Protokoll der Sitzung vom 30.11.2004

Die Reform der Elitenförderung – Sie sprechen immer noch von Eliteförderung; allem, was ich bisher von Ihrer Seite gehört habe, habe ich entnommen, dass Sie das immer noch nicht verstehen – für Studierende und Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissen

schaftler ist nötig und überfällig.

Sie haben sich auf den Weg gemacht – das ist ganz gut so –, aber Sie sind auch bei diesem Gesetz auf halber Strecke stehen geblieben. Im Bereich der Studienförderung gibt es mit der Ankündigung, nun auch eine ideelle und studienbegleitende Förderung der Studierenden einzuführen, gute Ansätze, insbesondere mit Blick darauf, dass Sie sich dabei an den bewährten und bestehenden Begabtenförderungswerken in Deutschland orientieren wollen. In den Details jedoch gibt es große Mängel. Diese scheinen mir begründet zu sein in einem mangelnden Zutrauen in die Begabungen junger Menschen, in einem mangelnden Zutrauen in diese jungen Menschen,

(Beifall des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜ- NE))

in einer mangelnden Bereitschaft, in diejenigen, die man als besonders förderungswürdig erkannt hat, auch tatsächlich dauerhaft und zuverlässig zu investieren und ihnen die Zusage einer tragfähigen und belastbaren Förderung zu geben.

Ich nenne als Stichpunkte die Unmöglichkeit der Eigenbewerbung und die Länge der Probezeit. Sie ist lächerlich. Nach vier Semestern ist das Studium zur Hälfte vorbei; beim Bachelor ist es fast zu zwei Dritteln vorbei. Was soll das?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Entweder glaubt man, dass jemand begabt ist oder nicht. Sie glauben doch Ihrem eigenen Auswahlverfahren nicht.

Ich nenne den Entzug des Stipendiums beim Verlassen des Freistaats. Dazu muss ich sagen: Kein Kommentar! Dazu fällt wirklich keinem mehr etwas ein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

So viel an Kleinstaaterei und Kleinmütigkeit ist nicht zu übertreffen.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Aber sie müssen es nicht zurückzahlen!)

Hierzu werden wir Änderungsanträge vorlegen.

Im Bereich der Graduiertenförderung sind Sie völlig über das Ziel hinausgeschossen. Sie zentralisieren die Förderung, anstatt sie denen zu überlassen, die sehr viel besser als die Ministerialbürokratie wissen, welche Nachwuchswissenschaftler und Nachwuchswissenschaftlerinnen besonders gefördert werden sollen, nämlich die Hochschulen selbst.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Elitenetzwerk schließlich ist ein Beispiel dafür, wie ein guter Ansatz bei schlechter Durchführung in das Gegenteil verkehrt werden kann. Sie versuchen, sich per Definitionem eine Elite zu erschaffen. Das wird nicht gelingen, wie bereits die ersten Erfahrungen mit den Elitestudiengängen zeigen. Sie sind zu spezialisiert. Sie haben ja sogar zu wenig Bewerberinnen und Bewerber für die einzelnen Studiengänge. Was ist das noch für eine Elite, wenn ich zehn Plätze vergeben kann, aber nur neun Plätze besetzen kann, weil sich nicht genügend beworben haben? Da läuft doch etwas verkehrt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie setzen zu stark auf Programmförderung und zu wenig auf echte Leistungs- und Persönlichkeitsförderung.

Den größten Gegenwind allerdings erfährt Ihr Reformprojekt Eliteförderung jedoch durch die völlig konzeptionslose Sparpolitik. So lange an den bayerischen Hochschulen die Qualität von Lehre und Forschung insgesamt wegen der mangelhaften finanziellen Ausstattung auf dem Spiel steht, wird jeder Versuch, in die Förderung der Eliten dieses Landes zu investieren, ad absurdum geführt. Wenn Sie es mit der Förderung der bayerischen Eliten tatsächlich ernst meinen, dann nutzen Sie die laufenden Haushaltsberatungen, um die fatalen Weichenstellungen gerade in diesem Bereich, aber auch im gesamten Bildungsbereich zu korrigieren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort im Rahmen der Aussprache hat Herr Staatsminister Dr. Goppel.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Vogel, Sie wollten mich an Leidenschaft übertreffen. Sie haben das in Unterstellungen in Angriff genommen, aber nicht an Leidenschaft. Jetzt bin ich an fünf Minuten gebunden, aber nicht mehr an die Verpflichtung, Ihnen eine Gesetzesvorlage zur Beratung zu liefern. Lassen Sie mich Ihnen daher jetzt ganz leise und ganz ohne Papierform sagen, was vorhin noch gefehlt hat. Beim Ein

stieg in Gesetzesberatungen halten wir uns in aller Regel alle zurück, um zu sehen, was sich gemeinsam ausloten lässt. Das war mein Versuch der ersten Einlassung hier.

Jetzt will ich Ihnen aber ganz nüchtern anhand einiger Punkte deutlich machen, wie sehr Sie neben der Sache liegen. Ich spreche die indifferente Bewertung von Elite an, Ihre Aussage, dass Hochbegabung und Leistung nicht ordentlich definiert seien. Was Elite heißt und was das bedeutet, ist in diesem Hause unbestritten, Frau Kollegin Gote. „Elite“ ist ein Sammelbegriff für viele unterschiedliche Begabungen. Er ist in der Einzahl gebräuchlich. Bitte lesen Sie im „Duden“ nach. Dort steht ausdrücklich: Elite, das ist eine Mehrzahl von Menschen mit besonderen Fähigkeiten. Begabtenförderung ist dagegen ein Sammelbegriff für mehrere unter einer Zielvorgabe, der Förderung. So ist es richtig. Sie gehen mit der Sprache falsch um. Sie sollten das nicht mir vorwerfen.

(Beifall bei der CSU – Margarete Bause (GRÜNE): Oberlehrer!)

Nein, nicht Oberlehrer, sondern jemand, der die sprachlichen Begriffe zuerst prüft und sich dann auskotzt.

(Heiterkeit)

Ich will, dass auch Sie sich präziser ausdrücken. Wir sind nämlich in einem Ausschuss, in dem das von uns verlangt werden kann. Sie können nicht über Elite reden, wenn Sie nicht wissen, wie man den Begriff verwendet.

Ich will Ihnen auch sagen, dass Vermögen und Bildung zweierlei Begriffe sind, aber das Gleiche meinen.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Herr Zehetmair hat es damals verstanden, Herr Goppel!)

Das eine ist Synonym für Geld, das andere ist das, was Sie im Kopf haben. Wenn Sie beides zusammennehmen, werden Sie sehen, dass unser Programm darauf abstellt, das, was im Kopf ist, durch entsprechende Mittel und auch durch Betreuung und Beratung zu ergänzen. Das ist eine sinnvolle gegenseitige Aufaddierung von Möglichkeiten, im Leben Bestes für sich zu erreichen.

Diese Aufaddierung von Fähigkeiten hat bisher darauf abgestellt, dass jemand unabhängig davon, ob er Spitzenleistungen für sich nachweisen konnte, Vermögen zugeführt worden ist. Es ist auch nie geprüft worden, ob er dieses Vermögen – Geld der Steuerzahler – verdient in dem Sinne, dass es bei ihm gut angelegt ist. Eine Gesellschaft, die inzwischen weniger Geld hat, muss darauf achten, dass das Geld, das sie anlegen kann, zuerst denen zugeführt wird, die es auch verdienen. Deswegen lege ich ganz großen Wert darauf, dass Hochbegabtenförderung heißt: Menschen, die eine entsprechende Anlage einzubringen haben, werden durch den Staat unter deren Berücksichtigung besonders gefördert. Sie stehen im Wettbewerb mit den Spitzenbegabungen anderer Länder. Sie können jetzt diese Spitzenstellung bei uns zu Hause erreichen und müssen dazu nicht mehr ausschließlich in

England und Amerika studieren. Darauf zielt dieses Gesetz ab. Es gibt durchaus Möglichkeiten, im Ausland zu studieren. Es ist aber nicht Sinn und Zweck, sich im Studium generell auf das Ausland zu fokussieren, sich allein darauf zu konzentrieren, sich in der Fremde einzubringen und eigene Meriten zu verdienen.

(Zuruf der Abgeordneten Ulrike Gote (GRÜNE))

Sie wissen genau, dass die ständige Beanspruchung des Kehlkopfes dem Kopf einen Teil der Möglichkeiten nimmt, sich entsprechend zu konzentrieren.

(Beifall bei der CSU)

Lassen Sie mich festhalten: Sie haben gesagt, Sie stören sich daran, dass wir im Landtag über unser Gesetz festlegen, dass der Gymnasialdirektor und anschließend die Hochschule darüber entscheiden, ob jemand eine entsprechende Förderung als Hochbegabter erhält. Einen Augenblick später haben Sie sich darüber beklagt, dass die Wissenschaft auswählt, wer in die Elitestudiengänge kommt, weil das angeblich nicht sinnvoll ist. Sie beschweren sich dann, dass die Seminare nicht voll sind. Daran erkennen Sie aber ganz präzise, dass sich unsere Wissenschaftler darum bemühen, in den Seminaren wirklich Spitzenbegabte zu sammeln. Ich weiß, dass Sie das ideologisch stört. Verwenden Sie deswegen aber nicht die falsche Argumentation. Entweder nimmt man für die Förderung leistungsfähiger Menschen die Leistung als Maßstab oder das Vermögen anderer. Wir nehmen die Leistung der jeweiligen individuellen Persönlichkeiten zum Maßstab dafür, ob wir sie fördern. Wir machen keinen Unterschied. Wir wollen Eltern und auch andere nicht hineinreden lassen. Die Auswahl erfolgt durch den Universitätslehrer oder durch das Gymnasium also durch Unabhängige. Nach vier Semestern wird nachgeprüft, ob man sich womöglich getäuscht hat. Der Einzelne wird also gebeten, sich in den von anderen angelegten Leistungsmaßstab zu fügen.

Nicht umsonst haben Rote und Grüne über viele Jahrzehnte die Einführung des Zentralabiturs verhindert und dafür gesorgt, dass nicht erkennbar war, wer wirklich an der Spitze steht. Deshalb bitte ich Sie, dieses neue Gesetz unter anderen Voraussetzungen zu betrachten, als Sie das bisher getan haben. Sie sollten es nicht nur vordergründig als Instrument betrachten, mit dem jemand vom Studium ausgeschlossen werden soll. Dieses Gesetz ist vielmehr auf Auswahl der Spitzenbegabten angelegt. Das ist zulässig und in dieser Zeit dringend nötig. Ich bitte Sie, dies zu bedenken.

(Beifall bei der CSU)

Die Aussprache ist damit geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Es wird so verfahren.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 12 d Gesetzentwurf des Abgeordneten Dr. Ludwig Spaenle und anderer (CSU) zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrags über die Vergabe von Studienplätzen (Drucksache 15/2098)

Erste Lesung –

Der Gesetzentwurf wird begründet. Herr Kollege

Prof. Dr. Stockinger, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Kollegen der CSU-Fraktion, die dem Hochschulausschuss angehören, haben einen Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrags über die Vergabe von Studienplätzen vorgelegt. Wesentlicher Inhalt dieses Gesetzes ist es, den Hochschulen mehr Möglichkeiten zu geben, ihre Studierenden selbst auszuwählen. Dies ist seit Jahren ein Anliegen, das meine Fraktion bei ihrer Hochschulpolitik in diesem Hause verfolgt. Leider ist dieses Anliegen nicht immer auf das Wohlwollen der Hochschulen gestoßen, die in der Auswahl ihrer Studierenden nicht in erster Linie eine Chance für die Hochschulen, sondern eine Belastung für die dort Lehrenden sahen. Ich hoffe und wünsche, dass dieses Gesetz dazu beiträgt, diese noch immer verbreitete Meinung an unseren bayerischen Hochschulen zu ändern.

Die Länder der Bundesrepublik Deutschland haben eine gemeinsame Initiative gestartet. Dies beweist wieder einmal, dass sie ihre Kompetenz in Hochschulangelegenheiten nutzen. Diese Initiative beinhaltet rahmenrechtliche Regelungen zur Hochschulzulassung. Durch diese Neuzuordnung wurde einerseits das Auswahlrecht der Hochschulen bei den in das Vergabeverfahren einbezogenen Studiengängen wesentlich erweitert; andererseits sollen die qualifizierten Studienbewerberinnen und Studienbewerber noch die Möglichkeit erhalten, die von ihnen gewünschte Hochschule auszuwählen.

Die Neuregelung im Hochschulrahmengesetz sieht vor, dass 20 % der Studienplätze nach der Abiturnote, 20 % nach der Wartezeit und 60 % durch die Hochschulen direkt vergeben werden. Statt bisher 24 % werden also künftig 60 % der Studentinnen und Studenten von den Hochschulen direkt ausgewählt. Die Abwicklung der Abitur-Besten und der Wartezeit-Quote obliegt weiterhin der ZVS. Die ZVS wird sich künftig um 40 % der Studenten in den jeweiligen Fächern kümmern, für die übrigen 60 % sind die Hochschulen zuständig.

Die Ausgestaltung des Hochschulauswahlverfahrens – so sieht es der Gesetzentwurf vor – bleibt den Ländern überlassen. Daraus ergibt sich für uns als Landesgesetzgeber die Verpflichtung, das Landesrecht im Hochschulrahmengesetz auf der Grundlage der Änderungen durch das bereits erwähnte Siebte Hochschuländerungsgesetz anzupassen und das Gesetz zur Ausführung des Staatsvertrages über die Vergabe von Studienplätzen um einen neuen Artikel 7 a zu ergänzen.

Dieser neue Artikel 7 a regelt die Kriterien für das Auswahlverfahren durch die Hochschulen. Neben der Durchschnittsnote – also der Hochschulzugangsberechti

gung – können gewichtete Einzelnoten, die über die fachspezifische Eignung Auskunft geben, das Ergebnis eines fachspezifischen Studierfähigkeitstestes, die Art einer Berufsausbildung oder Berufstätigkeit, das Ergebnis eines Auswahlgesprächs durch die Hochschule oder eine Verbindung dieser genannten Kriterien berücksichtigt werden.