Protokoll der Sitzung vom 30.11.2004

gung – können gewichtete Einzelnoten, die über die fachspezifische Eignung Auskunft geben, das Ergebnis eines fachspezifischen Studierfähigkeitstestes, die Art einer Berufsausbildung oder Berufstätigkeit, das Ergebnis eines Auswahlgesprächs durch die Hochschule oder eine Verbindung dieser genannten Kriterien berücksichtigt werden.

Ich lege ausdrücklich Wert darauf, dass die Hochschulzugangsberechtigung hierbei auch weiterhin ein großes Gewicht behält. Sie ist zumindest gleichrangig neben den anderen Kriterien zu berücksichtigen. Im Hinblick auf die notwendigen Vorbereitungen der ZVS und auf die Umsetzung sowie im Hinblick darauf, dass wir zu Beginn des Wintersemesters 2005/2006 den Hochschulen diese Möglichkeit geben wollen, möchten wir, dass dieses Gesetz sehr zügig beraten wird. Die Hochschulen selbst haben die Möglichkeit, die nähere Ausgestaltung unseres Gesetzes durch ihre Satzung zu regeln. Wir bitten Sie, diesen Gesetzentwurf so zügig zu beraten, dass das Gesetz am 1. März 2005 in Kraft treten kann.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Vogel.

(Sebastian Freiherr von Rotenhan (CSU): Jetzt kommt die Leidenschaft!)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege von Rotenhan, nachdem die Leidenschaft vorhin nur dazu geführt hat, dass der Duden zitiert wurde, lasse ich es bleiben. Ich könnte mit Heinz Erhardt sagen: Was weißt du denn?

(Heiterkeit)

Für uns Sozialdemokraten gibt es natürlich zu diesem Gesetzentwurf grundsätzliche Fragen, die wir stellen müssen. Diese Fragen werden wir im Ausschuss sicher intensiv erörtern. Herr Prof. Dr. Stockinger, wenn die Hochschulen, wie Sie das beklagt haben, bisher nicht mit dem entsprechenden Wohlwollen ihre vorhandenen Möglichkeiten ausgeschöpft haben, muss sich doch unser Ausschuss einmal fragen, warum sich die Hochschullehrer häufig nicht in der Lage sehen, ihre sonstigen Aufgaben, zum Beispiel die Studienförderung und die Studienberatung, so zu erfüllen, wie Sie das wünschen.

Wenn wir mit den Hochschullehrern sprechen, sagen sie, dass sie einfach nicht die Zeit hätten, diese Aufgaben zu erfüllen. Ich möchte Folgendes hinzufügen: Ich war über 20 Jahre lang Kollegstufenbetreuer und habe ein großes Vertrauen in das bayerische Abiturzeugnis. Das wird vielleicht manche in diesem Hause wundern. Das Abiturzeugnis ist ein guter Nachweis über die Jahre der kollegialen Oberstufe am Gymnasium. Die Abiturnote sagt darüber sehr viel aus. Ich frage mich, wie die Hochschulen mit einem kurzen Auswahlgespräch zu grundlegend besseren

Aussagen kommen sollen, als sie im Abiturzeugnis enthalten sind.

Die zentrale Frage wird sein, wie dieses Auswahlverfahren gestaltet werden soll. Wir werden im Ausschuss sehr intensiv darüber beraten, ob es sinnvoll ist, auf ein solches Auswahlverfahren zurückzugreifen. Ich möchte es bei diesen Bemerkungen belassen. Ich sichere Ihnen zu, dass wir uns um eine zügige Beratung bemühen werden. Ich kann Ihnen aber nicht zusichern, dass wir diesem Gesetzentwurf zustimmen werden.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Gote.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Prof. Dr. Stockinger, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass dies bereits der zweite Gesetzentwurf sei, der vernünftige Rahmensetzungen des Bundes in Landesrecht umsetze. An diesem Beispiel sieht man wieder, wie wichtig eine gemeinsame Rahmengesetzgebung für die Hochschulen in Deutschland ist. Diese gemeinsame Rahmengesetzgebung müssen wir weiterhin beibehalten. Ich glaube, durch diese neuen Regelungen wird der Hochschulstandort Deutschland insgesamt leistungsfähiger und wettbewerbsfähiger werden.

Ziele der Reform des Hochschulzugangs sind für uns, den Anteil der Studierenden eines Jahrgangs zu erhöhen – das habe ich aus Ihrem Munde nicht so klar gehört -, prinzipiell gleiche Chancen auf Zulassung zu garantieren, die Auswahlrechte von Studienanfängern und -anfängerinnen und von den Hochschulen gleichermaßen zu stärken sowie die Abbrecherquoten durch eine bessere Abstimmung zwischen den Anforderungen der Hochschulen und den Interessen der Studierenden zu senken.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dadurch kann die Qualität von Studium und Lehre verbessert werden. Die ersten Erfahrungen mit Auswahlverfahren zeigen allerdings auch, wie schwierig es ist, gute, gerechte, faire und effiziente Verfahren zu entwickeln.

Deshalb wird uns dieses Thema über diesen Gesetzentwurf und diese Rechtsetzung hinaus – ich halte es schon für sinnvoll, dass wir das schnell umsetzen – im Landtag noch häufiger beschäftigen. Eine wichtige Funktion von Auswahlverfahren als Alternative zum Hochschulzugang durch das Abitur muss es sein, die Hochschulen für mehr Studierende zu öffnen, die sich über ganz andere Wege für ein Studium qualifiziert haben als über den Besuch eines Gymnasiums oder einer Fachoberschule, die dann zu einer Hochschulreife in der einen oder anderen Form führt. Ich denke dabei an Meister, an Quereinsteiger, an Leute, die im Berufsleben waren und sich auf anderem Wege qualifiziert haben als über das Abitur.

Lassen Sie mich abschließend festhalten, dass Sie in der Einschätzung des Aufwandes für die Auswahlverfahren völlig falsch liegen. Die Auswahl verursacht sehr wohl Sach- und Personalkosten in erheblichem Umfang. Es ist,

gelinde gesagt, eine Frechheit, dass Sie in Ihrem Vorblatt zum Gesetzentwurf konstatieren:

Ein etwaiger Mehrbedarf wird von den Hochschulen durch Effizienzgewinne im Rahmen der Hochschulstrukturreform erwirtschaftet bzw.

durch entsprechende Prioritätensetzung im Rahmen der vorhandenen Stellen und Mittel bestritten. Die Stärkung des Auswahlrechts der Hochschulen lässt eine nachhaltige Verringerung der Abbrecherquoten und damit weitere Effizienzgewinne erwarten.

Ich denke, über diese beiden Sätze werden die Hochschulen laut lachen können.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf des Abgeordne- ten Prof. Dr. Hans Gerhard Stockinger (CSU))

Hier müssen Sie nachbessern. Geben Sie den Hochschulen auch die Mittel an die Hand, um den steigenden Erwartungen und Anforderungen gerecht zu werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nächste Wortmeldung: Herr Staatsminister Dr. Goppel.

Herr Präsident, Hohes Haus! Ich will die Sitzung nicht allzu lange aufhalten, sondern nur mit einigen wenigen Bemerkungen noch deutlich machen, was dem Kollegen Stockinger innerhalb von fünf Minuten gar nicht möglich war. Es gibt eine Gesetzesvorlage, in der man die meisten Dinge lesen kann, die außerdem ohnehin schon vorher in der Presse standen. Was Kollegin Gote aufgezählt hat, ist noch nicht lange unser gemeinsames Unterfangen. Darüber freue ich mich.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Weil Sie noch nicht lange Minister sind!)

Ich registriere gerne, dass Sie den Studierendenanteil pro Jahr erhöhen wollen. – Das hat mit mir nichts zu tun. Ich bin schon lange genug im Parlament, um zu wissen, was wir viele Jahre schon gegen Sie fordern.

Die Abbrecherquote zu senken, ist schon seit langem unser Ziel.

Wir haben – vor Jahren – auch schon einmal versucht, den bayerischen Abiturienten wegen der Bedingungen des Zentralabiturs dazu zu verhelfen, an den Hochschulen wie die anderen anerkannt zu sein. Damals wurden wir gerichtlich mit einem Bonusverbot belegt, weil wir auch Bundesmittel insgesamt in der Bildungsförderung verwenden. Andere Länder, insbesondere jene, in denen die GRÜNEN in der Zwischenzeit mit das Sagen haben, haben sehr, sehr lange Zeit noch darauf geachtet, dass ihre Abiturienten, schon von der Anlage des Abiturs her, notenmäßig – nicht leistungsbedingt – die bayerischen Schüler so überflügeln, dass die Fremden bei uns die Studienplätze eingenommen haben, die unsere besseren

Schüler – die zwar in den Noten benachteiligten, aber vom Wissen her besseren Schüler – ohne Bonusverbot alle hätten einnehmen können.

Inzwischen sehen der Bund, die SPD und die GRÜNEN ein, dass man nicht weiter so operieren kann. Es ist einheitliche Meinung in Deutschland, dass die Studentenabbrecherquote heruntergefahren werden muss. Noch niemand hat mir belegen können, dass das anders gehen könnte als über eine Beratung beim Einstieg ins Studium und über eine Beratung, die während des Studiums stattfindet. Nur Professoren und Studenten, die miteinander reden, deren Verhältnis sich nicht darauf beschränkt, dass die einen belehren und die anderen abnicken, was ihnen geboten wird, sondern die in einem kameradschaftlichen, womöglich auch kundenmäßigen Verhältnis zueinander stehen, sorgen dafür, dass wir eine Universität bekommen, die den Erfordernissen der Wissensgesellschaft entspricht.

Bis jetzt scheiden 58 % aller Lehrer vor Erreichen des Ruhestandsalters aus dem Beruf. Wenn das so ist – man muss sie dann ja auch bezahlen –, ist es allerhöchste Zeit, den Leuten schon beim Einstieg in das Studium zu sagen, ob sie sich für den richtigen Beruf bewerben oder nicht. Das gilt für alle anderen über ein Studium angestrebten Berufe genauso. Derartige Abbrecherquoten fehlen in Ländern, in denen solche Beratung stattfindet, zum Beispiel in Finnland. Diese Erfahrungen gilt es, sich zu Nutze zu machen.

Sie müssen sich allerdings auch noch woanders umstellen. Sie müssen mit uns zusammen dafür sorgen, dass in den Universitäten, in denen Professoren und Studenten zusammenrücken und ein persönliches Verhältnis gewinnen, dieses Verhältnis auch die Leistung einschließt. Dazu gehört, dass wir mit einem Studienbeitrag den Professor dazu verpflichten, sich um den Studenten zu kümmern und diesen dazu veranlassen, dem Professor zu sagen, wenn seine Leistung nicht ausreicht. Es geht nicht darum, jemanden zu schröpfen, sondern darum, dass Studenten und Professoren einen anderen Umgang miteinander pflegen. Das steht am Ende als Zielvorgabe. Deshalb setze ich darauf, dass das Bundesverfassungsgericht anders urteilt.

Frau Kollegin Gote, ich darf Ihnen ausdrücklich sagen, dass wir Einstiege in die Hochschulen über den Meister und Berufsleistungen in den nächsten Monaten miteinander diskutieren werden. Das gehört zu den Erkenntnissen der letzten Jahre auch bei uns. Wir werden selbstverständlich praktische Erfahrung und angemessene Fortbildung, die nicht nur an Universitäten und anderen ähnlichen Einrichtungen erworben worden sind, in die Zugangsmöglichkeiten einbeziehen. Der Gesetzentwurf ist im Lauf und wird in den nächsten Wochen hier anlanden.

Auswahlaufwendungen sind dann teuer, wenn die Professoren damit alleine belastet werden; denn dann könnten sie ihre Vorlesungen nicht mehr halten. Auswahlaufgaben können auch Studenten in höheren Semestern übernehmen; dass das Abschlussauswahlgespräch womöglich beim Professor liegt, steht auf einem anderen Blatt. Über die Ausformung lässt sich immer reden; Kollege Stockin

ger hat das angeboten. Ich will ihn darin ausdrücklich unterstützen. Helfen Sie mit, dass wir bald zu einer anderen Studentenstandortbestimmung kommen, damit wir nicht weiterhin der Willkür allgemein verfügter ZVS- und sonstiger Studiengänge und Studienregelungen unterliegen, sondern eine Regelung bekommen, die an den Hochschulen für vernünftige Verhältnisse zwischen Lehrenden und Studierenden sorgt, für Verhältnisse, die erstens von Vertrauen, zweitens von persönlicher Bekanntschaft getragen sind und drittens aus einer Situation heraus entstehen, jede und jeder nach ihrer und seiner Begabung das richtige Studium ergreift. Dann nehmen auch die Eliten wieder an den richtigen Stellen zu.

(Beifall bei der CSU)

Damit ist die Aussprache geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur als federführendem Ausschuss zu überweisen. – Ich sehe keinen Widerspruch. Das ist so beschlossen.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 13 Abstimmung über Anträge, die gemäß § 59 Absatz 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden

Über die Listennummer 7 soll gesondert abgestimmt werden, da zu der der Abstimmung zugrunde zu legenden Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Hochschule, Forschung und Kultur kein Votum der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN vorliegt. Ich lasse deshalb zunächst über diese Listennummer abstimmen. Es handelt sich hier um den Antrag der Abgeordneten Herrmann und anderer, CSU, sowie Maget und anderer, SPD, betreffend „Verzicht auf periodische Berichte der Staatsregierung“, Drucksache 15/1439. Der federführende Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur empfiehlt auf Drucksache 15/1904 die unveränderte Annahme. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich

um ein Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Dann einstimmig so beschlossen.

Auch über die Listennummer 16 muss einzeln abgestimmt werden. Es handelt sich hier um den Antrag der Abgeordneten Traublinger, Prof. Dr. Vocke und Brunner, CSU, betreffend „Änderung der EG-Vogelschutz-Richtlinie“,

Drucksache 15/1507. Die CSU-Fraktion hat beantragt, der Abstimmung das abweichende Votum des mitberatenden Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten zugrunde zu legen. Besteht damit Einverständnis? – Das ist der Fall. Dann wird so verfahren. Wer dem Antrag in der Fassung des mitberatenden Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU und der SPD. Gegenstimmen? – Die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Keine. Das ist mit den Stimmen der Fraktionen der CSU und der SPD so beschlossen.

Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen zu den übrigen Anträgen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.

(siehe Anlage 3)

Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. mit dem jeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Dann einstimmig so beschlossen. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.

Nach einem Blick auf die Uhr empfiehlt es sich, keinen weiteren Tagesordnungspunkt aufzurufen. Für heute ist die Sitzung geschlossen. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Abend. Morgen um 9.00 Uhr beginnt die Sitzung mit der Beratung des Haushalts des Ministerpräsidenten.