Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatsminister, da Tschechien nach dem Beitritt zur EU am 1.Mai 2004 aller Voraussicht nach weiterhin sehr große Anstrengungen unternehmen wird, um baldmöglichst die Anforderungen des Schengener Abkommens zu erfüllen, was zu einem Wegfall der noch bestehenden Grenzkontrollen und vielfachen sicherheitsrelevanten Auswirkungen im rückwärtigen Raum führen wird – gemeint sind Niederbayern, die Oberpfalz, Mittelfranken und Oberfranken –, frage ich die Staatsregierung, ob die von der bayerischen Polizei durchgeführten Ausgleichsmaßnahmen – wie bisher an der Grenze zu Österreich – in Zukunft auch an der bayerisch-tschechischen Grenze vorgenommen werden, an welchen Kriterien sich diese Ausgleichsmaßnahmen orientieren bzw. wie die sicherheitsrelevante Beurteilung der Staatsregierung hinsichtlich des Oberpfälzer Raumes im Allgemeinen und vor allem entlang der Bundesautobahn A 6 im Besonderen lautet.
Herr Präsident! Lieber Kollege Donhauser, mit dem unmittelbar bevorstehenden Beitritt der Tschechischen Republik zur Europäischen Union am 1. Mai 2004 entfallen zunächst lediglich die systematischen Zoll- und Warenkontrollen an den Grenzübergängen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik. Die polizeilichen Grenzkontrollen sind jedoch bis zur Inkraftsetzung des Schengener Durchführungsübereinkommens gegenüber der Tschechischen Republik uneingeschränkt nach „Schengen-Standard“ wie bisher durchzuführen. Auswirkungen grundsätzlicher Art auf die Aufgaben und die Organisation der Bayerischen Polizei und des Bundesgrenzschutzes sind damit also derzeit nicht verbunden. Das Erfordernis für konkrete Ausgleichsmaßnahmen stellt sich somit erst dann, wenn abzusehen ist, dass Tschechien die von der Europäischen Union geforderten hohen Sicherheitsstandards nach dem Schengener Regelwerk erfüllen und auf Dauer auch einhalten kann. Ich hebe hervor: und auf Dauer einhalten kann.
Auch wenn die Tschechische Republik in dieser Hinsicht sehr große Anstrengungen unternimmt und noch unternehmen wird, wird es nach Ansicht des zuständigen Abteilungsleiters im Bundesinnenministeriums, Herrn MD Kass, voraussichtlich noch acht bis zehn Jahre dauern, bis der Schengen-Standard von Tschechien erfüllt wird, sodass die Personenkontrollen entfallen können. – Ich zi
Die Erforderlichkeit von Ausgleichsmaßnahmen wird sich dann bei Wegfall der Grenzkontrollen sowohl im Oberpfälzer Raum als auch an der gesamten Grenze zu Tschechien an den gleichen Kriterien orientieren wie an der Grenze zu Österreich. Die damals geschaffene Organisation mit einem Sicherheitsschleier im 30-km-Bereich entlang der Grenze und der Einrichtung von speziellen Fahndungsdienststellen hat sich bewährt. Es hat sich gezeigt, dass mit dem Instrumentarium der Schleierfahndung sowohl im grenznahen Raum als auch entlang der Autobahnen oder sonstigen Verkehrswegen der illegalen Einreise, der Zunahme der Betäubungsmittelkriminalität, von Waffen- und Sprengstoffdelikten oder der Ein- und Ausreise von Straftätern erfolgreich und wirksam entgegengewirkt werden kann. Grundsätzlich ist angedacht, nach dem Wegfall der Grenzkontrollen zur Tschechischen Republik entlang der Grenze zu Tschechien eine ähnlich wirksame Organisation zu schaffen wie beim Wegfall der Grenzkontrollen zu Österreich.
Herr Minister, ab dem Beitritt Tschechiens am 1. Mai kommt es zweifellos zu einem größeren Austausch. Wesentlich mehr tschechische Bürger werden in die Oberpfalz, nach Niederbayern, Mittel- und Oberfranken einreisen. Wird man in einer gewissen Übergangszeit, also im Laufe des Sommers, die sichtbare Polizeipräsenz erhöhen?
Wir werden uns der Lage angemessen stellen. Ich persönlich rechne im Moment nicht damit, dass sich am 1. Mai extreme Veränderungen der Reisebewegungen ergeben werden. Die Reisetätigkeit ist schon in den letzten Jahren massiv angestiegen. Ich glaube nicht, dass es jetzt wie bei einem Lichtschalter – Licht aus, Licht an – punktuell große Veränderungen geben wird nach dem Motto: Jetzt kommen die großen Mengen, bisher kamen sie nicht. Vielmehr wird eine graduelle Verdichtung des Reiseverkehrs zu beobachten sein. Sollte es darüber hinausgehende deutliche Veränderungen geben, müssen wir natürlich zusätzliche Maßnahmen ergreifen. Wir haben zusammen mit den tschechischen Nachbarn ein Konzept erarbeitet und befinden uns zum Teil auch schon in der Realisierung dergestalt, dass wir zum Beispiel durch die Zusammenlegung von Kontrollstellen – jeweils der tschechischen und unserer Stelle – den wegfallenden Zoll ersetzen.
Herr Staatsminister, da die Diskussion zur Reform der Polizeiorganisation in Bayern zu der Befürchtung geführt hat, dass die Polizeistation Nittenau aufgelöst werden könnte, frage ich die Staatsregierung, ob sie weiterhin an dem Ziel festhält, die Polizeiprä
senz in der Fläche zu erhalten, und bereit ist, wie bereits 1997 den Fortbestand der Polizeistation Nittenau zu garantieren.
Herr Präsident! Lieber Kollege Schindler, über den Fortbestand einzelner Polizeidienststellen, auch in der Oberpfalz – ich hätte beinahe gesagt: selbst in der Oberpfalz –, können derzeit noch keine Aussagen getroffen werden, da die Festlegung des organisatorischen Rahmens der Reform noch nicht entscheidungsreif ist.
Ich will darüber hinaus noch einige Bemerkungen hierzu machen. Mit dem Ziel „billiger und besser“ zu werden, insbesondere eine Erhöhung der polizeilichen Präsenz auf der Straße und im Kriminaldienst zu erreichen, werden in meinem Haus derzeit Überlegungen angestellt, mit welchen aufbau- und ablauforganisatorischen Maßnahmen den Vorgaben der Regierungserklärung des Bayerischen Ministerpräsidenten vom 6. November 2003 entsprochen werden kann. In diese Überlegungen wird selbstverständlich auch das Polizeipräsidium Niederbayern/Oberpfalz mit den nachgeordneten Dienststellen einbezogen. Die Modelle reichen bekanntlich von der Straffung des vierstufigen Aufbaus bis hin zu einem dreistufigen Aufbau.
Um hierfür eine erste Meinungsbildung zu erreichen, haben wir in den letzten Wochen sehr offene und wirklich faire Gespräche mit den Polizeipräsidenten, den Leitern der Polizeidirektionen, dem Vorsitzenden des Hauptpersonalrates, den Polizeigewerkschaften und dem Bayerischen Landtag geführt. Wir haben uns dabei entschieden, für die weiteren Beratungen über die künftige Struktur der bayerischen Polizei zunächst eine vergleichende KostenNutzen-Berechnung zu erarbeiten, mit der eine Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile der in meinem Haus entwickelten Grundmodelle dargestellt werden kann.
Diese Kosten-Nutzen-Berechnung wird gegenwärtig erarbeitet. Erst dann kann über mögliche zukünftige Organisationsmodelle und den Fortbestand einzelner Dienststellen entschieden werden. Aufgrund der generellen Zielsetzung der Organisationsreform ist jedoch ein Rückzug der Polizeipräsenz in der Fläche nicht beabsichtigt.
Herr Staatsminister, nachdem Sie dies jetzt schon angesprochen haben, will ich insistieren und nach den Kriterien für die Bewertung der Polizeistationen fragen. Ist eines dieser Kriterien das, was in der heutigen ersten Frage bereits angesprochen worden ist, nämlich die Grenznähe und die sonstige Verteilung von Inspektionen und Stationen in der Nähe zur Grenze?
Die grundsätzliche Überlegung heißt: Wir wollen weniger Verwaltungsarbeit und mehr Präsenz auf der Straße. Ich habe also auch das Ziel, dass die Polizeistationen
möglichst nah an den Einsatzorten sein sollen. Die Polizeistation als solche ist heutzutage in aller Regel nicht der entscheidende Punkt. Die Leute kommen nicht mehr zur Polizei, sondern holen die Polizei. Aber die Polizeistation ist der Stützpunkt, sodass man eben nicht von weit her zum Beispiel nach Nittenau fährt, sondern schnell vor Ort ist. Dabei spielen die Einsatznotwendigkeiten eine Rolle, das heißt, örtliche Kriminalität, örtliche Verkehrslage. Dazu gehört natürlich auch die Situation im grenznahen Bereich, und es gehört die Größe der Fläche dazu. Das und die Länge der Wege sind insbesondere auch in der Oberpfalz von erheblicher Bedeutung.
Herr Präsident! Herr Staatsminister, trifft es zu, dass der Kommunale Prüfungsverband in seinem aktuellen Gutachten zur Finanzsituation der Stadt Hof, in dem unter anderem auch auf die in absehbarer Zeit zu erwartende Insolvenz der Flughafen GmbH verwiesen wird, neben vielen anderen Sparmaßnahmen auch die Streichung der öffentlichen Zuschüsse zur Fluglinie nach Frankfurt empfiehlt und die Wirtschaftlichkeit des Flughafens Hof-Plauen auch nach den geplanten Ausbaumaßnahmen und auf der Grundlage der aktuellen Gutachten zur Entwicklung und Wirtschaftlichkeit des zukünftigen Flugbetriebs anzweifelt, und wie ist es vor diesem Hintergrund zu rechtfertigen, dass die Staatsregierung für den Flughafenausbau Hof mehr als 30 Millionen Euro ausgeben will?
Liebe Kollegin Gote, es trifft zu, dass der Bayerische Kommunale Prüfungsverband in seinem Gutachten vom 25.März 2004 zur Haushaltskonsolidierung der Stadt Hof auf der Grundlage der ihm bis dahin zugänglichen Unterlagen neben anderen Sparmaßnahmen auch die Streichung der Zuschüsse der Stadt Hof zur Fluglinie HofFrankfurt als Konsolidierungspotenzial nennt und die Wirtschaftlichkeit des zukünftigen Hofer Flughafenbetriebs anzweifelt.
Im Rahmen der Erstellung der Planfeststellungsunterlagen hat die Hofer Flughafengesellschaft das Investitionsvorhaben jedoch grundlegend überarbeitet und die Kostenschätzung, die Aufkommensprognosen sowie die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung aktualisiert. Die vollständig überarbeiteten Planungen vom April 2004 werden derzeit vom Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie ausgewertet und einer fachlichen Prüfung unterzogen. Wichtige Unterlagen stehen derzeit noch aus und werden von der Flughafengesellschaft nachgereicht. Eine endgültige Beurteilung der Projektunterlagen und eine Entscheidung über die weitere Realisierung des Projekts sind derzeit damit noch nicht möglich. Hierfür fehlt vor allem die Entscheidung der Stadt Hof, wie sie einen ausgeglichenen Haushalt erreichen wird, ob sie auch auf der Grundlage des Gutachtens des kommunalen Prüfungsverbands am Ziel des Flughafenausbaus festhält und wie sie die wirtschaftlichen Rahmendaten erreichen will. Wegen der kommunalen Selbst
verwaltung es ist zunächst einmal die Aufgabe der Stadt Hof, Konsequenzen aus dem Gutachten des kommunalen Prüfungsverbandes zu ziehen.
Ich gehe davon aus, dass ich Sie richtig verstanden habe, dass auch Ihnen neue Gutachten zu der überarbeiteten Planung jetzt noch nicht vorliegen. Wie ist es dann zu verstehen, dass die Staatsregierung in der letzten Woche angekündigt hat, weitere 10 Millionen Euro für Überbrückungskredite in ein Vorhaben zu stecken, dessen Wirtschaftlichkeit bisher völlig infrage gestellt ist?
Frau Kollegin Gote, ich sage es in aller Offenheit: Es hat eine Diskussion zwischen dem Kollegen Wiesheu und mir gegeben, wer zuständig ist. Nachdem Sie in erster Linie auf die Frage des kommunalen Prüfungsverbandes abgestellt haben, hat mich das Los getroffen. Kollege Wiesheu könnte Ihnen natürlich über die Frage des Flughafens selbst und der Wirtschaftsförderung detailliertere Auskunft geben, während ich mich nur auf die Mitteilung des Wirtschaftsministeriums beziehe. Es ist Folgendes – –
Ich weiche ja auch nicht aus. Ich sage nur, das, was heute früh eingegangen ist, kann ich nicht wissen. Das weiß Kollege Wiesheu, der vielleicht auch manches besprochen hat. Ich sage Ihnen das, was, auch nach ihrer Frage, zwischen den Häusern abgestimmt ist.
Das Gutachten des Kommunalen Prüfungsverbandes vom 25. März 2004 ist von Unterlagen ausgegangen, die in der Zwischenzeit überarbeitet worden sind. Die überarbeiteten Unterlagen lagen im April vor und führten zunächst dazu, dass derzeit eine neue Überprüfung im Laufen ist. Die Unterlagen sind noch nicht vollständig, einiges muss noch nachgereicht werden.
Die Ermöglichung des Überbrückungskredites heißt nur, dass nicht kurzfristig die Insolvenz des Flughafens herbeigeführt wird und damit Strukturentscheidungen überhaupt nicht möglich sind. Man muss sich darüber klar sein, dass der Flughafen Hof als eine wichtige Entscheidung über die langfristige Strukturpolitik gesehen wird, und diese langfristigen Strukturüberlegungen sollten nicht von vornherein unmöglich gemacht werden durch eine zwischendurch eventuelle kurzfristig eintretende Insolvenz. Dafür ist eine Überbrückungsmöglichkeit geschaffen.
Herr Beckstein, kann man von einer kurzfristig entstehenden Insolvenz sprechen, wenn die Flughafen GmbH schon seit Monaten darauf angewiesen ist, dass die Stadt Hof die Gehälter stundet?
Frau Kollegin Gote, wir brauchen uns auch da nicht zu verstecken. Sie selbst sind, nehme ich einmal an, aus ideologischen Gründen und grundsätzlich massiv gegen diesen Flughafen.
Ich möchte Sie nicht in eine falsche Haftung nehmen. Es gibt andere Leute, die den Hofer Flughafen als eine wichtige Infrastrukturmaßnahme für den grenznahen Bereich ansehen, in Richtung Sachsen-Thüringen, aber auch in Richtung Tschechische Republik. Diese wichtige Infrastrukturmaßnahme zu unterstützen ist eine wichtige Aufgabe, wenn es nur tragfähig ist. Es ist offensichtlich richtig, in einem Umplanungsprozess nicht zu sagen, das interessiert uns nicht, wir lassen das jetzt vor die Hunde gehen, sondern zu sagen, wir werden diese Zeit noch ausnützen über eine Überbrückungsbürgschaft, sodass der Betrieb und die Planungen weitergeführt werden können im Sinne eines ordnungsgemäßen Entscheidungsprozesses. Darum habe ich bei all den unterschiedlichen Beurteilungen eigentlich wenig Verständnis dafür, dass Sie gerade diese Maßnahme besonders in Zweifel ziehen.
Diese Zusatzfrage fällt nun wieder ganz in Ihr Gebiet. Es ist doch richtig, dass dieser Überbrückungskredit den Haushalt der Stadt Hof zusätzlich belasten wird, weil ein Kredit zurückgezahlt werden muss, auch wenn es ein Überbrückungskredit ist.