Protokoll der Sitzung vom 17.03.2004

Natürlich!

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, diese Forstreform wird nicht mit einer unbefriedigenden Leistungsbereitschaft der Bediensteten oder einer mangelnden Qualität der Beratung begründet – im Gegenteil: Ich möchte den Mitarbeitern der Forstverwaltung

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Die waren so gut, jetzt müssen sie weg!)

für ihre engagierte und qualifizierte Arbeit

(Beifall bei der CSU)

und ihre konstruktive Mitarbeit bei der 95er Reform ausdrücklich herzlich danken. Aufgrund der katastrophalen Wirtschafts- und Finanzpolitik der Bundesregierung müssen wir unerwartet hohe Steuereinnahmeverluste kompensieren. Der einfachste und bequemste, aber auch der verantwortungsloseste Weg wäre natürlich eine plumpe und massive Neuverschuldung, ähnlich wie es die Bundesregierung macht. Nein, diesen Weg wollen wir nicht gehen. Wir wollen sparen, investieren und reformieren.

(Karin Radermacher (SPD): Aber Herr Brunner, da müssen Sie doch selber lachen!)

Auch einfache Strukturen müssen überdacht werden.

(Karin Radermacher (SPD): Herr Brunner, das glauben Sie aber selber nicht! – Weitere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, nicht nur im Kehlkopf, sondern auch im Kopf müssen Sie es haben.

(Beifall bei der CSU – Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Was nützt der Kopf, wenn er wieder nur nickt? Dann brauche ich auch keinen Kopf!)

Dieser Zuruf trifft besonders auf Sie zu, Herr Dr. Dürr.

Ich sage allen Ernstes: Unser Konzept zur Forstreform ist mutig, zukunftsorientiert und trägt der veränderten Entwicklung Rechnung.

Ähnlich wie bei anderen öffentlichen Einrichtungen, zum Beispiel Krankenhäusern und Altenheimen, werden bestehende Organisationsformen überdacht, um die Qualität der Verwaltung und Beratung sicherzustellen und finanzierbar zu halten. Weniger Personal, Kosten sparen,

Effizienz steigern, Standard sichern und Flexibilität fördern, das sind unsere Ziele für diese Forstreform. Dabei stellen wir das Waldgesetz nicht infrage, sichern die Gemeinwohlleistungen und bekennen uns uneingeschränkt zu den hoheitlichen Aufgaben. Die Waldpädagogik bleibt erhalten. Die Einheitsforstämter werden mit der Landwirtschaftsverwaltung und nicht mit den Landratsämtern zusammengelegt. Fachlich und sachlich ist das nicht nur nachvollziehbar, sondern auch richtig, weil wir damit die Landwirtschaftsverwaltung in der Fläche stärken und die Ämter im ländlichen Raum reformsicher machen.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Dort, wo kein Wald ist!)

Die Privatwaldberatung und das System der Revierförster bleiben erhalten, wenn auch in abgespeckter Form. Ein Einstellungskorridor wird offen gehalten. Forstbetriebsgemeinschaften und Waldbesitzervereinigungen werden mit Aufgabenmehrungen und zusätzlicher verlässlicher Förderung gestärkt. Die Bewirtschaftung des Staatswaldes wird einem rechtlich selbstständigen Wirtschaftsunternehmen übertragen. Wir haben uns nach reiflicher Überlegung für eine Anstalt des öffentlichen Rechts entschieden, um klare betriebswirtschaftliche Strukturen mit entsprechendem unternehmerischen Freiraum zu erhalten.

Meine Damen und Herren von der Opposition, das ist der Unterschied zu Ihren Dringlichkeitsanträgen. Diese Anträge erwecken bei mir den Eindruck, als wollten Sie reformieren, ohne sich so recht zu trauen. Erstaunlicherweise gehen die GRÜNEN in diesem Bereich einen Schritt weiter als die SPD. Die SPD will die Forstämter erhalten und die Anzahl der Forstdirektionen lediglich reduzieren. Die GRÜNEN denken zumindest an eine Überprüfung der Anzahl der Forstämter und wollen die Abschaffung der Forstdirektionen. Meiner Ansicht nach sind im Antrag der GRÜNEN viele Selbstverständlichkeiten enthalten, die im Waldgesetz geregelt sind und die wir in unserem Antrag ausdrücklich erwähnen.

Beide Oppositionsanträge wollen allerdings bezüglich der notwendigen Organisations- und Strukturreform den notwendigen Schritt nicht wagen. Deshalb müssen wir sie leider ablehnen. Außerdem denkt die Opposition zu destruktiv und defensiv. Nach Ihrer Meinung soll alles möglichst so erhalten bleiben, wie es ist.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Wir sind Konservative, das ist unser Problem!)

Ich will diese Reform nicht nur unter Einsparungsgesichtspunkten und als Möglichkeit des kostensparenden und effizienten Wirtschaftens verstanden wissen. Vielmehr werden sich daraus viele Chancen und Möglichkeiten für den Eigenbetrieb ergeben. So werden zum Beispiel neue Geschäftsfelder erschlossen. Für die Selbsthilfeeinrichtungen wird es neue Tätigkeitsfelder geben, in denen sie ihren Organisationsgrad mit einem professionellen Management erhöhen können.

Für den wertvollen, nachwachsenden, ökologischen und vielseitigen Rohstoff Holz erwarte ich eine Vermarktungsoffensive und zusätzliche Verwendungsmöglichkeiten. Das Cluster-Holz wird Zukunft haben. Diese Entwicklung müssen wir mit dieser Reform unterstützen. Wir wollen

die Erlöse durch Synergieeffekte steigern und die Kosten senken. Unser Konzept ist zielgerichtet und realistisch. Ich bitte um Zustimmung.

(Beifall bei der CSU)

Jetzt hat sich Herr Kollege Sprinkart zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zunächst einige Worte zur Beratung der Kosten-/Nutzenanalyse sagen: Vor zwei Wochen haben wir im Landwirtschaftsausschuss ausgemacht, dass die Kosten-/Nutzenanalyse im Ausschuss am 10. dieses Monats vorgestellt wird. Am Freitag hat mich der Vorsitzende angerufen und gesagt, die Kosten/Nutzenanalyse werde bis Anfang der Woche nicht vorliegen, aus diesem Grunde müsste dieser Punkt von der Tagesordnung genommen werden. Der Ausschuss werde stattdessen nach Goldberg fahren.

Just an diesem Freitag, an dem dem Ausschussvorsitzenden mitgeteilt worden ist, dass die Kosten-/Nutzenanalyse nicht vorliege, haben die Staatsminister Miller und Huber eine Entscheidung getroffen. Beide haben gesagt, diese Entscheidung sei aufgrund der Kosten/Nutzenanalyse getroffen worden. Entweder war diese Kosten-/Nutzenanalyse da, in diesem Fall hätte man sie uns vorenthalten. Wenn sie nicht vorgelegen hat, haben Sie eine falsche Aussage gemacht, da Sie Ihre Entscheidung dann nicht auf der Grundlage dieser Kosten/Nutzenanalyse getroffen hätten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Hintergrund dieser Angelegenheit war schlicht und ergreifend folgender: Diese beiden Herren aus der Staatsregierung wollten den Abgeordneten der CSU-Fraktion sagen, wo der Bartl den Most holt, wer anschafft und wer letztlich über die Forstreform beschließt. Der Landtag und die CSU-Fraktion hatten nur noch die Aufgabe, das Ganze abzunicken. Wir haben gesagt, dass wir uns daran nicht beteiligen werden.

Ausgemacht war, dass wir am Montagabend oder Dienstag früh diese Kosten-/Nutzenanalyse bekommen werden. Wir haben sie letztlich am Dienstagabend erhalten, nachdem der CSU-Arbeitskreis darüber beraten hat. Ich muss außerdem feststellen: Bei diesen zehn Seiten kann es sich kaum um eine fundierte Kosten-/Nutzenanalyse gehandelt haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Lassen Sie mich noch einige Bemerkungen zum Inhalt machen: Herr Kollege Brunner, Sie haben freundlicherweise festgestellt, dass wir in unserem Antrag Veränderungen fordern. Wenn Sie diesen Antrag genau lesen, sehen Sie: Wir beharren nicht auf dem Status quo, sondern haben auch die Variante B, also eine Anstalt öffentlichen Rechts mit angegliederter Beratung und hoheitlichen Aufgaben, vorgesehen. Diese Variante B hat einen entscheidenden Vorteil: Ein zentraler Punkt der Verwaltungsreform ist die so genannte One-Stop-Agency. Sie haben die Forstverwaltung auf drei Ebenen aufgeteilt, nämlich eine Anstalt

öffentlichen Rechts, die Landwirtschaftsämter und die Forstbetriebsgemeinschaften.

Sie haben gesagt, dass Sie den Forstbetriebsgemeinschaften mehr Geld für die Beratung geben. Ich sage Ihnen: Sie fangen die Forstbetriebsgemeinschaften. Ich hoffe, dass sie nicht darauf hereinfallen werden. Diese Gemeinschaften erhalten jetzt mehr Geld für die Beratung. Dann wird ihnen wahrscheinlich mit einem Federstrich das Geld wieder gestrichen. Anschließend können sie dann ihre Berater in die Wüste schicken oder zusehen, wie sie sie bezahlen. Diese Verlagerung der Verantwortlichkeiten werden wir nicht mitmachen. Wir haben mit unserem Antrag eine vernünftige Alternative vorgelegt, die von den Menschen, die mit dem Forst zu tun haben und im Forst arbeiten, mitgetragen wird. Das ist bei einer Reform das Wichtigste.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt hat sich Frau Kollegin Lück zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Brunner, es wäre schön, wenn Sie bei der Wahrheit blieben. Von einem rechtzeitigen Vorstellen der Analyse kann doch überhaupt keine Rede sein. Am Vorabend wurden uns um 18.20 Uhr 20 Folien vorgelegt. Sie haben gesagt, dass wir das in der Pressekonferenz kommentiert hätten. Das ist richtig. Sie haben uns eine Analyse angekündigt. Deshalb sind wir davon ausgegangen, eine Analyse und nicht eine zurechtgezimmerte Zusammenfassung einer Analyse zu bekommen. Schon beim Überfliegen hat sich an vielen Stellen herauskristallisiert, dass diese Analyse ein Schmarrn ist.

Ich habe bereits etwas über die Einsparungen gesagt. Die genannten 5 bis 10 Millionen Euro in zehn Jahren werden bereits von den Kosten im ersten Jahr aufgefressen.

Sie brauchen bloß nachzusehen. Das sieht ein Blinder. Ein Zweitklässler, der eins und zwei zusammenzählen kann, kann das auch schon feststellen. Sie behaupten allen Ernstes, wir würden die Leute verunsichern. Um Gottes Willen, wo waren Sie denn bei der Anhörung! Wir haben die Leute doch nicht verunsichert. Sie haben das doch massiv getan. Obwohl das Einheitsforstamt so viele Reformen auf den Weg gebracht hat und auch bei dieser Organisationsform die Einsparungen erbringen kann, wird die Organisation trotzdem geändert, ohne dass erklärt wird, warum sie geändert werden muss. Sie sagen, Sie wollten zukunftsweisende und verlässliche Veränderungen. Ihre Aussagen seit September haben eine Halbwertszeit von einem Monat. Sie sagen zwar, Sie würden den Forstbetriebsgemeinschaften mehr Geld geben. Ich weiß aber nicht, ob im nächsten Haushalt die Mittel dafür noch vorhanden sind. Die Kommunalwaldberatung haben Sie bereits hinausgeschmissen. Bei allen diesen Leistungen handelt es sich jetzt um freiwillige Leistungen, die übermorgen schon wieder gekürzt werden können.

Nach der nächtlichen Aussprache von heute sage ich Ihnen Folgendes: Ich habe es geradezu satt, dass Sie immer glauben, sie könnten uns von der Opposition als blöd hinstellen.

(Thomas Kreuzer (CSU): Das ist ja unerhört! Das machen wir doch gar nicht!)

Natürlich haben Sie es gemacht. Heute früh haben Sie es wieder gemacht. Jeder Ihrer Redner hat gesagt, der Vorredner der SPD sei blöd, und das ziemlich deutlich.

(Thomas Kreuzer (CSU): Da müssen Sie sich aber verhört haben!)

Ich sage Ihnen nur ein Sprichwort: „Wer andere für blöd hält …“; den Rest kennen Sie ja.

Auch wir wollen Veränderungen. Stellen Sie uns nicht immer so hin, als kämen wir aus dem Wald. Wir kommen nicht aus dem Wald. Wir haben uns mit den Themen wirklich beschäftigt. Herr Brunner, ich habe bei der Anhörung gefragt, ob mir einer der anwesenden Experten sagen kann – –

(Unruhe)

Ich bitte Sie, den Lärmpegel zu reduzieren, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

Ich habe gefragt, ob mir einer der anwesenden Experten erklären kann, warum wir das Einheitsforstamt brauchen. Darauf haben Sie gesagt, das wird Ihnen hier in diesem Saal keiner sagen können, auch Sie nicht. In der Expertenanhörung ist es ganz klar herausgekommen: Wir brauchen die Reform nicht. Wir machen etwas kaputt, was sich auf dem Erfolgsweg befindet.

Ich frage Sie: Wo wollen Sie Ihre Geschäftsfelder ansiedeln? Wollen Sie den Staatsforst als Jagd verpachten? Wollen Sie wieder Bockabschüsse einführen? Oder wollen Sie das Einheitsforstamt, also den größten Waldbesitzer, mit Brachialgewalt auf den Holzmarkt schicken, damit die kleinen Waldbauern alle hinten hinunterfallen? Welche Felder schweben Ihnen vor? Geben Sie doch jetzt den Leuten im Einheitsforstamt mehr Kompetenzen bei der Aushandlung von Verträgen mit den Kommunen. Dann könnten die auch Geld einnehmen. Es gibt eine ganze Menge von Vorschlägen, die auf dem Tisch liegen. Dazu brauchen Sie das Einheitsforstamt nicht kaputtzumachen. Herr Minister, natürlich ist die Anstalt des öffentlichen Rechts das kleinste Übel. Sie ist aber nach wie vor ein Übel, da beißt die Maus keinen Faden ab. Sie können noch so viel reden, die Fachleute nehmen es Ihnen nicht ab. Sie sind nämlich die wirklichen Experten.

(Beifall bei der SPD)

Ums Wort hat Herr Staatsminister Miller gebeten.