Protokoll der Sitzung vom 29.06.2004

(Beifall bei der SPD)

Zum Schluss möchte ich noch einmal aufführen, was hinter dem Ansinnen von Siemens und anderen europäischen Firmen steckt. Es ist doch so, dass die großen Atomkonzerne die Durchsetzung der Atomkraft wieder forcieren wollen, diesen Atomausstieg ignorieren. Das ist doch letztlich der Hintergrund. Das kommt auch nicht von ungefähr, wenn man sich die Entwicklung anschaut und was in den nächsten Jahren an Investitionen anstünde, wenn man ausschließlich an der Atomenergie festhalten würde. Ab 2005 muss in Europa ein Großteil der konventionellen Kraftwerke ersetzt werden. Siemens und andere Firmen sind natürlich daran interessiert, den Fuß auf dem weltweiten Energiemarkt in der Tür zu behalten. Da sage ich noch einmal: Nicht mit uns, wir halten am Energiekonsens fest. Investieren Sie nicht in ein Fass ohne Boden und sagen Sie ganz klar: kein Rückschritt. Es wäre ein herber Rückschlag, wenn die deutsche Stromwirtschaft den Verlockungen der französischen Atomkonzerne nachkäme, sich am Bau des europäischen Druckwasser

reaktors EPR zu beteiligen und Kredite der Bayerischen Landesbank dafür vergeben würden.

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))

Nächste Wortmeldung Herr Kollege Kiesel.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Das Bankgeheimnis ist für uns, für die CSU, ein hohes Gut.

(Lachen bei den GRÜNEN)

Ich bewundere die GRÜNEN schon.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜ- NE) – Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Danke!)

Wenn es nach den Vorstellungen der GRÜNEN ginge, dann würden künftig unten in der Wirtschaft, draußen auf dem Marktplatz oder in den Kreistagen Kreditpolitik und Zinskonditionen diskutiert werden. Das kann wohl nicht Sinn und Zweck sein.

(Beifall bei der CSU)

Deswegen beteiligen wir uns weder an Behauptungen noch an Spekulationen, sondern wir respektieren das Bankgeheimnis.

Zu den Aufgaben der Bayerischen Landesbank gehört, dass sie bayerische Unternehmen auf den internationalen Märkten begleitet, unabhängig von der Branche. Auch das muss man deutlich sagen.

(Susann Biedefeld (SPD): Siehe Kirch!)

Wir haben im Haushaltsausschuss Ende der letzten Legislaturperiode über die Änderung des Landesbankgesetzes intensiv miteinander beraten, alle

Fraktionen, die hier vertreten sind. Wir haben in Artikel 2 des Landesbankgesetzes ganz klar die Aufgaben definiert. Dort steht: „Die Bank kann alle Arten von Bank- und Fina nzdienstleistungsgeschäften betreiben.“ In der Banksatzung steht in § 3 „Aufgaben“: „Die Bank betreibt Bankgeschäfte aller Art im In- und Ausland.“ Zur Begründung der letzten Änderung des Landesbankgesetzes heißt es: „Die Bank, die als Universalbank an den wichtigsten Finanzplätzen der Welt operativ tätig ist, unterliegt keinen Beschränkungen auf bestimmte Arten von Geschäften.“ Das sind die Fakten und danach laufen Geschäfte ab. Das sind die Grundlagen, nach denen die Bayerische Landesbank handelt.

Der Finanzminister hat es vorhin schon angesprochen: Wenn es anders herum geht, dann heißt es „Einflussnahme“. Ich bitte, die Kirche im Dorf zu lassen.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): „Kirch“ heißt der!)

Sie wollen heute über Energiepolitik diskutieren. Diesen Gefallen tun wir Ihnen nicht. Ich bewundere Finnland, dass es neue Technologien zulässt, dass es keine Angst

vor neuen Technologien hat, dass es diese wissenschaftlich begleitet. Denn in ein paar Jahren werden wir anders diskutieren. Die Sonnenkraft und die Windkraft, die Sie anpreisen, funktioniert nur mit öffentlichen Geldern und sie funktioniert alleine schon deshalb nicht, weil die Sonne nicht 24 Stunden am Tag scheint und der Wind nicht 24 Stunden weht und auch nicht 365 Tage im Jahr. Deswegen brauchen wir einen Energiemix. Wenn das in Deutschland die Rot-Grünen nicht zulassen und andere Staaten es machen, dann haben wir nicht dreinzureden. Deswegen halten wir das Bankgeheimnis hoch, auf Konditionen und sonstiges gehen wir nicht ein.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung Herr Kollege Mütze.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Minister, ich habe gedacht, Ihr Kollege Schnappauf sei der Vernebler. Aber jetzt fangen Sie auch an, zu vernebeln und zu vertuschen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Antwort des Kollegen Kiesel zeigt mir jedoch, dass wir sehr wohl ins Schwarze getroffen haben. In Richtung SPD sage ich: Wir haben belastbare Argumente.

Die Bayerische Landesbank ist keine Privatbank, sondern ist in der Hand der Bayerischen Staatsregierung, des bayerischen Staates und der Sparkassen. Mehr

Öffentlichkeit kann man da nicht haben. Im Verwaltungsrat sitzen zwei Minister dieser Regierung.

(Zuruf von der CSU) : Drei!)

- Sogar drei. Wunderbar. Sie haben also Einfluss und den haben Sie auch schon ausgeübt, Herr Minister. Ich erinnere an Kirch, an die Kirch-Milliarden. Wenn Sie sagen, das sei keine Beeinflussung durch die Staatsregierung gewesen, dann weiß ich nicht, wie man das anders nennen soll.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Im Ausschuss haben Sie betont, die Bayerische Landesbank wolle weg vom Global-Player-Image. Sie wolle sich wieder auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren, nämlich den Sparkassen Finanzierung und Rückhalt zu bieten. Dann machen Sie das bitte. Finanzieren Sie die bayerische Wirtschaft und den bayerischen Mittelstand und unterstützen Sie nicht eine Dinosaurier-Technologie.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nächste Wortmeldung Frau Kollegin Weikert.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Es ist zwar richtig, dass ein solches Geschäft möglich ist, wie Kollege Kiesel sagt; die Frage ist aber, ob es politisch sinnvoll ist. Für die SPD-Fraktion ist es dies nicht.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion ist ein solches Geschäft eher schädlich. Im Energietechnologischen Zentrum in

Nürnberg – ich mache mich zurzeit auf diesem Sektor kundig und reise viel im Land herum – sitzen viele Gründer und warten auf Zuschüsse. Dort geht es hinsichtlich von Arbeitsplätzen um Zukunftsinvestitionen so richtig ab, wie man in Franken sagt, nämlich in den Bereichen Energiesparen, Energieeffizienz und erneuerbare Energien. Im Gegensatz zur Atomenergie stellen diese zu

sammengenommen das Energiekonzept der Zukunft dar.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Kolleginnen und Kollegen von der CSU, vielleicht auch für Sie ein paar Daten zum Nachdenken. Die Staatsregierung lässt zurzeit nichts unversucht, um die Atomenergie wieder hoffähig zu machen. Es gibt aber den gesellschaftspolitischen Konsens, aus der Atomenergie auszusteigen, und viele Weichen wurden anderes gestellt. Kein Großkonzern verzichtet mehr auf das Geschäftsfeld Energiesparen, Energieeffizienz und erneuerbare Energien, auch die angesprochene Firma Siemens nicht; alle Uhren laufen anders. Die Staatsregierung lässt aber nichts unversucht, um in die Atomenergie wieder einzusteigen.

Letzte Woche fand in München ein interessanter Kongress statt. Man hat viele Zuhörer erwartet, es waren aber nur wenige da. Ich habe das als ziemliche Pleite empfunden. Ich habe mir diese Veranstaltung angehört. Das war eine Veranstaltung der Internationalen Länderkommission Kerntechnik, bestehend aus den Ländern Bayern, BadenWürttemberg und Hessen. Sie ist nach der Erklärung der Bundesregierung eingerichtet worden, aus der Atomkraft auszusteigen. Die dort aufgetretenen Professoren und Wissenschaftler haben den Versuch unternommen – ich sage „Versuch“, da sie nicht fertig sind -, eine Methode zu entwickeln, wie man zukünftig Energietechniken

nachhaltig bewerten kann. Ich kann Ihnen die Lektüre empfehlen; ich kann Sie Ihnen auch vorzeigen. Sie ist sicher auch im Ressort von Herrn Schnappauf erhältlich.

Zum Beispiel ist unter „finanzielle Anforderungen, Produktionskosten“ zu lesen, dass die Kernenergie hinsichtlich der Produktionskosten leicht besser

wegkommt als andere Energieträger. In einer Fußnote steht dann aber, dass bei dem Indikator Produktionskosten nur die Kosten der derzeit im Betrieb befindlichen Anlagen beinhaltet sind. Neue Anlagen hat man unter dem Wirtsch aftlichkeitsaspekt noch gar nicht berücksichtigt. In Fußnoten steht auch, dass bei diesen Kosten alle Gelder nicht berücksichtigt wurden, die bisher in Forschung und Entwicklung im Bereich Kernenergie gingen und dass das Abfallproblem weiter völlig offen sei.

Weiter heißt es – das sagten auch die dort aufgetretenen Wissenschaftler –, dass man neben den Umweltindikatoren und den wirtschaftlichen Indikatoren als einen

wesentlichen Indikator den gesellschaftspolitischen

Aspekt hinzunehmen muss. Dabei ist wichtig, ob die Gesellschaft bereit ist, die Kernenergie zu tragen oder nicht. In einer Spalte sind auch diese gesell

schaftspolitischen Indikatoren aufgeführt; sie sind nicht von mir erfunden. Beim Bereich Abfall musste man in die

Tabelle extra eine Einheit zur Nachhaltigkeit des Abfalls im Sinne der Wirksamkeit einfügen, in dem Falle 1000 Jahre. Ich bitte Sie, das zu bedenken: 1000 Jahre. Unter dem Stichwort „Kernenergie“ sind genau 1000 Jahre

aufgeführt. Bei den anderen Energieträgern sind es fünf Jahre, drei Jahre, zwei Jahre oder ein Jahr. Bei der Kernenergie sind es aber 1000 Jahre.

Noch eines: Auch das Thema möglicher Unfall wird in dieser Statistik bewertet. Unter der Spalte „mögliche Unfallgefährdung für Mensch und Leben“ steht die Summe: 50 000 Menschen. Ich bitte Sie, doch noch einmal darüber nachzudenken.