Protokoll der Sitzung vom 21.07.2004

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es ist das gute Recht eines jeden Bruders oder einer jeden Schwester, dass er oder sie sein oder ihr Geschwister in einem Verfahren für unschuldig hält und dies auch öffentlich bekundet.

(Beifall bei der CSU – Karin Radermacher (SPD): Das darf Sie ja auch!)

Ich möchte ausdrücklich klarstellen: Wir vonseiten der CSU-Landtagsfraktion haben überhaupt keinen Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit des Gerichtsverfahrens und sind sicher, dass die bayerischen Gerichte auch entsprechend sachgerechte Entscheidungen treffen.

Zum Zweiten, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und den GRÜNEN, will ich ganz bewusst sagen, dass da und dort – ich sage: aus meiner Sicht – leider in allen Parteien persönliche Auseinandersetzungen stattfinden.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Pfaffmann?

Nein. Ich gestatte keine Zwischenfrage, weil er es auch nicht gestattete.

(Zurufe von der SPD)

Entschuldigung, Herr Kollege Pfaffmann hat vorhin gesagt, er sei jetzt am Ende und gestatte seinerseits keine Zwischenfragen mehr. Daher braucht man das umgekehrt auch nicht anders zu handhaben.

(Beifall bei der CSU)

Ich sage nur: In allen Parteien gibt es leider hin und wieder Situationen, in denen der Umgangston unter Parteifreunden nicht überall Zustimmung findet. Ich erinnere mich an die Geschichte der SPD oder der GRÜNEN. Ich könnte Ihnen seitenlang Beispiele aufzählen, in denen sich der Rest der Republik über den Umgangston in Ihren Parteien gewundert hat.

(Beifall bei der CSU – Karin Radermacher (SPD): Es geht, glaube ich, nicht um uns! – Zuruf der Abgeordneten Ulrike Gote (GRÜNE))

Ich sage nochmals, was ich vorhin schon gesagt habe: Innerhalb der Münchner CSU wurde eine klare Entscheidung getroffen.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Stimmenkauf ist kein Umgang! – Weitere zahlreiche Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Aus meiner Sicht gibt es überhaupt keinen Grund, dies mit dem Staatsamt zu verquicken.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Finden Sie Erpressung gut?)

Frau Kollegin Bause, Herr Kollege Pfaffmann, Herr Bundeskanzler Schröder hat offensichtlich auch gute Gründe gehabt, seinen SPD-Parteivorsitz niederzulegen,

(Beifall bei der CSU)

ohne dass deswegen bislang jemand auf die Idee gekommen wäre, dass er sein Amt als Kanzler nicht mehr weiterführen könne.

(Beifall bei der CSU)

Ich bleibe für die CSU-Fraktion dabei: Die Kultusministerin in ihrem Staatsamt hat den Rückhalt der CSU-Fraktion.

(Zurufe von der SPD)

Wir stimmen jetzt über das Erziehungs- und Unterrichtsgesetz ab, weil es ein Fortschritt für die bayerischen Schülerinnen und Schüler ist.

(Beifall bei der CSU)

Weitere Wortmeldung: Herr Kollege Maget. Zur Geschäftsordnung oder zur Sache? – Zur Sache. Ich bitte um mehr Aufmerksamkeit für die Redner. Bitte, Herr Kollege.

Herr Präsident! Herr Kollege Herrmann, ich wollte noch ganz kurz auf Ihre Bemerkungen eingehen, was die Kultusministerin betrifft, Ihnen aber vorher noch ankündigen, dass wir jetzt nicht über das EUG abstimmen. Wir beantragen nämlich eine Dritte Lesung, die noch während der Parlamentszeit stattfinden kann, aber nicht in unmittelbarem Anschluss an die Zweite Lesung.

Nun aber noch einige Bemerkungen zu Ihnen, weil Sie über den Rücktritt von Frau Hohlmeier als Münchner CSU-Vorsitzende gesprochen haben und das mit dem Bundeskanzler in Verbindung gebracht haben. Die Erklärung von Frau Hohlmeier, sie trete wegen Arbeitsüberlastung zurück, ist doch an Schwachsinn nicht zu überbieten.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Sie hat ja gestern noch erklärt, sie bleibe CSU-Vorsitzende. Sie ist doch ausschließlich wegen des öffentlichen Drucks zurückgetreten. Da besteht nun schon ein Zusammenhang mit der Frage: Welche Kultusministerin will sich ein Land wie Bayern leisten? Eine Kultusministerin, die Glaubwürdigkeit genießt,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

gerade bei der Umsetzung einer schwierigen Reform? Ich finde, diese Glaubwürdigkeit hat sie aus drei Gründen verloren.

Erstens. Wie wir aus Teilnehmerkreisen der Sitzung wissen, sind offenbar Erkenntnisse oder ist Wissen über Vor

standskollegen gesammelt worden, möglicherweise zum Zwecke, diese unter Druck zu setzen. So steht es heute als Aufmacher in der „Süddeutschen Zeitung“.

(Zuruf von der CSU: Das muss aber nicht stim- men!)

Wenn das stimmt – das haben ja Teilnehmer der Sitzung so berichtet; ich war nicht dabei, Herr Kollege –, dann muss ich Ihnen sagen: Dass Kenntnisse und Wissen gesammelt werden, hat es zum letzten Mal bei der Stasi gegeben.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich sage Ihnen: Das hat es bei uns Gott sei Dank so noch nicht gegeben. Wer aber so etwas macht, hat keine Glaubwürdigkeit.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens. Es gab strafrechtlich relevante Vorgänge in der Münchner CSU, Herr Kollege Herrmann. Natürlich gibt es in allen Parteien immer wieder Streit. Natürlich gibt es in Parteien auch immer wieder Fehlgriffe und werden Dinge gesagt, die man so nicht sagen sollte. Hier geht es aber nicht um einen falschen Ton – hier geht es um strafrechtlich relevante Vorgänge.

(Christine Stahl (GRÜNE): Wahlfälschung in Dachau!)

Ja, genau. Wie sich herausstellt, Herr Kollege Waschler, hat die Kultusministerin von diesen strafrechtlich relevanten Vorgängen Kenntnis gehabt.

(Zuruf von der (CSU): Thema!)

Das ist keine glaubwürdige Kultusministerin, die ein G 8 umsetzen kann. Das ist sie nicht.

(Beifall bei der SPD)

Drittens. Da hilft auch das nicht, was Sie sagen, Herr Kollege Herrmann. Natürlich kann eine Kultusministerin auch Schwester eines Angeklagten und Verurteilten sein. Selbstverständlich kann sie dann ein Urteil auch zu hart finden. Selbstverständlich ist es auch, dass sie ihren Bruder für unschuldig hält. Als Ministerin kann sie aber nicht ein unabhängiges Gericht in Bayern so kritisieren, wie sie es getan hat.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Sie hat nämlich nicht nur gesagt, dass sie das Urteil als zu hart empfindet oder dass sie von der Unschuld ihres Bruders überzeugt ist, sondern sie hat vor allem auch gesagt, das Urteil sei menschlich nicht in Ordnung. Eine solche Wertung kann ein Mitglied eines Kabinetts, ein Mitglied eines Verfassungsorgans nicht abgeben.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das kann nicht sein, liebe Kolleginnen und Kollegen, das kann nicht sein.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich hätte schon erwartet, dass die Justizministerin dazu Stellung nimmt und diesen Vorwurf auch zurückweist.

(Zuruf von der (CSU): Zum Thema!)