Protokoll der Sitzung vom 28.01.2004

Guten Morgen, verehrte Kolleginnen und Kollegen. Ich eröffne die 10. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Wie immer wurde die Genehmigung erteilt.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 10

Mündliche Anfragen

Ich bitte zunächst Herrn Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser um die Beantwortung der ersten Fragen. Der erste Fragesteller sind Sie, Herr Kollege Maget.

Guten Morgen, Frau Präsidentin. Herr Staatsminister, trotz der gestrigen Aktuellen Stunde möchten wir Sie noch einmal mit einigen Fragen konfrontieren. Die erste lautet: Trifft es zu, dass, wie Sie am Freitag vergangener Woche erklärten, die Staatsverwaltung – ich zitiere wörtlich – „nie beabsichtigt hat, für die vom Finanzamt angebotene Freigabe des Grundstücks eine finanzielle Ablöse zu verlangen“, oder ist es vielmehr richtig, dass eine Auslösung des Pfandrechtes – ich zitiere aus einem Schreiben des Zentralfinanzamtes – „durch Zahlung des marktgerechten Wertes an das Zentralfinanzamt München“ hätte erfolgen können?

Bitte schön, Herr Staatsminister.

Herr Kollege Maget, Sie werden verstehen, dass meine heutigen Auskünfte mit den gestrigen identisch sind.

Das Zentralfinanzamt München hat nach eigenen Aussagen niemals beabsichtigt, in das Grabgrundstück in Rott a. Inn, das rechtlich notgedrungen von der Pfändung des Miterbenanteils des Herrn Max Strauß umfasst war, die Zwangsvollstreckung zu betreiben oder eine Freigabe des Grundstücks von einer Ablöse in Geld abhängig zu machen.

Die Finanzbehörden bezogen den Ausdruck „marktgerechter Wert“ im Schreiben vom 5. Januar 2004 nur auf die materiell werthaltigen Grundstücke, nicht aber auf ein Grabgrundstück, das selbstverständlich keiner Marktbewertung unterliegt. Dies erklärten alle an dem Steuervorgang beteiligten Beamten des Zentralfinanzamts München. Ich hatte und habe keine Zweifel an der Richtigkeit der Aussage der Finanzbeamten.

Ich habe gestern schon deutlich gemacht, dass die

ses Schreiben des Zentralfinanzamts in hohem Maße missverständlich sei. Für dieses Missverständnis habe ich mich bei der Familie Strauß entschuldigt. Aufgrund der Überschrift in einer heutigen Zeitung füge ich hinzu: Da insinuiert wird, ich würde den Vorfall auf irgendwelche Beamten abschieben, stelle ich fest, dass ich mich bei dem Verwaltungshandeln nur auf die Aussage der handelnden Verwaltungsbeamten berufen kann, wenn ich selbst nicht unmittelbar gehandelt habe. Dies wollte ich noch in aller Deutlichkeit sagen.

Erste Zusatzfrage: Herr Kollege Maget.

Herr Staatsminister, war Ihnen denn das Schreiben, über das wir uns unterhalten, am Freitag bekannt, als Sie die Pressekonferenz abgehalten haben, und warum haben Sie unter Wahrung des Steuergeheimnisses nicht in allgemeiner Form auf die mögliche Missverständlichkeit hingewiesen und auf diese Weise die Öffentlichkeit korrekt und vollständig informiert, anstatt unvollständig und nicht korrekt, um die öffentliche Darstellung zu vermeiden, die dazu geführt hat, Ihnen Unwahrhaftigkeit vorzuhalten?

Herr Staatsminister, bitte.

Das waren zwei Fragen. Zur ersten Frage: Mir war – wie ich gestern schon betont habe – der Brief bekannt. Gleichzeitig war mir die entsprechende mündliche und schriftliche Interpretation bekannt. Die Frage, ob ich am Freitag letzter Woche auf der Pressekonferenz auf diesen Brief hätte eingehen können, habe ich gestern insofern beantwortet, dass ich den Brief meinerseits nicht hätte vorlegen können. In kursorischer Weise darauf hinzuweisen, dass hier ein Problem sei, ist eine Frage des Vorgehens, die man unter Profis durchaus diskutieren könnte. Hier haben Sie Recht.

Eine weitere Zusatzfrage? – Der Fragesteller.

Herr Staatsminister, wurde in Ihrem Hause ein schriftlicher Bericht zu diesem gesamten Vorgang gefertigt? Wenn ja, von wann datiert er, und auf wessen Veranlassung ist er erstellt worden?

Herr Staatsminister.

Herr Kollege Maget, es gibt keinen zusammenfassenden schriftlichen Bericht. Aufgrund meiner Nachfragen gibt es einzelne Vermerke.

Es gibt keine weitere Zusatzfrage. Der nächste Fragesteller ist Herr Kollege Pfaffmann.

Herr Staatsminister! Ich frage Sie, wie Sie die Äußerungen des langjährigen Mitglieds der Staatsregierung Alfred Sauter – immerhin ehemaliger Justizminister - hinsichtlich des Vorgangs der Pfändung der Gruft der Familie Strauß „So etwas passiert in Bayern nicht ohne politische Billigung“ bewerten?

Herr Staatsminister.

Für ein ordnungsgemäßes Besteuerungsverfahren, Herr Kollege, braucht die Finanzverwaltung keine politische Billigung.

Gibt es eine Zusatzfrage? – Der Fragesteller, Herr Kollege Pfaffmann.

Herr Staatsminister, halten Sie den ehemaligen Justizminister Alfred Sauter für unglaubwürdig, da er öffentlich behauptet, dass eine Pfändung – was Sie bestreiten – möglich sei, oder glauben Sie, dass der ehemalige Justizminister der Staatsregierung mit dieser Äußerung schaden möchte?

Herr Staatsminister, bitte.

Sie werden verstehen, dass ich nicht die Absicht habe, im Plenum einen ehemaligen Kabinettskollegen und bis heute Landtagskollegen in irgendeiner Weise zu qualifizieren.

Gibt es eine weitere Zusatzfrage? – Herr Kollege Pfaffmann.

Könnten Sie sich zu der Aussage hinreißen lassen, dass es ein Widerspruch ist, wenn ein ehemaliges Mitglied der Staatsregierung und Abgeordneter hier im Hause sagt, diese Pfändung geschehe nicht ohne politische Billigung, und Sie sagen, dass weder Staatsregierung noch Verwaltung beabsichtigt hätten, diese Gruft zu pfänden?

Herr Staatsminister.

Wissen Sie, alleine der Umstand, dass ich als verantwortlicher Minister von dem Pfändungsvorgang nicht informiert wurde – – Denn die Pfändung war passiert, und Kollegin Monika

Hohlmeier hat mich informiert, dass der Verwaltung Recht und Gesetz vorgeht und sie keine politische Bewilligung einholt. Ich halte das für richtig.

Ich weise noch einmal auf meine gestrige Erklärung hin, dass ich nur einmal in einem Segment des Falles eine Weisung erteilt habe. Ich hoffe, dass ich in weiterer Zukunft zu solchen Weisungen keinen Anlass sehen werde.

Es gibt keine weiteren Zusatzfragen. Dann darf ich die nächste Anfrage aufrufen: Frau Kollegin Radermacher, bitte.

Herr Staatsminister, wie erklärt sich die Bayerische Staatsregierung, dass der gesamte Vorgang und die beabsichtigte Pfändung exakt am Tag des Prozessbeginns gegen Max Strauß öffentlich gemacht wurde?

Herr Staatsminister.

Frau Kollegin, ich habe über die näheren Umstände der Veröffentlichung keine Kenntnisse.

Erste Zusatzfrage: Frau Kollegin Radermacher.

Herr Minister, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie es absolut nicht verwunderlich finden, dass ein Vorgang, der ja schon im alten Jahr, im Dezember bekannt war und bearbeitet wurde, exakt an diesem Tag öffentlich wurde?

Herr Staatsminister.

Ich wiederhole: Ich habe über den Vorgang der Veröffentlichung keine Kenntnisse und will auch keinerlei Spekulationen um diesen Termin anstellen.

Keine weitere Zusatzfrage. – Dann darf ich die nächste Frage aufrufen. Fragesteller ist Herr Kollege Schindler. Bitte schön, Herr Kollege.

Ich frage die Staatsregierung, wie Sie die Äußerung des langjährigen Mitglieds der Staatsregierung Dr. Peter Gauweiler bewertet, dass der Vorgang der Pfändung eines Miterbenanteils an der Gruft der Familie Strauß „in der deutschen und bayerischen Verwaltungsgeschichte ohne Beispiel“ sei und „vielleicht noch mit der regierungsamtlichen Niedertracht bei der Entmündigung und dem Tod König Ludwig II.“ vergleichbar sei,

oder handelt es sich bei diesem Vorgang um gängige Verwaltungspraxis, für die es andere Bezugsfälle gibt?

Herr Staatsminister.

Herr Kollege, ich unterstelle, dass Kollege Gauweiler damals von einer falschen Sachund Rechtslage ausgegangen ist. Bei der Pfändung des Anteils eines Erben an einer nicht auseinander gesetzten Erbengemeinschaft handelt es sich um eine durchaus übliche Vollstreckungsmaßnahme. Bei einer solchen Rechtspfändung besteht keine Möglichkeit, einzelne Nachlassgegenstände von der Pfändung auszunehmen.

Ich erinnere jetzt auch noch an das, was ich gestern an diesem Pult dazu gesagt habe, und zwar, dass ich, unabhängig von irgendwelchen rechtlichen Detailbewertungen, durch ein Rundschreiben an unsere Finanzbehörden sicherstellen werde, dass Grabstätten und Grundstücke, auf denen Gräber stehen, in Zukunft von vornherein entsprechend berücksichtigt werden. Das muss man dann halt bei derartigen Vorgängen klarstellen, dass eine Verwertung dieser Grundstücke nicht beabsichtigt ist, herausnehmen. Ich will ausdrücklich betonen, dass es eben in Zukunft nicht allein um die Gruft von Franz Josef und Marianne Strauß gehen darf, sondern um alle Grabstätten. Das ist eine Frage der Pietät.

Erste Zusatzfrage: Herr Kollege Maget.

Haben Sie denn Kenntnis davon, dass in Bayern jemals eine Grabstätte gepfändet wurde, und wenn ja, wie oft, und wie bewerten Sie denn das? War das normal, oder ist Ihnen das entgangen, oder was ist es für ein Vorgang?

(Zuruf des Abgeordneten Markus Sackmann (CSU))