Protokoll der Sitzung vom 03.03.2005

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 37. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt.

Ich darf Sie bitten, zweier ehemaliger Kollegen zu gedenken:

(Die Anwesenden erheben sich)

Am 13. Februar verstarb in Burglengenfeld Herr Hans Höllrigl im Alter von 82 Jahren. Hans Höllrigl gehörte dem Landtag mit insgesamt sechsjähriger Unterbrechung von 1966 bis 1982 als Mitglied der SPD-Fraktion an. Er vertrat den Wahlkreis Oberbayern.

Hans Höllrigls Ausbildung zum Verwaltungsbeamten bei der Stadt Burglengenfeld war unterbrochen worden durch Arbeitsdienst, Kriegsdienst und sowjetischer Gefangenschaft, aus der er erst 1949 heimkehren durfte. Unmittelbar danach konnte er seinen Beruf wieder aufnehmen und sich für den gehobenen Dienst qualifi zieren. Zudem engagierte er sich noch in der ÖTV und seit 1952 in der SPD, in dieser als Stellvertretender Vorsitzender des Unterbezirks Donau-Ilm sowie als Vorstandsmitglied des Bezirkes Südbayern.

Sein breites Wissen brachte er nicht nur auf kommunalpolitischer Ebene im Kreistag bzw. Stadtrat von Ingolstadt zur Geltung, sondern auch als Referent bei der Georgvon-Vollmar-Akademie. Von daher war der gegebene Wirkungskreis für Hans Höllrigl im Bayerischen Landtag der Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Kommunalfragen, dem er während der gesamten Zeit als Abgeordneter angehörte und in dessen Arbeit er sich aufgrund seiner großen Kompetenz mit wertvollen Anregungen einbringen konnte.

Am 28. Februar verstarb in Ingolstadt Herr Alfons Weinzierl. Er hatte erst wenige Tage zuvor sein 73. Lebensjahr vollendet. Alfons Weinzierl gehörte dem Bayerischen Landtag von Dezember 1969 bis November 1970 an und vertrat – als Nachrücker – in der Fraktion der CSU den Wahlkreis Oberbayern. In seiner vergleichsweise kurzen Zeit als Abgeordneter brachte der gelernte Diplomingenieur seine reiche kommunalpolitische Erfahrung in die parlamentarische Arbeit ein und zeichnete sich dabei durch Engagement und Bürgernähe aus.

Der Bayerische Landtag wird den beiden Verstorbenen ein ehrendes Gedenken bewahren.

Sie haben sich zu Ehren der Toten von Ihren Plätzen erhoben. Ich danke Ihnen.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, darf ich drei Gratulationen aussprechen: Halbrunde Geburtstage begingen am 18. Februar Herr Kollege Manfred Christ, am 25. Februar Herr Kollege Max Weichenrieder und am 27. Februar Herr Kollege Joachim Haedke.

Ich gratuliere den Genannten in Ihrer aller Namen und persönlich sehr herzlich und wünsche ihnen für das neue Lebensjahr alles Gute, vor allem Gesundheit und viel Erfolg bei der Erfüllung ihrer parlamentarischen Aufgaben.

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung die Tagesordnungspunkte 1, 2 und 3 auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes und zur Änderung weiterer Vorschriften (Finanzausgleichsän- derungsgesetz 2005) (Drucksache 15/1736) – Zweite Lesung –

hierzu:

Änderungsantrag (Drucksache 15/2810)

Haushaltsplan 2005/2006; Einzelplan 13 – Allgemeine Finanzverwaltung

hierzu:

Änderungsanträge (Drucksachen 15/2111, 2178, 2306, 2606, 2698 bis 2702 und 15/2745 bis 2750)

Gesetzentwurf der Staatsregierung über die Feststellung des Haushaltsplans des Freistaates Bayern für die Haushaltsjahre 2005 und 2006 (Haushaltsgesetz – HG – 2005/2006) (Drucksache 15/1737) – Zweite Lesung –

hierzu:

Änderungsanträge (Drucksachen 15/2085, 2452, 2604, 2605 und 2751)

Ich darf bekannt geben, dass Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser gestern Abend an dem so genannten Kamingespräch der Länderfi nanzminister teilgenommen hat, zu dem er als amtierender FMK-Vorsitzender eingeladen hatte. Das Gespräch fand in Berlin statt. Er ist heute mit dem ersten Flugzeug zurückgefl ogen und hat darum gebeten, ihm nachzusehen, dass er deswegen ein bisschen später kommt. Dafür ist Herr Staatssekretär Meyer anwesend.

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Im Ältestenrat wurde für die Aussprache eine Gesamtredezeit von 2 Stunden 15 Minuten festgesetzt. Davon entfallen auf die Fraktion der CSU 69 Minuten, auf die Fraktion der SPD 38 Minuten und auf die Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN 28 Minuten.

Als erster Redner hat Herr Kollege Ach das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich wäre beinahe versucht, Sie alle namentlich zu begrüßen, da die Zahl der im Saal anwesenden Abgeordneten noch sehr überschaubar ist. Sie hätten den Vorteil, dass Sie alle in das Protokoll des Bayerischen Landtags als besonders disziplinierte Kolleginnen und

Kollegen eingehen würden. Da sich aber die Zahl der Anwesenden peu à peu vermehrt, würde das wahrscheinlich meine kostbare Zeit, die mir zur Verfügung steht, zu sehr in Anspruch nehmen. Deswegen werde ich es unterlassen. Ich bedanke mich aber sehr herzlich, dass Sie heute dem Haushalt so viel Aufmerksamkeit widmen und anwesend sind.

Konsequente Konsolidierung als einziger Ausweg aus der Schuldenfalle – unter dieses Motto hat die CSU-Landtagsfraktion die Beratung des Doppelhaushalts 2005/ 2006 im Haushaltsausschuss gestellt. Die Kolleginnen und Kollegen der Opposition – überwiegend aus den Reihen der SPD – dagegen brachten sich mit der Maxime „Wir drehen die Schuldenspirale munter weiter“ in die Beratungen ein.

Der von der Staatsregierung vorgelegte Entwurf des Doppelhaushalts 2005/2006 wurde vom Staatsminister der Finanzen am 20. Oktober in diesem Plenum eingebracht. Das Zahlenwerk steht unter der Devise: Sparen, Reformieren und Investieren. Die Eckpunkte des Entwurfs, insbesondere die Konsolidierungsmaßnahmen, waren im Vorfeld zwischen CSU-Fraktion und Staatsregierung eingehend erörtert worden. In den Monaten seit der Einbringung haben wir im Haushaltsausschuss den Entwurf des Doppelhaushalts intensiv beraten. Wie die eingangs gegenübergestellten gegenläufi gen Zielsetzungen von Mehrheitsfraktion und Opposition zeigen, ist es erneut nur mit der Mehrheitsfraktion der CSU möglich, die solide, auf Konsolidierung gerichtete bayerische Finanzpolitik fortzusetzen und das Ziel des ausgeglichenen Haushalts ohne Neuverschuldung im Jahr 2006 zu erreichen.

So waren unsere Anträge in vollem Umfang gegenfi nanziert, weil neue Schulden fi nanzpolitisch ein absolut falsches Signal wären. Die Kolleginnen und Kollegen der SPD haben die Zeichen der Zeit und die Dramatik der fi nanzpolitischen Situation leider noch immer nicht erkannt. Dabei müssen auch sie den Tatsachen ins Auge sehen und den dringend erforderlichen Konsolidierungsmaßnahmen zustimmen. Positive Ansätze – bedauerlicherweise bei weitem nicht ausreichend – waren im Gegensatz zur SPD jedoch bei den Vertretern des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN zu erkennen.

Zu den Rahmenbedingungen des Doppelhaushalts 2005/ 2006 im Einzelnen: Die Aufstellung des Entwurfs des Doppelhaushalts hatte bereits die Einnahmeausfälle für die Jahre 2005/2006 berücksichtigt, die die Steuerschätzung vom Mai 2004 prognostizierte. Dies hatte schon einen erheblichen weiteren Konsolidierungsbedarf im Nachtragshaushalt 2004 zur Folge.

Aufgrund des Versagens der Finanz-, Haushalts-, Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik der rot-grünen Bundesregierung, ein Versagen auf ganzer Linie, hat sich die Einnahmesituation von Bund und Ländern weiter dramatisch verschlechtert. So ist die Entwicklung der Steuereinnahmen im Jahr 2004 hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Der Haushalt 2004 schließt zwar mit einem Plus von 244,2 Millionen Euro über dem Soll ab – das ist richtig –, dies ist jedoch allein einer einmaligen Sonderentwicklung im Bereich der Erbschaftsteuer zu verdanken. Ohne die

sen Einmaleffekt hätte das tatsächliche Steueraufkommen die Ansätze im Nachtragshaushalt 2004 um rund 78 Millionen Euro unterschritten.

Ich hoffe, das ist inzwischen auch beim Kollegen Dr. Kaiser angekommen, der sich zunächst uneinsichtig mit seiner Behauptung exorbitanter Steuermehreinnahmen im Jahr 2004 fast selbst übertroffen hat.

(Zuruf von der SPD: Aber die Zahlen haben ge- stimmt!)

Immerhin hat sich Kollege Dr. Kaiser selbst im Laufe der Monate von Juli 2004 bis Januar 2005 – es gab dazu viele Pressemitteilungen, ich bedanke mich übrigens jetzt schon für die Pressemitteilung von gestern, auf die ich nachher noch eingehen werde – vom behaupteten Plus von 1 Milliarde Euro auf angebliche 310 Millionen Euro Mehreinnahmen herunterkorrigiert. Aber wie ich gerade dargelegt habe, ist auch das vom Kollegen Dr. Kaiser behauptete Plus von 310 Millionen Euro aus der Luft gegriffen.

Hinzu kommt, dass die Novembersteuerschätzung nunmehr zum achten Mal in Folge – zum achten Mal in Folge! – erhebliche zusätzliche Einnahmeausfälle erbracht hat. Allein die Länder haben im Jahr 2005 zusätzliche Steuermindereinnahmen von rund 1 Milliarde Euro zu verkraften. Im Doppelhaushalt 2005/2006 müssen wir deshalb von weiteren Haushaltsverschlechterungen durch Steuermindereinnahmen und zusätzliche Ausgaben im Länderfi nanzausgleich in Höhe von insgesamt 500 Millionen Euro für 2005 und 300 Millionen Euro für 2006 ausgehen.

Angesichts des Jahresergebnisses 2004 und der Ergebnisse der Novembersteuerschätzung kann an den Steuereinnahmen, die dem Entwurf des Doppelhaushalts 2005/ 2006 von Oktober 2004 zugrunde liegen, nicht mehr festgehalten werden, da sich letztlich die Basis insgesamt verschlechtert hat. In der Novembersteuerschätzung wurde das Jahr 2006 nicht geschätzt. Uns muss aber heute schon klar sein, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass der Basisverlust der Jahre 2004 und 2005 auch auf das Jahr 2006 durchschlägt.

Diese negative Entwicklung wird durch die beiden ersten Steuermonate des Jahres 2005 bestätigt. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Steuereinnahmen im Januar 2005 um 4,4 % eingebrochen. Auch im Februar 2005, also bis vorgestern, lagen die Steuereinnahmen um 7,7 % unter dem Vorjahresergebnis. Dies lässt auf eine nochmals verschärfte Situation bei den Steuereinnahmen insbesondere im Jahr 2005 schließen.

Um es ganz deutlich zu machen: Die Einnahmen für 2005 werden auf dem Niveau des Jahres 1999 liegen. Ich wiederhole es: Die Einnahmen für 2005 werden auf dem Niveau des Jahres 1999 liegen, also auf dem Niveau vor sechs Jahren.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, trotz dieser von Anfang an schwierigen und nun weiter verschärften Ausgangslage wird es uns gelingen, unser Ziel des ausgeglichenen

Haushalts ohne Neuverschuldung im Jahr 2006 aus eigener Kraft zu erreichen. Damit setzen wir einen historischen Meilenstein für die Haushalts- und Finanzpolitik Deutschlands der Nachkriegszeit. In einer Zeit, in der die Berliner Schuldenmacher alles daransetzen, den Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt auszuhebeln und ihren Verschuldungsspielraum auszuweiten, setzen wir ein positives fi nanzpolitisches Signal mit Wirkung weit über Deutschland hinaus.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, lassen Sie mich einen Blick zurück werfen. Bundesfi nanzminister Eichel hat am 14. Juni 2002 – das ist noch nicht einmal drei Jahre her – versprochen, auf der Basis der vereinbarten Eckwerte bereits im Jahr 2004 einen „nahezu ausgeglichenen“ und im Jahr 2005 einen nach der EU-Abgrenzung „ausgeglichenen Bundeshaushalt“ vorzulegen. Davon ist der ehemalige Hans im Glück und jetzige Märchenonkel Hans Eichel heute weiter entfernt denn je. Stattdessen steuert Rot-Grün mit Höchstgeschwindigkeit in Richtung Staatsbankrott. Gründe: Seit dem Regierungsantritt von Schröder & Co. vor reichlich sechs Jahren hat der Bund 180 Milliarden Euro neue Schulden gemacht, 110 Milliarden Euro alleine in den Jahren 2002, 2003, 2004. Auf Deutschland lastet insgesamt ein Schuldenberg von rund 1,4 Billionen Euro, so viel wie nie zuvor in der Geschichte dieser Republik. Noch bedenklicher als diese Entwicklung der letzten Jahre ist aber, dass eigentlich keinerlei Bemühen erkennbar ist, die Notbremse zu ziehen und die Gegenbewegung einzuleiten.

In der Aktuellen Stunde am 16. Februar 2005 im Bundestag zum Thema „Verschuldung und Europäischer Stabilitäts- und Wachstumspakt“ auf Antrag der CDU/CSUFraktion erklärte die SPD, der Staat habe ein Einnahmeproblem, das Bund, Länder und Gemeinden in Schwierigkeiten gebracht habe. Aber woher rührt dieses Einnahmeproblem, liebe Kolleginnen und Kollegen? – Aus der völlig verfehlten Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung!

(Beifall bei der CSU)

Die Rekordarbeitslosigkeit ist auch eine Folge der Tatsache, dass der Bundeshaushalt im Gegensatz zum bayerischen Staatshaushalt schon lange keinerlei Spielräume mehr hat. So muss der Bund allein im Jahr 2005 rund 40 Milliarden Euro an Zinsen ausgeben. Was macht nun die rot-grüne Truppe in Berlin? – Sie beklagt mit Recht die Einnahmesituation, statt endlich auch an den Ausgaben anzusetzen und die dringend notwendigen Sparmaßnahmen einzuleiten.

Dass es dafür allerhöchste Zeit ist, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, zeigt folgende Rechnung: Wenn die öffentlichen Haushalte ab 2005 keine neuen Schulden mehr aufnehmen und gesetzlich dazu verpfl ichtet würden, jeden Monat 1 Milliarde Euro an Schulden zu tilgen, würde es gut 122 Jahre dauern, bis der Staat schuldenfrei ist. Das ist keine Berechnung der CSU-Landtagsfraktion oder der Staatsregierung, sondern in der Zeitschrift „Der Steuerzahler“ von Februar 2005 nachzulesen.

(Zuruf des Abgeordneten Ludwig Wörner (SPD))

Anders der Freistaat Bayern dank der nachhaltigen Politik der CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CSU)

Um unserer Verantwortung unseren Kindern und Enkeln gegenüber gerecht zu werden – das sollten Sie bitte ernst nehmen –, haben wir vorausschauend bereits seit einigen Jahren den Konsolidierungskurs eingeleitet. – Ja, das tut weh, Herr Wörner, aber es ist so.

(Zuruf des Abgeordneten Ludwig Wörner (SPD))