die polizeiliche Gefahrenabwehr hat sich bewährt und muss beibehalten werden.“ Haben Sie nicht mitbekommen, dass vor zwei Jahren das Grundgesetz geändert wurde? – Infolge der Föderalismuskommission wurde das Grundgesetz geändert. Lesen Sie im Grundgesetz nach. Dort steht in Artikel 73 Absatz 1 Nummer 9 a:
Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalpolizeiamt in Fällen, in denen eine länderübergreifende Gefahr vorliegt, die Zuständigkeit einer Landespolizeibehörde nicht erkennbar ist oder die oberste Landesbehörde um eine Übernahme ersucht;
Damit ist klar, wo auf Bundesebene eine Zuständigkeit gegeben ist und wo auf Länderebene die Zuständigkeit gegeben ist.
Wenn Sie schon so für den Föderalismus kämpfen wollen, dann sind Sie ein Jahr zu spät dran. Es gab einmal einen Entwurf im Bundesinnenministerium, bei dem man sich
Herr Präsident, das massive Eindringen in die Privatsphäre ist kein virtuelles Problem und nicht an die Wand gemalt: Es greift immer mehr um sich, und zwar nicht nur seitens öffentlicher Einrichtungen, sondern auch in der Privatwirtschaft, wie wir alle in den letzten Monaten und Wochen erfahren konnten und erfahren mussten.
Ich darf Sie mit einem Sachverhalt konfrontieren bzw. fragen, wie Sie das beurteilen, Frau Kollegin Kamm. Wie beurteilen Sie
(Heiterkeit bei Abgeordneten der GRÜNEN – Lachen der Abgeordneten Joachim Herrmann (CSU) und Thomas Kreuzer (CSU))
den jüngst aufgetauchten Vorwurf, im Auftrag der Staatlichen Lotterieverwaltung Bayern, also eines Betriebes unter Regie des Bayerischen Finanzministeriums, hätten Detektive zwei Personen beobachten bzw. beschatten sollen, wobei sich die beauftragte Beobachtungstätigkeit vom Fotografi eren der Ladenlokale über das Fotografi eren der vor oder hinter den Ladenlokalen geparkten Autos bis hin zum Eindringen in die PCs und zum Auslesen des E-Mail-Verkehrs erstreckt haben soll? Wie beurteilen Sie das?
Herr Kollege Runge, wenn es tatsächlich der Fall gewesen ist, dass hier das Finanzministerium oder Unternehmen unter der Aufsicht des Bayerischen Finanzministeriums Detekteien beauftragt haben, die gesetzeswidrig mit Trojanern versucht haben, in private PCs einzudringen, dann ist das ein Skandal ohnegleichen
Das beginnt im Antrag selbst: „Die bundesdeutsche Sicherheitsarchitektur mit der Zuständigkeit der Länder für die polizeiliche Gefahrenabwehr hat sich bewährt und muss beibehalten werden.“ – Sie erläutern das dann in der Begründung; dort heißt es: Erstmals soll das Bundeskriminalamt für die Terrorismusbekämpfung die Aufgabe der Gefahrenabwehr mit entsprechenden Befugnissen erhalten. Weiter unten heißt es: Mit der hier dargelegten neuen Aufgabenbeschreibung des BKA-Gesetzes wird die bislang noch recht klare Kompetenzverteilung zwischen Bundes- und Landespolizei aufgegeben. Noch weiter unten schreiben Sie: Das BKA bekäme nun weitgehend die Möglichkeiten, aus eigenem Antrieb tätig zu werden. – Kolleginnen und Kollegen, das steht doch im Grundgesetz.