Protokoll der Sitzung vom 08.03.2006

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 63. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, darf ich Frau Kollegin Marianne Deml im Namen des Hohen Hauses wie auch persönlich sehr herzlich zum Geburtstag gratulieren, ihr Gesundheit und weiter viel Freude bei der Arbeit wünschen. Sie frühstückt gerade im Kreis der Oberpfälzer. Es möge ihr gut gehen dabei.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, gebe ich das Ergebnis der gestern Abend durchgeführten namentlichen Abstimmung bekannt. Es geht um Tagesordnungspunkt 9, Eingabe betreffend Beeinträchtigung durch Mobilfunksendeanlage. Es gab 102 Ja-Stimmen, 14 Nein-Stimmen und 4 Stimmenthaltungen. Damit ist dem Votum des Ausschusses für Umwelt und Verbraucherschutz entsprochen.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 1)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Mündliche Anfragen

Die Fragestunde dauert 90 Minuten. Ich bitte Herrn Staatsminister Huber um die Beantwortung der ersten Fragen. Erster Fragesteller ist Herr Kollege Prof. Dr. Waschler.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatsminister, ich frage Sie: Welche Möglichkeiten und Perspektiven sieht die Staatsregierung, den Schienenpersonenverkehr zwischen Passau und München zu beschleunigen und zu verbessern, und zu welchem Zeitpunkt könnten moderne Wagen eingesetzt werden?

Herr Staatsminister.

Herr Präsident, meine sehr verehrten zahlreichen Kolleginnen und Kollegen! Die Bayerische Staatsregierung strebt eine Verkürzung der Fahrzeiten und eine Modernisierung des Fahrzeugparks im Schienenpersonennahverkehr zwischen Passau und München an. Angesichts der großen Bedeutung, die die Staatsregierung dieser wichtigen Verbindung zwischen der Landeshauptstadt und Niederbayern beimisst, wird die Bayerische Eisenbahngesellschaft 2007 ein Ausschreibungsprojekt mit dem Ziel aufl egen, ab 2010 den Fahrplan zu verbessern. Ziel ist hierbei ein durchgehender Ein-Stunden-Takt zwischen Passau und München. Der bisherige Regionalexpress kann um wenige Minuten beschleunigt werden, die bisherige Regionalbahn wird etwa um 20 Minuten beschleunigt. Wegen der zweistündlichen IC-Überholung in Plattling ist eine volle Angleichung der Fahrzeiten der RB und

des RE nicht möglich. Die geforderte Zielmarke von zwei Stunden wird vom Regionalexpress nicht ganz erreicht.

Eine weitere Beschleunigung setzt die Sanierung der Schienenstrecke zwischen Wörth und Bruckberg sowie den Ausbau des Bahnhofs Dingolfi ng zur Verbesserung der Kreuzungsabwicklung voraus. Die Aufgaben- und die Finanzierungszuständigkeit für diese Maßnahmen liegen beim Bund. Die Bayerische Staatsregierung hat diese Maßnahmen als dringlich angemeldet und steht dazu in laufenden Verhandlungen mit der DB AG und dem Bund.

Im Rahmen des Ausschreibungsprojekts werden von der Bayerischen Eisenbahngesellschaft auch Anforderungen zur Modernisierung des Fahrzeugmaterials defi niert. Vorab sind Investitionen in das Rollmaterial Angelegenheit des derzeitigen Betreibers, der DB Regio Bayern AG.

Zusatzfrage: Herr Kollege Prof. Dr. Waschler.

Herr Staatsminister, ich bedanke mich für diese sehr positive Antwort. Konkrete Nachfrage dazu: Wann werden die Fahrgäste hinsichtlich des schnell realisierbaren besseren Wagenmaterials nach Ihrer Ansicht Verbesserungen spüren können? Können Sie schon in etwa sagen, in welcher zeitlichen Dimension man mit Verbesserungen rechnen darf?

Herr Staatsminister.

Herr Abgeordneter, was die Verbesserung des Wagenmaterials angeht, kann ich Verbindliches für das Jahr 2010 in Aussicht stellen. Das erscheint Ihnen vermutlich sehr lang.

Das ist wirklich sehr lang.

Der Grund dafür ist, dass die Zuständigkeit jetzt allein bei der DB Regio Bayern AG liegt. Das heißt, die Bahn allein entscheidet über das eingesetzte Wagenmaterial. Ich weiß, dass es im Moment nicht sehr gut ist.

Wir werden die Strecke 2007 neu ausschreiben. Man muss davon ausgehen, dass in dieser Ausschreibung auch die Anforderung neuen Wagenmaterials enthalten ist. Die Umsetzung dauert üblicherweise bis zu zwei Jahre; denn ein Betreiber muss das Wagenmaterial erst bestellen, es muss gebaut werden usw. Deshalb sieht es so aus, dass mit der Zuverlässigkeit, mit der die Staatsregierung solche Erklärungen abgibt, gesagt werden kann: Im Jahr 2010 kann mit einer Verbesserung gerechnet werden.

Weitere Zusatzfrage: Herr Kollege Sibler.

Herr Staatsminister, Sie haben in Ihrer Antwort ausgeführt, dass die Strecke zwischen

Wörth und Bruckberg ausgebaut werden soll. Teilt die Staatsregierung die Auffassung, dass auch auf der Strecke zwischen Plattling und Landshut etwas getan werden muss, und würde eine Nennung der Strecke Passau – München im Landesentwicklungsprogramm die Dinge beschleunigen?

Herr Staatsminister.

Herr Abgeordneter, mit der Kompetenz, die ich mir in der Zwischenzeit angeeignet habe, kann ich sagen, der entscheidende Engpass der Strecke ist der Abschnitt zwischen Freising und München, und zwar deshalb, weil die Strecke dort durch den S-Bahn-Verkehr sehr belastet ist. Das heißt, die S-Bahn, der Regionalexpress und die Regionalbahn werden von verschiedenen Seiten eingefädelt, was durch den Vorrang der S-Bahn die Beschleunigung schwierig macht.

Das Schienenmaterial ist aber zwischen Landshut und Plattling nicht so ausgelegt, dass die Höchstgeschwindigkeit gefahren werden kann. Eine Modernisierung ist allerdings sehr teuer und liegt im Aufgabenbereich des Bundes.

Nächste Zusatzfrage: Herr Kollege Prof. Dr. Waschler.

Herr Staatsminister, ich frage Sie, ob ich Sie bitten darf, in Ihrer Eigenschaft als zuständiger Minister mit aller Überzeugungskraft auf die verantwortlichen Stellen der Deutschen Bahn AG einzuwirken, um möglicherweise doch vor dem Jahr 2010 eine signifi kante Materialverbesserung zu erreichen.

Herr Staatsminister.

Am Bemühen wird es nicht fehlen, Herr Abgeordneter.

Danke schön, Herr Staatsminister.

Die nächste Frage stellt Herr Kollege Reinhold Strobl.

Herr Staatsminister, wie sieht die Staatsregierung die Auswirkungen hinsichtlich der Streichung der ÖPNV-Förderung für die Oberpfalz, wie ist die Streichung mit dem angeblichen Bemühen um eine Stärkung des ländlichen Raums zu vereinbaren, und welche Auswirkungen werden hinsichtlich der Entwicklung der Fahrpreise, der Sicherheit der Schülerinnen und Schüler und der Qualität der Omnibusse erwartet?

Herr Staatsminister.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter, ich gehe zunächst davon aus, dass sich die Formulierung „Streichung der ÖPNV-Förderung“ auf die in der Diskussion befi ndliche Busförderung bezieht. Die Busför

derung ist nur ein Teil der ÖPNV-Förderung, die der Freistaat Bayern jedes Jahr durchführt. So sind im Jahr 2005 neben den Mitteln für die Busförderung in Höhe von 5,2 Millionen Euro mehr als 82 Millionen Euro für Infrastrukturvorhaben im ÖPNV, für Bestellungen im Schienenpersonennahverkehr sowie als Finanzausstattung der Landkreise und kreisfreien Städte für Zwecke des ÖPNV in die Oberpfalz gefl ossen.

Im Moment geht es nur um die Frage, ob die Busförderung fortgesetzt werden kann. Ich musste leider die Entscheidung treffen, die Busförderung zunächst in den Jahren 2007 und 2008 auszusetzen. Diese Entscheidung beruht in erster Linie auf den angekündigten Kürzungen der Regionalisierungsmittel durch die Bundesregierung. Bayern wäre nach dem Entwurf des Haushaltsbegleitgesetzes des Bundes in den Jahren 2006 bis 2009 mit einer Kürzung von rund 344,4 Millionen Euro betroffen. Auch wenn die parlamentarischen Beratungen noch anstehen, ist es bei dieser Sachlage dringend erforderlich, jegliche Einsparpotenziale zu nutzen, um Abbestellungen von Nahverkehrsleistungen auf der Schiene, für die der Freistaat die Finanzverantwortung trägt, zu vermeiden und angesichts der notwendigen Vorhaben zur Verbesserung der Infrastruktur im ÖPNV Prioritäten zu setzen.

Der Freistaat fördert jetzt die Beschaffung von Bussen für den öffentlichen Linienverkehr seit vielen Jahren auf hohem Niveau, während andere Länder diese Art der Förderung bereits seit längerem eingestellt haben. Zwischen 1994 bis einschließlich 2005 konnten allein in der Oberpfalz insgesamt 794 Busse mit einem Gesamtvolumen von rund 80,4 Millionen Euro gefördert werden. Somit konnte in der Oberpfalz in den letzten zwölf Jahren knapp die Hälfte des Fuhrparks erneuert werden. Die durchschnittliche Nutzungsdauer eines Omnibusses ist mit jedenfalls zehn Jahren aufwärts anzusetzen. Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll, zunächst die Busförderung für die nächsten zwei Jahre auszusetzen, um Abbestellungen auf der Schiene, die den ländlichen Raum genauso, ja sogar noch mehr betreffen würden, zu vermeiden. Insofern steht der Freistaat zu seinen Aussagen, den ländlichen Raum mit den notwendigen Verkehrsleistungen im Nahverkehr zu versorgen. Über die Verwendung der auf Bayern entfallenden Regionalisierungsmittel wird die Staatsregierung endgültig entscheiden, wenn Klarheit über die Förderung besteht. Dann wird über die Busförderung endgültig entschieden werden.

Auswirkungen auf die Sicherheit der Schülerinnen und Schüler und die Qualität der Omnibusse sind im Hinblick auf die strengen technischen Vorschriften sowie die in kurzen Abständen erfolgenden Überprüfungen durch die technischen Prüfstellen, die für diese Fahrzeuge gelten, nicht zu befürchten.

Zusatzfrage? – Keine. Nächste Fragestellerin: Frau Kollegin Scharfenberg.

Herr Minister, ich frage Sie: Welche konkreten Ergebnisse bezüglich einer Verbesserung des grenzüberschreitenden Bahn- und Busverkehrs zwischen Bayern und der Tschechischen Repu

blik erbrachte die jüngste hochkarätig besetzte Delegationsreise des Bayerischen Wirtschaftsministeriums? Welche speziellen Vorarbeiten zur Förderung des Projekts „Donau-Moldau-Bahn“ soll eine einzurichtende deutschtschechische Arbeitsgruppe leisten, und aus welchen Mitgliedern soll diese Arbeitsgruppe bestehen?

Herr Staatsminister.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Gespräch zwischen mir und Vizeminister Vojtech Kocourek am 23. Februar 2006 wurde Folgendes vereinbart: Beim Infrastrukturausbau wird auf den Beginn der Planungen für die Elektrifi zierung der Strecke Nürnberg – Marktredwitz – Eger gedrängt. Das Projekt „Donau-Moldau-Bahn“ wird beim Bundesverkehrsministerium in Berlin gemeinsam vorgestellt, und die vom Landkreis Wunsiedel geplante Reaktivierung der Strecke Selb – Aš wird unterstützt. Des Weiteren wurde vereinbart, die Brechung des Verkehrs zwischen Bayern und Tschechien bei langlaufenden Verbindungen wie auch im regionalen Schienenverkehr zu beseitigen. Das heißt, man muss an den Grenzbahnhöfen nicht mehr umsteigen. Es wurde ferner vereinbart, den von den Aufgabenträgern des allgemeinen ÖPNV geplanten Ausbau des grenzüberschreitenden Busverkehrs zu unterstützen sowie bei Konzepten für durchgängige elektronische Fahrgastinformations- und Anschluss-Sicherungssysteme zusammenzuarbeiten. Letzteres soll eine bessere Information der Fahrgäste ermöglichen.

Im Rahmen der bayerisch-tschechischen Arbeitsgruppe sollen Wege gefunden werden, aus den Ergebnissen der Machbarkeitsstudie zur Donau-Moldau-Bahn heraus mittelfristig umsetzbare Infrastruktur- und Verkehrskonzepte zu entwickeln und die Interessen Bayerns und Tschechiens an dieser Verbindung gemeinsam gegenüber der Bundesregierung in Berlin zu vertreten. Von bayerischer Seite werden die für Schieneninfrastruktur und für grenzüberschreitende Verkehrsangelegenheiten zuständigen Experten des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums daran teilnehmen. Die tschechische Seite hat ihre Mitglieder bisher nicht benannt. Bei Bedarf sollen auch Experten der beteiligten Eisenbahninfrastrukturunternehmen hinzugezogen werden.

Zusatzfrage: Frau Kollegin.

Sie sagten gerade, dieses Projekt „Donau-Moldau-Bahn“ würde mittelfristig angedacht. Können Sie hierzu eine Jahreszahl nennen?

Herr Staatsminister.

Frau Kollegin, es gibt zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik eine Vereinbarung darüber, dass der Strecke Nürnberg – Marktredwitz – Pilsen – Prag die erste Priorität zukommt. Der Bund hat dazu zwar eine Absichtserklärung abgegeben, aber es gibt bisher – jedenfalls auf deutscher Seite – keine Mittel, um diese Strecke zu ertüchtigen und auszubauen.

Demgegenüber hat die von uns ins Gespräch gebrachte und angedachte Donau-Moldau-Bahn, also die Strecke München – Regensburg – Furth – Prag, zweite Priorität. Bei dieser Strecke ist bisher keine Vorarbeit geleistet worden. Bisherige Bemühungen beim Bund waren – ich sage das objektiv und ohne jeden Vorwurf – nicht erfolgreich. Das heißt, wir stehen da am Beginn der Arbeiten. Sollte aus meiner Delegation irgendjemand den Eindruck erweckt haben, dass hier mehr oder weniger übermorgen mit den Arbeiten begonnen würde, wäre das ein Missverständnis. Wir haben jetzt mit der tschechischen Seite vereinbart, die grundlegenden Überlegungen anzustellen. Dann muss erst das ganze Durchsetzungsverfahren beginnen. Innerhalb des nächsten Jahrzehnts wird es also darum gehen, den Ausbau dieser Strecke politisch zu verankern. Erst dann kann das weitere Verfahren laufen.

Eine weitere Zusatzfrage? – Bitte schön.