Protokoll der Sitzung vom 17.03.2004

Ums Wort hat Herr Staatsminister Miller gebeten.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wir haben uns in den letzen Monaten und Wochen mit vielen Experten, mit Verbänden, mit vielen Mitgliedern des Bayerischen Landtags, im Kabinett und in der Fraktion intensiv über die Fragen der Ausgestaltung der Forstreform auseinander gesetzt und die Ergebnisse zu einem Konzept geformt. Vorweg möchte ich ganz deutlich sagen, dass die grundlegenden Ziele des Bayerischen Waldgesetzes, vor allem die Gemeinwohlaufgaben des Waldes und die vorbildliche Bewirtschaftung des Staatswaldes, nicht infrage gestellt werden. Das wird von allen hier im Hause so gesehen und gefordert. In der Frage, was wir künftig vom Wald erwarten und wie wir ihn bewirtschaften, besteht ein hohes Maß an Übereinstimmung.

Wenn wir zu Reformen aber nicht fähig sind, hat das Konsequenzen, die ich Ihnen rückblickend nennen kann. Wir haben in den letzten zehn Jahren in der Bayerischen Staatsforstverwaltung 30 % des Personals eingespart. Man kann heute exakt nachrechnen, was es bedeutet hätte, wenn wir das nicht getan hätten. Dann hätten wir nämlich einen Fehlbetrag in Höhe von 47 Millionen Euro.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Grundsatz und Leitlinie unserer Reform sind, Bewährtes zu erhalten und fortzuentwickeln, bei Verzichtbarem aber Einschnitte vorzunehmen. Fest steht, dass nur der, der bereit ist, Änderungen vorzunehmen, Bestehendes erhalten kann. Es wird keinen Kahlschlag geben, wie es im Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN steht. Sie wissen das sehr wohl. Während wir in den Zielen der Waldbewirtschaftung weitgehende Übereinstimmung haben, geht es Ihnen in erster Linie um den Erhalt der Strukturen, die wir bisher haben, aber nicht um eine Weiterentwicklung. Es geht Ihnen um den Erhalt von Strukturen. Uns muss es dagegen um eine positive Entwicklung der Forstwirtschaft in Bayern und eine positive Entwicklung unserer Wälder gehen.

Herr Magerl, Sie haben von Hudelei gesprochen. Wir haben mit der Diskussion im November letzten Jahres begonnen; inzwischen haben wir März. Sie sagen, wir hätten die Reform im stillen Kämmerlein entwickelt. Ich war bisher der Meinung, dass die Verbände durch die Gespräche, die wir mit ihnen in großer Zahl geführt haben, informiert sind. Entweder sagen sie hier nicht die Wahrheit, oder sie kümmern sich zu wenig darum.

Noch ein Wort zu Goldberg und zur Kosten-/ Nutzenanalyse. Tatsache ist, dass bei der vorliegenden Kosten-/Nutzenanalyse noch Fragen nach der steuerlichen Bewertung und nach der Überführung des Personals in eine GmbH zu beantworten waren. Diese Antworten konnten nicht geliefert werden. Wir wollten keine halbfertige Analyse abgeben. Nachdem sich Staatsminister Erwin Huber und ich nach einem Gespräch in der Staatskanzlei geeinigt haben, dass eine GmbH nicht in Frage kommt, war diese Frage auch nicht mehr relevant. Wir hätten das Gespräch in Goldberg in der Waldbauernschule führen können.

Meine sehr geehrten Mitglieder der Opposition oder derjenigen, die das im Ausschuss gesagt haben, Sie haben Goldberg als Pampas bezeichnet. Was müssen Sie für eine Einstellung zur Land- und Forstwirtschaft haben, wenn Sie das Gebiet, wo der Wald und die Landwirtschaft sind, als Pampas bezeichnen. Das hat mich ins Herz getroffen.

(Beifall bei der CSU)

Wer erwarten sollte, dass uns der Rechenstift die Entscheidungen über die künftigen Organisationsstrukturen abnehmen wird, der sieht sich möglicherweise getäuscht. Diese Erwartung konnte auch nur der haben, der sich mit der komplexen Materie im Vorfeld nicht befasst hat. Klar war vorher allen, dass die größten Erfolge, wie die Erfahrungen der Jahre vorher gezeigt haben, nur durch die Einsparung beim Personal zu erzielen sind.

Herr Minister, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Lück? – Frau Kollegin Lück, bitte.

Herr Minister, Sie sagten: „Wer sich mit der Frage nicht beschäftigt hat“. Deshalb frage ich Sie, ab wann Sie sich mit der Angelegenheit beschäftigt haben; denn bis zur Landtagswahl haben Sie gesagt, es werde nichts geändert.

Herr Staatsminister.

Frau Kollegin Lück, ich habe mich intensiv mit dieser Angelegenheit beschäftigt, weil ich in der letzten Legislaturperiode 25 Forstämter und 2 Forstdirektionen auflösen musste. Außerdem kenne ich die Zahlen, die Sie anscheinend nicht kennen, wonach die Einsparungen der letzten zehn Jahre nicht hätten bewirkt werden können, wenn wir die Auflösungen nicht vorgenommen hätten. Der Grund liegt darin, dass der Staatsforstbetrieb nahezu 90 % der Einnahmen aus dem Verkauf von Holz erzielt. Welche Rechtsform Sie auch immer haben, es werden keine weit auseinander liegenden Ergebnisse bewirkt werden können, wenn der Holzverkauf 90 % ausmacht.

(Karin Radermacher (SPD): Dann kann man es lassen, wie es ist!)

Nichtsdestotrotz ist durch die Analyse zu erkennen, dass die von uns ins Auge gefasste Lösung große Vorteile bietet.

Herr Staatsminister, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Kamm? – Bitte schön, Frau Kollegin.

Herr Staatsminister, war dann der Umbau des Forstpräsidiums Schwaben in Augsburg, das wir wenige Wochen vor der Landtagswahl gemeinsam einweihen durften, eine komplette Fehlinvestition?

Herr Staatsminister.

Frau Kollegin, es gab keine Einweihung, sondern das Forstpräsidium Schwaben ist lediglich an einem Tag der Öffentlichkeit übergeben worden.

(Lachen bei der SPD und den GRÜNEN – Susann Biedefeld (SPD): Die Investition wurde aber noch getätigt!)

Allerdings sollten Sie diese Frage stellen, wenn die Forstreform abschlossen ist. Wir haben erst die Konzeption. Später geht es um die Verwertung der Gebäude.

Durch die Forstreform bekommen wir eine wesentlich größere unternehmerische Freiheit. Der langfristige finanzielle Erfolg wird dies zeigen. Das Staatsvermögen Wald wird noch effizienter bewirtschaftet werden können.

Da Sie das als kleinstes Übel bezeichnen, stelle ich an Sie die Frage, was Sie denn zur Bundesregierung sagen, die justament zum nahezu gleichen Zeitpunkt den Bundesforst in eine Anstalt des öffentlichen Rechts übergeführt hat. Bringen Sie diese Vorwürfe doch bei der Bundesregierung vor und nicht bei uns. Sie sollten das, was Sie dort für gut heißen, bei uns nicht kritisieren. Sie sollten auch zur Kenntnis nehmen, dass andere Bundesländer wie Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen-Anhalt ebenfalls die Form der Anstalt des öffentlichen Rechts gewählt haben.

(Heidi Lück (SPD): Sie lenken ab!)

Nun im Einzelnen zum Staatswald: Zehn Prozent der Landesfläche sind Staatswald. Weil es so wichtig ist, sage ich es noch einmal: Die vorbildliche und naturnahe Staatswaldbewirtschaftung nach waldgesetzlichen Vorgaben bleibt unangetastet. Der Forstbetrieb wird künftig aber aus der unmittelbaren Staatsverwaltung herausgelöst, aus der Behördenstruktur ausgegliedert und zu einem selbstständigen Unternehmen gemacht. Dies wird in letzter Zeit vielfach gemacht. Dabei können die Chancen besser genutzt werden. Staatsforst bleibt aber Staatsforst. Grund und Boden bleiben nämlich zu 100 % im staatlichen Eigentum.

Ich sage noch einmal: Was in der Wirtschaft gang und gäbe ist und zum Erfolg führt, wird auch dem Forstbetrieb zu größerem Erfolg verhelfen. Wir sollten uns solchen Lösungen nicht verschließen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch unsere Staatsbetriebe müssen mit der Zeit gehen.

Wir haben uns nach eingehender Prüfung entschieden, den Forstbetrieb in einer Anstalt des öffentlichen Rechts mit klar ausgerichteter betriebswirtschaftlicher Struktur und den entsprechenden unternehmerischen Freiheiten zu führen. Der Einfluss des Staates bleibt über mehrere

Schienen gewahrt. Einmal wird das Errichtungsgesetz vom Landtag ausgearbeitet,

(Heidi Lück (SPD): Unter Vorgabe der Staatsregierung!)

und die Rechts- und Forstaufsicht wird in der Staatsforstverwaltung geführt. Hier habe ich Herrn Dr. Magerl überhaupt nicht verstanden, denn es sollte begrüßt werden, wenn die Gemeinwohlleistungen des Betriebes extern finanziert werden und man nicht davon abhängig ist, was der Betrieb erwirtschaftet, sondern wenn Mittel zur Verfügung gestellt werden, wie das übrigens bisher schon der Fall ist. Es wird nichts Neues gemacht. Die Schutzwaldsanierung und deren Umfang hängt davon ab, wie viele Mittel der Landtag zur Verfügung stellt. Das soll auch künftig so bleiben und nicht vom Einkommen der Organisation abhängen.

Die Kommunen sollen den Körperschaftswald bewirtschaften. Es handelt sich um 350 000 Hektar Wald. Die Kommunen sind zur vorbildlichen Waldbewirtschaftung verpflichtet. Bisher hat der Staat nicht nur die Beratung, sondern auch die Beförsterung dieser Wälder übernommen ebenso wie die Betriebsleitung und die Betriebsausführung. Der Staat soll nicht mehr per Gesetz dazu verpflichtet sein. Die Staatsforstverwaltung kann auch künftig die Beförsterung übernehmen, nämlich freiwillig und gegen Entgelt, welches Zug um Zug angehoben wird, wie das auch in anderen Bundesländern längst der Fall ist – auch dort, wo Sie die politische Verantwortung tragen. Sie sollten nicht so tun, als ginge Bayern einen Sonderweg.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Für den Privatwald wird es künftig eine unabhängige Beratung geben, und zwar neben der Hoheit, neben der Förderung und im Zusammenhang mit diesen Aufgaben.

Sie sprechen geflissentlich nicht aus, dass wir am Revierprinzip festhalten. Es hat große Tradition, hat sich bewährt und ist modern. Der Förster ist vor Ort in den jeweiligen Waldbezirken und steht unmittelbar als Ansprechpartner zur Verfügung.

(Zuruf der Abgeordneten Heidi Lück (SPD))

Wir wollen die Forstbetriebsgemeinschaften stärken. Sie sollten nicht behaupten, dass wir zu wenig tun. Bayern ist das einzige Bundesland, das die Forstbetriebsgemeinschaften mit 40 % der Personalkosten fördert. In allen anderen Ländern, in denen Sie regiert haben – Sie regieren nicht mehr in vielen Ländern – haben Sie nie so für den Wald investiert, wie wir das getan haben.

(Beifall bei der CSU)

Wir werden die Aufgaben der Betriebswirtschaft, der Forsttechnik und der Sicherheit den Forstbetriebsgemeinschaften übertragen und damit die Waldbesitzer subsidiär beteiligen.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Wir wollen die Forstreform zügig durchführen, weil die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei allen Veränderungen verunsichert sind. Wir wollen das aber sehr gewissenhaft machen. Ich bitte Sie, dem Antrag der Regierungsfraktion zuzustimmen und die Anträge der Opposition abzulehnen.

(Beifall bei der CSU)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung. Bevor ich über den Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 15/618 in der beantragten namentlichen Form abstimmen lasse, stelle ich die anderen mitberatenen Dringlichkeitsanträge in einfacher Form zur Abstimmung.

Zunächst lasse ich über den Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion betreffend „Staatsforstverwaltung“ auf Drucksache 15/643 abstimmen.

Wer dem Dringlichkeitsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der CSUFraktion gegen die Stimmen der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Ich lasse über den Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion betreffend „Bayerns Wälder haben Zukunft“ auf Drucksache 15/644 abstimmen. Wer diesem Dringlichkeitsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der CSU-Fraktion gegen die Stimmen der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Stimme des Kollegen Neumeier angenommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nun lasse ich über den Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN betreffend „Nutzen-/Kostenanalyse Forstreform“ auf Drucksache 15/253 abstimmen; das ist Tagesordnungspunkt 25. Der federführende Ausschuss für Landwirtschaft und Forsten empfiehlt eine Neufassung. Ich verweise insoweit auf die Drucksache 15/593. Während der Beratung wurde von der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN ein Änderungsantrag gestellt. Danach sollen der Neufassung des Ausschusses für Landwirtschaft und Forsten die Worte „und die Nutzen-/Kostenanalyse dem Landtag vorzulegen“ angefügt werden. Ich gehe davon aus, dass über den Dringlichkeitsantrag nur noch in der geänderten Fassung abgestimmt werden soll. – Damit besteht Einverständnis.

Dann lasse ich abstimmen. Wer der Neufassung des federführenden Ausschusses mit der beantragten Änderung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD. Wer ist dagegen? – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Nun kommen wir zur namentlichen Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN betreffend „Sanfte Forstreform statt Kahlschlag“ auf Drucksache 15/618. Für die Stimmabgabe sind die entsprechend gekennzeichneten Urnen bereitgestellt. Die Ja-Urne ist auf der Oppositionsseite, die Nein-Urne auf der Seite der CSU-Fraktion im Bereich der Eingangstüren aufgestellt. Die Urne für die Enthaltungen befindet sich auf dem Stenografentisch. Mit der Stimmabgabe kann nun begonnen werden. Hierfür stehen fünf Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 15.33 bis 15.41 Uhr)