Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Was wir hören, auch hier und alle Tage, sind bildungspolitische Sonntagsreden, wie wichtig uns dieses Thema ist.
Was wir aber sehen, ist, dass auch in der bayerischen Schulpolitik der Rotstift regiert. Damit versündigen wir uns an der Zukunft unserer Kinder und unserer Jugend.
Was wir hören, sind Versprechen, auch des Ministerpräsidenten, bei der Bildung werde nicht gekürzt. Was wir sehen, ist, dass auch diese Versprechen wieder gebrochen werden. Was wir hören, ist eine Schulministerin, die heute wieder gesagt hat: Alles ist in Ordnung an unseren Schulen. Was wir sehen, ist eine Schulministerin, die unter einem erheblichen Realitätsverlust leidet.
Was ist die Realität an unseren Schulen? – Das kann man mit Zahlen nachweisen. Die Klassen sind zu groß, das kann niemand bestreiten, und sie sind heute größer, als sie früher waren. Wir haben an der Realschule im Schnitt 29 Kinder. Wie soll da individuelle Förderung stattfinden, meine Damen und Herren? Wir haben an den Gymnasien Hunderte von Klassen mit 35, 36, 37 Schülern. Das ist die Wirklichkeit. Wir haben zu wenig Lehrerinnen und Lehrer, und es werden auch im nächsten Haushaltsplan wieder 1200 Lehrerplanstellen weniger sein. Sie erzählen den Menschen draußen immer, es werden mehr sein. Es sind aber weniger.
Man muss nur nachlesen, was Sie selbst in Ihren Doppelhaushalt hineinschreiben. An unseren Schulen fehlen hinten und vorne Lehrerinnen und Lehrer, gleichzeitig stehen aber gut ausgebildete Junglehrer auf der Straße. Das kann kein vernünftiges bildungspolitisches Konzept für dieses Land sein.
Wir haben Unterrichtsausfall. Auch das wird immer wieder bestritten. Das ist aber nicht zu bestreiten. Nur wenn man die Realität leugnen will, kann man das abtun. Die Wahrheit ist, dass Unterricht ausfällt, und zwar massenhaft, und dass jetzt sogar die Eltern gebeten werden, in der Schule mitzuhelfen und sich als Lehrkräfte zur Verfügung zu stellen. Das ist eine bildungspolitische Bankrotterklärung, wie wir sie in Bayern noch nie erlebt haben, meine Damen und Herren.
Dies muss – weil man der Wirklichkeit nicht ständig aus dem Weg gehen kann – auch die Schulministerin selbst zugeben. Im Bulletin der Bayerischen Staatsregierung liest sich das heute wie folgt: „Falsch seien insbesondere
- Das ist ein Bericht von der heutigen Kabinettssitzung. Wörtlich heißt es: „Falsch seien insbesondere Meldungen, dass Eltern generell bei Unterrichtsausfällen einspringen sollen.“
Hinzu kommt jetzt das Büchergeld – das lasse ich jetzt einmal weg –, das die Eltern noch zusätzlich belastet. Die Eltern bekommen für ihre Kinder einen schlechteren Unterricht und sollen dafür immer mehr bezahlen. Das ist nicht in Ordnung. Sie werden auch noch mehr Gegenwind an unseren Schulen bekommen.
Zur Wirklichkeit gehört leider auch eine Schulministerin, die so angeschlagen und so schwach ist, dass sie für unsere Schulen nichts mehr tun und nichts mehr erreichen kann.
Wie war es denn beim G 8? – Beim G 8 – das war der erste Akt des Trauerspiels – ist sie übertölpelt worden. Der Ministerpräsident hat das festgelegt, und die Schulministerin musste es nachvollziehen. Beim Büchergeld oder bei der Lernmittelfreiheit war es noch viel schlimmer. Die Schulministerin hat sich mit den Eltern auf eine Regelung verständigt, wurde dann aber in Banz bei der CSU-Klausur vom Ministerpräsidenten desavouiert und düpiert. Sie haben das nicht einmal gemerkt. Die Ministerin hat sich dazu auch nicht geäußert. Dann wurde die Lernmittelfreiheit eben abgeschafft. Das musste sie dann auch noch verteidigen und gutheißen, obwohl sie es für falsch befunden hatte. Sie musste dann wieder zu den Eltern gehen und eine neue Regelung finden. Sie ist so schwach, dass sie leider auch noch alles das verteidigen muss, was sie selbst für falsch hält oder zumindest für falsch halten müsste.
Die Nachfolger melden sich schon zu Wort und scharren mit den Füßen, zum Beispiel Kollege Schneider, der hier gesprochen hat. Aber da muss man ja erschrecken. Sie sind nämlich auch mit Blindheit geschlagen.
Herr Kollege Schneider, wenn Sie dieses Amt haben wollen, dann müssen Sie sich schon der Realität an Bayerns Schulen stellen und müssen auch einen Beitrag dazu leisten, dass es an unseren Schulen besser wird. Das ist notwendig. Wir werden ab morgen, wenn der Doppelhaushalt beraten wird, Gelegenheit zur Diskussion haben. Die Bildungspolitik ist das zentrale Anliegen dieses Hauses oder zumindest der Opposition. Wir sagen: An der Bildungspolitik entscheidet sich die Zukunft der jungen Menschen und dieses Landes.
Wir stimmen darin wie immer überein, Herr Kollege Herrmann, aber das muss sich doch auch in den Zahlen dieses Haushaltes ausdrücken.
Sie streichen 1200 Lehrerplanstellen. Nehmen Sie das zurück. Sorgen Sie für kleinere Klassen. Helfen Sie mit, das Büchergeld noch einmal abzuwenden.
Noch ein letzter Gedanke. Natürlich muss man an dieser Stelle auch danken. Man muss den Lehrerinnen und Lehrern, den Schulleitern und den Eltern – da haben Sie Recht, Herr Kollege Schneider – dafür danken, dass sie durch ihr Engagement dafür sorgen, dass das Chaos im Kultusministerium nicht zu katastrophalen Zuständen an den Schulen führt. Das haben Sie nur den Eltern, den Lehrern und den Schulleitern zu verdanken. Dass wir zum Beispiel 80 % Mittagsbetreuung haben, ist nicht die Leistung des Ministeriums – das ist die Leistung der flexiblen Schulleitungen vor Ort, vieler engagierter Eltern und übrigens auch eines Bundesprogramms, mit dem der Bund ohne Zuständigkeit Bayern ebenso wie allen anderen Ländern hilft, mehr für die Mittagsbetreuung zu tun. Dafür sollten wir uns auch einmal bedanken, vor allem aber bei denjenigen an der bildungspolitischen Front, die dafür sorgen, dass es an den Schulen noch einigermaßen geordnet zugeht. Das ist deren Leistung, leider nicht Ihre.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Fraktionsvorsitzender Maget, ich glaube, die Bildungspolitik müsste einmal bei Ihnen ansetzen, nämlich dahin gehend, dass pauschale persönliche Angriffe gegen Personen Argumente nicht ersetzen.
Bei den Kollegen der GRÜNEN müsste die Bildungspolitik anscheinend dahin gehend ansetzen, dass zur Sozialdisziplin auch gehört, zuhören zu können, statt ununterbrochen dazwischenzureden.
(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Im Zuhören sind Sie selbst wirklich kein Vorbild! – Zurufe von der SPD und den GRÜNEN – Glocke des Präsidenten)
Ich glaube, Sie können es einfach nicht fassen, dass das achtjährige Gymnasium funktioniert, dass es die Katastrophe nicht gegeben hat, die Sie angekündigt haben, dass es keinen Zusammenbruch der Schülerzahlen gegeben hat, dass es kein Chaos an den Gymnasien gibt, sondern dass das achtjährige Gymnasium völlig ruhig und völlig normal anläuft wie vorher die neunjährigen Gymnasien.
Das große Lob, das sich auch die Lehrkräfte verdient haben, die sich trotz mancher Kritik phänomenal eingesetzt haben,
gebe ich genauso gerne wie Sie nach draußen. Ich bezichtige Sie aber, Rot und Grün gemeinsam, der Panikmache auf dem Rücken der Kinder, meine sehr verehrten Damen und Herren.