Franz Schindler
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Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit es den Kampf um demokratische Freiheiten gibt, geht es immer auch um die Versammlungsfreiheit, und seit in unserem Land um die Versammlungsfreiheit gerungen und gestritten worden ist, hat die Reaktion in
In der Sache selbst übernehmen fast alle Petenten, wen wundert’s, die Argumente, die die Opposition in den Beratungen immer wieder vorgebracht hat. Alle äußern die Befürchtung, dass Demonstrationen künftig nicht mehr möglich sind. Dies trifft nicht zu, das habe ich durch den Vergleich der bisher geltenden und der neuen Regelung den Petenten sicher klar und deutlich dargelegt.
Es ist auch falsch, wenn behauptet wird, dass das Tragen von gemeinsamen Buttons oder Schals ein Verbot der Demonstration nach sich zieht. Es ist einfach falsch, wenn behauptet wird, dass jetzt auf einmal Videoaufnahmen gemacht werden dürften. Es ist falsch, wenn behauptet wird, das neue Gesetz bringe zusätzliche, unzumutbare Verantwortung für die Leiter mit sich. Es ist falsch, wenn behauptet wird, die Polizei könne im Vorfeld Demonstrationen auflösen. Es ist falsch, wenn behauptet wird, es seien keine Vollversammlungen von Jugendverbänden mehr möglich.
Ich denke, ich habe die derzeit gültige Rechtslage dargelegt.
Ein Vergleich der alten mit der künftigen Regelung zeigt, dass die Befürchtungen, die in den Petitionen zum Ausdruck kommen, nicht zutreffen.
Ja, gerne.
Lieber Herr Kollege Welnhofer, ich verstehe Ihre künstliche Aufregung schon, warum Sie das jetzt sagen. Ich bitte aber doch einzuräumen, dass Sie offensichtlich nicht aufgepasst haben, weil ich bislang noch kein Wort zum Gesetzentwurf der Staatsregierung gesagt habe.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in einer freiheitlichen demokratischen Verfassungsordnung ist das Versammlungs- und Demonstrationsrecht aktives Statusrecht. Es macht Demokratie sichtbar und glaubwürdig; es macht Volkssouveränität praktizierbar. Das Versammlungs- und Demonstrationsrecht muss deshalb im Sinne der allgemeinen Freiheitsvermutung, die unser Grundgesetz und die Bayerische Verfassung prägen, interpretiert werden. Hier komme ich allmählich zum Gesetzentwurf und seiner Begründung und zur Argumentation der CSU.
Sie scheinen noch nicht verinnerlicht zu haben, dass das Recht, sich zu versammeln, keine Gnade des Staates ist.
Das sollten Sie sich einmal überlegen und bitteschön auch zur Kenntnis nehmen,
dass nach unserer Bayerischen Verfassung, die vielen von Ihnen heute noch immer nicht gefällt – das weiß ich –, die Staatsgewalt beim Volk liegt. Wir sind die Vertreter.
In der Bayerischen Verfassung heißt es, dass das Volk seinen Willen durch Wahlen und Abstimmung bekundet und selbstverständlich auch durch Versammlungen.
Ich rede über ein Land, in dem eine Partei arrogant geworden ist.
Ich rede über ein Land, in dem eine Partei, eine Fraktion – demokratisch legitimiert, das gebe ich zu – meint, nicht mehr hinhören zu müssen, was draußen geredet wird. Sie hören nur dann hin, wenn es Ihnen politisch passt und machen Kampagnen dann, wenn es Ihnen politisch passt. So ist das nämlich und nicht anders, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ich sage noch einmal: Immer wenn es um den Kampf um demokratische Freiheiten gegangen ist, ist es auch um die Versammlungsfreiheit gegangen; das war in den Fünfzigerjahren des vorletzten Jahrhunderts in Deutschland so, das war im Kaiserreich so, und das war in der früheren DDR so.
Es ist kein Zufall, dass autoritäre Regime in aller Welt – –
Ich habe Sie mitnichten verglichen.
Es ist kein Zufall, dass autoritäre Regime in aller Welt in der Regel nicht nur Parteien und Vereine verbieten und unterdrücken.
sich bei den bisherigen Versammlungen keine Erscheinungen gezeigt, die den Erlass eines solchen Gesetzes rechtfertigten.
Der Gesetzentwurf ist erheblich verändert worden, insbesondere sind die Rechte und Pflichten des Veranstaltungsleiters erweitert und schärfer präzisiert worden. Die nach dem Regierungsentwurf sehr weit gehenden Befugnisse der Polizei sind beschränkt worden. Ein allgemeines präventives Versammlungsverbot, wie ursprünglich einmal vorgesehen, wurde nur noch dann für zulässig erachtet, wenn die Polizei vorher feststellen könne, dass der Veranstalter einen unfriedlichen Verlauf anstrebe.
Umstritten war bereits damals – das kann man nachlesen – das sogenannte Uniformierungsverbot, weil man sich auf allen Seiten des Bundestages – das kann man alles nachlesen – der Schwierigkeiten einer exakten Definition dessen, was unter einer Uniform in diesem Sinne zu verstehen sei, bewusst war. – Das erinnert irgendwie an die Diskussionen dieser Tage.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Uniformierungsverbot von 1953 beruht auf den historischen Erfahrungen mit militanten Parteiarmeen in den Krisenjahren der Weimarer Republik. Mir muss man nicht sagen, dass man verhindern muss, dass wieder solche Armeen auftreten, egal, in welcher Gestalt. Mir muss man das nicht sagen, meine Damen und Herren!
Es geht ausschließlich um die bereits 1953 diskutierte und später auch in der Rechtsprechung mehrfach hin- und hergewälzte Frage, ob ein Uniformierungsverbot in der konkreten Form, wie es in dem Versammlungsgesetz von 1953 steht, die richtige Reaktion auf diese Erscheinung ist, ob es dort überhaupt systematisch hinpasst und ob es an dieser Stelle verfassungsgemäß ist oder nicht. Nur um diese Frage geht es, aber nicht um die Grundsatzfrage. Ich will keine braunen Stiefel mehr marschieren sehen, auch keine schwarzen, keine weißen und sonst auch keine. Da sind wir uns doch wohl einig.
Ich darf daran erinnern, dass wir unseren Änderungsantrag genau darauf abgestellt und vorgeschlagen haben, Artikel 7 Absatz 3 zu streichen, das ist unsystematisch und passt dort nicht hin. Im Übrigen entspricht es auch der herrschenden Meinung bei den Sachverständigen, die bei uns waren, dass diese Vorschrift im Gesetzentwurf der Staatsregierung dort jedenfalls unsystematisch ist und nicht hingehört. Das war auch der Grund, warum Sie unseren Änderungsantrag hierzu zunächst abgelehnt und dann selber eingebracht haben. Sie wollen doch auch, dass das an dieser Stelle gestrichen wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Teil der Abgeordneten war bereits 1953 der Auffassung, dass ein Uniformierungsverbot nicht in ein Versammlungsgesetz gehört, sondern, wenn überhaupt, dann in das Strafrecht. Sie schlagen nun vor, es in das Landesstraf- und
Es geht hier nicht darum, so wie Kollege Obermeier ausgeführt hat, das Versammlungswesen weiter zu privilegieren, sondern es geht darum, anzuerkennen, dass die Menschen ein Recht haben, auf die Straße zu gehen, sich eine Meinung zu bilden und sich zu äußern, ohne dass eine Staatsregierung oder ein Parlament ihnen das genehmigen muss. Darum geht es.
Auch die Nazis. Daran muss sich der vorliegende Gesetzentwurf messen lassen.
Ich will noch kurz auf die Geschichte eingehen. Seit 1871 ist das Versammlungsrecht in der Zuständigkeit des Gesamtstaats. Die Reichsverfassung von 1871 hat zwar den Kompetenztitel „Versammlungsrecht“ nicht explizit dem Reich zugewiesen, und zwar deshalb, weil das Versammlungsrecht nach damals herrschendem Verständnis ein Teil des Vereinsrechts war, das der Beaufsichtigung seitens des Reiches und der Gesetzgebung derselben unterlag. Hintergrund war, dass man damals den süddeutschen Ländern nicht über den Weg getraut hat. Deswegen sollte die Zuständigkeit beim Reich sein. Die Weimarer Reichsverfassung sprach dann ausdrücklich davon, dass dem Reich die ausschließliche Gesetzgebung über das Versammlungswesen zustehe. Auch der Parlamentarische Rat hat an diese Tradition angeknüpft und dem Bund durch die Zuweisung der konkurrierenden Gesetzgebung für das Versammlungsrecht eine maßgebliche Gestaltungsmacht über dieses Rechtsgebiet eingeräumt. Der Bund hat in der Folgezeit mit dem Gesetz über Versammlungen und Aufzüge von 1953 von seiner Kompetenz Gebrauch gemacht.
Meine Damen und Herren, weil wir jetzt dabei sind, in wenigen Monaten und unter Zeitdruck – weil wir nur noch bis morgen Sitzungen haben – ein Bayerisches Versammlungsgesetz zu machen, möchte ich daran erinnern, dass es vom Referentenentwurf des Gesetzes über Versammlungen und Aufzüge des Bundes bis zur Verabschiedung des Gesetzes immerhin drei Jahre gedauert hat. Drei Jahre lang hat man sich damals in der Bundesrepublik Deutschland Zeit genommen, das jetzt so häufig kritisierte Gesetz zu formulieren.
Man hat damals mit der Überschrift „Versammlungsordnungsgesetz“ begonnen und die Entwürfe mehrfach verändert, bis letztlich das Gesetz über Versammlungen und Aufzüge beschlossen worden ist. Die Meinungen über die Notwendigkeit eines solchen Gesetzes waren im Bundestag damals geteilt;
Das war nicht einstimmig. Ich darf daran erinnern, dass die Sozialdemokraten 1953 gegen das Gesetz gestimmt haben. Ihr Sprecher hat damals erklärt, der Entwurf gehe über das notwendige Maß hinaus. Der Versammlungsleiter werde erheblich überfordert; die Strafbestimmungen des Gesetzes seien geeignet, die freie Meinungsäußerung in starkem Maße einzuschränken, und im Übrigen hätten
das Versammlungsrecht auf die Bundesländer ist in der ersten Runde der Diskussion wieder aufgegeben worden. Die Frage hat in der öffentlichen Diskussion um die Föderalismusreform fast keine Rolle gespielt. Bei der Expertenanhörung im Bundestag haben sich nur zwei Sachverständige dazu geäußert. Ich zitiere Professor Battis, der auch bei unserer Anhörung zum Versammlungsrecht hier im Landtag war. Er führt aus:
Die Übertragung der Kompetenzen für das Versammlungsrecht auf die Länder ist nicht sinnvoll. Das geltende Versammlungsrecht ist im Wesentlichen ein Flickwerk aus Richterrecht, geschaffen vom Bundesverfassungsgericht. Der Bundesgesetzgeber versucht gelegentlich mehr recht als schlecht, die nicht immer widerspruchsfreien Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen. Würde den Ländern diese Kompetenz übertragen, wäre eine weitere Zersplitterung zu erwarten. Geboten ist eine konzeptionelle Neuordnung des Versammlungsrechts durch den Bund, wobei dieser, wie jeder andere Gesetzgeber auch, maßgeblich dirigiert würde durch die verfassungsrechtlichen Vorgaben.
Ein weiterer Sachverständiger, nämlich Prof. Baldus, hat vor dem Deutschen Bundestag ausgeführt:
Die Übertragung des Versammlungsrechts in die ausschließliche Gesetzgebungszuständigkeit der Länder birgt die Gefahr eines besonders brisanten Konfliktfeldes, wenn etwa in ähnlich gelagerten Fällen die Berufung auf die Versammlungsfreiheit in dem einen Bundesland gebilligt und bejaht, in den anderen Bundesländern jedoch in stärkerem Maße relativiert oder gar zurückgewiesen werden sollte. Die starke grundrechtliche Durchformung des Versammlungsrechts sei aber doch Garant einer bundeseinheitlichen Gewährleistung der Versammlungsfreiheit auch für den Fall, dass das Versammlungsrecht in Zukunft in die Zuständigkeit der Länder überführt werden sollte.
Im Standardkommentar zum Versammlungsgesetz heißt es zu dieser Frage:
Wie bei der in 16 Bundesländern möglicherweise zu erwartenden unterschiedlichen Regelung des Versammlungsrechts die gesamtstaatliche Rechtseinheit beim Vollzug des Versammlungsrechts unter Maßgabe des hohen Rangs der Versammlungsfreiheit und der dazu ergangenen Rechtsprechung gewahrt bleiben kann, ist eine offene Frage.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Diskussion ist vorbei und erledigt. Ich stehe hier und sage, ich bedaure, dass es so gekommen ist. Man kann das aber auch anders sehen. Ich verstehe und bin dafür, dass dann, wenn die Kompetenz da ist, ob man sie wollte oder nicht, sie auch in Anspruch genommen wird, sodass wir uns in der Tat nicht dafür zu rechtfertigen brauchen, dass ein Bayerisches Versammlungsgesetz erlassen werden soll.
Verordnungsgesetz aufzunehmen. Die diesbezügliche Gesetzgebung des Bundestages hatte damals aber nur theoretische Bedeutung, wie sie im Übrigen auch später überwiegend theoretische Bedeutung hatte, damals aber ganz sicher, weil nämlich das Tragen von Uniformen sowieso durch Besatzungsrecht verboten war.
Ich will noch aus einem Bericht aus der „Zeit“ vom 14.05.1953 zur Beschlussfassung über das Gesetz zitieren. Dort ist geschrieben worden: „Dass es bei der weit verbreiteten Neigung zur politischen Intoleranz „– 1953 –„ ein vorbeugendes FDJ- oder neue SA-Störtrupps abschreckendes Versammlungsgesetz geben soll, könnte man begrüßen, bestünde nicht bei unserem Hange zur Gründlichkeit die Gefahr, dass bei der Anwendung des Gesetzes das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird.“
Klingt ganz aktuell, ist aber 55 Jahre alt.
Das Gesetz, meine Damen und Herren, ist in den folgenden Jahrzehnten immer wieder geändert worden, ganz gravierend im Jahr 1985 durch die Einfügung des Verbots der Vermummung oder der passiven Bewaffnung und durch die Einfügung des § 15 Absatz 2 des Versammlungsgesetzes im März 2005, wonach eine Versammlung oder ein Aufzug insbesondere dann verboten oder von bestimmten Auflagen abhängig gemacht werden kann, wenn erstens die Versammlung oder der Aufzug an einem Ort stattfindet, der als Gedenkstätte von historisch herausragender überregionaler Bedeutung an die Opfer der menschenunwürdigen Behandlung unter der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft erinnert und zweitens nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung konkret feststellbaren Umständen zu besorgen ist, dass durch die Versammlung oder den Aufzug die Würde der Opfer beeinträchtigt wird.
Konkret ist in dem Gesetz damals das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin genannt worden. Andere Orte und deren Abgrenzung könnten durch Landesrecht bestimmt werden. Deswegen ist es bedauerlich, dass sich der Landtag dieses Themas seit Jahren nicht angenommen hat.
Es ist bedauerlich, dass ein Antrag der SPD-Fraktion wegen des Reichsparteitagsgeländes in Nürnberg jahrelang in der Schublade lag, nicht behandelt wurde, und jetzt, nachdem Sie mit Ihrer Mehrheit im Ausschuss beschlossen haben, wir erlassen ein neues Versammlungsgesetz, sagen Sie, der Antrag habe sich erledigt. Die Art und Weise, wie Sie mit der Problematik umgehen, ist schon beschämend.
Eine von verschiedenen Seiten insbesondere wegen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, im Speziellen im sogenannten Brokdorf-Beschluss von 1985, für erforderlich gehaltene Gesamtrevision des Bundesversammlungsrechts ist leider nur bis zu einem Referentenentwurf gediehen. Die von der Föderalismuskommission vorgeschlagene Übertragung der Kompetenz für
Regelungen, gegen die durchaus verfassungsrechtliche Bedenken geäußert würden. Ich meine insbesondere das allgemeine Uniformierungsverbot in Artikel 7 Absatz 3, das weder hinreichend bestimmt, noch verhältnismäßig erscheint. Das ist die Argumentation von 1953, und das ist die Argumentation von mir von vor drei Monaten, von vor zwei Monaten, von vor vier Wochen und auch wieder von heute. Nur Sie bestreiten es. Herr Prof. Heckmann ist meiner Meinung. Er geht auch auf die Erweiterung der Generalklausel um die Rechte Dritter ein, die im Entwurf so begründet wird, dass die schutzwürdigen Drittrechte der Versammlungsfreiheit nicht gleichrangig sein müssen. Das haben Sie nun gestrichen, nachdem wir einen entsprechenden Antrag gestellt hatten.
Den haben Sie abgelehnt. Dann hat es eine Woche gedauert, bis Sie selbst einen Änderungsantrag eingebracht haben, in dem Sie genau das Gleiche vorschlagen. Das wird in das Gesetz eingehen. Ich meine, solch ein Kasperletheater muss sich eine so große Fraktion nicht antun.
Prof. Heckmann führt weiterhin seine verfassungsrechtlichen Bedenken bezüglich der Erstreckung der Überwachungsbefugnisse auf weniger konfliktträchtige Versammlungen in geschlossenen Räumen aus; denn da bestehe nun einmal eine andere Situation als in der Öffentlichkeit. Man müsse die Überwachung dort vielleicht differenzierter regeln. Bravo, genauso ist es. Genau das ist auch die Argumentation des Landesbeauftragten für den Datenschutz, nämlich dass man gefälligst zwischen der Versammlung in geschlossenen Räumen – möglicherweise der nichtöffentlichen Versammlung in geschlossenen Räumen – und dem Aufzug auf der Autobahn, der Menschenkette und den Protesten gegen die CastorTransporte zu differenzieren habe.
Das hat Herr Heckmann ausgeführt. Deswegen hat er seine Bedenken geäußert. Letztlich hat er Bedenken auch gegen den von ihm als Lex Wunsiedel bezeichneten Artikel 15 Absatz 2 Nummer 2 geäußert. Er hat argumentiert, dass hier das Terrain des Strafrechts betreten werde und das Land hierfür keine Gesetzgebungszuständigkeit habe. Also hat nicht nur die Opposition verfassungsrechtliche Bedenken geäußert – das wird man doch wohl dürfen; entscheiden müssen es andere –, sondern auch viele, sogar von Ihnen benannte Sachverständige.
Lassen Sie mich noch Folgendes sagen: Die Staatsregierung begründet ihren Entwurf im Wesentlichen damit, dass sich in den letzten Jahren tatsächliche und rechtliche Entwicklungen gezeigt hätten, denen das Versammlungsgesetz, das sich grundsätzlich nach Meinung der Staatsregierung – offensichtlich nicht nach Meinung der Kollegen Obermeier und Welnhofer – bewährt habe, nicht mehr in vollem Umfang Rechnung trage. Das seien in erster Linie rechtsextremistische Versammlungen. Zwar
Aber, meine Damen und Herren, klarstellen sollte man schon auch – weil es da offensichtlich unterschiedliche Interpretationen bei Ihnen gibt –: Wir sind nicht gezwungen, ein Bayerisches Versammlungsgesetz neu zu beschließen, weil das bisherige Bundesgesetz, so schlecht es in Einzelheiten auch sein mag, sich dennoch in der Praxis bewährt hat und weiter gilt, bis es durch Landesrecht ersetzt wird. Es droht also mitnichten ein rechtloser Zustand.
Wenn sich ein Land dazu entschließt, das Versammlungsrecht in eigener Kompetenz als Landesrecht zu regeln, gäbe es auch die Möglichkeit, das bestehende Bundesgesetz in Landesrecht zu übernehmen und Orte nach dem § 15 Satz 1 Nummer 1 des Versammlungsgesetzes zu bestimmen, wie es offensichtlich im Freistaat Sachsen beabsichtigt ist.
Die Staatsregierung hat sich für einen anderen Weg entschieden. Den kann man gehen. Das sage ich ausdrücklich. Ich sage aber auch: Wenn man den Weg gehen will, die eigentlich schon seit Jahren auf Bundesebene erforderliche Neukonzeption des Versammlungsrechts zu versuchen, dann muss man das auch sorgfältig machen.
Dann darf man einen solchen Gesetzentwurf nicht nur von Kreisverwaltungsbehörden und Polizeipräsidenten schreiben lassen.
Dann muss man einen intensiven Dialog mit allen gesellschaftlichen Kräften führen, insbesondere mit denen, die gelegentlich einmal auf die Straße gehen, und zwar nicht aus Jux und Tollerei, sondern weil sie aufgrund der Verhältnisse, unter denen sie zu leiden haben, meinen, dazu gezwungen zu sein. Auch die hätte man mit einbeziehen müssen.
Wegen der hohen Bedeutung des Versammlungsrechts ist es völlig unangemessen, kurz vor Ende der Legislaturperiode ohne Anhörung von Verbänden ein Gesetz durch den Landtag zu peitschen, das weitreichende Auswirkungen auf die Versammlungsfreiheit hat und erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken beileibe nicht nur der Opposition begegnet.
Herr Kollege Obermeier ist nicht mehr da. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, ob er bei der Sachverständigenanhörung anwesend war. Wenn er nicht anwesend war, dann rate ich ihm und allen, die behaupten, es gebe keine verfassungsrechtlichen Bedenken, nachzulesen, was der von Ihnen benannte Sachverständige Prof. Dr. Heckmann von der Universität Passau bei der Anhörung ausgeführt hat. Er hat gesagt: Ich sehe mich gezwungen, Ihnen die Hinweise zu jenen verfassungsrechtlichen Risiken zu geben, die sich aus einer möglichen Unvereinbarkeit mit der Versammlungsfreiheit ergeben. – Dann hat er das im Einzelnen ausgeführt. Er hat gesagt, es gebe
Die Gefahren liegen doch ganz woanders. Bei Versammlungen und Aufzügen geht es immer auch um die kollektive Meinungsfreiheit, gelegentlich auch um Kunstfreiheit, Religionsfreiheit und Koalitionsfreiheit. Eine lebendige Demokratie ist auf die Kommunikation zwischen der im Staat organisierten Gesellschaft, ihren Gruppen und den Repräsentanten der öffentlichen Gewalt angewiesen. Deshalb sage ich noch einmal und mit Bedacht und auf die Gefahr hin, dass sich der Kollege Welnhofer wieder aufregt: Das Versammlungsrecht darf nicht als politische Waffe in der Hand der jeweiligen Mehrheit missbraucht werden.
Das gilt immer und überall, das gilt auch im Jahr 2008 im Freistaat Bayern.
Ich sage das nur als Grundsatz, an dem man dieses Gesetz wird messen müssen. – Meinungsäußerungen, so missliebig sie auch sind, die nach Artikel 5 Absatz 2 des Grundgesetzes nicht unterbunden werden dürfen, weil nicht nur die Gedanken frei sind, können auch nicht Anlass für versammlungsbeschränkende Maßnahmen nach Artikel 8 Absatz 2 des Grundgesetzes sein. Deshalb Folgendes: Für die sogenannten schwarzen Blöcke braucht man kein neues Versammlungsgesetz. Das Grundgesetz und die bayerische Verfassung beinhalten jeweils ein Friedlichkeitsgebot. Gewalttätiges Verhalten, ob bei, vor, nach oder neben Versammlungen, steht nicht unter dem Schutz der Verfassung.
Die Rechtsprechung hierzu ist jedenfalls seit den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu Sitzblockaden eindeutig. Dazu bedarf es keines bayerischen Versammlungsgesetzes. Es gibt das Strafrecht und das allgemeine Polizeirecht, und es gibt einen Paragraphen zum Landfriedensbruch.
Das Ziel, durch versammlungsrechtliche Regelungen das Auftreten rechtsextremistischer Gruppierungen in der Öffentlichkeit leichter beschränken und verbieten zu können, ist uns Sozialdemokraten außerordentlich sympathisch. Wir unterstützen dieses Ziel ausdrücklich.
Ich habe viel Verständnis für die Ausführungen von Charlotte Knobloch von vor wenigen Tagen. Sie hat uns darum gebeten, gemeinsam ein Gesetz zu beschließen, mit dem es möglich ist, das widerliche Auftreten von Rechtsextremisten einzuschränken oder zu verbieten. Dafür habe ich viel Sympathie.
Unser Land hat nämlich eine stärkere Verpflichtung als andere Länder, das Aufkommen von Rechtsextremismus in all seinen Erscheinungsformen zu verhindern.
habe die Verschärfung des Straftatbestands der Volksverhetzung im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft nach § 130 Absatz 4 StGB im Jahr 2005 die Handlungsmöglichkeiten von Versammlungsbehörden verbessert, die verfassungsrechtlichen Regelungsspielräume aber nicht ausgeschöpft. Insbesondere das Tatbestandsmerkmal des öffentlichen Friedens sei zu wenig konturiert. Daneben gehe es, so die Staatsregierung, auch darum, auf das aggressive Auftreten so genannter schwarzer Blöcke besser reagieren zu können, und im Übrigen auch darum, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu kodifizieren.
Hierzu folgende Anmerkungen: Erstens. Die Praxis ist, nach dem, was uns gesagt worden ist und was auch ich aus eigener Kenntnis weiß, mit dem zugegebenermaßen unvollkommenen Versammlungsgesetz von 1953 bisher zurechtgekommen. Eine zwingende Notwendigkeit, die bisherige Rechtsprechung in Gesetzesform zu gießen und damit zu zementieren, gibt es nicht, zumal nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich die Rechtsprechung wieder ändert. Dann müsste auch das Gesetz wieder geändert werden, wenn man dieser Logik folgt. Zweitens. Es geht nicht um ein Versammlungsgesetz ausschließlich gegen Rechtsextremisten und/oder gegen Linksextremisten. Es geht hier um ein Versammlungsgesetz für und gegen alle.
Den Regelungen des neuen Gesetzes unterliegen auch die Demonstrationen der Gewerkschaften, der Umweltschutzverbände, der G 8-Gegner, der Tierschützer, des Bauernverbands, der Milchbauern und sogar der Raucherlobby. Es soll wohl für alle gelten.
Grundsätzlich möchte ich noch einmal – ich glaube schon zum zweiten Mal – sagen, dass wir Sozialdemokraten für ein Gesinnungsversammlungsrecht nicht zur Verfügung stehen.
Wesenstypisch für Versammlungen, ob in geschlossenen Räumen oder unter freiem Himmel, ist, dass dort Meinungen geäußert werden und der Versuch der Beeinflussung von Meinungsbildung unternommen wird. Das ist nachgerade konstitutiv für unsere Demokratie, speziell für die bayerische. Es gibt kein Monopol des Parlaments, es gibt kein Monopol der Parteien, es gibt kein Monopol der großen Verbände und keines der Herausgeber von Zeitungen, es gibt kein Monopol der Leitartikler und Talkmaster auf Willensbildung. Im Gegenteil: All die Genannten wirken jeweils nur – der eine mehr, der andere weniger – an der Meinungsbildung mit, wobei das Bemühen bestimmter Medien mit ganz großen Lettern um manipulative Beeinflussung der Willensbildung jeden Tag und in diversen Talkshows 24 Stunden lang festzustellen und zu bedauern ist und dieses Bemühen weit größeren Umfang hat als der Versuch, durch eine kleine Versammlung draußen auf der Straße irgendjemanden manipulieren zu wollen.
sche des NS-Regimes erinnern, besser einschreiten zu können.
Gleichzeitig ist damals auch § 130 des Strafgesetzbuchs dahin geändert worden, dass mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft werden kann, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.
Bekanntermaßen hat das Bundesverwaltungsgericht erst vor ein paar Wochen das Verbot einer Kundgebung mit dem Thema „Gedenken an Rudolf Heß“ im Jahr 2005 durch das Landratsamt Wunsiedel, das in erster Linie darauf gestützt war, dass bei Durchführung der Versammlung mit Verstößen gegen § 130 Abs. 4 des Strafgesetzbuchs zu rechnen sei, für rechtmäßig erklärt und keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Vorschrift geäußert. Und das ist gut so.
Diejenigen, die sagen, wir brauchen neben § 15 Abs. 2 des Versammlungsgesetzes und neben § 130 Abs. 4 des Strafgesetzbuchs, die nach langer Diskussion und mit Bedacht von der rot-grünen Regierung durchgesetzt worden sind, jetzt eine darüber hinausgehende Vorschrift, wie sie in dem Gesetzentwurf der Staatsregierung steht, die zum Teil den Text des Strafgesetzbuchs in das Landesversammlungsrecht übernehmen möchte, sagen nicht die Wahrheit und verkennen – ich verweise auf Heckmann und andere –, dass es hier auch um Kompetenzfragen geht.
Meine Damen und Herren, ich stelle mich nicht hierher, um zu sagen, wir müssten vor dem Rechtsextremismus kapitulieren. Im Gegenteil, ich bin froh und dankbar, dass es die Bestimmungen des § 15 Abs. 2 des Bundesversammlungsgesetzes und des § 130 Abs. 4 des Strafgesetzbuchs und jetzt die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig gibt. Ich sage dazu aber auch, dass nach meiner Überzeugung das versammlungs- und strafrechtliche Instrumentarium zur Beschränkung und zum Verbot rechtsextremistischer Demonstrationen bereits vorhanden ist.
Und Gott sei Dank gibt es auch ein großes bürgerschaftliches Engagement wie in Gräfenberg und anderenorts, um so etwas zu verhindern!
Was fehlt, sind weitergehende Maßnahmen, zum Beispiel die Einschränkung der staatlichen Finanzierung rechtsextremistischer Parteien und ein neuer ernsthafter Versuch, die NPD und andere Organisationen zu verbieten. Da hat sich die Staatsregierung – es ist schon mehrfach gesagt worden – bisher nicht mit Ruhm bekleckert, auch nicht die SPD, wie ich gern zugebe. Es war eine Blamage für alle, die den Antrag gestellt haben.
Jetzt geht es darum, welche Lehren man daraus zu ziehen hat. Streckt man jetzt die Waffen? Sagt man, man müsse
Rechtsextremismus hat in Deutschland nach Auschwitz eine andere Qualität als in jedem anderen Land der Welt. Die noch für viele Generationen bestehende Belastung des Deutschlandbildes in der Welt lässt es zu und fordert es geradezu, die durch demokratische Grundrechte geschützten Aktivitäten, die die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft relativieren, zu unterbinden. Dazu muss man der sozialdemokratischen Fraktion in diesem Hause nichts sagen,
Herr Kollege Obermeier, Herr Welnhofer und wer immer sich dazu berufen fühlt.
Weil das so ist, will ich Sie an Folgendes erinnern. Millionen Menschen und der halben Welt wären Unheil, Mord und Verbrechen möglicherweise erspart geblieben, wenn 1933 nicht nur die Sozialdemokraten im Reichstag und im Bayerischen Landtag gegen die Machtübertragung und die Gleichschaltung des Freistaates und seine Abschaffung gestimmt hätten, sondern auch die Abgeordneten der damaligen sogenannten bürgerlichen Parteien.
Die Nazis hatten ja nicht immer die Mehrheit.
Über die Bedeutung des Kampfes gegen den Rechtsextremismus muss man uns weiß Gott nicht belehren, auch nicht ein bayerischer Innenminister, weder der jetzige noch der frühere.
Die CSU muss uns schon gar nicht belehren, die besser daran täte, in den eigenen Reihen auf den entschlossenen Kampf gegen Geschichtsfälschung und rechtsextremistisches Gedankengut hinzuwirken. Ich erinnere an Regensburg und daran, wie lange dort die Presse und die Öffentlichkeit immer wieder den Finger in die Wunde legen musste, bis es endlich zu einem lächerlichen Parteiordnungsverfahren mit ungewissem Ausgang gekommen ist. Ich erinnere daran, wie es in Regensburg war, als die NPD Sommerfeste veranstaltete und der CSUOberbürgermeister meinte, dagegen könne man doch nicht auf die Straße gehen, man würde die Leute doch nur aufwerten. Erst als der Bischof gesagt hat, dass man das nicht mehr dulden könne, sind auch die Granden der CSU auf die Straße gegangen und haben zusammen mit uns und vielen anderen Bürgerinnen und Bürgern gegen die Rechtsextremisten demonstriert. Sie brauchen uns da also überhaupt nichts zu erzählen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Bereits zu Zeiten der rot-grünen Bundesregierung ist durch die Einfügung des § 15 Abs. 2 des Versammlungsgesetzes versucht worden, das gesetzliche Instrumentarium zu schaffen, um gegen rechtsextremistische Versammlungen, die an das Gepräge historischer Aufmär
Im Zusammenhang mit diversen Gesetzesänderungen im Bereich des Polizeirechts und der Strafprozessordnung haben Sie durch die Schaffung von Befugnissen zur Überwachung der Telekommunikation, zur Überwachung von Wohnräumen, zum Eindringen in fremde Wohnungen und zur heimlichen Durchsuchung sogar von Computerfestplatten es fast schon geschafft, dass jedermann zunächst einmal unter Generalverdacht steht, als potenziell verdächtig gilt und seine Unschuld zu beweisen hat.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf, der nach Ihrer Philosophie einen Teil des Polizeirechts darstellt, wollen Sie nun erreichen, dass die Menschen in diesem Land möglichst nicht mehr auf die Straßen gehen, weil sie Angst haben müssen, dass ihre personenbezogenen Daten in viel größerem Umfang als bisher erhoben und dass Bildaufzeichnungen und Tonaufnahmen von ihnen gemacht werden. Insoweit war es falsch, was der Kollege Obermeier zur bisherigen Rechtslage behauptet hat. Man könnte polemisch zuspitzen – ich meine es nicht ernst, sage es doch –, dass diejenigen, die Sie Zuhause nicht mehr überwachen können, weil sie zu einer Demonstration gegangen sind, eben dort überwacht werden, damit Ihnen ja keiner auskommt.
Genau dann, wenn es um den Ausdruck der Freiheit, der Unabhängigkeit und des Selbstbewusstseins mündiger Bürger geht, wenn es, wie das Bundesverfassungsgericht ausgeführt hat, darum geht, ein Stück ursprünglicher und ungebändigten unmittelbarer Demokratie auszuleben, schaffen Sie nicht nur Abschreckungsinstrumente und -mechanismen, sondern auch noch eine Bürokratie, die sich sehen lassen kann.
Wer jemals in Schwandorf eine Veranstaltung mit fünf Rentnern zur Herstellung einer Bodenzeitung angemeldet hat, für die man öffentlichen Straßengrund braucht, wer, gesetzestreu, wie er ist, zum Landratsamt Schwandorf gegangen ist – –
Nein, nicht wegen des Straßen- und Wegerechts, sondern weil er mit der Bodenzeitung Einfluss auf die Willensbildung nehmen will. Das war eine Versammlung. – Der Bescheid für diese fünf Leute bestand aus zehn Seiten und endete damit, dass der Versammlungsleiter, einer von den Fünfen, diese Auflagen vorzulesen habe, damit es auch jeder hört, und notfalls müsse er ein Megafon dabei haben, damit keiner sagen kann, er habe es nicht hören können.
So sind wir halt in Deutschland. So ist es bisher schon. Diesen Hang zur Gründlichkeit perfektionieren Sie jetzt dort, wo es angemessen wäre, Freiräume zu schaffen und dafür zu sorgen, dass sich die Menschen in die Demokratie einmischen. Dort schaffen Sie Bürokratie. Dort hätte Edmund Stoiber eine Aufgabe vor sich. Da könnte er sich beweisen, besser vielleicht als in Brüssel.
die Beobachtungen wie bisher fortsetzen, wohl wissend, dass aufgrund der Rechtsprechung ein Verbot dann nicht in Frage kommt? Oder geht man einen anderen Weg? Darüber ist zu streiten. Ich würde mir Initiativen wünschen. Es geht nicht darum, einfach abzuwiegeln, wie es der Herr Innenminister vor wenigen Wochen gemacht hat.
Was das bürgerschaftliche Engagement gegen Rechtsextremisten betrifft, so muss man auch auf Art. 8 Ihres Gesetzentwurfs hinweisen. Da geht es um das sogenannte Störungsverbot. Diese Vorschrift trifft gerade diejenigen, die gegen rechtsextremistische Aufzüge ankämpfen. Sie trifft die Bürgerinnen und Bürger in Gräfenberg und den Pfarrer. Wir hatten da doch Ermittlungsverfahren. Es ist doch nicht so, dass es da ausschließlich Zurückhaltung gäbe. Wir hatten Ermittlungsverfahren gegen den Pastor, der die Glocke läutete, als ein bekannter Neonazi das Wort ergriff. Das ist doch nicht aus der Welt.
Der bürgerschaftliche Protest wird jetzt noch schwerer als in der Vergangenheit. Schauen Sie sich die Vorschrift des Art. 8 des Entwurfstextes genau an.
Bei aller Sympathie für das vorgegebene Ziel, Rechtsextremisten leichter in Schranken weisen zu können, ist entscheidend, dass das Gesetz nicht nur gegen Rechtsextremisten, sondern gegen alle gemacht wird.
Dem vorliegenden Gesetzentwurf fehlt jeglicher liberaler Geist. Es ist überhaupt kein Bemühen erkennbar, die Ausübung der Versammlungsfreiheit zu erleichtern und die Wahrnehmung eines Grundrechts zu gewährleisten. Ich sage das nicht deshalb, weil man es sich leisten kann, generös zu sein, sondern deshalb, weil es hier um ein selbstverständliches Recht der Bürgerinnen und Bürger geht und nicht um einen Gnadenentscheid.
Dieser Gesetzentwurf und – da mag mancher staunen – auch das Gesetz von 1953 beruhen auf der Grundphilosophie, dass der Staat die Ausübung des Versammlungsrechts dulden müsse, aber es nicht wünsche und dass der Gebrauch der Versammlungsfreiheit als potenziell gefährlich gelte, vor der sich der Staat zu schützen habe.
Weil das so ist, verstehe ich all diejenigen nicht, die in der aktuellen Diskussion so tun, als wäre das bestehende Versammlungsgesetz von 1953 das Musterbeispiel eines liberalen Versammlungsgesetzes. Das ist mitnichten so. Was wir jetzt haben, ist erst durch Rechtsprechung geworden.
Der Gesetzentwurf der Staatsregierung riecht nach Obrigkeitsstaat. Der Gesetzentwurf ist aus dem Blickwinkel der Kreisverwaltungsbehörden und der Polizei, nicht aus der Sicht derjenigen geschrieben worden, die ein Grundrecht wahrnehmen wollen und es nach richtigem Verfassungsverständnis auch sollen, wenn diese Demokratie stabil bleiben und von dem Vertrauen ihrer Bürger getragen werden soll.
geführt worden wäre. Ich hätte mir gewünscht, dass wir uns über die tatsächlichen Anliegen und Schwerpunkte unseres Gesetzentwurfs unterhalten, und wir hätten uns gern auch hierüber auseinandersetzen können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es war bezeichnend, dass beide bisherigen Redner der Oppositionsfraktionen zunächst längere Ausführungen gemacht haben und dann auf Einwürfe der Kollegen der CSU-Fraktion ausdrücklich erklärt haben, bisher hätten sie zum vorliegenden Gesetzentwurf noch gar nicht gesprochen. Es ist schon bemerkenswert, welche Art von Debatten wir hier manchmal führen.
Entscheidend ist aber vor allen Dingen, was draußen im Lande in den letzten Wochen abgelaufen ist. Was wir dort erlebt haben, kann man in manchen Teilen leider nur noch als Polittheater bezeichnen.
Das war eine Schmutzkampagne, die mit einer sachlichen Auseinandersetzung um die vorliegenden Gesetzentwürfe überhaupt nichts mehr zu tun hatte, eine Schmutzkampagne, in der es oft nur noch um pauschale polemische Vorwürfe ging, teilweise auch um eine vorsätzliche Irreführung der Öffentlichkeit. Daran haben sich vor allen Dingen die GRÜNEN massiv beteiligt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch wenn die Landtagswahl immer näher rückt und die Schärfe mancher Kontroverse zunimmt – ein so grundlegendes und zentrales Gesetzesvorhaben wie ein bayerisches Versammlungsgesetz hätte schon eine etwas unaufgeregtere und von mehr Sachlichkeit geprägte Debatte verdient gehabt, eine sachlichere Debatte jedenfalls, als sie Teile der Opposition in den letzten Wochen geführt haben.
Ich sage das in aller Deutlichkeit: Viele Vorwürfe, die von Ihrer Seite gemacht wurden, waren entweder schlicht falsch oder böswillige Verzerrungen.
Wohlgemerkt: Mein Vorwurf richtet sich nicht an die zahlreichen Verbände, Organisationen und Bürger, die als Laien mit dem Versammlungsrecht umgehen müssen und oft nur Einschätzungen anderer in dieser Debatte aufgreifen können, um sich eine Meinung zu bilden. Sie können sich oftmals nur an den Wertungen anderer orientieren.
Deshalb richtet sich der Vorwurf gegen jene, die mit dem Versammlungsrecht vertraut sind, sei es in rechtlicher Hinsicht oder sei es, dass man, wie zum Beispiel die Gewerkschaft ver.di, breite Erfahrungen in der Organisation von Versammlungen hat. Einzelne Mitglieder von ver.di haben in den letzten Wochen wider besseres Wissen Dinge im Lande verbreitet, nur um sich an einer solchen Kampagne zu beteiligen. Wenn von dieser eigentlich kundigen Seite
Ich muss jetzt aufhören, verspreche Ihnen aber: Ich melde mich noch mehrfach zu Wort, um dann auch die Details nennen zu können.
Eine letzte Bemerkung. Aufgrund der genannten grundsätzlichen Erwägungen und Bedenken und nicht nur wegen der vielen Detailfragen, die man so oder so sehen kann und die sich auch durch Rechtsprechung entwickeln müssen – gibt es keine Chance, dass wir diesem Gesetzentwurf zustimmen werden.
Herr Staatsminister, würden Sie bitte dem Hohen Haus klarstellend erläutern, dass meine Fraktion in ihrem Änderungsantrag nicht beantragt hat, den Artikel 7 Absatz 1 Ihres Gesetzentwurfes zu ändern, sondern den Absatz 3 zu streichen. Außerdem sollten Sie klarstellen, dass die CSU-Fraktion diesen Vorschlag in ihren Gesetzentwurf übernommen hat. Wir haben also nie über Artikel 7 Absatz 1 gestritten, den Sie eben zitiert haben, sondern wir haben Absatz 3 kritisiert. Ich bitte, das hier klarzustellen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin sehr altmodisch und deswegen halte ich Versprechen auch ein. Ich habe Ihnen heute früh versprochen, dass ich mich noch einmal zu Wort melde – und hier bin ich.
Ich möchte noch einmal einige wenige Aspekte betonen:
Erstens: Wir brauchen dieses Bayerische Versammlungsgesetz nicht, um in Bayern gegen Rechtsextremisten ankämpfen zu können.
Die Gesetzeslage in § 15 Absatz 2 des Bundesversammlungsgesetzes in Verbindung mit § 130 Absatz 4 des Strafgesetzbuches reicht aus, um das zu erreichen, was wir alle miteinander wollen, wie ich vernehme. Und diejenigen, die sagen, wir müssten jetzt das Gesetz beschließen, um endlich gegen Rechtsextremisten vorgehen zu können, sagen nicht die Wahrheit.
Zweitens bitte ich, zur Kenntnis zu nehmen, dass nur ein außerordentlich geringer Anteil aller Versammlungen, ob stationär oder mobil, ein Problem für die Versammlungsbehörden oder die Polizei darstellt. Gewiss, 98 % aller Versammlungen im Sinne des Versammlungsgesetzes verlaufen absolut friedlich, absolut gut und wohl organisiert, sie stellen überhaupt kein Problem dar. Dennoch werden sie alle unterschiedslos einem Regime unterstellt, was dazu führt, dass die Menschen davon abgehalten werden, auch kleine Veranstaltungen und Versammlungen zu besuchen und zu organisieren. Sie wissen genauso gut wie ich, einige dieser Vorschriften sind unsinnig, andere sind nicht zu erfüllen.
durch Petenten vertreten waren. Das wollten Sie nicht. Man hätte, wie ich es vorgeschlagen habe, nur die Petitionen behandeln können, die individuell formuliert sind. Dann wäre Ihrem Einwand Genüge getan worden. Aber auch das haben Sie nicht gewollt. Sie wollten nicht einmal die individuell formulierten Petitionen beraten.
Ich war vorhin oben in unserem Versammlungslokal, das im Übrigen, anders wie es vorhin aus der letzen Reihe getönt hat, sehr wohl voll war. Sie können gerne hingehen. Eine Petentin, die damals im Rechtsausschuss war, kam auf mich zu und sagte: Frau Stahl, ich war das erste Mal im Rechtsausschuss. Ich fand aber nicht gut, wie sich die CSU verhalten hat.
Diese Tonlage, diese Tonalität! Machen Sie genau das, und Sie werden sehen, was Sie bei den Petentinnen und Petenten damit anrichten. Die fühlen sich wirklich verhöhnt, wenn Sie so agieren.
Dann hat die Petentin gesagt: Wie kann denn Herr Welnhofer so viel Falsches erzählen? Ich zitiere jetzt die Petentin; ich sage das nicht, obwohl es mir auf der Zunge liegt. Sie hat gesagt: Er lügt ja. Daraufhin habe ich gesagt: Genau das schreiben Sie bitte auch demjenigen. Schreiben Sie, wie Sie diese Rechtsausschusssitzung empfunden haben; geben Sie uns diesen Brief zur Kenntnis. Das habe ich mir gestattet, denn selbstverständlich möchte ich wissen, was an die Staatsregierung und an Sie geht. Ich bin gespannt auf den Antwortbrief und darauf, wie Sie einer ganz normalen Petentin erklären wollen, warum Sie ständig Nebelkerzen geworfen haben.
Sie werden auch heute damit rechnen müssen, dass wir Sie beim Wort nehmen. Sie bewerten Kampagnen anscheinend als untaugliches und unzulässiges politisches Kampfinstrument. Ich bin sehr gespannt, ob Sie es bis zur Wahl durchhalten, nicht selber noch irgendwelche Kampagnen auf den Weg zu bringen. Wenn Sie es doch tun, sind wir sehr gespannt, wie Sie diese Kampagne begründen wollen.
Sie müssen mit der SPD darüber reden, welche Probleme sie hat. Ich habe mit einer Kampagne überhaupt kein Problem. Denn genau das ist unser politischer Job. Das, was hier im stillen Kämmerlein verabschiedet werden soll, muss an die Öffentlichkeit gebracht werden.
Da müssen sich alle zusammenschließen. Es muss zu einem Schulterschluss zwischen denen kommen, die dieses Gesetz nicht wollen, und jenen, die meinen, unserer Demokratie unbedingt einen Gefallen tun zu müssen, der keiner ist.
Ich weise auch darauf hin, dass es mittlerweile überhaupt nicht mehr umstritten ist, dass ein abstrakter Verbotstatbestand mit Erlaubnisvorbehalt, so wie das konstruiert ist, im Widerspruch zum hohen Rang der Versammlungsfreiheit auch bei Bannmeilen und befriedeten Bezirken steht.
Sechstens: Lassen Sie mich auch noch auf eine Skurrilität dieses Gesetzes hinweisen, die bislang auch nicht angesprochen worden ist: In Artikel 16 Absatz 1 des Gesetzentwurfes heißt es:
Es ist verboten, bei oder im Zusammenhang mit Versammlungen oder sonstigen öffentlichen Veranstaltungen unter freiem Himmel Schusswaffen oder Gegenstände mit sich zu führen, die sich als Schusswaffen geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, Vollstreckungsmaßnahmen eines Trägers von Hoheitsbefugnissen abzuwehren.
In Artikel 16 Absatz 4 heißt es, dass Absatz 1 und auch Absatz 2 nicht gelten für Gottesdienste unter freiem Himmel, kirchliche Prozessionen, Bittgänge, Wallfahrten und gewöhnliche Leichenbegängnisse. Man mag mir einmal erklären, was ein ungewöhnliches Leichenbegängnis ist.
In Absatz 4 heißt es weiter: „Züge von Hochzeitsgesellschaften und hergebrachte Volksfeste“. Diese Regelung ist – das weiß ich wohl – seit 1953 im Versammlungsgesetz des Bundes enthalten, war aber dort schon immer deplaziert. Erklären Sie mir bitte einmal, ob Sie all denen, die an einer Wallfahrt, an einem Bittgang, an einem herkömmlichen Leichenbegängnis usw. teilnehmen, unterstellen wollen, dass sie sich vermummen und schutzbewaffnen? Denn nur dann, wenn man das unterstellt, muss man in Artikel 16 Absatz 4 diese Ausnahme beschreiben. Es wäre nach 55 Jahren an der Zeit gewesen, diese Vorschrift aus dem alten Bundesversammlungsgesetz nicht zu übernehmen.
Das ist eine Skurrilität am Rande.
Siebtens: Der von mir heute bereits einmal zitierte deutsche Hang zur Gründlichkeit führt auch bei den Versammlungsbehörden zu 150-prozentigen Entscheidungen. Wir haben es oftmals mit Verwaltungsbehörden zu tun, die gut sind, aber dann auch das Maß nicht mehr kennen und meinen, Vorschriften nicht nur 100-prozentig, sondern gleich 150-prozentig erfüllen zu müssen. Dafür, was alles zur Anzeige gebracht worden ist und wie umständlich Bescheide formuliert worden sind, gibt es eine Vielzahl von Beispielen, gerade auch im Zusammenhang mit dem Versammlungsgesetz.
Man muss bitte auch zur Kenntnis nehmen, dass es wegen des Hangs zur Gründlichkeit es immer wieder dazu kommt, dass regelmäßig acht von zehn Auflagen,
Drittens: Man könnte natürlich sagen, es ist völlig egal, was dieser Landtag mit seiner Mehrheit beschließt. Das Versammlungsrecht ist so sehr von Grundrechten durchwirkt, dass es letztlich Karlsruhe schon richten wird. So kann man es sehen. So sehen es offensichtlich einige, die sagen, wir reizen es ganz bewusst aus, und wenn es nicht passt, werden sie es uns schon sagen. Ich bin aber der Meinung, dass dieser Bayerische Landtag auch die Aufgabe hat, die Grenzen der Verfassung zu beachten, insbesondere die Grenzen der Bayerischen Verfassung nicht mutwillig auszureizen und schon gar nicht überzustrapazieren,
sondern von sich aus nur Gesetze zu formulieren, die er für verfassungsgemäß hält. Zu sagen, das lassen wir jetzt einmal laufen, das reizen wir aus, die werden uns dann schon korrigieren, das halte ich für fahrlässig und diesem Hohen Haus nicht angemessen.
Viertens: Man darf bitte nicht so tun, als seien alle Verstöße gegen die Vorschriften des Versammlungsgesetzes, wie Sie es planen und wohl auch beschließen werden, Bagatellen. Wer die Straf- und Bußgeldvorschriften im bestehenden Versammlungsgesetz mit den Straf- und Bußgeldvorschriften in Ihrem Gesetzentwurf vergleicht, muss, wenn er seriös ist, zugeben, dass hier verschärft wird, und zwar ganz ordentlich.
Dass zum Beispiel jemand, der eine Versammlung ohne Anzeige veranstaltet oder bei der Durchführung einer Veranstaltung von dem in der Anzeige angegebenen Ablauf abweicht, mit einer Strafe bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe belangt werden kann, ist mehr als eine Bagatelle, obwohl der Unrechtsgehalt dieser Tat vergleichsweise gering ist. Ich habe den Eindruck, es wird hier mit Kanonen auf Spatzen geschossen.
Fünftens: Folgendes Thema ist heute leider überhaupt noch nicht angesprochen worden. Wir haben in unserem Änderungsantrag auch vorgeschlagen, die Vorschriften über den befriedeten Bezirk, die sogenannte Bannmeile um den Landtag herum, aufzuheben, weil wir seit Langem der Meinung sind, dass sie anachronistisch sind.
Es hat sich auch in diesen Tagen wieder gezeigt, dass es anachronistisch ist, wenn Demokraten, wie unser Fraktionsvorsitzender soeben ausgeführt hat, einen Abstand von 500 Metern einhalten müssen, sodass man sich gegenseitig nur mit dem Ferngucker beobachten kann und nicht näher an dieses Gebäude heran darf, obwohl es weiß Gott gut gesichert ist. Speziell in Bayern ist die Vorschrift über die Bannmeile anachronistisch. Deswegen wollen wir sie weg haben.
Zum Gesetzentwurf 15/10181 der Staatsregierung empfiehlt der federführende und endberatende Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen Zustimmung mit der Maßgabe verschiedener Änderungen. Ich verweise insoweit auf die Drucksache 15/11152.
Nachdem vom Verfassungsausschuss vorgeschlagen wird, in Artikel 14 die Absätze 2 und 3 zu streichen, sind als Folgeänderung im neuen Absatz 2 der Vorschrift noch die Worte „den Absatz 1 bis 3“ durch „Absatz 1“ zu ersetzen.
Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen unter Berücksichtigung der Folgeänderung seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CSU. Gegenstimmen? – Die Fraktionen der SPD und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Gesetzentwurf so beschlossen.
Ich habe vorhin bereits darauf hingewiesen, dass die SPDFraktion zu diesem Gesetzentwurf eine Dritte Lesung beantragt. Nach § 53 Absatz 2 der Geschäftsordnung gilt für Dritte Lesungen Folgendes:
Sind in der Zweiten Lesung Änderungen beschlossen worden, so kann die Dritte Lesung erst nach Aushändigung der Beschlüsse der Zweiten Lesung erfolgen, wenn dies eine Fraktion oder 20 Mitglieder des Landtags beantragen.
Dies ist durch die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN erfolgt.
Der weitere Ablauf ist also, dass zunächst das Protokoll bzw. die Drucksache über das Ergebnis der bisherigen Beratung erstellt wird. Wir fahren jetzt in der Tagesordnung fort mit dem Untersuchungsausschuss und werden nach dem Untersuchungsausschuss dieses Thema wieder aufnehmen. Anschließend folgt das Rettungsdienstgesetz – um Ihnen zunächst einmal eine Orientierung über den weiteren Fortgang der Beratungen zu geben.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 33 auf:
die sich in einem Bescheid über Versammlungen befinden und angefochten werden, vom Verwaltungsgericht aufgehoben werden.
Weil das so ist, wäre es höchste Zeit, ein Versammlungsgesetz zu beschließen, das den Intentionen derjenigen, die 1946 die Bayerische Verfassung gemacht haben, entspricht.
Das ist nicht das Gesetz, das wir seit 1953 haben. Es ist aber gewiss auch nicht das Gesetz, das Sie jetzt vorlegen. Ihr Gesetzentwurf eines Versammlungsgesetzes riecht nicht nach Freiheit, sondern nach Obrigkeitsstaat und Unfreiheit. Da ist es besser, es bei der bisherigen, unvollkommenen Gesetzes- und Rechtslage zu belassen.
Bitte.
Das nehme ich zur Kenntnis. Das ändert aber an der inhaltlichen Kritik überhaupt nichts.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben als SPD-Fraktion einen umfangreichen Änderungsantrag eingebracht, um damit auch zu signalisieren, dass wir bereit sind, mitzuhelfen, ein Gesetz zu schaffen, das dem hohen Gut der Versammlungsfreiheit gerecht wird.
Ich stelle fest: Sie haben die ausgestreckte Hand nicht angenommen, sondern Sie haben unseren Änderungsantrag in Bausch und Bogen verworfen und dann einige wenige Vorschläge, die wir eingebracht haben, doch
fassen: Erstens. Wir haben eine eigenständige Gesetzgebungskompetenz durch die Föderalismusreform erhalten. Bayern ist selbstbewusst genug, um von dieser Gesetzgebungskompetenz auch Gebrauch zu machen.
Wir wollen zweitens verhindern, dass Veranstaltungen mit nationalsozialistischem Hintergrund künftig genehmigt werden, und wir wollen drittens eine klare Rechtsgrundlage für die Bürger und die Verwaltung schaffen, und zwar unter Berücksichtigung der geltenden Rechtslage und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
Ihr Versuch, die Bevölkerung gegen die CSU aufzubringen, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und GRÜNEN, ist fehlgeschlagen. Er ist gescheitert, und es würde Ihnen gut zu Gesicht stehen, wenn Sie das hier einmal eingestehen würden. Nach meinen Informationen wurde der Konferenzsaal heute Nachmittag um 16.00 Uhr geschlossen, weil keiner mehr da war. Sie haben selber gesagt, dass in Ihrem sogenannten Versammlungsraum ungefähr 20 bis 30 Personen heute die Debatte mitverfolgt haben.
Man muss sich das schon einmal vorstellen: Heute Vormittag treten Sie hierher und brüsten sich, beim Landtag seien 600 Petitionen eingegangen; alle Petenten hätten Sie eingeladen – 20 oder 30 waren da. Allein das ist schon ein Rohrkrepierer und zeigt, dass sich die Leute von Ihren Argumenten nicht mehr überzeugen lassen. Die Petenten haben erkannt, dass sie von Ihnen auf die falsche Fährte geführt wurden, dass sie von Ihnen getäuscht wurden. Sie haben die Konsequenzen daraus gezogen, und das sollten Sie endlich akzeptieren. Der Schuss ging für Sie nach hinten los, und ich denke, wenn Sie eine gewisse Größe hätten, würden Sie sich heute hier bei der Bevölkerung entschuldigen.
Wir werden heute ein Versammlungsgesetz beschließen, das es jedem uneingeschränkt ermöglicht, friedlich wie in der Vergangenheit zu demonstrieren. Dafür bitte ich um Ihre Zustimmung.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, lieber Kollege Obermeier! Eigentlich bin ich jetzt versucht, das, was ich heute Vormittag in über einer Stunde und später noch einmal ausgebreitet habe, zu wiederholen, weil Sie es offensichtlich nicht verstanden haben.
Selbstverständlich.
Ich stimme Ihnen in Ihrer Bewertung zu, Herr Kollege Dr. Dürr.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sollten zum Abschluss eines Kapitels kommen, das nicht als große Sternstunde des Parlaments in die Geschichte eingehen wird, und zwar deshalb, weil die Mehrheitsfraktion nicht bereit war, auf die Argumente der Minderheit, die auch von außen unterstützt worden sind, auch nur ein bisschen einzugehen. Die Mehrheit ist offensichtlich der festen Überzeugung, wie heute in einem anderen Zusammenhang ausgeführt worden ist, dass Mehrheit auch Wahrheit entspricht. Ich sage Ihnen: Das stimmt auch in diesem Zusammenhang nicht.
Vor über 130 Jahren ist ein sozialdemokratischer Redakteur der „Hofer Zeitung“, der die vom damaligen Polizeireferenten erlassenen Versammlungsverbote kritisiert hat, unter anderem wegen folgenden Gedichts wegen Beleidigung zu drei Monaten Gefängnis verurteilt worden. Das Gedicht lautete:
Wo zwei hier stehen und flüstern, da sieht die Polizei den Himmel sich verdüstern und riecht Rebellerei. Fängt an zu arretieren, denn es könnt zu Aufruhr führen. Will einer sich versammeln, rennt flugs ein Kommissär, das Haus ihm zu verrammeln, dem frechen Räsonär.
Das ist auch heute noch Ihre Grundeinstellung und das bedaure ich.
verhinderungsgesetz mit dem Kampf gegen rechte Aufmärsche rechtfertigen wollen.
Die unter der rot-grünen Bundesregierung vorgenommenen Änderungen des Strafrechts reichen, wenn sie konsequent umgesetzt werden, aus, um Aufmärsche von Neonazis zu verbieten. Das hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Juni dieses Jahres deutlich bestätigt. Durch Ihr Gesetz wird aber der Protest gegen Rechts deutlich erschwert. Die bürokratischen Hemmnisse und Schwierigkeiten, die Sie einführen wollen, betreffen auch die Gruppen, die heute voller Zivilcourage sich gegen die Nazis stellen und kämpfen und denen nur unsere Bewunderung gelten kann.
Frau Knobloch nannte den Gesetzentwurf der Staatsregierung – wenn stimmt, was in den Zeitungen steht – ein Bekenntnis zu Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit. Aber die Gesetzgebung ist der falsche Ort für Bekenntnisse. Frau Knobloch hat weiter ausgeführt – ich gebe ihr hier uneingeschränkt recht –: Nur gemeinsam sind wir in einer Demokratie stark und können rechtsextremistisches Gedankengut von öffentlichen Plätzen fernhalten. Aber es ist die Zivilgesellschaft, das gemeinsame, entschlossene Auftreten gegen rechte Umtriebe, das Erfolg bringt. Das praktische Beispiel hierfür heißt Gräfenberg. Sie aber erschweren der Zivilgesellschaft, den Bürgerinnen und Bürgern, sich zu versammeln, sich gemeinsam zur Wehr zu setzen. Mit Ihrem Gesetz untergraben Sie die lebendige Demokratie und deswegen lehnen wir Ihr Gesetz ab und werden alles dafür tun, das dieses Gesetz im Herbst nach der Wahl sofort wieder aufgehoben wird.
Herr Staatsminister, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sollten nicht den Eindruck erwecken, als würden wir hier im Landtag über einen Gesetzentwurf des Kreisverwaltungsreferats der Stadt München verhandeln. Hier geht es um einen Gesetzentwurf der Staatsregierung.
Erstens. Dieser Gesetzentwurf muss jetzt von der CSU-Fraktion geändert werden, und zwar durch Übernahme weiter Passagen des Änderungsantrags der SPD-Fraktion, die von der gleichen CSUFraktion noch vor einer Woche abgelehnt worden sind. Soviel zum Ablauf des dynamischen Prozesses, den ich nicht kritisieren will. Ich stelle das nur fest.
Zweitens. Herr Staatsminister, Sie haben ausgeführt, dass die Staatsregierung die Versammlungsfreiheit schütze. Bei allem Respekt vor der Staatsregierung möchte ich doch darauf hinweisen dürfen, dass die Versammlungsfreiheit von der Verfassung und vom Grundgesetz geschützt wird. Aufgabe der Staatsregierung ist es, die Ausübung des Grundrechts zu gewährleisten und nicht zu behindern.
Drittens. Herr Staatsminister, ich nehme zur Kenntnis – und habe es gewusst –, dass Sie – nicht Sie persönlich, sondern Ihre Fraktion und Ihre Partei – offensichtlich ein ganz anderes Verständnis von Versammlungsfreiheit haben als einige andere in diesem Raum. Ich bin schon so alt, dass ich mich daran erinnern kann, als Ministerpräsidenten und Vorsitzende Ihrer Partei es für richtig gehalten haben, an Blockaden am Brenner teilzunehmen. Was wäre bloß passiert, hätten wir damals schon einen Artikel 7 Absatz 2 des Bayerischen Versammlungsgesetzes gehabt, wie Sie ihn heute einführen wollen? Ich habe zur Kenntnis genommen, dass einige Kolleginnen und Kollegen in der letzten Woche an Blockadeveranstaltungen von Milchbauern vor Molkereien teilgenommen haben. Ich habe mich darüber gefreut, weil hier das ungebändigte Element des Volkes gegen Konzerne aufbegehrt hat – mit Unterstützung von CSU-Kollegen – und frage Sie: Wie passt das zusammen mit Ihrer Formulierung des Militanzverbots?
Viertens. Herr Staatsminister, wir sind uns einig, dass neonazistische Umtriebe so gut es geht verhindert werden
Daher kommt dieser neue Ansatz, der bei uns entwickelt worden ist – zu dem mir aber zum Beispiel mein sachsenanhaltischer Kollege von der SPD gesagt hat, dass er ihn genauso übernehmen wird-, dass wir sagen, dass wir an historisch belasteten Orten und historisch belasteten Tagen, wo die Gefahr besteht, dass das Andenken an die Opfer des Nationalsozialismus beleidigt, beschädigt wird, in der Tat die Möglichkeit haben, solche Versammlungen grundweg zu verbieten, sodass es eben keine NeonaziDemonstrationen im Umfeld eines Konzentrationslagers oder auf dem Reichsparteitagsgelände oder dergleichen gibt.
Das Gleiche ist ein Anliegen auch des Kreisverwaltungsreferats der Landeshauptstadt München, wo natürlich auch klar gesagt wird:
Es muss vor diesem Hintergrund eine Möglichkeit geben, zu verbieten, dass Neonazis nie mehr vor der Feldherrnhalle oder im früheren Parteiviertel in München demonstrieren. Das ist ein Anliegen von Herrn Blume-Beyerle. Ich halte das für richtig. Genau das ist unser Ansatz. Das ist etwas Neues. Das hat es bisher im deutschen Versammlungsrecht noch nie gegeben. Wir wollen diesen neuen Weg bewusst gehen. Genau so verstehe ich diese Äußerung meines Landtagskollegen.
Ich halte es für richtig, die Grenzen in diesem Sinne auszuloten, weil wir auch erleben, dass diese rechtsradikalen Chaoten ihrerseits versuchen, ihre Rechte nach unserer Verfassung bis an die Grenzen zu strapazieren und andere Bürger, Demokraten in diesem Staat, auf diese Weise bis an die Grenzen zu belästigen und großen Zumutungen auszusetzen. Dem müssen wir etwas Entsprechendes entgegensetzen. Bei der Kommunalwahl in Sachsen haben die Rechten ein geringeres Wahlergebnis als bei der letzten Landtagswahl erreicht. Trotzdem hat die NPD dort fl ächendeckend 5 % der Stimmen erhalten. Das ist zu viel. Wir müssen das zwar als demokratisches Wahlergebnis zur Kenntnis nehmen, sind jedoch herausgefordert, dieser Bewegung stärker entgegenzutreten.
Es ist unübersehbar, dass die NPD gerade in Franken versucht, sich massiv bemerkbar zu machen und dort stärker aufzutreten. Es ist unübersehbar, dass wir im Laufe der letzten beiden Jahre und besonders in den letzten Monaten ein immer stärkeres Bemühen der NPD feststellen, sich in Franken stärker bemerkbar zu machen. Dort häufen sich die Veranstaltungen. Wir dürfen dabei nicht tatenlos zusehen. Wir müssen eine gute politische Bildung und eine gute Arbeit betreiben. Ich habe erst in der vorvergangenen Woche ein Gespräch mit Vertretern des Kreisjugendrings in Nürnberg über dessen Arbeit beim Doku-Zentrum geführt. Wir müssen uns mit all diesen Themen beschäftigen, aber wir müssen auch das Versammlungsrecht nutzen, um diesen Chaoten bestmöglich die Grenzen aufzuzeigen. Meine Damen und Herren, dazu stehe ich.
gesetzt werden. In Berlin und anderswo haben wir es bereits erlebt, dass es zum Schutz der Versammlungsfreiheit auch gehört, dass Kundgebungen der demokratischen Kräfte vor der Störung durch Chaoten geschützt werden müssen. Wir haben das in Nürnberg bei einer Kundgebung erlebt, auf der Oberbürgermeister Maly, Ministerpräsident Dr. Beckstein und Arno Hamburger gesprochen haben. Das gehört auch zum Schutz der Versammlungsfreiheit.
Die Versammlungsfreiheit gehört zu unserem demokratischen Rechtstaat. Das bedeutet aber nicht, dass sich jeder nach Belieben auf den Marktplatz stellen kann und dass er, wenn andere kommen, um ihn zu stören, selbst schauen muss, wo er bleibt. Nein. Schutz der Versammlungsfreiheit heißt auch, dass eine rechtmäßig angemeldete Demonstration auch vor Störungen anderer geschützt werden muss. Ich denke, in diesem Punkt sind wir uns einig.
Herr Kollege Schindler, ich möchte Ihnen gegenüber nicht polemisch werden. Ich räume ein, wir bewegen uns hier in Grenzbereichen. Deshalb habe ich dieses Beispiel gewählt. Ich weiß, dass das in der Praxis nicht immer ganz einfach werden wird. Ich sage einmal fi ktiv: Es wäre unerträglich, wenn Neonazis in Nürnberg eine Versammlung stören würden, auf der Arno Hamburger spricht. Es gibt aber auch das umgekehrte Beispiel, das Sie genannt haben. Damit muss man pragmatisch umgehen.
Ich glaube nicht, dass dieses neue Gesetz einen Anlass gibt, weniger gut als bisher damit umzugehen – ganz im Gegenteil. Ich weiß, da sind wir in juristischen Grenzbereichen, egal, wie man das formuliert. Ich sehe natürlich diese Herausforderung und den möglichen Konfl ikt, aber ich denke, wir werden gemeinsam dafür sorgen, dass damit vernünftig umgegangen wird.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die SPD-Landtagsfraktion stimmt dem Gesetzentwurf aus folgenden Überlegungen zu: Erstens. Wir sind der Meinung, dass es ein wichtiges wirtschaftspolitisches Ziel ist, die in Bayern vorhandenen Arbeitsplätze in der Petrochemie dadurch zu sichern, dass die Ethylen-Pipeline geschaffen wird, um den Austausch mit anderen Standorten zu verbessern.
Zweitens. Enteignungen sind zum Wohl der Allgemeinheit grundsätzlich zulässig; das sagt unser Grundgesetz, und das sagt die Bayerische Verfassung. Wir haben es nur in wenigen Fällen mit Enteignungen zu tun – wenn überhaupt –, weil nämlich etwa 90 % der Wegerechte – jedenfalls in Bayern – schon gesichert sind. Es kann nur noch um wenige Einzelfälle gehen. Wir haben es mit eventuellen Enteignungen zu tun, die vordergründig dem Wohl eines privaten Unternehmens, mittelbar aber natürlich auch dem Wohl der Allgemeinheit wegen der Sicherung der Petrochemie und der damit verbundenen Arbeitsplätze dienen. Deswegen halten wir die Voraussetzungen dafür, zu Enteignungen zu greifen, für gegeben, auch unter Berücksichtigung der sogenannten BoxbergEntscheidung des Bundesverfassungsgerichts.
Drittens. Meine Damen und Herren, es geht nicht um Totalenteignungen, also die Wegnahme des gesamten Eigentums und Besitzes, die Einschränkung jeglicher Nutzungsmöglichkeit, sondern es geht um Wegerechte. Das heißt, die betroffenen Grundstücke können dann, wenn die Pipeline verlegt ist, auch wieder genutzt werden,
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will die Debatte nicht unnötig in die Länge ziehen, aber doch noch Folgendes sagen:
Liebe Frau Stahl, Sie haben, wenn ich Sie richtig verstanden habe, unter Bezugnahme auf die Boxberg-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgeführt, das Bundesverfassungsgericht lasse eine Enteignung mit dem Ziel, Arbeitsplätze zu schaffen, nicht zu. Das ist nicht wahr. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass das Bundesbaugesetz eine Enteignung mit dem Ziel, Arbeitsplätze zu schaffen usw., nicht zulässt. Deswegen hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, wer so etwas will, muss dafür ein Gesetz schaffen.
Das Bundesverfassungsgericht kennt natürlich das Grundgesetz. Darin steht auch, dass Eigentum ver
fallen nicht zuletzt mit einer ausreichenden Ethylenversorgung. Man kann sowohl „Ethen“ als „Ethylen“ sagen, aber die Formel ist immer die gleiche. Das möchte ich in diesem Zusammenhang aus meinem alten Background heraus sagen.
Diese Versorgungssicherheit kann nur mit der geplanten Pipeline erreicht werden. Das möchte ich wirklich klar zum Ausdruck bringen. Die EPS bietet den Unternehmen die erforderliche Planungssicherheit und damit einen Anreiz für Investitionen und für die Schaffung neuer Arbeitsplätze.
Darüber hinaus hat die wirtschaftliche Bedeutung der EPS eine gesamteuropäische Dimension. Sie ist Voraussetzung für den Anschluss an bestehende Leitungssysteme in Frankreich, Österreich und Osteuropa. Bayern wird in dem künftigen trans-europäischen Netz eine Schlüsselstellung einnehmen. Ich bin dem Kollegen Weidenbusch dankbar dafür, dass er das schon in dieser Art und Weise formuliert hat.
Die Ausschüsse haben diese Ethylenpipeline mit einer breiten Zustimmung befürwortet. Dafür bin ich den Kolleginnen und Kollegen absolut dankbar. Ich habe aber auch Verständnis dafür, dass sich einige Abgeordnete aus Rücksicht auf betroffene Landwirte enthalten haben.
Auch mir wäre es lieber – das möchte ich hier in aller Deutlichkeit sagen -, wenn das Projekt ohne staatlichen Zwang realisiert werden könnte. Deshalb hat die Staatsregierung stets auf den vorrangigen freiwilligen Erwerb der Rechte bestanden. Auch der Bayerische Landtag hat mit Beschluss vom 14. Februar 2008 die zeitnahe Vorlage des Gesetzentwurfes gefordert.
Ein weiterer Diskussionspunkt war die Zweckbindung der staatlichen Förderung. Zum Beispiel sollten die beteiligten Betriebe den langfristigen Erhalt der Arbeitsplätze im Chemiedreieck zusagen. Soweit es die Pipeline selbst betrifft, muss die Förderung zurückgezahlt werden, wenn sie nicht fachgerecht gebaut und betrieben wird. Dies ist im Zuwendungsbescheid auch so sichergestellt. Der Artikel 4 des vorliegenden Gesetzentwurfes sieht für diesen Fall sogar eine Rückenteignung vor. Ich glaube, dass das auch ein richtiger Passus ist.
Eine weitere Zusicherung der Industrie wäre illusorisch. Den Erhalt der Arbeitsplätze für die Lebensdauer der Pipeline kann und darf kein verantwortungsvoll handelndes Unternehmen zusagen, weil es damit auch seine eigene Zukunft riskieren würde.
Der beste Beweis dafür, dass die staatlichen Zuschüsse nachhaltig gut angelegt sind, sind die millionenschweren Investitionen der Unternehmen im Chemiedreieck, zum
tiere einmal aus dem Pressespiegel des Landwirtschaftsministeriums von Baden-Württemberg, wiedergegeben in der „Gmünder Tagespost“ vom 2. April 2008:
Druck gegen die Ethylen-Pipeline. Landwirte und Gemeinden im Ostalp- und Rems-Mur-Kreis bekräftigen ihr Nein.
Ich bin nach den Debatten, die ich erlebt habe, der festen Überzeugung: Es geht den Landwirten nicht nur um die Grundstückspreise, sondern auch um die Gefährdung. Aber wir haben uns darauf geeinigt, dass wir dazu weiter nicht reden. Es geht auch um die weitere Nutzung der Grundstücke. Die Dinge sind gar nicht so einfach. Es ist nicht so, dass da ein Bereich für die Pipeline entsteht und man dann außen herum mäht.
Ebenso gibt es Widerstand des Bürgermeisters und des Gemeinderats in Alfdorf.
Ich entnehme Ihren Worten auch, dass das Wirtschaftsministerium zwar eine Ankündigung gemacht hat, aber keine irgendwie gearteten festen, greifbaren Ergebnisse da sind. Es heißt, man werde etwas auf den Weg bringen. Das ist mir für die Zahlung von 45 Millionen Euro einfach zu wenig. Die Dinge hängen doch miteinander zusammen.
Es wurde argumentiert, ich kenne das Bundesverfassungsgerichtsurteil nicht. Ich habe meinen Redebeitrag mit der Feststellung begonnen: Es gibt eine ganze Reihe von Vorgaben. Das betrifft Satz 2 des Urteils. Die Vorgaben müssen erfüllt sein. Aber ich sehe sie nicht als erfüllt an.
Im Übrigen stimmt es, was Herr Schindler gesagt hat: Das Bundesbaugesetz lässt eine Enteignung mit dem Ziel, Arbeitsplätze zu schaffen, nicht zu. Was ich dazu gesagt habe, habe ich nicht anders gemeint.