Noch ein nettes Zitat will ich Ihnen bringen. In der Debatte geht es auch darum, ob Gentechnik-Organismen in Naturschutzgebiete bzw. ökologisch besonders sensible Gebiete ausgetragen werden können. Hier wollen Sie alles ändern. Es soll überhaupt nichts angezeigt werden, und es soll auch keine Anzeigepflicht gegenüber den unteren Naturschutzbehörden geben. Diese Behörden werden sich freuen, folgenden Satz zu hören: Die Meldung an die Naturschutzbehörden – Zitat – „wäre praktisch auch nicht vollziehbar, da die Naturschutzbehörden nicht über den erforderlichen Gentechnik-Sachverstand verfügen.“ Ich bitte Sie: Eine solche Abqualifizierung der unteren Naturschutzbehörden können Sie als Umweltminister nicht vornehmen.
Wir wollen die Verantwortung eindeutig beim Verursacher haben. Wir wollen eine gesamtschuldnerische Haftung, und wir wollen allen Bauern, ob sie konventionell anbauen oder dem Ökoanbau verpflichtet sind, die Freiheit von Gentechnik sichern. Darum geht es in diesem Gesetz. Bayern wäre gut beraten, diesem Gesetz auf Bundesebene mit Nachdruck zum Durchbruch zu verhelfen und nicht Ersatzkämpfe über Dinge zu führen, die unsere klein strukturierte Landwirtschaft nicht sichern. Es geht uns in erster Linie darum, dass wir hier Sicherheit haben.
Sehen wir uns einmal die Haltung der Staatsregierung hierzu an. Köstlich ist, dass der für die Landwirtschaft zuständige Staatsminister bei der heutigen Debatte nicht anwesend ist. Ich stelle immer wieder fest, der Landwirtschaftsminister geht auf Tauchstation. Offenbar weiß er nicht recht, wie er sich verhalten soll. Der Bauernverband ist vom Gentechnikanbau abgerückt und will auch den Erprobungsanbau in Bayern nicht mehr. Der Landwirtschaftsminister äußert sich dazu nicht. Wenn er sich ernsthaft für die Interessen der Bauern einsetzen würde, würde er sagen: Kein Gentechnikanbau in Bayern.
Und was ist noch toller? – Ein Umweltminister, der sich eigentlich für intakte Ökosysteme einsetzen müsste, setzt sich für die Gentechnik ein.
Oh, jetzt ist Herr Miller da. Jetzt ist der Herr Landwirtschaftsminister da. Herzlich willkommen. Ich freue mich, wenn Sie sich in die Debatte einbringen und sagen, ob Sie den Gentechnikanbau hier in Bayern ausweiten wollen und ob Sie dafür sind, dass die Bauern gentechnikfreien Anbau umsetzen. Ich freue mich auf Ihre Aussage.
Vom Umweltministerium höre ich nur die Parole: Wir brauchen die Agro-Gentechnik! Wir müssen weltweit mithalten. Es gibt keinen Schutz für ökologisch sensible Gebiete und keinen Schutz für Verbraucherinnen und Verbraucher. Die Verbraucherinnen und Verbraucher erklären aber europaweit zu über 70 %, dass sie keine gentechnisch veränderten Lebensmittel haben wollen. Dazu gibt es eine europaweite Umfrage. Wenn ich aber den Wunsch der Verbraucherinnen und Verbraucher nach gentechnikfreien Lebensmitteln ernst nehme, dann kann ich mich nicht zum Fürsprecher der Agro-Gentechnik machen. Ich frage Sie: Welche Beweggründe hat ein Umweltministerium, um sich hier zum Vorreiter zu machen? Nicht einmal der konservative Bauernverband und die Kirchen ziehen mit. Warum dann das bayerische Umweltministerium?
Ich verstehe die Beweggründe nicht. Vielleicht kommen Sie jetzt mit der Aussage, damit können wir den Einsatz von Pestiziden einschränken. Das stimmt nicht. Über 70 % der gentechnisch veränderten Pflanzen sind herbizidresistent. Das heißt, man kann die ganzen Breitbandherbizide, zum Beispiel Glyphosate oder Glyphosinate, Round up oder Basta, ausgiebig anwenden. Wir haben Erkenntnisse, dass der Herbizideinsatz auf Gentechnikfeldern über die Jahre hinweg zunimmt. Wir wissen auch, dass die Artenvielfalt auf diesen Feldern abnimmt. Ich frage Sie: Welche Beweggründe haben Sie?
Wir wissen auch von einem Landwirt in Hessen, der seine Kühe mit BT-Mais gefüttert hat. Als er die Tiere nach vier Jahren zu 100 % mit diesem Mais fütterte, sind fünf Kühe gestorben und die anderen haben erhebliche Krankheitszeichen gezeigt. Dieser Bauer ist vom Befürworter zum vehementen Kritiker der Gentechnik geworden. Ich frage Sie: Was wollen Sie mit diesem Anbau erreichen?
Vielleicht kommen Sie zuletzt mit dem Argument, wir brauchen die Agro-Gentechnik, um den Hunger in der Welt zu besiegen. Hierzu sage ich Ihnen: Der Hunger in der Welt ist bedingt durch Krieg, verkehrte Eigentumsverhältnisse und eine Einschränkung der Sortenvielfalt – genau das ist es, was wir ändern müssen –, aber auch durch unseren übermäßigen Import von Futtermitteln, die auf den Lebensmittelfeldern in den Entwicklungsländern und in den Schwellenländern wachsen. Das sind die Ursachen, die wir bekämpfen müssen. Aber mit Agro-Gentechnik machen wir die Bevölkerung abhängig, nehmen ihr ihre angepassten Landbausorten, und der Hunger verbreitet sich weiter.
Der einzige Grund für Ihr Handeln, den ich mir denken kann, ist: Sie sorgen sich um den Profit der Agro-Konzerne. Ich frage Sie: Warum? Vielleicht können Sie uns heute in der Debatte eine Antwort darauf geben, warum Sie so handeln, nachdem alle Gründe dagegen sprechen, die
Agro-Gentechnik einzusetzen, und alle Gründe dafür sprechen, Bayern zum gentechnikfreien Feinkostladen Europas zu machen. Das wollen wir, und dafür arbeiten wir zusammen mit dem Bayerischen Bauernverband, den Kirchen, den Verbraucherorganisationen und den Jugendorganisationen. Ich frage Sie: Welches Pferd reiten Sie, um der Agro-Gentechnik in Bayern das Feld zu bereiten?
Zu unserem Antrag betreffend ein gentechnikfreies Bayern, der auch zur Abstimmung steht, gibt es ein einstimmiges Votum, nachdem der Text deutlich gekürzt wurde. Das heißt, es soll organisatorische Unterstützung geben, um die Schaffung gentechnikfreier Gebiete auf freiwilliger Basis zu erleichtern. Korrekt muss ich sagen, dieses soll erst noch geprüft werden, aber ich würde mich freuen, wenn der unterstützende Rahmen für die Landwirte, die in vielen Regionen Bayerns gentechnikfreien Landbau umsetzen wollen, geschaffen wird und von allen Parteien Schützenhilfe kommt.
Denn das sind wir den Bauern, den Landwirten, den Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie der intakten Natur und Umwelt schuldig.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Erstes herzlichen Dank an Kollegen Huber, der bereit war, die Rednerliste wegen eines Termins, den ich anschließend wahrzunehmen habe, zu verändern.
Ende Januar war ich auf einer Demonstration auf dem Odeonsplatz, veranstaltet vom Bayerischen Bauernverband, von den Imkern und vielen Verbänden; ich habe auch Kollegen gesehen. Es ging um die Frage: Gentechnik, ja oder nein? Es waren etwa 7000 Menschen anwesend – eine große, machtvolle Demonstration. Bei dieser Veranstaltung wurde deutlich, dass das Thema, worüber wir heute reden, die Menschen in allen Bereichen tangiert. Es geht nämlich um die Fragen: Welche Freiheit hat in Zukunft der Verbraucher, und welche Freiheit hat in Zukunft der Bauer, darüber zu entscheiden, wie er anbaut? Versuchen Sie, in mir jemanden zu sehen, der nicht aus ideologischen Gründen gegen die Gentechnik ist. Ich lasse mich – auch in meinen jetzigen Ausführungen – von folgenden Fragen leiten:
Erstens. Was ist gut für Bayern? Zweitens. Was ist gut für die Landwirte? Drittens. Was ist gut für die Verbraucher? Das sind die drei Fragen, die ich mir stelle, weil hier nicht der Ort ist, an dem wir darüber reden, ob Gentechnik sinnvoll ist oder nicht. Diese Fragen müssen uns in Bayern interessieren.
Worum geht es also? – Es geht im Wesentlichen darum, ob Bauern auch weiterhin in der Lage sind, ohne Kontamination durch gentechnisch veränderte Organismen anzubauen. Das ist der entscheidende Punkt. Ist diese Möglichkeit gegeben? Dazu hat Frau Künast einen Gesetzentwurf eingereicht. Über diesen Gesetzentwurf ist im Bun
destag diskutiert worden, und über diese Frage wird heute deshalb debattiert, weil der Bundesrat mit seiner CDU/ CSU-Mehrheit den Gesetzentwurf in den Vermittlungsausschuss verwiesen hat. Der Kernpunkt hierbei ist, wer in Zukunft verantwortlich ist, wenn zum Beispiel ein Bauer, der keine gentechnisch veränderten Organismen anbauen will, auf einmal feststellt, dass auf seinem Feld trotzdem Pflanzen wachsen, die gentechnisch verändert sind, und wer dafür haftet. Das ist der entscheidende Punkt, um den es im Grunde geht.
Lassen Sie mich vielleicht dazu erklären: Für Sie in der CDU/CSU ist die Möglichkeit – übrigens genauso wie für mich – der freien Entscheidung eines Menschen von hoher Bedeutung. Wie soll aber in der Zukunft ein Bauer, und zwar unabhängig davon, ob er ein Biobauer oder ein konventionell produzierender Bauer ist, frei entscheiden können, wenn er nicht mehr Herr über den Anbau auf seinen Äckern ist, wenn nämlich zum Beispiel durch Kontamination durch andere Felder eine freie Entscheidung verhindert wird? Dann ist es mit der Freiheit zu Ende.
Außerdem: Wie ist es eigentlich mit der Freiheit des Verbrauchers bestellt, wenn Sie durch Behinderung der Klärung der Haftungsfrage dazu beitragen, dass schleichend gentechnisch veränderte Produkte –zum Beispiel in Amerika – ohne Wahlmöglichkeit für den Verbraucher und den Bauern auf den Markt kommen, durch die konventionelle Bauern und Biobauern schlicht und ergreifend vom Markt gedrängt werden und damit auch der Verbraucher getäuscht wird? Das kann doch nicht das sein, was Sie wollen, wenn Sie von Freiheit und freier Entscheidung reden.
Worum geht es bei der Haftung? Frau Paulig hat es vorhin bereits angesprochen. Sie von der CDU/CSU wollen, dass die fachliche Praxis, die noch näher zu erläutern ist, eingehalten werden muss. Wenn diese eingehalten wird, dann kann der Bauer, der gentechnisch veränderte Pflanzen anbaut, nicht zur Haftung herangezogen werden. Wenn aber trotzdem ein Schaden entsteht, dann stellt sich die Frage: Wer ist dann zuständig, wer muss dann bezahlen? Sie machen hierzu einen hoch interessanten Vorschlag, den man sich auf der Zunge zergehen lassen muss. Sie sagen Folgendes: Wir machen dann einen Fonds – das hört sich zunächst gut an –, und dieser Fonds soll von drei Organisationen gespeist werden, und zwar erstens von der Industrie, zweitens von den Bauern und drittens von den Steuerzahlern.
Lassen Sie mich darauf näher eingehen; das ist ein unglaublicher Vorschlag. Erstens. Wir wissen, dass die Industrie schon nicht bereit ist, beim Versuch eine Haftung zu übernehmen. Wie soll man uns dann eigentlich klarmachen, dass die Industrie bereit ist, bei einer kommerziellen Nutzung einen Beitrag zur Haftung zu leisten? Das können Sie sich abschminken. Zweitens. Dann bleibt nur der Bauer übrig. Was wollen Sie eigentlich unseren bayerischen Bauern noch alles zumuten – auch denen, die konventionell anbauen wollen; um die geht es? Jetzt kommt das
Abenteuerlichste von allem: Sie sagen drittens, das soll dann der Steuerzahler übernehmen. Wissen Sie, was das bedeutet? Der Steuerzahler ist der Verbraucher, und der Verbraucher will dieses Zeug nicht haben. Zu 75 % lehnen die Verbraucher das ab, und dann sollen sie in einen Fonds bezahlen, um für Gefährdungen auf diesem Feld aufzukommen. Wissen Sie, was das im Grunde genommen ist? Sie wollen eine Gentechniksteuer. Ich sage Ihnen: Steuererhöhungen – gerade, wenn sie von Ihnen kommen – lehne ich ab. Das ist unmöglich. Lieber zahle ich Ökosteuer als Gentechniksteuer. Das sage ich Ihnen in aller Deutlichkeit.
Aus diesem Grund gibt es nur eine Möglichkeit: Geben Sie Ihre Blockade auf und stimmen Sie den Vorschlägen der Bundesregierung, die in einigen Punkten wahrlich nicht das sind, was wir uns alle wünschen würden, den Vorschlägen des Hauses Künast, zu. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung.
Lassen Sie mich noch einige kurze Bemerkungen zu dem Antrag „Gentechnikfreies Bayern“ machen. Auch hier kann man fragen: Was nützt er eigentlich unseren Bauern in Bayern? Unsere Struktur ist nicht geeignet für den großflächigen Einsatz dieser Technologie. Wer ein bisschen etwas von Landwirtschaft versteht, weiß, dass das nicht funktioniert. Warum sollen wir eigentlich in Bayern dümmer sein als die Kärntner? Die Kärntner haben aufgrund europäischen Rechts eine Verordnung in ihrem Bundesland durchgesetzt, die Kärnten zum Feinkostgeschäft von Österreich macht. Es ärgert mich schon sehr, wenn wir dümmer sein sollen als die Bauern und die Regierung in Kärnten, zumal es dort einen Landeshauptmann gibt, dessen Namen mir nicht einfällt.
Noch etwas möchte ich Ihnen, meine Damen und Herren von der CSU, sagen: Ich würde mir wünschen, wir hätten in Bayern die Intelligenz der bayerischen Brauer. Wissen Sie, was mit den Brauern passiert ist? – Die bayerischen Brauer waren vor etwa zehn, zwölf Jahren, als das bayerische Reinheitsgebot praktisch gefallen ist – jeder darf in der Zwischenzeit Chemiebier anbieten, aber kein Mensch trinkt es –, zusammen mit den deutschen Brauern bereit, sich auch in der Zukunft freiwillig zu verpflichten, Bier nur nach dem Reinheitsgebot zu brauen.
Die Folge ist, dass sich praktisch in Europa keiner traut, mit Bier auf unseren Markt zu kommen, das nicht nach dem bayerischen Reinheitsgebot hergestellt worden ist. Das ist ein blendendes Beispiel dafür, was man erreichen kann, wenn man freiwillig etwas im Interesse der Menschen, im Interesse der Bayern, der Bauern und der Verbraucher durchsetzen will. Mit einem solchen Vorgehen wären wir auf dem richtigen Weg. Lassen Sie uns in diese Richtung gehen. Die Brauer haben es uns vorgemacht.
Herr Vorsitzender, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Themen, die mit Gesundheit oder Ökologie zu tun haben, sind natürlich immer mit besonderer Aufgeregtheit verbunden. Ich will versuchen, etwas von der Emotionalität herauszunehmen und die Dinge sachlicher anzugehen.
Neue Technologien – dabei denke ich auch an die in Nürnberg-Fürth erfundenen Verkehrstechnologien – bergen immer gewisse Risiken und gewisse Chancen.
Das kann man am Anfang immer nicht abschätzen. Man muss sensibel vorgehen und darauf achten, dass die Gefahren nicht überwiegen. Ich nehme daher an, dass Ihr Antrag auf Drucksache 15/80 auf der Sorge beruht, dass die Risiken der Gentechnik von uns nicht richtig eingeschätzt werden; so haben Sie jedenfalls in der Begründung geschrieben. Man muss an dieser Stelle aber klar differenzieren, was aus ideologischen Gründen meistens nicht geschieht. Man muss sehen, dass die Medizintechnik von der Bevölkerung voll akzeptiert wird; dabei gibt es meines Erachtens keine Diskussion über Sicherheitsfragen.
Ähnliches gilt für die Lebensmitteltechnik. Zusatzstoffe, Emulgatoren und Enzyme sind schon längst in sehr vielen Nahrungsmitteln enthalten.
Ich kann keine breit geführte Diskussion darüber wahrnehmen, ob die Enzyme, die sich in unseren Lebensmitteln befinden, für uns alle große Sicherheitsrisiken darstellen.
Nun komme ich zur grünen Gentechnik, die ein vollkommen neuer Aspekt ist, über den, wie ich glaube, nicht wegen seiner Gesundheitsgefährdung diskutiert werden muss. Dazu wurde schon ausreichend geforscht.
Herr Kollege, da Sie schon gerade unterbrochen worden sind, möchte ich Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Paulig gestatten.
Herr Huber, ist Ihnen bekannt, dass die Zusatzstoffe Vitamine und Enzyme in geschlossenen Systemen mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt werden und damit die Gefahr der Ausbringung in die Umwelt, die nicht rückholbar ist, in weitaus geringerem Maße besteht?