Protokoll der Sitzung vom 30.06.2004

damit unser Land in den Genuss dieser Investitionsmöglichkeiten kommt.

Unser Antrag ist dringlich, weil die Haushaltsaufstellung in vollem Gange ist. Meine Damen und Herren von der CSU und den GRÜNEN, wir appellieren an Sie: Stärken wir gemeinsam die Konjunktur und das Wachstum in Bayern. Stärken wir gemeinsam die Wettbewerbsfähigkeit und die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Stimmen Sie bitte diesem Antrag zu. Weil wir diesen Antrag gerade für die Wirtschafts- und Haushaltspolitik in unserem Lande für so wichtig halten, beantrage ich namens der SPD-Fraktion namentliche Abstimmung.

(Beifall bei der SPD)

Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, gebe ich das Abstimmungsergebnis der namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag 15/ 1289 der CSU-Fraktion betreffend „Zuwanderung steuern und begrenzen“ bekannt. Mit Ja stimmten 95 und mit Nein 43 Kolleginnen und Kollegen. Es gab keine Stimmenthaltungen. Damit ist der Dringlichkeitsantrag angenommen.

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Ach.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die Überschrift des Antrags lautet: „Privatisierungserlöse aus dem Verkauf der Staatsbeteiligungen an der Eon-AG für mehr Investitionen im bayerischen Staatshaushalt verwenden“. In der letzten Viertelstunde haben wir ausschließlich grundsätzliche Aussagen zur Wirtschaftspolitik, aber nicht zur aktuellen Situation gehört. Lieber Herr Kollege Dr. Kaiser, man merkt, dass Sie sehr lange im Wirtschaftsausschuss waren und erst seit kurzem im Haushaltsausschuss tätig sein dürfen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin – wie die gesamte CSU-Fraktion – erstaunt, welchen Maßstab die Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion an die Dringlichkeit der Themen legen, die sie zum Gegenstand ihrer Dringlichkeitsanträge machen. Mit Ihrem heutigen Antrag zur Privatisierung der Staatsbeteiligung an der Eon-AG tun Sie nichts anderes, als das Thema der Aktuellen Stunde vom 17. Juni dieses Jahres wieder aufzuwärmen. Ich sage Ihnen: Auch die stetige Wiederholung macht dieses Thema nicht dringlicher und diesen Antrag nicht zustimmungsfähiger.

Ich möchte auch das Positive bewerten: Wir mussten uns im Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen in den letzten zehn Jahren von der SPD-Fraktion wegen unserer Privatisierungspolitik nur Kritik anhören. Deshalb freue ich mich heute – und mit mir die gesamte CSU-Fraktion – über das Lob unserer Privatisierungspolitik. Dieses Lob spricht aus dem vorliegenden Antrag und wird wahrscheinlich künftig jede Woche vorgetragen. Hoffentlich halten Sie das recht lange durch.

Herr Kollege Dr. Kaiser, offensichtlich haben Sie aber meinen Ausführungen bei der Aktuellen Stunde nicht zugehört. In der Sache kann ich meine Aussagen nur wiederholen. Wir alle wissen, dass die Staatsbeteiligung an der Eon-AG keine Dauerbeteiligung ist. Das ist wahrlich nichts

Neues. Der Freistaat muss nicht zwingend an einem Energiekonzern beteiligt sein. Dies ist der Hintergrund der jahrelangen Privatisierungspolitik der CSU-Fraktion und der Staatsregierung.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir haben in der Vergangenheit mehrfach bewiesen, dass wir Privatisierungen staatlicher Beteiligungen erfolgreich durchführen können. Sie haben uns heute zugestimmt, auch wenn es lange gedauert hat. „Privatisieren und gestalten“, das ist das Stichwort der CSU-Fraktion und der Staatsregierung, unter dem wir jahrelang Privatisierungserlöse für zukunftsweisende Investitionen eingesetzt haben. Wenn Sie ins Land gehen, können Sie überall die Erfolge dieser zukunftsweisenden Investitionspolitik erkennen.

Die Kolleginnen und Kollegen der SPD wünschen, dass wir heute detaillierte Vorgaben für das Verwertungsverfahren der Eon-Beteiligung beschließen. Ich frage mich, warum sollten wir uns ohne Not diese Selbstbindung auferlegen? Wir wollen unsere Vermögenswerte nicht im Schlussverkauf verscherbeln, wie das der Bundesfinanzminister tut. Unser Ziel muss es vielmehr sein, ein optimales Ergebnis beim Verkauf zu erzielen.

(Monica Lochner-Fischer (SPD): Das wollen wir doch auch!)

- Das ist richtig. Euer Weg ist jedoch ein anderer. Ihr seid ein bisschen zu schnell und macht Euch keine Gedanken, wie man so etwas optimal gestaltet.

Die Voraussetzung für einen Verkauf ist, dass der Aktienkurs und die Rahmenbedingungen stimmen. Wir sollten deshalb die Entscheidungsfreiheit behalten, wann und zu welchen Konditionen wir die Beteiligung veräußern. Das ist doch völlig normal. Deshalb bin ich felsenfest davon überzeugt, dass die von Ihnen gewünschten Vorwegfestlegungen zum jetzigen Zeitpunkt kontraproduktiv sind. Es wäre fatal, die Frage der Höhe der erzielbaren Erlöse durch Spekulationen über Verkaufstermine zu belasten. Herr Dr. Kaiser, das muss ich doch Ihnen nicht erzählen. Wenn wir uns auf einen bestimmten Verkaufszeitpunkt festlegen, ist es klar, dass der Aktienmarkt darauf reagieren wird. Darüber müssen wir uns wirklich nicht unterhalten.

Genau dies hat nämlich der Staatsminister am 26. Mai im Haushaltsausschuss im Rahmen seines Beteiligungsberichts gesagt. Er hat ausdrücklich auf diesen Punkt hingewiesen. Herr Kollege Dr. Kaiser, Sie verfolgen die Presse auch sehr genau. Dies konnte auch dem Bericht der „Welt am Sonntag“ vom 27. Juni dieses Jahres entnommen werden. Ich darf die Überschrift zitieren:

Der Freistaat macht Kasse

Wie Hans Eichel hat auch die bayerische SPD die Privatisierung als Geldquelle entdeckt – und ist sich mit der CSU ausnahmsweise einmal einig

Dann heißt es in dem Artikel, dass die Stimmung bei Ihnen gedrückt gewesen sei, als es um die Haushaltsverhand

lungen gegangen ist. Dann folgt ein Zitat, welches lautet – es ist ein Zitat des Herrn Maget:

„Wir brauchen für unser Motto ‚Gestalten statt kürzen’ einen neuen Ansatz“, sagt SPD-Fraktionschef Franz Maget. Deswegen hat die bayerische SPD jetzt den Charme der Privatisierung entdeckt. Für die „Offensive Infrastruktur Bayern“ schlägt sie vor, die verbliebenen Anteile am Düsseldorfer Energieunternehmen Eon zu verkaufen – eine Idee, die auch Zustimmung bei CSU und Grünen findet. „Das haben wir seit Jahren vor“, sagt Finanzminister Kurt Faltlhauser.

Insofern ist Ihr Antrag im Grunde genommen überhaupt nichts Neues.

Auf die Detailvorschläge, die Sie zum Verwertungsverfahren zum Teil in den Medien schon gemacht haben und die Sie hier noch einmal ausgeführt haben, will ich deshalb nicht im Einzelnen eingehen. Nur soviel: Mir ist schleierhaft, wie bei einer Beteiligung von 4,9 %, an die keine Sonderrechte geknüpft sind, ein Paketzuschlag herausspringen soll. Dieser Vorschlag – liebe Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir dieses harte Wort – zeugt wieder einmal von Ihrer absoluten Unkenntnis.

Lobend will ich aber auch feststellen, dass es schön ist, dass die SPD-Fraktion auch festgestellt hat, die Eon-Beteiligung gehöre zum Grundstockvermögen. Dies ist erfreulich. Eigentlich ist es aber eine Selbstverständlichkeit, auf die ich gar nicht näher eingehen will.

Liebe Kolleginnen und Kollegen insbesondere von der SPD, mit Ihrer neuerlichen dringlichen Forderung nach dem Verkauf der staatlichen Eon-Beteiligung bestätigt sich wieder einmal, dass die verfehlte Politik der rot-grünen Bundesregierung in den nächsten Jahren nicht den dringend benötigten Aufschwung und damit keinen Anstieg der Steuereinnahmen erwarten lässt. So kann man Ihren heutigen Dringlichkeitsantrag auch politisch interpretieren. Ihre Reaktion auf diese neue Erkenntnis ist jedoch wiederum eine alte Erkenntnis. Sie haben es heute zwar etwas korrigiert, und das will ich Ihnen auch abnehmen; nach den Medien wollen Sie aber immer nur Geld obendrauf legen, aber immerhin sind Sie kurzfristig von Ihrer Forderung nach einer weiteren Erhöhung des Schuldenbergs abgekommen. Ich denke noch an Ihre Forderungen bei der Beratung und Schlussabstimmung über den Nachtragshaushalt oder an Ihre Forderungen beim Doppelhaushalt, der momentan läuft; wir hätten Milliarden mehr an neuen Schulden aufnehmen müssen. Was glauben Sie, was heute los wäre?

Demgegenüber – und das sage ich nicht ohne Stolz – haben wir rechtzeitig den richtigen Kurs eingeschlagen, um der Schuldenspirale entgegenzuwirken. Natürlich ist dies mit vielen schmerzlichen Eingriffen verbunden und auch mit erheblicher Kritik von denen, die sich naturgemäß nicht intensiv mit den Problemen befassen. Bereits jetzt macht sich bezahlt und bemerkbar, dass Bayern im Vergleich zu Bund und Ländern mit dem Nachtragshaushalt 2004, der von Ihnen massivst kritisiert worden ist und offensichtlich auch noch kritisiert wird,

(Heidi Lücke (SPD): Zurecht!)

ohne an die positiven Ergebnisse zu denken, und dem darin verankerten Konsolidierungspaket – nicht Kürzungspaket, sondern Konsolidierungspaket – einen einzigartigen Erfolg erreicht hat.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Dem Ziel eines ausgeglichenen Haushalts bis zum Jahre 2006 sind wir schon sehr nahe.

Allerdings wäre es unredlich, wenn ich nicht darauf hinweisen würde, dass dazu noch weitere erhebliche Anstrengungen erforderlich sind. Nur die Fortsetzung des Konsolidierungskurses garantiert uns unsere Handlungsfähigkeit auch in Zukunft, um künftig Impulse für die weitere Entwicklung Bayerns geben zu können.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Ich garantiere Ihnen auch: Nur die Fortsetzung des Konsolidierungskurses ist auch in Zukunft für unsere Handlungsfähigkeit entscheidend. Bei Ihrem Versuch, neue Einnahmequellen zu erschließen, fehlt es wie so oft an Kreativität. Sie haben aber schon gesagt, Sie könnten bei den Haushaltsberatungen noch näher darauf eingehen. Die Pläne der SPD, soweit sie mir bekannt sind und soweit sie die Privatisierung von Staatsbeteiligungen betreffen, bringen überhaupt nichts Neues. Im Gegenteil, sie entsprechen der langjährigen Politik der CSU-Fraktion und der Staatsregierung. Insofern habe ich schon Recht, wenn ich behaupte, Sie springen auf den fahrenden Zug auf, um auch dabei zu sein, wenn es zu positiven Entscheidungen kommen wird, die Sie dann natürlich als konstruktive Opposition bezeichnen werden.

Allerdings sind die von Ihnen gewünschten Vorwegfestlegungen hinsichtlich des Verwertungsverfahrens – ich wiederhole es zum Schluss, damit überhaupt kein Zweifel aufkommt – für mich und die CSU-Fraktion äußerst kontraproduktiv. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie darüber nachzudenken; die Auswirkungen auf die Kaufpreisbildung wären fatal und verhindern ein optimales Ergebnis. Wir müssen und wollen die Entscheidungsfreiheit über das Ob, Wann und Wie einer Privatisierung der EonBeteiligung behalten. Aus diesen Gründen lehnen wir auch heute den Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion ab, wie es im Übrigen schon immer gängige Praxis von uns war. Das, was Sie heute vorgetragen haben, ist leider Gottes nicht mit unserer Linie zu vereinbaren. Herr Dr. Kaiser, vielleicht haben Sie in den nächsten Wochen doch noch Gelegenheit, noch mehr auf unsere langjährige gute Privatisierungspolitik einzugehen. Am Schluss gibt es vielleicht doch einmal einen Antrag, den wir hier in diesem Haus einstimmig verabschieden können.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Mütze.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dieser Antrag der SPD ist eigentlich nichts anderes als die Präzisierung der aktuellen Stunde der letzten Woche. Der Herr Ausschussvorsitzende hat es schon gesagt. Deswegen werde ich mich auch noch einmal in der Argumentation wiederholen.

Grundsätzlich stimmen wir dem Ziel einer Privatisierung der Eon-Beteiligung zu, und ich glaube, da ist auch das ganze Haus einer Meinung. Die SPD-Fraktion hat in ihrem Antrag zwei Seiten angesprochen. Die eine Seite ist die Finanzierung, die andere ist die Verwendung. Ich möchte beide Seiten beleuchten.

Aus unserer Sicht kann man sich bei der Finanzierung mit dem Vorgehen einverstanden erklären. Man könnte der LfA die Aktien zum Parken überlassen. Allerdings muss man darauf achten, dass nicht dasselbe passiert – das habe ich letzte Woche schon gesagt – wie bei der KfW im Bund, wo das Eigenkapital erhöht werden muss, sodass die Finanzierung vom Bund geleistet werden muss. Das ist ja wieder Geld, das dem Haushalt fehlt.

Kommen wir zur Verwendungsseite. Die SPD will die Erlöse – so steht es im Antrag – ausschließlich für Investitionen verwenden.

(Dr. Heinz Kaiser (SPD): Das ist Haushaltslage!)

Herr Kollege Dr. Kaiser, ich verstehe Ihre Spitzen hier nicht. Wir wissen auch, dass die Erlöse grundstockskonform ausgegeben werden müssen. Trotzdem gibt es die Möglichkeit – und das wissen Sie auch, Sie weisen in Ihrem Antrag auch darauf hin –, umzufinanzieren und dann in die Schuldentilgung zu gehen. Dieser Weg ist zwar etwas langsamer als direkt die Schulden zu tilgen, aber er ist möglich. Darauf weisen Sie dankenswerterweise selbst hin.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Davon ist in Ihrem Antrag aber überhaupt nicht die Rede. Wollen Sie tatsächlich Investitionen um der Investitionen willen? Die Situation des Staatshaushalts ist doch folgende: Wir haben zwei Zeitbomben in unserem Haushalt. Das ist einmal der Unterhalt unserer bestehenden Infrastruktur, und das sind zum anderen die Pensionslasten. Über den Schuldenabbau können wir den Spielraum für eine nachhaltige Finanzpolitik erweitern und uns sozusagen auf die Pensionslasten vorbereiten. Investitionen in neue Infrastruktur schafft unserer Meinung nach nur noch größere Erhaltungskosten. Das kann nicht sein. Wenn wir zum Teil wenigstens in den Bestand investieren, bringt es uns weitere Finanzspielräume.

Ihr Ansinnen ist ehrenwert – das haben wir letzte Woche gesagt. Mit weiteren Investitionen erreichen Sie aber nachhaltig keine Entlastung unserer Haushalte. Aus diesem Grund werden wir uns bei Ihrem Antrag enthalten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nächste Wortmeldung, Herr Staatssekretär Meyer

(Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Heinz Kai- ser (SPD))

Entschuldigung, ich habe etwas vergessen. Zu einer Zwischenintervention hat sich Herr Kollege Kaiser gemeldet.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich wollte zu zwei Anmerkungen des Kollegen Ach Stellung beziehen und dabei den Beitrag des Kollegen Mütze gleich mit einbeziehen.

Herr Kollege Ach, Sie haben gemeint, es sei Ihnen schleierhaft, wie man bei einem Anteil von 4,9 % einen Paketaufschlag aushandeln kann. Herr Kollege Ach, ich gebe Ihnen im Börsengeschäft ein bisschen Nachhilfeunterricht. Das ist die Frage der Ausschreibung aus der Sicht des Käufers. Wenn der Käufer eine strategische Beteiligung an der Eon kaufen will, dann kommen ihm auch die 4,9 % entgegen, und dann zahlt er unter Umständen auch einen Paketaufschlag.