Protokoll der Sitzung vom 05.06.2008

Warum spricht man in diesem Gesetzentwurf des Weiteren nicht ausdrücklich von einer terroristischen Tat? Solche Taten sollen doch verhindert werden. Das, was man verhindern will, sollte man offen ansprechen, statt ganz nebulös von einer „schweren Gewalt“ zu sprechen. Was ist denn „schwere Gewalt“? Schwere Körperverletzungsdelikte, Angriffe auf den Luft- und Seeverkehr usw. fallen, wie man aus einschlägigen Kommentaren ersehen kann, unter „schwere Gewalt“.

Hier geht es nicht nur um „schwere Gewalt“, sondern um Gewaltkriminalität. Wenn man den Gesetzentwurf liest, muss man unterstellen, dass die Verhinderung der Gewaltkriminalität sicherlich nicht im Interesse des Bundesjustizministeriums liegt.

Uns reicht der Gesetzentwurf, wie er hier vorliegt, deshalb nicht aus. Daher haben wir unseren Dringlichkeitsantrag eingebracht, damit sich die Staatsregierung auf der Bundesebene auch der Unterstützung dieses Hauses sicher weiß.

Daneben ist es allerdings mindestens genauso notwendig, dass Sympathiewerbung für Terrororganisationen verboten wird. Hier gilt es, eine Sünde der früheren rotgrünen Bundesregierung auszubügeln. Wenn wir nicht wollen, dass Terroristen und deren Sympathisanten öffentlich für ihre Interessen folgenlos werben können, dann muss diese Strafbarkeitslücke geschlossen werden.

verständlich sauber nachgegangen. Ich werde dann in Zusammenarbeit mit den Kollegen des Finanzministeriums versuchen, die Dinge umgehend zu klären.

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Aussprache ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 15/10752 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das sind die CSU-Fraktion und die SPDFraktion. Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen. Der Dringlichkeitsantrag ist mit Mehrheit abgelehnt.

Ich rufe auf:

Dringlichkeitsantrag der Abg. Georg Schmid, Thomas Kreuzer, Peter Welnhofer u. a. u. Frakt. (CSU) Strafbarkeit der Teilnahme an der Ausbildung in Terrorcamps und Strafbarkeit der Sympathiewerbung für Terrororganisationen (Drs. 15/10753)

Ich eröffne die Aussprache. Als erstem Redner erteile ich Herrn Kollegen Obermeier das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Das Thema innere Sicherheit steht derzeit auf der politischen Agenda ganz oben, und zwar nicht nur auf Bundesebene – so haben wir es eben diskutiert –, sondern vor allem auch in Bayern. Das Verfassungsschutzgesetz, das PAG und das Videoüberwachungsgesetz, das wir heute schon diskutiert haben, darf ich hier nur als Beispiele anführen.

Alle, die hier Verantwortung tragen, sind aufgerufen, im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten alles zu unternehmen, um terroristische Anschläge zu verhindern.

Denen, die die Notwendigkeiten nicht einsehen und die entsprechenden Anträge und Gesetze immer ablehnen, begegne ich mit folgender Behauptung. Heute stimmen Sie gegen all die Gesetze, die hier vorgelegt werden. Wenn aber einmal etwas passiert, wenn Menschen zu Schaden kommen und auch sonst ein großer Schaden entsteht, werden Sie die Ersten sein, die nach weiteren, schärferen Gesetzen rufen.

Sie sollten sich einmal überlegen, was Sie wollen und welche Richtung Sie in diesem Punkt einschlagen.

Zu einer funktionierenden Sicherheitspolitik gehört allerdings auch, dass das strafrechtliche Instrumentarium gegen den Terrorismus entsprechend verbessert wird. Es darf nicht nur so sein, dass die begangenen Taten strafbar sind, sondern das Strafrecht müssen bereits viel früher, im Vorfeld, ansetzen. Hierzu zählt auch die Strafbarkeit dahin, dass sich jemand in sogenannten

mögliche Unrecht anknüpfen und kann nicht zu weit in das Vorfeld gehen.

Es soll beispielsweise strafbar werden, eine Flugschule zu besuchen, wenn die Fertigkeit, ein Passagierfl ugzeug zu führen, zu dem Zweck erworben werden soll, sie einzusetzen, um damit einen Anschlag zu begehen. Aber selbstverständlich kann und soll der Besuch einer Flugschule, um ein Passagierfl ugzeug fl iegen zu können, nicht strafbar werden.

(Heiterkeit bei der SPD)

Das ist wohl eindeutig, und deshalb muss diese Verknüpfung hergestellt werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, außerdem soll ein neuer § 91 in das Strafgesetzbuch eingefügt werden, in dem das Verbreiten oder das Anpreisen von terroristischen Anleitungen, beispielsweise im Internet, erfasst und mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden können sollen.

Was eigentlich will die CSU, wenn sie formuliert, die Teilnahme an Terrorcamps soll ohne Wenn und Aber bestraft werden können? Sie muss dann schon genau sagen, was sie eigentlich strafbar machen will, und sie hat hierzu auch die Gelegenheit – weil sie von der Bundesministerin aufgefordert worden ist, Stellung zu nehmen – und kann im Übrigen, wenn sie weiß, wie man es besser formulieren kann, auch über den Bundesrat die Initiative ergreifen.

Ich möchte aber schon darauf hinweisen, dass die Ausdehnung der Strafbarkeit in das bislang strafl ose Feld der Vorbereitung der in § 89 a genannten Taten vor allem im Hinblick auf den aus Artikel 103 Absatz 2 des Grundgesetzes abgeleiteten Bestimmtheitsgrundsatz verfassungsrechtlichen Grenzen unterworfen ist. Deshalb muss eine Tathandlung, wenn sie strafbar sein soll – und dafür sind wir offensichtlich alle –, klar umschrieben werden. Mit „ohne Wenn und Aber“ geht da meines Erachtens überhaupt nichts.

Überhaupt habe ich den Eindruck, meine Damen und Herren, dass die CSU ihr ständigen Bemühen, Lücken zu suchen, auch dazu verwendet, Lückenbüßerdiskussionen zu führen, wenn ihr nichts anderes mehr einfällt.

(Beifall bei der SPD)

Im Übrigen gäbe es große Bereiche der Kriminalität, in denen man Lücken fi ndet, die so groß sind wie ein Scheunentor; da suchen Sie erstaunlicherweise überhaupt nicht. Ich rede vom großen Thema des Wirtschaftsstrafrechts, von Insolvenzstraftaten und anderen.

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

Ich darf Sie im Interesse der Sicherheit unserer Bürger bitten, dem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der CSU)

Als nächster Redner hat Herr Kollege Schindler das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Obermeier, der von Ihnen genannte Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums ist den Ländern und verschiedenen Verbänden mit Schreiben vom 21.04.2008 zugeleitet worden mit der Aufforderung zur Stellungnahme. Das heißt, es ist im Prinzip nicht erforderlich, dass der Landtag die Staatsregierung auffordert, sich einzumischen; die Aufforderung ist schon vom Bundesministerium der Justiz gekommen. Das zum Ersten.

Zweitens, meine Damen und Herren: Mit dem Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums soll das Problem bewältigt werden, dass bisher die Teilnahme an der Ausbildung in Terrorcamps nicht strafbar ist, jedenfalls nicht in allen Fällen.

Das Ministerium schlägt vor, einen neuen § 89 a in das Strafgesetzbuch einzufügen, um – erstens – die Ausbildung und das Sich ausbilden lassen, und zwar zu dem Zweck, eine terroristische Straftat zu begehen – ja, Kollege Obermeier, es ist dort ausdrücklich so formuliert –, zweitens die Herstellung, das Sich beschaffen, Überlassen oder Verwahren von Waffen, bestimmten Stoffen oder besonderen, zur Ausführung einer vorbereiteten Tat erforderlichen Vorrichtungen, drittens das Sich verschaffen oder Verwahren von erforderlichen wesentlichen Gegenständen oder Grundstoffen, um solche Waffen, Stoffe oder Vorrichtungen herzustellen, und viertens die Finanzierung eines terroristischen Anschlags künftighin bestrafen zu können.

Mit diesem neuen § 89 a des Strafgesetzbuches sollen insbesondere Einzeltäter erfasst werden können, die nicht von der Vorschrift des § 129 oder 129 a umfasst werden – die immer zwei, drei oder mehrere Personen voraussetzen, weil dort die Rede von Vereinigung oder Gruppe ist, und die auch nicht unter den Tatbestand der Verbrechensverabredung des § 30 Absatz 2 des Strafgesetzbuches zu subsumieren sind, weil es ein Einzeltäter ist.

Voraussetzung der Strafbarkeit soll immer sein, dass der Verdächtige tatsächlich einen Anschlag plant und ihm dies auch nachgewiesen werden kann, weil nämlich das bloße Erwerben von Fertigkeiten, zum Beispiel, eine Bombe herzustellen, nicht unter Strafe gestellt werden kann. Es gibt auch welche, die das zu wissenschaftlichen Zwecken machen, und ich muss bei der Formulierung eines Tatbestandes schon an das potenzielle,

Herr Präsident, meine Herren und Damen! Eigentlich ging ich davon aus, dass Bundesthemen – es handelt sich hier um Bundesgesetze – von der CSU-Bundestagsfraktion im Bundestag behandelt werden und nicht unbedingt Gegenstand in diesem Hause sind. Aber wir erleben das zum wiederholten Male, und mittlerweile bedaure ich, dass ich mir keine Strichliste erstellt habe, wenn Sie, weil Sie in Berlin wieder nicht zum Zuge gekommen sind mit Ihren CDU-Kolleginnen und -Kollegen wie auch mit Ihren CSU-Kolleginnen und -Kollegen – –

(Zuruf)

wie auch mit Ihren CSU-Kolleginnen und -Kollegen hier etwas diskutieren, was hier, im Landtag, nichts verloren hat. – Das ist das eine.

Der Antrag ist aus unserer Sicht verantwortungslos, denn er unterstellt Sicherheitslücken, wo aus unserer Sicht keine sind. Gleichzeitig machen Sie sich nicht die Mühe, einmal auszuformulieren, wenn Sie denn der Meinung sind, hier gebe es eine Gesetzeslücke, wie Sie sich konkrete Regelungen vorstellen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich muss also mit einer Reihe von Vermutungen arbeiten – was ich ungern tue, aber leider gibt Ihr Antrag eben nicht sehr viel mehr her. Ich weiß nicht, Herr Obermeier – Sie sind gerade im Gespräch; entschuldigen Sie, wenn ich Sie störe –, was Sie wollen.

(Kathrin Sonnenholzner (SPD): Weiß er vielleicht selber nicht!)

Wollen Sie eine Änderung des § 129 a StGB, wollen Sie den § 89 a StGB ergänzen, wollen Sie das StGB insgesamt ändern, wollen Sie § 91 ändern, wollen Sie höhere Strafen?

Sie haben ein bisschen was ausgeführt, aber das ist nicht alles. In weiten Teilen handelt es sich um das StGB, das Sie vielleicht geändert haben wollen. Vielleicht können Sie das noch einmal konkret darlegen, weil so kann ich mit Ihrem Antrag nichts anfangen. Das ist einfach nebulös, was Sie hier tun. Es liegt aus unserer Sicht keine Sicherheitslücke vor.

(Herbert Ettengruber (CSU): Die liegt bei Ihnen nie vor!)

Was geht alles schon? Die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und ihre Unterstützung ist strafbar. Die Verabredung zu einem Verbrechen ist strafbar. Die geplante Tat muss konkrete Konturen haben, das ist einfach der rechtsstaatlichen Eingrenzung geschuldet.

Ich habe noch keine Initiative von Ihnen erlebt, dass Sie da einmal Lücken schließen wollen.

Meine Damen und Herren, ich muss auch darauf hinweisen, dass nicht stimmt, was in Ihrem Dringlichkeitsantrag steht: dass die rot-grüne Bundesregierung ohne Sinn und Verstand – wie Sie es dargestellt haben – die Sympathiewerbung für terroristische Vereinigungen abgeschafft habe. Das ist doch nicht richtig! Man hat den Tatbestand eingeschränkt, weil sich der früher vorhandene Tatbestand in der Praxis als untauglich erwiesen hat, und es ist wohl vernünftig, dass man dann einen Tatbestand, wenn man ihn schon nicht handhaben kann, auch wieder ändert.

Im Übrigen fürchte ich, dass die praktische Relevanz der jetzt vom BMJ vorgeschlagenen beiden neuen Tatbestände ebenso gering sein wird wie die praktische Relevanz des § 129 a des Strafgesetzbuches. Man muss mir jetzt einmal, bevor man ein neues Gesetz schafft und sagt, ohne Wenn und Aber müssten bestimmte Tatbestände strafbar werden, schon auch die Fälle nennen, in denen jemand nicht bestraft werden konnte, weil die jetzt für zwingend erforderlich gehaltene neue Vorschrift nicht vorhanden war. Es stimmt nämlich, was Kollege Welnhofer hier immer ausführt, wenn wir irgendeine Gesetzesänderung beantragt haben: Wenn es keine Notwendigkeit gibt, das Gesetz zu ändern, dann ist es eben eine Notwendigkeit, das Gesetz nicht zu ändern. Diesen Nachweis haben Sie, glaube ich, bislang nicht geführt, wie denn was besser und anders werden soll, wenn ohne Wenn und Aber – wie Sie es formuliert haben – die Teilnahme an sogenannten Terrorcamps strafbewehrt werden soll.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die SPD verschließt sich dem Grundanliegen nicht. Es ist eine SPDJustizministerin, die den Gesetzentwurf vorgelegt hat. Wir legen aber schon Wert darauf, dass auch bei dem hier vorliegenden schwierigen rechtlichen Problem beachtet wird, dass ein Straftatbestand an Unrecht anknüpfen muss, und die Strafbarkeit nicht so weit ins Vorfeld verlagert wird, dass man schon die Gedanken unter Strafe stellen will. Die Gedanken sind frei;

(Beifall bei der SPD)

wenn es darüber hinausgeht, haben wir jeweils schon die Vorbereitung oder den Versuch einer Vorbereitung, dann sind wir einer Meinung. Aber die Strafbarkeit noch weiter nach vorne zu verlagern, da werden wir nicht mitmachen. Deswegen sehen wir keinen Sinn in Ihrem Dringlichkeitsantrag und werden ihm nicht zustimmen.