Protokoll der Sitzung vom 30.09.2004

Wenn über die Teilhauptschulen und deren Fortbestand diskutiert wird, ist mir noch eines wichtig zu sagen: Es geht nicht um die Grundschule. Die Jahrgangsstufen 1 bis 4 sind völlig unberührt; es geht um die Jahrgangsstufen 5 bis 6. Wir haben sehr viele einzügige Teilhauptschulen, das heißt, es gibt dort noch eine 5. und eine 6. Klasse. Wir haben inzwischen aber auch etliche Fälle, in denen aufgrund zurückgehender Schülerzahlen nur noch die 5. oder die 6. Klasse existiert. Das macht für eine Hauptschule keinen großen pädagogischen Sinn; das ist auch die Meinung der Lehrerverbände.

(Kathrin Sonnenholzner (SPD): Welcher?)

Das ist der Stand der Aussagen, die wir diesbezüglich haben.

Wir sehen noch etwas anderes: Wir sehen den starken Geburtenrückgang in vielen Teilen Bayerns. Dieser Tatsache muss die Schulorganisation Rechnung tragen, weil es keinen Sinn macht, jedes Jahr zu zählen, ob der 15. Schüler noch existiert oder nicht. Wir brauchen eine stabile Volksschulorganisation. Die Hauptschule in Bayern ist eine außerordentlich wichtige Schulform. 38 % der Schüler der 8. Jahrgangsstufe besuchen die Hauptschule; das ist ein hoher Prozentsatz und die Hauptschule ist somit alles andere – ich betone es immer wieder - als eine Restschule. Ich wiederhole mich auch an dieser Stelle: Ich würde keine Partei als Restpartei bezeichnen, die 38 % Stimmenanteil hat. Die Hauptschule ist es wert, sie analog dem Gymnasium und der Realschule zu behandeln und sie als kompakte Schulform anzubieten.

Nächste Zusatzfrage: Frau Kollegin Sonnenholzner.

Ihre ausführlichen und blumigen Ausführungen beantworten in keiner Weise die von mir gestellte konkrete Frage nach Ihren Vorstellungen zu den Mindest- und Höchstklassenstärken. Deswegen stelle ich diese Frage noch einmal.

Ich betone noch einmal: Es stellt sich nicht die Frage nach den Mindest- und Höchstklassenstärken; in erster Linie wird die Frage entscheidend sein, wie die Hauptschulorganisation der nächsten Jahre auszusehen hat. Wir sind bei der

Organisation der Hauptschule gehalten, nicht an einem Standort sehr kleine Klasse vorzuhalten und an anderen Standorten die Klassenstärken bei 30 Schülern zu belassen. Bei der Abwägung vernünftiger Klassengrößen wird eine Diskussion über die Schülerhöchstzahlen erfolgen müssen.

Dann frage ich mich, warum im Ausschuss von dem Vertreter des Ministeriums Zahlen genannt worden sind, nämlich die Zahl 23. Nochmals Zusatzfrage: Schließen Sie sich dem an oder haben Sie andere Vorstellungen? Ich habe von Ihnen nichts Konkretes auf meine konkrete Frage gehört.

Die sich daran anschließende Frage lautet: Besteht die Möglichkeit für Ausnahmeregelungen, damit bei diesen stabilen Zahlen trotz Geburtenrückgangs und trotz sinkender Schülerzahlen Teilhauptschulen erhalten bleiben?

Frau Abgeordnete, wenn die Zahlen von einem Vertreter des Ministeriums im Ausschuss so genannt worden sind, dann werden sie auch stimmen.

(Beifall bei der CSU)

Das war die letzte Zusatzfrage. Als nächstes kommt die Frage von Frau Kollegin Ackermann.

Herr Staatssekretär, inwieweit hat die Bayerische Staatsregierung das Problem erkannt, dass sowohl im Bereich der Kindertagesstätten als auch an der Grundschule der Anteil an männlichem Fachpersonal bzw. Lehrern äußerst gering ist, und welche Maßnahmen hat die Staatsregierung bereits ergriffen bzw. will sie dagegen ergreifen?

Frau Abgeordnete Ackermann, der Anteil der hauptamtlichen männlichen Lehrkräfte für das Lehramt an den Grundschulen, ohne Fachlehrer und Anwärter gezählt, stellt sich zum Stand 1. Oktober 2003 wie folgt dar: männlich 3886, weiblich 20 264, insgesamt 24 150. Somit beträgt der Anteil der männlichen Lehrkräfte 16,1 %. Dieser hat in den letzten Jahren sukzessiv abgenommen. Diese Tatsache gilt zwischenzeitlich auch für die übrigen Lehrämter. Aufgrund der Freiheit der Berufswahl sieht sich das Staatsministerium für Unterricht und Kultus außerstande, direkten Einfluss auf die Studienwahl hinsichtlich der Geschlechterzugehörigkeit zu nehmen. Gleiches gilt auch für die Wahl der Berufe Erzieher bzw. Erzieherin und Kinderpfleger bzw. Kinderpflegerin. Gleichwohl wird vom Staatsministerium für Unterricht und Kultus und vom Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen in Mitteilungen und Verlautbarungen darauf hingewiesen, dass einem angemessenen Verhältnis der Geschlechter innerhalb des pädagogischen Personals große Bedeutung zukommt. Mehr als eine gezielte Werbung für diese Berufe ist nicht möglich. Im Bewusstsein der Öffentlichkeit sind aber beide Berufe, wie einige andere Berufe auch, traditionell Frauenberufe, die von Männern seltener gewählt werden.

Damit ist Ihre durchaus ernst zu nehmende Frage für Sie hinsichtlich der Gesamtsituation vielleicht unbefriedigend beantwortet, aber mehr Einfluss kann das Ministerium auf die Berufswahl junger Männer nicht ausüben.

Erste Zusatzfrage.

Stimmen Sie mir zu, dass insbesondere beim Beruf Erzieher eine höhere Qualifizierung, zum Beispiel ein Hochschulzugang für Erzieher den Beruf aufwerten und ihn so unter Umständen für Männer attraktiver machen würde?

Dies wäre eigentlich eine Anfrage an meinen Kollegen Heike, weil das Sozialministerium für die Erzieherinnen und Erzieher zuständig ist. Ich würde aber auch an dieser Stelle sagen: Eine Aufwertung, wie Sie es nennen, ist für die Träger höchst problematisch. Man muss wissen, dass die Umsetzung einer solchen Forderung mit allem, was damit verbunden ist, für die Träger sehr kostenintensiv ist. Es zeigt sich aber, dass auch dann der Anteil nicht steigt, wenn es eine vollakademische Ausbildung ist. Sie selbst haben eigentlich gerade die Begründung geliefert. Bei den Grundschullehrkräften handelt es sich nämlich um ein Vollstudium. Dort zeigt sich auch, dass es offenkundig nicht das Besoldungsgefüge oder die Art des Studiums ist, sondern der Beruf an sich, der die Männer vielleicht davon abhält.

(Beifall bei der CSU)

Wir kommen zur nächsten Fragestellerin, Frau Kollegin Peters.

Herr Präsident! Herr Staatssekretär, in welcher Form kann das Kultusministerium Schulen anhalten, dass Schüler Skikurse im Inland verbringen und wie beurteilt die Staatsregierung ein mögliches Verbot von Skikursen im benachbarten Ausland, bzw. ist es darüber hinaus überhaupt möglich, die Nachfrage nach Skikursen von bayerischen Schulen im Inland zu befriedigen?

Frau Abgeordnete Peters, ich beantworte Ihre Frage in vier Punkten.

Erstens. Die staatlichen Schulen Bayerns sind nachgeordnete Dienstbehörden des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus. Rein rechtlich wäre damit sowohl eine Dienstanweisung als auch eine Empfehlung möglich.

Zweitens. Gleichwohl ist aus der Sicht des Staatsministeriums, insbesondere mit Blick auf die Stärkung der Eigenverantwortung der Schulen, eine entsprechende Empfehlung für die Durchführung von Schulskikursen vorzuziehen.

Drittens. Die Staatsregierung wird in Kooperation mit dem bayerischen Hotel- und Gaststättenverband den Schulen

zu ihrer Unterstützung eine Angebotsübersicht über Unterbringungsmöglichkeiten in Bayern zukommen lassen.

Viertens. Maßgebende Voraussetzung für die Beantwortung der Frage, ob die Beherbergungskapazitäten im Inland ausreichen würden, die Nachfrage nach Schulskikursen von bayerischen Schulen im Inland zu befriedigen, wären aktuelle Erhebungen über die Durchführung von Schulskikursen und über die skitouristische Infrastruktur. Diese liegen dem Staatsministerium nicht vor und ließen sich auch nur, wenn überhaupt, was die skitouristische Infrastruktur angeht, mit einem unangemessen hohen Aufwand ermitteln.

Zusatzfrage. Bitte schön.

Herr Staatssekretär, habe ich Sie richtig verstanden, dass es keine Zahlen darüber gibt, wie viele Schulklassen ihren Skikurs im Ausland verbringen? Sie haben jetzt aber angekündigt, dass es eine Aufstellung der Unterkünfte in Bayern geben soll. Kann man davon ausgehen, dass es diese bisher nicht gegeben hat?

Sie haben zwei verschiedene Fragen gestellt; ich beantworte aber gerne beide.

Wir haben keine Erhebung darüber, wo die Schulen ihre Skikurse durchführen. Es gibt keine generelle Erhebung. Eine solche Erhebung durchzuführen, würde erneut zu der Kritik der Schulen führen, dass das Ministerium viel zu viel Statistik verlange. Wir müssen etwas vorsichtig werden; das sage ich an dieser Stelle auch. Ich maße mir nicht an, das Parlament in seiner Fragefreudigkeit zu beschneiden, aber da und dort ist häufiger von den Schulleitern und von den Schulämtern zu hören, dass sehr viele Detailfragen gestellt werden. Wenn dann nachgegangen wird, woher diese Detailfragen stammen, stellt man fest, dass es sich oft um Anfragen handelt. Deshalb würde ich ungern den Auftrag mitnehmen, alle 5500 Schulen in Bayern abzufragen, wohin sie zum Skifahren fahren.

(Beifall bei der CSU)

Man muss also etwas Obacht geben, was die Abfragerei betrifft. Ich bitte, dies nicht falsch zu verstehen. Das ist keine Maßregelung des Parlaments.

Eine zweite Sache. Ihr Anliegen ist durchaus nachvollziehbar. Deshalb wollen wir jetzt mit dem Hotel- und Gaststättenverband kooperieren, um den Schulen ein Verzeichnis zukommen zu lassen, welche gastronomischen Möglichkeiten zur Aufnahme von Schulklassen bestehen.

Ich habe mit einigen Schulen wegen Ihrer Anfrage Rücksprache genommen. Der Teufel steckt im Detail. Zum Teil geht es um die Schneesicherheit oder um die Tatsache, dass alle Schulen zur gleichen Zeit fahren wollen, da sich die Termine innerhalb ein, zwei Wochen bündeln. Das heißt, dass die Gesamtkapazitäten, die in der Gastronomie das Jahr über vorgehalten werden, in den ein bis drei Wochen, in denen erstens Schnee liegt und die zweitens für die Schulen einigermaßen organisierbar sind, leider

sehr schnell ausgelastet sein können. Das macht die Sache etwas komplex.

Nächste Zusatzfrage: Kollege Sprinkart.

Herr Staatssekretär, Zunächst ein Hinweis. Ich gehe davon aus, dass dies nicht das Anliegen der Kollegin Peters ist, sondern dass das ein Antrag der CSU-Fraktion ist, der genau das zum Ziele hatte. Ich frage: Warum wurde in diesem Antrag nicht deutlicher differenziert, wenn es heißt, dass die bayerischen Schulen ihre Skikurse künftig im Inland abhalten sollen? Gibt es für die Aufstellung des Hotel- und Gaststättenverbandes Vorgaben, was die Entfernung zu den Skigebieten etc. anbelangt, oder ist das eine freie Entscheidung des Hotel- und Gaststättenverbandes?

Herr Abgeordneter, der Antrag aus den Reihen der CSU lautet: „Die Staatsregierung wird aufgefordert, darauf hinzuwirken, den bayerischen Wintertourismus zu fördern. Insbesondere soll das Kultusministerium veranlassen, dass die von Schulen organisierten Skiausflüge und Skikurse nicht im Ausland, sondern in den bayerischen Winterskigebieten stattfinden.“

(Zuruf von der SPD: Veranlassen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich würde auch bei diesem Antrag eher auf eine Empfehlung setzen. Mir persönlich läuft es zuwider, den Schulen vorzuschreiben, wohin sie zu fahren haben. Ich räume offen ein, dass der Antrag im Widerspruch zu der Zielsetzung stehen kann, den Schulen mehr Autonomie zu geben. Ich sage an alle in diesem Parlament: Ich halte es für problematisch, zu viel vorzuschreiben. Ich bin für Empfehlungen. Ich glaube, wir erweisen auch der bayerischen Gastronomie einen großen Dienst, indem wir auf das reichhaltige Angebot hinweisen, das in Bayern besteht. Es lohnt sich wirklich, in Bayern Skiurlaub zu machen oder dort die Skikurse zu veranstalten.

Ich wage aber zu bezweifeln, dass man die Menschen zwingen muss, dies zu tun. Ich wäre vorsichtig und würde auf eine Empfehlung setzen. Diese Frage sollte man der Entscheidungsfreiheit einer Schule überlassen.

Letzte Zusatzfrage: Frau Kollegin Dr. Kronawitter.

Herr Staatssekretär, im bayerischen Bildungs- und Erziehungsgesetz wird gefordert, den europäischen Gedanken zu fördern. Werden Sie in diesen Empfehlungen dafür sorgen, dass diese Berücksichtigung erfolgt?

Frau Abgeordnete Dr. Kronawitter, ich stelle fest, dass aus jedem Thema eine komplexe Diskussion entstehen kann. Die Einbeziehung der europäischen Dimension überfordert mich bei einer sofortigen Beantwortung dieser Frage. Ich bin aber gern bereit, abzuklären, inwieweit wir andere eu

ropäische Nationen in der Frage der Findung entsprechender Skigebiete für unsere Schulen einbeziehen müssen.

Die letzte Frage dieser Fragestunde stellt Frau Kollegin Schieder.

Herr Staatssekretär, inwieweit treffen Presseinformationen zu, dass den beruflichen Schulen 86 Planstellen entzogen wurden, um den Mehrbedarf an Lehrerinnen und Lehrern für das G8 abmildern zu können, obwohl an den beruflichen Schulen seit langem Lehrerinnen und Lehrer fehlen, es in diesem Schuljahr einen beträchtlichen Anstieg in den Schülerzahlen gibt und jetzt vielerorts sogar der Pflichtunterricht in den beruflichen Schulen ausfallen muss?

Frau Kollegin Schieder, aufgrund der vorläufigen Unterrichtsübersicht wurde den beruflichen Schulen von den im Haushalt 2004 neu ausgewiesenen 380 Planstellen 120 zugewiesen. Durch die unerwartet große Steigerung der Schülerzahlen an den Gymnasien – prognostiziert waren 2900, tatsächlich angemeldet waren 5800 Schüler – wurde es notwendig, den Gymnasien zur Unterrichtsversorgung weitere Lehrerkapazitäten zur Verfügung zu stellen. Daher wurden bei der Feinjustierung Mittel im Umfang von 65 Planstellenäquivalenten nicht den Berufsschulen, sondern den Gymnasien zugewiesen. Trotz dieser Änderung ist an den beruflichen Schulen die Unterrichtsversorgung sichergestellt und eine ausgeglichene Planstellenzuweisung an die jeweiligen Schularten gewährleistet.

Erste Zusatzfrage: Frau Kollegin Schieder.