Protokoll der Sitzung vom 12.11.2004

Guten Morgen, meine Damen und Herren und liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist 9.00 Uhr. Die Uhr hier im Saal ist richtig eingestellt, wie mir gerade versichert wurde.

Ich eröffne die 28. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt.

Vor Eintritt in die Tagesordnung möchte ich Herrn Kollegen Hans Joachim Werner – er ist nicht da, dann mache ich es sozusagen anonym – herzlich zu seinem Geburtstag gratulieren und ihm Gesundheit und viel Erfolg bei seiner parlamentarischen Tätigkeit wünschen.

(Allgemeiner Beifall)

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 8 Mündliche Anfragen

Die Fragestunde dauert heute nur 45 Minuten. Ich bitte zunächst Herrn Staatssekretär Schmid um die Beantwortung der ersten Fragen. Erster Fragesteller ist Herr Kollege Schindler. Bitte schön.

Herr Präsident, Herr Staatssekretär! Aus welchen Gründen wird in den vom Bayerischen Staatsministerium des Innern vorgegebenen Qualitätskriterien für Abschleppbetriebe vom 17.01.2001 für die Aufnahme von Unternehmen in eine Vermittlungsliste für die Vergabe von Privataufträgen und für die Auftragsvergabe durch die Polizei unter anderem verlangt, dass die entsprechenden Abschleppunternehmen in die Handwerksrolle für Kfz-Technik oder für Karosserie- und Fahrzeugbau eingetragen sind, obwohl für das Bergen und Abschleppen von Kraftfahrzeugen keine Meisterprüfung und damit auch keine Eintragung in die Handwerksrolle erforderlich ist?

Herr Staatssekretär, bitte.

Herr Präsident, verehrter Herr Kollege Schindler, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einen schönen guten Morgen. Ich darf die Frage des Kollegen Franz Schindler wie folgt beantworten:

Firmen, die in der Kfz-Reparatur und Pannenhilfe tätig sein wollen, müssen unter anderem nach der Abschlepprichtlinie Bayern – ARB –, bestehend aus den so genannten Qualitätskriterien und den Anlagen zur Begutachtung der Abschleppbetriebe, grundsätzlich die Eintragung in die Handwerksrolle als Kraftfahrzeugtechniker oder als Karosserie- und Fahrzeugbauer nachweisen und eine geeignete Werkstattausrüstung nach dem Stand der Technik vorhalten. Danach muss nicht unbedingt der Inhaber des Abschleppbetriebes Meister sein, sondern es

ist ebenso ausreichend, wenn im Betrieb ein Handwerksmeister beschäftigt ist.

Mit Schreiben vom 04.06.2002 haben wir unserem Vertragspartner, der GDV-Dienstleistungs GmbH & Co. KG – GDV -, die ARB an die Hand gegeben. Diese hat sie zum Bestandteil der zwischen ihr und den einzelnen Hilfeleistern geschlossenen privatrechtlichen Verträge gemacht, nachdem ihr 2001 der Zuschlag zur Vermittlung der Abschleppaufträge in Bayern im Rahmen einer entsprechenden Privatisierungsinitiative erteilt wurde. Ab dem 09.04.2003 wurde die ARB auch auf so genannte Polizeiaufträge, also beispielsweise auf das hoheitliche Abschleppen von Falschparkern oder die Bergung von Unfallfahrzeugen erweitert. Die Erfüllung der Bedingungen aus der ARB, also aus der Abschlepprichtlinie Bayern, bestimmt sich daher einerseits aus einem vertraglichen Schuldverhältnis zwischen dem ausführenden Unternehmen und der GDV und andererseits bei Polizeiaufträgen aus privatrechtlichen Rechtsbeziehungen des Freistaates Bayern mit dem ausführenden Unternehmen.

Nach unserer Überzeugung sind aus guten Gründen auch für das Bergen und Abschleppen eine Meisterqualifizierung und der Eintrag in die Handwerksrolle erforderlich, Herr Kollege Schindler. Die Notwendigkeit, Meisterpflicht und Eintragung in die Handwerksrolle mit der Tätigkeit eines Abschlepp- und Bergungsbetriebes zu verknüpfen und diesem die Beschäftigung eines Meisters vorzugeben, ergibt sich aus dem wohlverstandenen Interesse des Verbrauchers, das sich naturgemäß nicht nur auf das schlichte Verbringen von der Unfallstelle beschränkt, und auch aus Gründen der Verkehrssicherheit und der Leichtigkeit des Verkehrs. Hierdurch wird eine kompetentere Lagebeurteilung ermöglicht und eine schnellere und effektivere Hilfe vor Ort. Insbesondere kann in vielen Fällen nur ein Kfz-Meister beurteilen, welche konkreten Maßnahmen zur Behebung einer Panne erforderlich sind, sodass Kosten für den Pannenleidenden minimiert werden können.

Daneben verhindert bzw. minimiert die Meisterpflicht Sach- und Vermögensschäden des Einzelnen, der die Panne erlitten hat, Schäden der Allgemeinheit und das Haftungsrisiko des Staates, der bei nicht sorgfältiger und sachgerechter Auswahl der vermittelten Unternehmen in Anspruch genommen werden kann. Viele Fahrzeughersteller sind mittlerweile dazu übergegangen, in den Fahrzeugbedienungs- und Reparaturanleitungen unmissverständlich darauf hinzuweisen, dass nur Fachpersonal bei Pannenhilfe, Bergen und Abschleppen eingesetzt werden darf, da bereits geringe Fehler beim Anschlagen, Anheben oder Bewegen der Fahrzeuge erhebliche Schäden am Fahrzeug verursachen können. Andernfalls können Garantieleistungen der Autohersteller erlöschen. Die Technik bestimmter Fahrzeuge macht es sogar für Abschleppmaßnahmen über längere Distanzen erforderlich, Fahrzeugteile, beispielsweise Kardanwellen, auszubauen.

Vor diesem Hintergrund ist aus unserer Sicht der inhaltliche Regelungsgehalt der ARB gerechtfertigt.

Zusatzfrage: der Fragesteller.

Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir zu, dass es für das Bergen und Abschleppen von Kraftfahrzeugen allein keiner Meisterprüfung und keiner Eintragung in die Handwerksrolle bedarf?

Herr Staatssekretär, bitte.

Das ist so nicht richtig. Nehmen wir einen ganz konkreten Fall: Wenn Sie über eine Notrufsäule an der Straße den Notruf absetzen, dann kommt ein Unternehmen, das eine Vereinbarung mit unserem Vertragspartner hat, und dieses Unternehmen braucht die Vorhaltung eines Meisters und die Eintragung in die Handwerksrolle. Unternehmen, die nur abschleppen oder bergen, werden nicht vermittelt. Nur diese bräuchten keinen Meister, können aber die von uns angestrebte qualifizierte Hilfe nicht leisten.

Zusatzfrage: der Fragesteller.

Herr Staatssekretär, würden Sie bitte erstens zur Kenntnis nehmen, dass die Regierung der Oberpfalz gerade unter Bezugnahme auf die von Ihnen angesprochenen Qualitätskriterien einem Unternehmen auf Anfrage ausdrücklich mitgeteilt hat, dass es für das Bergen und Abschleppen von Kraftfahrzeugen keiner Meisterprüfung bedarf und damit auch keiner Eintragung in die Handwerksrolle? Denn diese Tätigkeit stellt weder ein zulassungspflichtiges Handwerk dar noch eine wesentliche Teiltätigkeit eines solchen Handwerks.

Zweitens: Halten Sie es in Zeiten, in denen ansonsten immer Deregulierung gefordert ist, für angemessen, dass für das schlichte Bergen und Abschleppen von Fahrzeugen, also nicht für die Durchführung von Reparaturen, die Eintragung in die Handwerksrolle verlangt wird?

Herr Staatssekretär, bitte.

Wenn hier die Regierung eine andere Auffassung vertritt, dann werden wir der Geschichte nachgehen und auch versuchen, das zu korrigieren. Die wohl allgemeine Auskunft hat den fließenden Übergang zwischen Abschleppdienst und Reparatur – bzw. Pannenhilfe nicht berücksichtigt.

Ich bin nach wie vor der Meinung, dass es zwingend notwendig und geboten ist, gerade auch in Zeiten der Deregulierung eine klare Regelung vorzusehen, damit bestimmte Qualitätskriterien vorhanden sind. Ich möchte nicht, dass mein Fahrzeug abgeschleppt wird, ohne dass ich weiß, dass da jemand mit dem Fahrzeug fachkundig umgehen kann. Die Fahrzeuge sind sehr teuer und heute überaus kompliziert. Wie ich eben bei meinem Eingangsstatement bemerkt habe, ist es auch ein Problem, dass möglicherweise Haftungsfragen auftreten, dass die Garantieleistungen erlöschen können. Das sind schon Probleme, die man beachten muss. Deswegen würde ich die Frage der Deregulierung hier nicht heranziehen. Es ist dereguliert; denn es ist klar festgelegt, dass es ein Meisterbetrieb sein muss. Da gibt es aus meiner Sicht keine

Abweichungsmöglichkeit. Ich würde es auch für falsch halten, jeden x-beliebigen Abschleppunternehmer in einen solchen Dienst einzubinden.

Keine weitere Zusatzfrage. Als nächste Fragestellerin rufe ich Kollegin Scharfenberg auf, die ich für diese Zeit von ihren Aufgaben als Schriftführerin entbinde.

Herr Staatssekretär, wie beurteilt die Staatsregierung das Vorgehen der Gemeinde Wenzenbach im Landkreis Regensburg bezüglich eines eingereichten Bürgerbegehrens, trotz der erforderlichen Anzahl von Unterschriften zuerst monatelang keinen Beschluss zu fassen, um es dann schlussendlich ohne Begründung nicht zuzulassen?

Herr Staatssekretär, bitte.

Frau Kollegin Scharfenberg, über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens entscheidet der Gemeinderat im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung in eigener Verantwortung. Er hat dabei eine umfassende rechtliche Prüfungskompetenz. Die Entscheidung ist unverzüglich, spätestens innerhalb eines Monats nach Einreichung des Bürgerbegehrens zu treffen. Die Entscheidung über die Zulässigkeit wird im Gemeinderat durch Abstimmung getroffen. Beschließt der Gemeinderat nicht innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Zulassungsfrist, können die vertretungsberechtigten Personen des Bürgerbegehrens im Wege einer so genannten Untätigkeitsklage unmittelbar auf Zulassung des Bürgerbegehrens vor den Verwaltungsgerichten klagen.

Das vorliegende Bürgerbegehren, das inhaltlich auf die Unterlassung weiterer gemeindlicher Maßnahmen für den Bau eines Biomasseheizkraft-, eines Ethanol- und eines Pelletswerks am Standort Thanhof abzielt, wurde am 9. August 2004 durch die Initiatoren eingereicht. Seine Behandlung im Gemeinderat wurde jedoch zweimal vertagt, zunächst aufgrund rechtlicher Hinweise des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg, bei dem ein Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz anhängig war, und dann aufgrund einer veränderten Planung des betroffenen Projekts selbst. Sofern der Gemeinderat hierbei aufgrund neuer Sachverhalte und notwendiger weiterer Vorbereitungen eine Vertagung beschließt, besteht aus rechtsaufsichtlicher Sicht kein Anlass, dagegen einzuschreiten, weil diese beiden Gründe nachvollziehbar sind.

In der Gemeinderatssitzung am 26. Oktober 2004 wurde schließlich beschlossen, das Bürgerbegehren nicht zuzulassen. Der Beschluss des Gemeindrats als solcher bedarf keiner formellen Begründung. Da es sich aber bei der Entscheidung über die Zulässigkeit um einen Verwaltungsakt handelt, muss die Gemeinde noch einen schriftlichen Bescheid erlassen, der mit entsprechender Begründung und Rechtsbehelfsbelehrung den vertretungsberechtigten Personen förmlich zugestellt werden muss. Dieser Bescheid mit Begründung liegt noch nicht vor.

Erste Zusatzfrage: die Fragestellerin.

Herr Staatssekretär, Sie haben das natürlich alles richtig wiedergegeben. Trotzdem möchte ich ganz gern wissen, wie es Ihr Haus beurteilt, dass dieser schriftliche Bescheid seit dem 09.08. bis heute noch nicht zugegangen ist.

Herr Staatssekretär, bitte.

Frau Abgeordnete, zum Materiellen kann ich nichts sagen, weil die Begründung dieses Beschlusses noch nicht vorliegt. Zum Formellen kann ich Folgendes sagen: Zunächst gilt die Einmonatsfrist, und wenn die nicht eingehalten wird, besteht die Möglichkeit der Untätigkeitsklage. Damit ist ein ausreichender Rechtsschutz gegeben. Wenn, wie im vorliegenden Fall, schon im Vorfeld gerichtliche Auseinandersetzungen stattfinden und der Gemeinderat daraufhin sagt, wir warten zunächst noch ab, tritt natürlich eine gewisse Verzögerung ein. Beim Datum 09.08. sollte man im Übrigen auch bedenken, dass in diesem Monat für die Gemeinderäte sitzungsfreie Zeiten sind, so dass in diesem Zeitraum schlecht Beschlüsse gefasst werden können. Das weiß man übrigens auch im Vorfeld solcher Vorkommnisse. Ich füge das nur am Rande hinzu. Noch einmal: Im August tagt sicherlich kein Gemeinderat in Bayern. Da sind im Zweifel alle Gemeinderäte im Urlaub. Es tagt höchstens ein Feriengremium, der Ferienausschuss.

Im konkreten Falle bestand eine Notwendigkeit für eine Entscheidung auch deshalb nicht, weil eine gerichtliche Entscheidung im Raume stand. Deshalb hat man die Sache hinausgezögert. Im Übrigen wurden auch die Verfahrensunterlagen noch einmal geändert, das heißt die materiellen Planungsunterlagen. Auch deswegen war es gerechtfertigt, nicht sofort zu rechtsaufsichtlichen Maßnahmen zu greifen.

Jetzt ist dieser Beschluss gefasst; dieser Bescheid wird - so unterstelle ich - in den nächsten Tagen kommen. Dann wird man sehen, wie es weitergeht, ob es vielleicht zu weiteren prozessualen Auseinandersetzungen kommt oder nicht.

Im Übrigen sage ich noch einmal: Wenn es dem Antragsteller zu lange gedauert hat, hätte er die Möglichkeit der Untätigkeitsklage gehabt; aber wegen dieser Zeitspanne besteht, wie gesagt, kein Grund für ein rechtsaufsichtliches Tätigwerden.

Noch eine Zusatzfrage: die Fragestellerin.

Es ist in dieser Sache doch wichtig, dass der höchste Souverän, nämlich der Bürger und die Bürgerin, sprechen kann. Im Grunde liegt in diesem Fall keine Genehmigung vor.

Eine Frage, bitte sehr, Frau Kollegin.

Eine Frage, ja: Angesichts der Tatsache, dass im Grunde keine rechtsgültige Genehmigung vorliegt, keine Tekturplanung vorhanden ist und dieser Betreiber dennoch baut, wäre es da denn nicht wichtig, dass der höchste Souverän, nämlich der Bürger und die Bürgerin in Wenzenbach, darüber entscheidet, ob dieses Biomassekraftwerk gebaut werden soll oder nicht?

(Beifall der Abgeordneten Ruth Paulig (GRÜNE))

Herr Staatssekretär, bitte.

Ich kann zum Materiellen nichts sagen, weil ich nicht beurteilen kann, ob dieses Bauvorhaben zulässig ist oder nicht. Das werde ich dann beurteilen können, wenn ich die Gründe kenne, die den Gemeinderat letztlich dazu bewogen haben, dem Bürgerbegehren nicht stattzugeben.

Das Rechtsschutzbedürfnis, das der Bürger zu Recht hat und das Sie hier artikulieren, wird in diesem Bürgerbegehren sozusagen zusammengefasst. Da besteht die rechtliche Möglichkeit der Untätigkeitsklage, die aber bisher nicht erhoben wurde.

Keine weitere Zusatzfrage? - Dann rufe ich die nächste Frage auf. Fragesteller ist Kollege Schieder.

Herr Staatssekretär! Ist die Staatsregierung bereit, für einen Geh- und Radweg parallel zur Staatsstraße 2154 zwischen Waidhaus und Pfrentsch - die Kosten werden vom Straßenbauamt mit 300 000 Euro angegeben - dem Straßenbauamt Weiden die entsprechenden Mittel bereitzustellen bzw. diesen Geh- und Radweg in die Fortschreibung des Radwegeprogramms aufzunehmen?

Herr Staatssekretär, bitte.