Protokoll der Sitzung vom 22.07.2004

Die zweite Frage, wenn ich die gleich nachschieben darf: Wenn Sie für dieses Pfandmodell sind, wie bewerten Sie dann die Aussage Ihres Kollegen Huber, der Verhandlungsführer war, Bayern sei gegen das Pfand und für ein Antipfand, er hätte sich lieber das hessische Modell gewünscht?

Herr Staatsminister.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Dr. Runge, ich komme auf Ihre zwei Fragen gleich im Detail zurück.

Dieses Thema, das Sie hier zum Schluss dieses Teils der Legislaturperiode, vor der Sommerpause hochziehen, ist ein typisches Beispiel dafür, wie Rot-Grün Politik in Deutschland machen.

(Widerspruch bei den GRÜNEN)

Sie ziehen ein Thema hoch,

(Alexander König (CSU): Schauspieler!)

von dem die Republik seit Jahren redet, aber bei dem keine Fortschritte erzielt wurden.

(Widerspruch bei den GRÜNEN)

Getränkeverpackungen machen 0,8 % des gesamten Müllaufkommens in Deutschland auf. Bundesumweltminister Jürgen Trittin hat eine Verordnung in Kraft gesetzt,

ohne die Wirtschaft, den Handel darauf vorbereitet zu haben, ohne dass Rücknahmesysteme installiert waren. Er hat wörtlich gesagt: „Ich sehe mich als Testamentsvollstrecker der alten Verpackungsverordnung aus dem Jahr 1992“.

In Kenntnis der Umsetzungsprobleme hat Rot-Grün die Verpackungsverordnung vollzogen. Deshalb, lieber Kollege Dr. Runge: Das Pfandchaos, das die Bürgerinnen und Bürger, die Kunden und Verbraucher in den letzten Jahren erdulden müssen, hat einen Namen: nämlich Rot-Grün.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei den GRÜ- NEN)

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Paulig?

Ich möchte gerne die Fragen von Kollegen Dr. Runge im Detail beantworten.

Wir haben als Ländermehrheit im Bundesrat –

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Blockiert!)

der Bundesregierung mit dem bayerischen Entwurf einer Verpackungsverordnung, den wir mit Baden-Württemberg und anderen Partnern abgestimmt haben, einen Vorschlag vorgelegt, der dieses Chaos beendet und praktikabel sowie vollzugstauglich ist.

Herr Kollege Runge, ich glaube, da macht sich die Öffentlichkeit überhaupt keine Vorstellungen, was wir uns gegenwärtig in Deutschland leisten. Ich will das an einem Beispiel deutlich machen: Der Herr Bundesumweltminister hat jetzt die Frage vorgelegt, ob der so genannte Standbodenbeutel in Deutschland pfandfrei sein soll oder ob er bepfandet wird. Wissen Sie, was der Standbodenbeutel ist? Das ist die Verpackungsart, in der die CapriSonne, ein Orangensaftgetränk, abgefüllt ist. Da macht das Unternehmen ein Gutachten, das Gutachten geht an das Umweltbundesamt und das Umweltbundesamt macht eine Ökobilanz, ob der Standbodenbeutel auch ökologisch einer Mehrwegverpackung gleichwertig ist. Diese Ökobilanz geht an den Bundesumweltminister. Er hat mir persönlich gesagt, er behalte sich die Schlussentscheidung vor und akzeptiere nicht automatisch das, was seine eigene Behörde, das Umweltbundesamt, vorlegt. Er will selbst noch einmal beurteilen, ob zum Beispiel der Faktor der Klimarelevanz durch das Transportverhalten durch Lkws usw. richtig gewichtet ist. Dann geht das Ganze vom Bundesumweltminister in das Bundeskabinett. Herr Runge, dann entscheidet die Bundesregierung unter Vorsitz des Kanzlers darüber, ob in Deutschland der Standbodenbeutel pfandfrei sein darf. Dann geht das Ganze in den Deutschen Bundestag. Der muss mit Mehrheit darüber beschließen, ob der Standbodenbeutel pfandfrei sein darf. Dann geht das Ganze in den Bundesrat. Ich brauche drei deckungsgleiche Beschlüsse von drei Verfassungsorganen. Das ist die gegenwärtige Regelung, wie Rot-Grün sie praktiziert. So, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, lähmen Sie Deutschland.

(Beifall bei der CSU)

Deshalb muss ich sagen: Wenn Sie heute im Juli 2004 angesichts der wirtschaftlichen Dramatik dieses Landes das Thema noch einmal hochziehen, dann ist das ein Zeichen, dass Sie von Rot-Grün nach wie vor die Herausforderungen, vor denen dieses Land steht, überhaupt nicht begriffen haben.

(Beifall bei der CSU)

Unser Vorschlag war so zu verstehen, dass wir mit einem Vereinfachungsmodell entbürokratisieren wollen. Wir wollen nicht den x-maligen Durchlauf durch drei verschiedene Verfassungsorgane wegen jeder einzelnen Verpackung. Wir wollen die Regelungen in fünf Jahren revidieren und wollen, dass auf diese Weise Rechtssicherheit und Einfachheit praktiziert wird. Unser Vorschlag, den der Kollege Erwin Huber in den Bundesrat eingebracht hat, ist so rechtzeitig gekommen, dass in den kommenden sechs Monaten eine Lösung herbeigeführt werden kann. Nach der Veröffentlichung der Zahlen durch den Kollegen Trittin, sieht die Verpackungsverordnung einen Zeitraum von sechs Monaten vor, den wir haben und den wir auch entsprechend nützen, um eine einigermaßen vernünftige und praktikable Regelung auf den Weg zu bringen. Seien Sie versichert– Sie haben vorhin meine Kollegin Emilia Müller zitiert –, dass Bayern im Bundesrat dafür werben und eintreten wird, dass das Pfandvereinfachungsmodell in Deutschland Verordnungsrecht wird, um unseren Beitrag dazu zu leisten, das Chaos, das Rot-Grün und Trittin angerichtet haben, endlich zu beenden. Das wird unser Beitrag sein, damit wir im Jahr 2005 eine einigermaßen kundenfreundliche und praktikable Regelung in Deutschland haben.

(Beifall bei der CSU)

Weitere Wortmeldung: Frau Kollegin Paulig.

(Thomas Kreuzer (CSU): Eine Zumutung!)

Herr Kollege Kreuzer, diese Zumutung werden Sie schon noch ertragen. Wir ertragen oft auch andere Zumutungen, beispielsweise die beiden Redebeiträge der Vorredner der CSU.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich muss schon sagen, Herr Staatsminister und Herr Meißner: Sie haben die Dinge absolut verdreht und auf den Kopf gestellt.

(Christian Meißner (CSU): Das würden wir uns nie erlauben!)

Aber natürlich. Lassen Sie mich einige Bemerkungen dazu machen.

Wenn hier jemand chaotisiert, dann ist das die Bayerische Staatsregierung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie wissen ja selbst nicht, was Sie wollen und wohin Sie wollen. Hier stellt sich ein Umweltminister hin und sagt: Wir sind für das Pfand, ökologisch optimiert und was auch immer. Das ist richtig. Nur: Herr Huber stellt sich hin und behauptet kurz vor der Behandlung der Sache im Bundesrat, dass er gegen das Pfand ist. Also bitte: Wer verbreitet hier Chaos, wer ist chaotisch? Das ist diese Bayerische Staatsregierung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dann wurde gesagt, die Regelung wäre übers Knie gebrochen. Ich darf Sie bitten anzuerkennen, dass die Verordnung, die all dieses auf den Weg gebracht hat, von der schwarzen Regierung stammt und bereits 1992 in Kraft getreten ist. Um das Jahr 2000 war die Mehrwegquote so weit abgesunken, dass nach dieser Verordnung die Pfandpflicht einzuführen war. Ich glaube, das kann nicht überstürzt und übereilt sein. Seit vier, fünf Jahren liegt ein vernünftiger Entwurf, ein Änderungsverordnungsentwurf, aus dem Hause Trittin vor. Das, was die Staatsregierung jetzt nach vielen Jahren endlich versucht als eigene Initiative in den Bundesrat einzubringen, ist aus diesem Entwurf abgeschrieben. Es ist im Grunde nichts anderes, als der Versuch zu einer vernünftigen ökologisch zielführenden Pfandpflicht zu kommen.

(Christian Meißner (CSU): Was ist mit dem Standbodenbeutel?)

Darf ich hier vielleicht weiter reden?

Die CSU ist nicht imstande, endlich einmal der Staatsregierung klar zu sagen, wo sie hin will. Wir hatten in der letzten Plenarsitzung einen Antrag von Ihnen, dem ich, gutgläubig wie ich manchmal in meiner Altersweisheit gegenüber der CSU bin, auch noch zugestimmt habe.

(Lachen bei der CSU)

Was muss ich erleben? In der Bundesratssitzung am 9. Juli halten Sie sich nicht an Ihren eigenen Antrag bzw. Ihre Staatsregierung, die Sie mit dem Antrag beauftragt haben, im Bundesrat endlich zu einer vernünftigen Lösung zu kommen. Nein, die Staatsregierung hat taktiert, Huber so, Schnappauf gibt vor, so zu sein, Huber setzt sich aber durch, Stoiber kuscht vor Merkel und Koch. Ich bitte Sie, ein größeres Chaos als das, was Sie hier von der schwarzen Seite produzieren, kann man sich nicht vorstellen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es wäre ganz einfach gewesen: Sie hatten vier Änderungsanträge zu dieser Verpackungsverordnung auf dem Tisch liegen. Diese waren inhaltlich mit Trittin und dem BMU abgestimmt. Hätten Sie diese eingebracht, hätten wir am 9. Juli im Bundesrat die Regelung verabschiedet, die Dinge wären klar und die Wirtschaft könnte sich auf die geänderten Bedingungen einstellen. Aber nein, Sie wollen das Chaos, Sie wollen, entgegen den Interessen des Mittelstandes das Chaos schüren und den Sommer offen halten. Ich habe heute nicht gehört, dass bei der nächsten Bundesratssitzung im September endlich eine Zustimmung zu einer vernünftigen ökologischen Rege

lung der Pfandpflicht erfolgen würde. Ich kann nur eines feststellen: Die CSU-Staatsregierung manipuliert den Bundesrat aus rein politischen parteitaktischen Gründen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie ist nicht daran interessiert, vernünftige ökologische Regelungen auf den Weg zu bringen. Das Gleiche können wir in vielen anderen Bereichen sehen. Ich will noch eines bringen: Auch die CSU-Fraktion ist der reinste Wackelpudding.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur daran, wie Sie aufgetreten sind, als wir über verschiedene Anträge zum EEG beraten hatten – bessere Förderung von Biomasse: einmal so, einmal wieder so und im Bundesrat dann in den Vermittlungsausschuss. Über die Anträge hier haben Sie mal so und mal anders abgestimmt. Ich würde Sie bitten: Kommen Sie zu einer klaren inhaltlichen politischen Linie und vertreten Sie diese im Landtag und endlich auch auf Bundesebene.

(Christian Meißner (CSU): Ab 2006!)

Dann, so glaube ich, können wir uns zielführend zum Wohl von Deutschland und Bayern über vernünftige Zielsetzungen unterhalten und Regelungen auf den Weg bringen, die der Wirtschaft Zukunftsfähigkeit garantieren.

(Beifall bei den GRÜNEN)