Ich eröffne die Aussprache, weise vorher aber darauf hin, dass folgende Redezeiten bleiben: Für die CSU 16 Minuten, für die SPD 7 und für das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9 Minuten. Wortmeldungen? – Herr Kollege Wörner.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Zu hohe Schadstoff-Einträge in Oberfranken, das ist das Thema des Dringlichkeitsantrags der SPD. Wir bitten Sie, diesem Antrag zuzustimmen, weil es dringend erforderlich ist, alles daran zu setzen, die Schadstoff-Einträge im Freistaat Bayern und insbesondere in Oberfranken abzusenken.
Die Gewässer des Frankenwaldes und des Fichtelgebirges erreichen einen Zustand mit einem Säuregrad, der essigähnlich ist. Das muss alle alarmieren, und wir müssen so schnell wie möglich tätig werden. Im Übrigen verweist sogar das Bayerische Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten darauf, dass die Stickstoffeinträge im Frankenwald und darüber hinaus so erheblich sind, dass das Waldökosystem bereits gestört ist und die Folgen für das Trinkwasser unabsehbar sind, wenn wir nicht rasch handeln.
Wir meinen, dass es kontraproduktiv ist, Mittel für den öffentlichen Nahverkehr zu streichen. Wir müssen den Wirtschaftsminister auffordern, bei zukünftigen Vergaben der Bahn dafür Sorge zu tragen, dass schwefelfreier Dieselkraftstoff eingesetzt wird. Alle anderen machen das, nur die Bahn muss es offensichtlich nicht. Zweitens muss dafür gesorgt werden, dass in die Lokomotiven Russfilter eingebaut werden, damit die Schad- und Schwebstoffe weniger werden.
Wir fordern auch deshalb die Staatsregierung auf, die Umwandlung der staatlichen Forstverwaltung in eine gewinnorientierte Anstalt des öffentlichen Rechts auszusetzen, bis eine Korrektur dieser Belastungen gegeben ist, und dafür zu sorgen, dass in den oberfränkischen Waldgebieten auch in Zukunft schonend mit dem Wald umgegangen wird und Kahlschlag vermieden wird.
Des Weiteren fordern wir einen Maßnahmenkatalog zu erstellen, der klar und deutlich aufzeigt, welche Handlungsmöglichkeiten der Freistaat Bayern hat und welche
konkreten Maßnahmen er zu welchem Zeitpunkt umsetzt, um die genannten Belastungen von Wald, Wasser und Boden zu reduzieren.
Lieber Herr Kollege Wörner, ich begrüße Ihren Antrag und Ihre Ausführungen, möchte Sie aber fragen, wieso die SPD für den Ausbau des Flughafens Hof-Plauen und den Neubau der Fichtelgebirgsautobahn in dieser Region ist.
Liebe Kollegin Gote, ich darf Sie darauf hinweisen, dass es angesichts der Entwicklung der Technologien nicht unbedingt ein Widerspruch ist, beides zu tun; nämlich die Schadstoffeinträge zu senken und trotzdem der Region das zu geben, gegen das Sie ständig wettern.
Frau Kollegin, auch Sie wurden in den Landtag gewählt, um für gleiche Lebensverhältnisse in den Regionen zu sorgen und nicht, um den Gleichklang zu stören.
(Ulrike Gote (GRÜNE): Ich möchte, dass die Leute dort gesund leben! – Weitere Zurufe von den GRÜNEN)
Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Die fehlende Leidenschaft, mit der Kollege Wörner den Antrag der oberfränkischen SPD-Abgeordneten vorgetragen hat, spricht Bände. Noch mehr Bände spricht, dass von den oberfränkischen Kolleginnen und Kollegen nur Abgeordneter Hoderlein im Raum ist und die anderen wahrscheinlich schon auf dem Weg zum Tannenbaum sind.
Der Antrag ist ein Sammelsurium an Themen, mit dem die oberfränkischen SPD-Abgeordneten jeden Anspruch auf Sachlichkeit aufgeben. Sie müssen anscheinend wie ein Krämer mit dem Bauchladen durch den Frankenwald und das Fichtelgebirge tingeln, schließlich nähern wir uns Weihnachten. Mein persönlicher Eindruck ist, dass wieder einmal ein Antrag geschrieben werden musste und jeder etwas dazu beitragen musste. Mich wundert es, dass die
Der Antrag behandelt ohne Zweifel ein sehr ernsthaftes Problem, nämlich die Stickstoffeinträge und die Schadstoffeinträge in Oberfranken. Worin der innere Zusammenhang mit den Kürzungen im öffentlichen Personennahverkehr, der Aussetzung der Forstreform und dem Maßnahmenkatalog besteht, weiß ich nicht. In „Antenne Bayern“ gab es eine Comedy-Serie „Metzgerei Boggnsagg“. Dort hieß es: „Darf ‚s ein bisschen mehr sei?“ Das wäre auf gut fränkisch die Art, wie man den Antrag gestaltet hat.
Auf den Inhalt des Antrags möchte ich gar nicht eingehen. Er stellt ein Armutszeugnis dar. Trotzdem muss man über die Sache sprechen. Der Satz, Bäche im Frankenwald und im Fichtelgebirge haben einen Säuregrad wie Essig, klingt zunächst gut. Allerdings kam diese Aussage wie der gesamte Antrag aufgrund eines einzigen Artikels im „Ring Nordbayerischer Tageszeitungen“ – RNT – zustande. Anscheinend denken Sie, wir würden keine Zeitung lesen. Am 09.12.2004 erschien der Artikel. Sie haben sich als Oberfranken-SPD nicht weiter Gedanken gemacht und gemeint, der Artikel reiche als Grundlage aus.
Ihr Pech ist, dass die CSU-Abgeordneten auch Zeitung lesen. Sie verfügen nicht einmal über soviel Anstand, den Journalisten zu erwähnen. Dieser ist sicherlich „stinksauer“. Sie lassen aber, das wird den Journalisten noch mehr ärgern, im Antrag alles weg, was nicht genau in Ihr Konzept passt. Der „RNT“ räumt zum Beispiel richtig ein, dass es in den letzten Jahren enorme technische Anstrengungen bei der Rauchgasentschwefelung gegeben hat und stellt als Folge dieser Anstrengungen fest, dass etliche Waldgebiete in Oberfranken und auch die Gewässer positiv reagieren. Die Belastung wird vermindert.
Würde man bei der Antragstellung nicht nur das abschreiben, was in den Kram passt, müsste man aus dem „RNT“-Artikel festhalten, dass die Hauptverursacher der Schwefeleinträge und vieler anderer Belastungen nach wie vor die Kohlekraftwerke in der tschechischen Republik sind. Das hätte aber nicht gepasst, wenn man einen Dringlichkeitsantrag stellt, um wieder einmal auf das Tapet zu kommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, zur Ehrlichkeit gehört auch, darauf hinzuweisen, dass insbesondere im Frankenwald und im Fichtelgebirge – ich sage das auch für die Kollegen – die Böden von Natur aus basenarm sind, das heißt, sie haben ein geringes Puffervermögen. Insofern ist eine rasch voranschreitende Versauerung des Bodens, insbesondere aber auch der Gewässer ein naturgemäßes Problem. Insgesamt ist es keine Frage, dass dieses Problem, das im Antrag angesprochen wird, in Oberfranken nicht zuletzt auch aufgrund dieser Tatsache und aufgrund der Belastungen aus Tschechien aus den vergangenen Jahren mit Sicherheit am größten ist. Die Reduzierungsanstrengungen, die unternommen werden, können sich durchaus sehen lassen. Wir unternehmen diese Anstrengungen aus eigener Verantwortung, aber auch aufgrund internationaler Programme, auf die ich später noch kurz eingehen werde. Die Hauptursache
Wieso Sie dann in Ihrem Antrag die Kürzung der ÖPNVMittel ansprechen, weiß ich nicht. Zweifellos sind diese Kürzungen bedauerlich. Sie wissen aber alle, dass wir sparen müssen. Bei einem Antrag, der ausgerechnet von oberfränkischen SPD-Kollegen gestellt wird, hätte ich im Zusammenhang mit dem Verkehr auch ein Bekenntnis zur Region erwartet. Es kann sein, dass die Reduktion des Individualverkehrs helfen würde. Trotzdem wissen wir aber, dass bei uns in weiten Teilen Oberfrankens die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur immer noch ein Hauptanliegen ist, weil die Wirtschaft Probleme hat, weil wir Angst haben, als Region abgehängt zu werden, weil die Menschen abwandern. Deswegen kämpfen wir als CSU – ich dachte eigentlich, dass das die SPD vom Grundsatz her ähnlich sieht – für mehr Straßen und eine bessere Infrastruktur. Als Ergebnis dieses Antrages halte ich aber fest, dass Sie das scheinbar anders sehen.
Das Schönste ist dann die Auseinandersetzung der vergangenen Monate, beispielsweise der Kampf um das Straßenbauamt Kronach. Gerade die SPD hat darauf hingewiesen, dass der Schwerpunkt der Aufgaben beim Straßenbau im Norden Oberfrankens liegt. Jetzt sagen Sie aber, dass wir wegen der Übersäuerung den Individualverkehr noch weiter zurückfahren müssen.
Ich gehe nur noch am Rande darauf ein, dass Sie wiederum ohne jeden inneren Zusammenhang auf einmal damit daherkommen, dass wir die Umwandlung des Staatsforstes in eine Anstalt des öffentlichen Rechts aussetzen sollen. Natürlich ist es sachlich und inhaltlich richtig, dass Kahlschläge der Übersäuerung Vorschub leisten. Ich meine aber, wir haben an dieser Stelle und in diesem Haus, liebe Kolleginnen und Kollegen, oft genug dargestellt, dass auch nach der Reform der Staatsforstverwaltung dafür gesorgt sein wird, dass es keine Kahlschläge gibt, sondern dass im Gegenteil Mischwald aufgebaut wird und dass man diesbezüglich keine Sorgen haben muss. Wahrscheinlich haben sich aber die Freunde und Kollegen der SPD aus Oberfranken gedacht: Wenn wir uns schon mit einem solchen Schaufensterantrag blamieren, dann aber gründlich.
Lassen Sie mich deswegen das Ganze verkürzen und nur der Vollständigkeit halber und für das Protokoll deutlich machen, dass nach dem Protokoll von Göteborg im Rahmen der UN/ECE-Konvention von 1999 die grenzüberschreitenden Luftverunreinigungen bekämpft werden, ebenso gut wie nach der NEC-Richtlinie zur Begrenzung der nationalen Emissionen von Schwefeldioxyd, Stichoxyden, flüchtigen Kohlenwasserstoffen und Ammoniak bis 2010. Dabei räume ich Ihnen aus umweltfachlicher Sicht ein, dass es – damit wäre ich wieder bei der Metzgerei Boggensagg – beim Bodenschutz gern ein bisschen mehr sein dürfte. Wenn ich darüber aber diskutiere, diskutiere ich das gerne mit den Fachpolitikern, beispielsweise mit meiner Freundin, Frau Paulig; mit den oberfränkischen SPD-Abgeordneten hat dies meines Erachtens aber keinen Sinn.
Ich habe Sie gelobt; das ist das Schlimme. Frau Kollegin, Sie müssen mir noch besser zuhören, wenn ich schon in vorweihnachtlicher Art und Weise so liebevoll mit Ihnen umgehe. Ich sage am Schluss noch eines.
Ich bitte um etwas mehr Ruhe, ganz abgesehen davon, dass Vertreter anderer Landesteile der Heiterkeit der oberfränkischen Abgeordneten nicht so ganz folgen können. Jedenfalls sollte es jetzt wieder für alle verständlich sein.
Ich will es abkürzen und meinen letzten Gedanken vortragen. Wir führen die größte Behördenverlagerung in Bayern durch und richten für das Geologische Landesamt dankenswerterweise eine Außenstelle in Hof ein, das einen ganz besonderen Schwerpunkt bearbeiten wird. Ich habe Verständnis dafür, dass sich die SPD-Fraktion insgesamt damit schwer tut. Ich wäre aber zumindest für ein Signal der oberfränkischen SPD-Kollegen dankbar gewesen, die sonst bei tausend Forderungen kein Problem mit dem Geld haben, sich bei dieser Frage jedoch hinter der Kosten-/Nutzen-Analyse verstecken. Dieser Antrag wäre die Gelegenheit gewesen, um ein klares Signal zu setzen und zu sagen: Dass jetzt das Geologische Landesamt diese Problematik quasi vor Ort bearbeiten und sich noch besser einsetzen kann, ist allein schon die Behördenverlagerung wert. Diesbezüglich fehlt uns ein klares Wort von Ihnen.
Erlauben Sie mir, trotz des vorweihnachtlichen Friedens zu sagen: Aufgrund dieses Antrages werden wir alles tun, um den Menschen in Oberfranken zu erklären, dass Sie sie offensichtlich für dumm verkaufen.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich bin wirklich völlig erschüttert: Erst will mich mein Lieblingskollege, Herr Meißner, aus dem Umweltausschuss hinausschmeißen – Sie erinnern sich –, und jetzt bin ich in seiner Gunst gestiegen. Herr Meißner, was ich schätze, was ich aber bei Ihnen oft vermisse, sind fachliche Debatten, in denen man Argumente austauscht. Heute haben Sie das ansatzweise tatsächlich gemacht.