Protokoll der Sitzung vom 06.07.2006

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 71. Vollsitzung des Bayerischen Landtags und heiße alle herzlich willkommen.

Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich einige Glückwünsche aussprechen: Runde Geburtstage feierten am 26. Juni Herr Kollege Thomas Mütze und am 1. Juli Herr Kollege Franz Josef Pschierer sowie am 4. Juli Frau Kollegin Kathrin Sonnenholzner. Am 22. Juni konnte Herr Kollege Heinz Donhauser einen halbrunden Geburtstag feiern.

(Unruhe)

Ich bitte um etwas mehr Aufmerksamkeit bezüglich der Mitteilung der freudigen Ereignisse für die genannte Kollegin und die Kollegen.

Im Namen aller wünsche ich den Genannten alles Gute für ihren weiteren Lebensweg.

(Beifall)

Vor Aufruf des ersten Tagesordnungspunktes hat Frau Kollegin Scharfenberg um das Wort gebeten. Ich erteile ihr hiermit das Wort.

Guten Morgen meine Damen und Herren! Hiermit stelle ich einen Antrag zu § 174 Absatz 4 der Geschäftsordnung, der besagt, dass bei grundlegenden Veränderungen von Gesetzesinitiativen und zustimmungsbedürftigen Rechtsverordnungen – damit haben wir es heute beim Landesentwicklungsprogramm zu tun - in der parlamentarischen Beratung die kommunalen Spitzenverbände vor der Endberatung erneut Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme erhalten sollen. Auch Absatz 2 fi ndet entsprechende Anwendung. Dessen Satz 1 lautet:

Der Vorsitzende des federführenden Ausschusses leitet im Einvernehmen mit seinem Stellvertreter entsprechende Vorlagen den in Betracht kommenden kommunalen Spitzenverbänden zu und setzt ihnen eine angemessene Frist, in der Regel sechs Wochen, zur möglichen schriftlichen Stellungnahme.

Wir sagen Ihnen, dass der Änderungsantrag der CSU mit 32 Spiegelstrichen, der im Wirtschaftsausschuss beraten worden ist, den Verbänden zwar zugeleitet wurde, ihnen aber keine Möglichkeit zur nochmaligen Stellungnahme gegeben wurde.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Genau da setzt unsere Kritik an. Die kommunalen Organe, die sehr viel Klärungsbedarf haben – auch jetzt noch haben –, sollten unbedingt auch noch zu diesem Änderungsantrag mit sehr weitreichenden Folgen adäquat gehört werden. Sie hatten zwar am 06.04. gemäß § 174 Absatz 4 der Geschäftsordnung eine öffentliche Anhö

rung mit Experten, Verbänden, kommunalen Organen etc. im Wirtschaftsausschuss durchgeführt.

(Unruhe)

Ich bitte, den Geräuschpegel zu senken.

Wir hatten zwar eine öffentliche Anhörung durchgeführt, jedoch kommen Sie von der CSU gut einen Monat nach dieser Anhörung mit einem weit reichenden Änderungsantrag mit 32 Spiegelstrichen und segnen diesen Änderungsantrag in den Sitzungen des Wirtschaftsausschuss am 11. und 12. Mai mit Ihrer Dreiviertelmehrheit ab. Wir fi nden, dass das nicht hinnehmbar ist. Das ist gegen unsere kommunalen Organe gerichtet und deswegen sagen wir: Dieser Punkt gehört heute nicht auf die Tagesordnung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dem Anspruch nach § 174 haben Sie angesichts dieser grundlegenden Veränderungen beim Landesentwicklungsprogramm nicht Genüge getan. Sie handeln also gegen die Geschäftsordnung unseres Hohen Hauses.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für diesen besagten Änderungsantrag hätte es eine nochmalige Anhörung mit demselben Prozedere geben müssen. Sie haben eine solche Anhörung einmal durchgeführt. Warum haben Sie sie nicht ein zweites Mal durchgeführt, nachdem Sie Änderungen vorgenommen haben? In § 174 Absatz 3 steht zu lesen:

Mitberatenden Ausschüssen leitet der federführende Ausschuss

das wäre in diesem Fall der Wirtschaftsausschuss –

die Stellungnahmen der kommunalen Spitzenverbände sowie die Ergebnisse der mündlichen Erörterung zu.

Die mündliche Erörterung hätte in einer nochmaligen Anhörung bestanden.

Ich frage Sie jetzt: Wann und wo ist das geschehen? Leider gab es diese zweite Anhörung noch nicht und deshalb darf über die Verordnung zum Landesentwicklungsprogramm heute nicht abgestimmt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als Begründung möchte ich noch mehr Punkte anführen: Es ist nicht sachgerecht, dass seit 2003 von der Staatsregierung ein neues Landesentwicklungsprogramm angekündigt wird, dies aber nach zweieinhalb Jahren dem Landtag kurzfristig vorgelegt wird. Man konnte nicht einmal alle Punkte in einer angemessenen Art und Weise bei den kommunalen Verbänden im Wege einer Anhörung abfragen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mit unserem Geschäftsordnungsantrag möchten wir Ihnen noch einmal ins Gewissen reden: Peitschen Sie nicht dieses Landesentwicklungsprogramm durch!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es enthält viele handwerkliche Fehler, die Sie verhindern könnten, wenn Sie sich die Zeit dafür nehmen würden. Viele einzelne Projekte, die im LEP genannt sind, sind nach der durch EU-Recht vorgeschriebenen strategischen Umweltprüfung äußerst fragwürdig. Gehen Sie dieses Risiko nicht ein. Setzten Sie dieses Thema ab und setzen Sie es nach der Sommerpause erneut auf die Tagesordnung. Sie sollten nach der zwingend vorgeschriebenen erneuten Anhörung der kommunalen Spitzenverbände eine Art Zäsur anbringen, mit der der Bayerische Gemeindetag, der Städtetag, der Landkreistag sowie sonstige Verbände und Organisationen leben können. Wir bitten um Zustimmung zu unserem Geschäftsordnungsantrag und Vertagung des sechsten Tagesordnungspunktes.

Wortmeldung zur Gegenrede: Herr Kollege Bocklet.

Herr Präsident, Frau Kollegin Scharfenberg! Sie beantragen eine Absetzung von der Tagesordnung mit der Begründung, es seien grundlegende Veränderungen im Entwurf des LEP erfolgt und deswegen sei die nochmalige Anhörung der kommunalen Spitzenverbände notwendig.

Ich werfe Ihnen nicht vor, Frau Kollegin, dass Sie bei der 18-stündigen Beratung des federführenden Ausschusses nicht anwesend waren,

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Stimmt überhaupt nicht! Natürlich war ich da, am Vormittag! – Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das kann nicht der Maßstab sein!)

und dass Sie deswegen nicht wissen können, was im Einzelnen alles besprochen worden ist.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Wie viele von der CSU waren denn anwesend? – Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, so können wir uns nicht verständigen.

Zweitens – –

Kleinen Moment, Herr Kollege Bocklet, bevor es nicht ruhig ist, machen wir nicht weiter. Denn wenn man nicht mehr zuhört, nützen auch weitere Zwischenrufe nichts.

(Karin Radermacher (SPD): Wenn man nicht mehr weiter kann, kommen persönliche Angriffe!)

Sie haben wieder das Wort.

In den Stellungnahmen der kommunalen Spitzenverbände, die uns schriftlich ausführlich vorliegen und die auch in dieser 18-stündigen Beratung zur Sprache kamen, befanden sich zwei Komplexe, die vor allem thematisiert worden sind. Es war die zentralörtliche Gliederung, und es waren die Einzelhandelsgroßprojekte. Wir haben aus wohl erwogenen Gründen, weil es sich um eine Teilfortschreibung des LEP handelt, diese beiden Komplexe ausgeklammert – dies steht auch in der dazugehörigen Resolution drin –, und zwar weil die kommunalen Spitzenverbände nach der Beratung im federführenden Ausschuss nicht in der Lage waren, eine gemeinsame Position zu den Einzelhandelsgroßprojekten zu erarbeiten. Es war nämlich damals diskutiert worden – –

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Waren Sie denn dazu in der Lage?)

Das hat damit gar nichts zu tun.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Doch!)

Es geht um die von Ihnen angesprochenen kommunalen Spitzenverbände.

Das Nächste ist: Wir waren uns einig, dass es nur dann Sinn macht, über eine kommunalörtliche Gliederung in Bayern und über die Zentralität von Orten zu reden, wenn die Auswirkungen der Verwaltungsreform abgeschlossen sind. Da Sie selbst wissen, dass diese Auswirkungen noch die nächsten zwei Jahre andauern werden, macht es jetzt keinen Sinn, eine zentralörtliche Gliederung auf vorläufi ger Basis festzulegen. Dies war der Grund, warum wir das ausgeklammert haben.

Außerdem sagen Sie, grundlegende Veränderungen hätten stattgefunden. Zeigen Sie mir eine grundlegende Änderung im Text, und zwar im Abschnitt „Ziele und Grundsätze“

(Ruth Paulig (GRÜNE): Donau!)