Protokoll der Sitzung vom 17.06.2004

Wenn ich das mal interpretieren darf, es gibt ja dazu auch Be schlüsse, einen dazu habe ich mitgebracht, in dem das dokumentiert wurde: In diesem Konsens am 16. Dezem ber und im Beschluss am 19. Dezember waren diese Kürzungen in einem großen Paket, das man miteinander beraten hat. Man hat miteinander diese Einschnitte vor nehmen müssen. Das heißt und bedeutet aber nicht, dass man sagen kann: Das waren Einschnitte, die so bleiben müssen, alles wunderbar. Auch die andere Seite, auch die SPD-regierten Länder haben zu Recht gesagt - - Ich darf aus diesem Beschluss zitieren zu Ihrer Information. Da heißt es:

Die Bauministerkonferenz ist der Auffassung, dass der ab 2005 vorgesehene Verpflichtungs rahmen von 202,4 Millionen Euro angesichts des sowohl in den alten als auch in den neuen Län dern weiterhin bestehenden Förderbedarfs eine Grenze darstellt, die nicht weiter unterschritten werden darf. Sie fordert daher den Bundesminis ter für Verkehr, Bau und Wohnungswesen auf, diese Haltung im Rahmen der Haushaltsverhand lungen 2005 mit Nachdruck zu vertreten.

Ich war selbst bei dieser Konferenz und habe dafür ge stimmt, weil ich es für richtig halte, im Verbund aller ande ren Länder zu dokumentieren – Kollege Vesper von Nordrhein-Westfalen hat mit das Wort geführt -, dass wir wie der einen vernünftigen Finanzrahmen brauchen, um eine gute Politik in diesem Bereich machen zu können. Ich glaube, das ist unser aller Interesse.

Letzte Zusatzfrage: Herr Kollege Wörner.

Herr Staatssekretär, ist es richtig, wenn ich annehme, dass die Beteiligten an diesem Eini gungsverfahren in Zukunft auch zu dem stehen, was sie getan haben, nämlich gekürzt haben – das ist ja die zen trale Frage –, und nicht öffentlich beklagen, wie schlimm der Bund alles macht, und so tun, als wäre man gar nicht dabei gewesen? Das ist der Kern dieser Geschichte.

Herr Kollege Wörner, ich sehe Ihr Anliegen. Ich versuche, es objektiv zu beantworten, da wir, glaube ich, alle gemein sam dieser Meinung sind. Es geht nicht darum, was Sie in Ihrem Fadenkreuz haben, nämlich dass die zuerst mitge macht haben und dann dagegen reden würden. Die Kolle gen der SPD und die Vertreter der SPD-Länder haben Folgendes gesagt: Es ist eine Einschränkung, die massiv ist, die unerträglich ist. Ich will die Argumente nicht noch einmal vortragen. Ich glaube, das ist doch unbestritten. Wir sollten uns auf die Formulierung einigen und sagen: Es war ein massiver Einschnitt, den wir gemeinsam getra

gen haben. Es ist dort übrigens auch noch einmal doku mentiert worden. Dieser Einschnitt ist aber so massiv, dass auch der Rückgang auf die 202,4 Millionen Euro im Jahre 2005 die äußerste Grenze sein muss, nicht darunter, sondern eher darüber, damit wir wieder eine vernünftige Wohnraumpolitik machen können.

Das ist unisono von allen bestätigt worden, und deshalb der einstimmige Beschluss bei dieser Konferenz.

Wir kommen jetzt zum Bereich des Staatsministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz. Frau Staats sekretärin Emilia Müller, bitte schön. Erster Fragesteller: Herr Kollege Kobler.

Herr Präsident Prof. Dr. Gantzer, Frau Staatssekretärin! Wie wertet die Bayerische Staatsre gierung die neuerlichen Störfälle beim nahe an der bayeri schen Grenze gelegenen tschechischen „Pannen-Kern kraftwerk“ Temelin in Bezug auf Meldungen, dass dort weitere zwei Kernreaktorblöcke errichtet werden sollen, und hinsichtlich der diesbezüglichen Inaktivitäten der rotgrünen Bundesregierung sowie des von ihr beschlosse nen Ausstiegsplanes aus der deutschen Kernenergie?

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben am Abend des 7. Juni durch den Teletext des österreichischen Rundfunks vom neuesten Störfall in Te melin erfahren. Der Teletext berichtete, dass am 6. Juni 2004 ein Leck am Primärkreislauf des zweiten Reaktor blocks des tschechischen Kernkraftwerks Temelin ent deckt worden sei. Ich habe am 7. Juni, abends, sofort an Bundesminister Trittin geschrieben und um rasche Unter richtung und Bewertung des bekannten Vorkommnisses gebeten. Bis heute liegt uns von Bundesminister Trittin keine Antwort vor, obwohl die Zuständigkeit für auswärti ge Angelegenheiten im Hinblick auf die Reaktorsicherheit und den Strahlenschutz bei der Bundesregierung liegt.

Auf Referentenebene hat das Staatsministerium für Um welt, Gesundheit und Verbraucherschutz vom Bundesmi nisterium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit am 08. Juni zwei Unterlagen erhalten: zum einen eine Stellungnahme der Gesellschaft für Anlagen- und Reak torsicherheit, zum anderen eine Mitteilung der zuständi gen tschechischen Aufsichtsbehörde. Aus diesen beiden Unterlagen ging hervor, dass 3000 Liter Kühlmittel aus dem Reaktorkreislauf austraten und zwei Arbeitsräume innerhalb des Sicherheitsbehälters kontaminierten, dass das ausgelaufene Wasser in einem dafür bestimmten Be hälter aufgefangen wurde, dass keine Radioaktivität aus der Anlage austrat und es in dieser Zeit zu keiner Gefähr dung von Menschen kam.

Wir haben natürlich vonseiten des Ministeriums zusätzlich zu der an das Bundesministerium gestellten Nachfrage die Messergebnisse unseres Systems ausgewertet und festgestellt, dass in dieser Zeit alle Werte innerhalb der natürlichen Schwankungsbreite lagen. In Passau lagen in dieser Zeit die Messwerte vom Vormittag des 6. Juni bis Mitternacht desselben Tages zwischen 0,081 und 0,09 Mikro-Sievert pro Stunde. Die interne Alarmschwelle des Messsystems liegt dagegen erst bei einem Wert über 0,3

Mikro-Sievert pro Stunde. Wir haben in Bayern 33 Mess stationen, die permanent und rund um die Uhr radioaktive Werte messen.

Was die Frage nach dem Ausbau des Kernkraftwerks Te melin betrifft, liegt die Entscheidung, ob irgendwo neue Kernkraftwerke gebaut oder zusätzliche Reaktorblöcke ausgebaut werden, immer in der nationalen Souveränität der Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Da haben wir letztlich keine Einflussnahme. Über Pläne für neue Reaktorblöcke in der Tschechischen Republik liegen wi dersprüchliche Meldungen vor. Für den Informationsaus tausch ist hier das BMU zuständig. Die Bayerische Staatsregierung setzt sich dafür ein, dass sie konkrete In formationen bekommt. Wir sind der Auffassung, es wäre im Rahmen des Erweiterungsprozesses dringend geboten gewesen, dass auch Deutschland, ähnlich wie damals Österreich mit der Tschechischen Republik, ein Abkom men getroffen hätte. Wir haben hier vonseiten Bayerns keine Einflussmöglichkeiten.

Eigentlich besteht die Frage aus vier einzelnen Fragen, darunter auch: Was bedeuten der Kernenergieausstieg und letztlich auch Temelin für die Bundesrepublik Deutschland? In Deutschland droht durch den so genann ten Kernenergieausstieg ein nachhaltiger Kompetenzver lust. Es ist ein technologischer Fadenriss zu befürchten. Ein solcher Fadenriss behindert die Fortentwicklung der deutschen Sicherheitstechnik, die in der Vergangenheit international Maßstäbe gesetzt hat, und schmälert den Einfluss auf den Sicherheitsstandard der Kernkraftwerke in anderen Staaten, da Deutschland nicht mehr als sicher heitstechnisch führend anerkannt wird.

Die Bayerische Staatsregierung hat sich auch in der Ver gangenheit immer dafür eingesetzt, dass wir auf europäi scher Ebene harmonisierte Mindeststandards bzw. Si cherheitsstandards haben. Da hätte ich mir die Unterstüt zung des Bundes gewünscht.

Erste Zusatzfrage: Herr Kollege Kobler.

Frau Staatssekretärin, die Darstel lung befriedigt natürlich insgesamt nicht, weil der Bund auf diesem Gebiet ziemlich untätig ist. Ich frage Sie trotz dem: Sind die zahlreichen Pannen bei Temelin nicht doch ein deutlicher Fingerzeig dafür, dass der dortige Technik mix sehr problematisch und möglicherweise der Weg zu größeren Pannen nicht mehr allzu weit ist? Ich möchte hier nicht dramatisieren – die Aussagen differieren –, aber es hat angeblich zwischen 60 und 200 Störfälle gegeben.

Es wird von 65 Störfällen berichtet, aber weil keine klare Vor gabe vorliegt, lässt sich diese Anzahl nicht genau verifizie ren. Staatsminister Dr. Werner Schnappauf hat in der Ver gangenheit Bundesminister Trittin immer wieder aufgefor dert, sich verstärkt dafür zu engagieren, dass hier auch mit Tschechien ein Abkommen getroffen wird. Wir haben auch auf Sicherheitsstandards innerhalb der Europäi schen Union gedrängt. Derzeit gibt es keine rechtliche Vorgabe, auch nicht für 25 Staaten. Daher ist es aller höchste Zeit, diese Thematik voranzubringen, statt sie

vonseiten des Bundes durch Sperrminoritäten nachhaltig zu blockieren.

Nächste Zusatzfrage: Frau Kollegin Peters.

Frau Staatssekretärin, Sie haben das bilaterale Abkommen mit Österreich angesprochen. Welche Auswirkungen hatte dieses Abkommen, und wel che Eingriffsmöglichkeiten bot es Österreich? Meines Wissens gab es zuerst aus Österreich großen Protest. Wie müsste eine europäische Regelung aussehen, die ent sprechende Möglichkeiten bietet, und welche Staaten wenden sich dagegen?

Die Österreicher haben im Rahmen des Erweiterungsprozes ses mit den Tschechen im Hinblick auf die Informations politik ein bilaterales Abkommen getroffen, das heißt, dass sie innerhalb einer bestimmten Frist über Störfälle informiert sein müssen. Das war diesmal der Fall: Öster reich war über diesen Störfall nach 24 Stunden informiert, während wir vom Bund keine Informationen erhielten. In Österreich sind dezidiert Messstationen aufgebaut wor den, die das Land anhand aktueller Daten klar informieren. Ich hätte mir gewünscht, dass der Bund im Rahmen des Erweiterungsprozesses Ähnliches angeregt hätte. Auch in diesem Fall hat man wieder gesehen, dass wir auf diesem Gebiet Defizite haben.

Was die Sperrminorität betrifft, so waren in der Vergan genheit unter anderem England und Deutschland dabei.

Die Franzosen hätten gerne harmonisierte Bedingungen in der Europäischen Union. Ich bin der Auffassung, dass wir sie dringend benötigen. Wir brauchen im Sicherheits bereich in allen 25 Ländern Mindeststandards, weil die mittel- und osteuropäischen Länder weitaus problemati schere Kernkraftwerke mit anderen Mechanismen und ei ner anderen Bauweise haben als die alte Europäische Union. Deshalb sind Mindeststandards nötig.

Die letzte Frage in dieser Fragestunde stellt Herr Kollege Kobler.

Frau Staatssekretärin! Aufgrund der problematischen Situation wegen der verschiedenen Kernreaktoren und der möglicherweise weiteren zwei ge planten Reaktoren frage ich die Staatsregierung: Es ist nicht nachvollziehbar, dass mit EU-Förderung – dem Geld von deutschen Steuerzahlern -, vor unserer bayerischen Haustür Schrottreaktoren und Risikoreaktoren gebaut und in Deutschland die sichersten Kernkraftwerke der Welt abgeschaltet werden, was uns in Abhängigkeit zu den problematischen Kernreaktoren in Tschechien bringt. Wird die Staatsregierung noch einmal an die rot-grüne Bundes regierung herantreten und die Situation darstellen, um sie dazu zu bewegen, die Laufzeiten der deutschen Kern kraftwerke zu verlängern?

Frau Staatssekretärin.

Herr Kollege, das ist derzeit gesetzlich gar nicht möglich.

(Zuruf des Abgeordneten Ludwig Wörner (SPD))

Man muss darüber reden. Bayern ist für die Überwachung und die Sicherheit unserer bayerischen Kernkraftwerke zuständig. Ansonsten ist es Sache des Bundes und der Betreiber, über Verlängerung der Laufzeiten zu entschei den. Wir können darüber reden, aber das ist nicht in erster Linie unser Ziel.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit ist die Fragestun de abgeschlossen.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 12 Beratung der zum Plenum eingereichten Dringlich keitsanträge

Zur gemeinsamen Behandlung rufe ich zunächst auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Ulrike Gote und anderer und Fraktion (Bündnis 90/Die Grünen) Zukunft der Virtuellen Hochschule Bayern (vhb) (Drucksache 15/1162)

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Joachim Herrmann, Dr. Ludwig Spaenle, Renate Dodell und Fraktion (CSU) Zukunft der Virtuellen Hochschule Bayern (Drucksa che 15/1179)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Erste Wortmel dung: Frau Kollegin Gote.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolle ginnen und Kollegen! Ich kündige für unseren Antrag na mentliche Abstimmung an.

Herr Minister, im Moment als einziger Beteiligter auf der Regierungsbank anwesend: Das ist ein Stück „DilettantenStadel“. Die virtuellen Welten entgleiten ins virtuelle Off. Chaos-Politik – anders kann man das nicht mehr nennen.

Der Präsident der Virtuellen Hochschule Bayern schlägt Alarm angesichts der drohenden Zahlungsunfähigkeit seiner Einrichtung. Der Minister für die Hochschulen sagt: Das kann gar nicht sein, wir haben nichts gewusst. Der Minister fürs Geld sagt: Das Ende der Virtuellen Hoch schule war doch seit langem vereinbart und beschlossene Sache. Der vormalige Cyberspace-Minister schließlich will sich sein Spielzeug nicht zerschlagen lassen.

Herr Stoiber, machen Sie heute – wenn Sie da wären; denn heute ist es höchste Zeit – diesem Bubenstreit ein Ende.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Goppel, Sie müssen uns heute einiges erklären zu diesem Vorgang und uns sagen, was eigentlich stimmt;

denn gestern haben Sie im Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur erklären lassen, dass Ihr Haus im mer noch davon ausgehe, dass die Restmittel aus der Hightech-Offensive Bayern in Höhe von 5,9 Millionen Euro für die Virtuelle Hochschule Bayern bis 2006 zur Verfü gung stünden und dass Sie vom Verhalten des Finanzmi nisters und der drohenden Zahlungsunfähigkeit der vhb überrascht worden seien. Dabei kam der Brief, der das Direktorium über den Finanzierungsstopp informierte, aus Ihrem Haus; er kam von Ihnen bereits am 8. Juni 2004. Wie würden Sie, der Sie auch einen Hang zur deutlichen Aussprache haben, das nennen, Herr Goppel? - Lüge?

Was haben Sie getan, um den bestehenden Dissens mit dem Finanzminister aus der Welt zu schaffen? Oder lügt der Finanzminister, wenn er sagt, das sei alles mit Ihnen abgesprochen und das Aus für die Virtuelle Hochschule sei beschlossene Sache seit Dezember letzten Jahres? Was wollen Sie denn überhaupt? Wollen Sie die Virtuelle Hochschule abwickeln und schließen, wie der Finanzmi nister sagt? Und was heißt es, dass Sie andererseits ges tern gegenüber der Presse erklärten, die Virtuelle Hoch schule Bayern habe ihre Bewährungsprobe noch zu be stehen? Geben Sie der Virtuellen Hochschule überhaupt noch eine Chance? Werden Sie sich ernsthaft um ein zu kunftsfähiges Konzept bemühen? – Ich hoffe, Sie holen heute wenigstens die Wahrheit aus der Virtualität zurück.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Schon lange beschäftigen uns die virtuellen Spielereien der Staatsregierung, und viele sind mittlerweile zur ganz realen Pleite geworden. Was ist denn aus den großen Vor haben im Rahmen von Bayern Online und anderen gewor den? Was ist geworden aus EDDA, Isolde, BIN, MODA, TWIST, Solum-Star, BY-Opthel, BY-Telepräsenz, ByMed Card – Chipkarten in ByMediks –, HCPP, BASILIKA, KRYPTO, LIMS, BILDER, DIBWIN, EWBW, Car PC? – Wir mussten lernen, dass für den digitalen Polizeifunk kein Geld da ist. Was ist aus der virtuellen Landesbibliothek Bayris geworden? – alles OZB I und II und HTO. Die Kürzel sind fast schon sozialistischer Sprachgebrauch.

Frau Kollegin Gote, ich muss Sie kurz unterbrechen. Lie ber Besucher, wir sind hier in der Plenarsitzung. Sie dür fen, auch wenn Sie eine Tracht anhaben, den Plenarsaal nicht betreten. Ich bitte die Saaldiener, den Vorgang zu bereinigen. Wir werden noch nicht von den Gebirgsschüt zen übernommen.

(Heiterkeit)