Protokoll der Sitzung vom 27.01.2005

(Beifall bei der CSU)

Meine 20 % kommen von den offiziellen statistischen Angaben, die besagen, dass 18,x % in unserem Land BAföG-Empfänger sind. Ich habe diese Zahl auf 20 aufgerundet, weil ich davon ausgehe, dass es mehr werden. Für diese 20 % brauchen wir eine Regelung; denn derjenige, der BAföG-Leistungen empfängt, soll in etwa in der ersten Hälfte der Prüflinge eines Prüfungsjahrgangs sein, damit er nachweisen kann, dass er zu Recht eine Förderung seiner Ausbildung aus der Gemeinschaftskasse fordern kann. Wir haben Bachelor und Master gemeinsam eingeführt. Alle zwei Semester wird abgeprüft, wie tüchtig jemand ist.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Wer Geld hat, darf schlechter sein!)

Wer Geld hat, kann sich auch etwas kaufen. Sie kaufen unten im Lokal auch mehr als der Student, weil Sie mehr Geld haben. Das ist doch ein Unfug. Das ist ein Argument, das wirklich aus der Küche des letzten Jahrhunderts stammt. Lassen Sie uns doch endlich ins 21. Jahrhundert gehen.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Und wenn der Meister studieren will, dann zahlt er doppelt!)

Seien Sie vorsichtig, der Meister darf demnächst studieren. Da sind wir schon dabei, das wird schon geregelt.

Zu meiner Zeit als Student habe ich noch Hörgeld bezahlt, um das Salär der Professoren aufzubessern. Das Hörgeld haben wir abgeschafft. Wir bezahlen die Professoren inzwischen lebenslänglich usw. Jetzt geht es darum, dass wir etwas, was nicht ausgelastet ist, ein Stück weit zusätzlich finanzieren. Wir geben für die Lehraufträge, für die studentischen Hilfskräfte, für Tutoren und andere Geld aus. Die Betroffenen – auch diejenigen, die viel Geld haben – können, wenn sie etwas tun wollen, sich in der

Universität in zusätzlichen Tätigkeiten verdingen. Diese Tätigkeiten können vergütet werden, und damit kann man das Geld verdienen. Ich habe nicht gesagt, dass man mit zwei Nachhilfestunden 100 Euro verdienen kann. Ich habe gesagt, dass man zum Beispiel mit zwei Nachhilfestunden pro Woche in einem Monat 100 Euro verdienen kann. Das habe ich gesagt und sonst nichts. Alles andere wird mir unterstellt. So hat Frau Will gestern Abend von 500 Euro im Monat – und nicht im Semester – gesprochen hat, und ich habe dem nicht gleich widersprochen. Frau Gote, Sie sehen es ja, das ist der kleine Unterschied. Wenn Sie einmal einen Fehler machen, kritisiert es keiner, wenn ich aber einen Fehler mache, kritisiert es Frau Gote auf jeden Fall. Sie wissen aber genau, dass das nicht mein Problem ist.

Lassen Sie uns noch einmal die wesentliche Frage stellen. Wir wollen die Tatsachen nicht verdrehen. Wir erklären in Bayern, dass wir, sofern Studiengebühren eingeführt werden, sicherstellen wollen, dass das Geld, welches eingenommen wird, so komplett wie möglich an der Hochschule verbleibt.

(Beifall bei der CSU)

Die Behauptung, dass das Geld an die Banken geht, treibt mich zusammen mit Ihnen um. Frau Gote, vielleicht hätten Sie die Freundlichkeit, mir zuzuhören, damit wir Missverständnisse ausräumen können. Ihre Befürchtung, dass das Geld an die Banken geht, treibt mich genauso um. Ich will alles tun, damit wir bei diesen Aktionen möglichst keine Verluste durch Bankgebühren haben.

Bis gestern früh habe ich nicht gewusst, was bei diesem Gerichtsverfahren herauskommt. Hätte ich zuvor nur eine Erklärung abgegeben – zum Beispiel wie Kollege Frankenberg oder Kollege Zöllner, egal aus welcher politischen Richtung sie kommen –, hätten Sie mir hier ordentlich die Ohren lang gezogen.

(Zuruf von den GRÜNEN: Seit Monaten reden Sie doch davon!)

Ich habe zwar keine Angst davor, und ich rede auch nicht über die Konditionen, sondern ich habe davon geredet, dass die Studienbeiträge kommen werden, wenn es das Gericht erlaubt. Sonst habe ich nichts gesagt. Dabei bleiben wir jetzt auch. Ich habe gesagt: Wir werden Studienbeiträge einführen, die in den Fällen, in denen jemand nicht die nötigen Mittel zur Verfügung hat, in einer sehr knappen Größenordnung ausfallen werden. BAföG-Empfänger werden also nur ganz gering belastet werden.

Weiter haben wir gesagt, dass wir den Hochschulen eine Bandbreite bis 500 Euro und nicht mehr geben. Das hat das Bundesverfassungsgericht gestern ausdrücklich für gut geheißen. Das steht im Urteil. Ebenfalls ergibt sich das aus der mündlichen Erklärung des Präsidenten. 500 Euro sind eine Grenze, die wir in Deutschland für vertretbar halten. Sie dürfen mich ruhig beschimpfen, sooft Sie wollen. Dem Bundesverfassungsgerichtspräsidenten, der der SPD angehört hat oder noch angehört oder ihr nahe steht, billigen Sie vielleicht doch einen besseren Überblick zu als mir. Ich nehme nur ihn zum Kronzeugen.

Drittens haben wir gesagt, dass über die Studiengebühren die Universitäten in eigener Regie entscheiden, je nachdem, wie sie sie brauchen und welche Fakultäten sie brauchen. Das geben wir in die Entscheidungshoheit der Universitäten. Die Präsidenten, die Ihnen gesagt haben, sie seien nicht so sehr begeistert, wollten am liebsten höhere Gebühren. Wenn wir höhere Gebühren einführen würden, wären die Präsidenten wieder auf unserer Seite, aber die Studenten nicht. Ich möchte eine ausgewogene Regelung, bei der auch die Studierenden mitgeredet haben. Heute entscheiden wir gar nichts. Wenn wir in vernünftigen Diskussionen mit allen Beteiligten die Einsicht gewinnen, dass Studiengebühren möglich und erträglich sind, dann will ich im Wintersemester 2005/2006 mit einem für alle vertretbaren Betrag beginnen, um in der weiteren Diskussion zu sehen, wie wir in Abstimmung zwischen dem Kredit für den Studienverlauf sowie die Lebenshaltungskosten und den Studiengebühren zu Lösungen kommen, die über den Mindestbetrag hinausgehen. Das wollen wir in Bayern machen. Wir wollen den Studierenden von heute die Vergünstigungen zukommen lassen, die morgen für alle gelten, wenn wir etwas regeln, aber nicht für die, die schon weitere Semester oben sind.

Ich muss außerdem damit rechnen, dass ich wegen möglicher Bedenken gegen eine rückwirkende Einführung nur die ersten Semester heranziehen kann. Die haben aber ab dem ersten Semester einen Anspruch darauf, dass sie relativ günstig einsteigen, denn sie brauchen erst die Studienberatung – übrigens eine Einrichtung, die sicherlich zum Teil über die Universität zusätzlich finanziert werden muss. Ich möchte damit nur einen Punkt nennen, an dem die Universität selbst zusätzliche Mittel braucht, die der Finanzminister nicht angekündigt hat.

Damit bin ich bei der letzten Bemerkung. Es gibt kein deutsches Land unter den 16 Ländern, das, wie wir, jüngst in einem Innovationsprozess seinen Universitäten zugesteht, dass der Haushalt zu einem bestimmten Zeitpunkt, nämlich 2004, auf einem bestimmten Betrag festgelegt wird und dass bis 2006 7 % plus möglich sind, dass es also in den nächsten Jahren nur Zuwächse und keine Abstriche gibt. Es gibt kein Parlament, das wie unser Parlament festgelegt hat, dass jeder Professor eine Stunde mehr erbringen muss, dass aber alle Stellen, die dadurch rechnerisch eingespart werden könnten, nicht zurückgegeben, sondern draufgesattelt werden. Das ist ohne Zweifel ein Plus, gemessen an dem, was wir insgesamt tun. Die Behauptung, hier würde jemand schlechter gestellt, ist schlicht und einfach infam.

Ausdrücklich haben wir beschlossen, dass die Hochschulen selbst ihre Zielsetzungen bestimmen und dass dies mit einem systematischen Zuwachs aus den Privatisierungserlösen aus der Veräußerung der Eon-Anteile verbunden ist. Der größte Zuwachs, der im Moment im Bayerischen Staatshaushalt vergeben wird, wird für das Wissenschaftsressort vergeben. Sie können deshalb nicht sagen, wir würden nicht das Unsere tun.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Und den Assistenten haben Sie es genommen!)

Die Professoren halten unentgeltlich mehr Unterricht. Wir bekommen Stellen. Wir geben den Großteil des Geldes aus dem Innovationsfonds in die Hochschulen hinein. Im Gegenzug aber erwarten wir von den Studierenden, gegebenenfalls auch von ihren Eltern, einen Beitrag. Notfalls können sie sich durch ihre eigenen Leistungen, wenn sie eine Spitzenleistung erbringen, den Erlass der Gebühr verschaffen, egal wie viel die Eltern verdienen. Notfalls wird ihnen die Gebühr bis nach dem Studium gestundet. Wenn wir das von den Studierenden verlangen, sagen Sie, das sei unsozial. Ich finde, das ist eine Gemeinschaftsleistung, die ein Kompliment verdient, was wir auch gemeinsam den Studierenden klarmachen müssen.

(Beifall bei der CSU)

Wenn Sie draußen aber so hetzen wie heute Mittag hier in diesem Hause, weiß ich, was uns in den nächsten Monaten bevorsteht. Ich bin dafür gewappnet. Ich werde genauso ruhig wie hier darauf antworten. Wenn es allerdings recht heftig und polemisch wird, werde ich genauso polemisch zurückantworten.

Ich bitte Sie darum, dass Sie den Antrag der CSU-Fraktion unterstützen und damit etwas Konstruktives für die Hochschullandschaft tun. Die anderen beiden Anträge bitte ich Sie abzulehnen. Ich entschuldige mich schon jetzt, weil ich nach Berlin fahren muss, um mich mit Frau Bulmahn über die Schlussfolgerungen von gestern zu streiten. Das ist nun einmal mein Geschäft als BLK-Vorsitzender. Es war mir aber wichtig, heute Mittag hier zu sein.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Dr. Spaenle.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir stehen in der Tat an einer Weggabelung der deutschen Hochschulpolitik. Ich will nur ein Wort zu dem Urteil von gestern sagen: Wer aus ideologischer Ignoranz sehenden Auges die deutsche Verfassung verletzt,

(Margarete Bause (GRÜNE): Wie der Herr Stoiber!)

den kann man in der Bildungspolitik in Deutschland nicht mehr ernst nehmen.

(Beifall bei der CSU)

Soviel zur Rolle von Frau Bulmahn.

Frau Kollegin Rupp, was Sie hier geboten haben, war schon ganz stark. Das war ein schlechter Aufguss alter Klassenkampfrhetorik, die Sie, von den Höhen Giesings kommend, wesentlich besser beherrschen müssten. Das war wirklich nicht einmal mehr bemerkenswert. Ein Bildungsimport, ein neoliberales ökonomisch-ökonomistisches Bild der Studierenden, wahrscheinlich alle mit entsprechenden Anzügen – ich weiß nicht, woher Sie das

haben. Ich bin jetzt gemeinsam mit Ihnen seit einem Jahr auf dem Feld der Hochschulpolitik tätig. Aber ich kann mich nicht erinnern, dass die werten Kollegen Ihrer Fraktion sich auch nur einmal so eingelassen hätten. Wer so spricht, zu dem kann man nur sagen: Honi soit qui mal y pense.

Der Entwurf von Wissenschaftspolitik, den hier heute Frau Kollegin Gote geboten hat, war furchtbar. Die Unterstellungen gegenüber dem Herrn Staatsminister weisen wir aufs Schärfste zurück. Sie haben von „einseitiger Blindheit“ für die sozialen Belange der Studierenden geredet. Wenn es jemanden gibt, der sich um die Ausschöpfung der Bildungspotenziale, völlig unabhängig von der sozialen Herkunft, für die Studierenden sorgt und bemüht, dann ist das Herr Staatsminister Goppel.

Höchst bedenklich allerdings im Zusammenhang mit dieser wichtigen Weichenstellung für die Hochschulpolitik ist, dass Sie eine Sozialneiddebatte in so zündlerischer Absicht „anblasen“, wie ich es in diesem Hause schon lange nicht mehr gehört habe. Wir werden uns Ihren Versuchen, in dieser Frage zu zündeln und Feuer an die Lunte zu legen, mit aller Vehemenz widersetzen. Wir stehen in der Tat vor einem Paradigmenwechsel in der Hochschulpolitik. Durch den Urteilsspruch des Bundesverfassungsgerichts wurde ein wichtiger Schritt möglich. Wir müssen in einer veränderten hochschulpolitischen Landschaft, in der der Wettbewerb von draußen kommt und von innen angenommen wird, in der Autonomie für die einzelne Hochschule nicht nur mehr Freiheit, sondern auch mehr Verantwortung bedeutet, intensiv über die Frage nachdenken, welche Rolle und politische Bedeutung den Studierenden in der akademischen Ausbildung der Zukunft zugemessen wird.

Eine akademische Ausbildung, egal welcher Ausbildungsgattung, bietet nach wie vor die höchsten individuellen Aufstiegsmöglichkeiten. Die Hochschule wird und muss sich mehr der Lehre zuwenden. In dieser Umgebung geht es darum, einen verantwortlichen, sozial angemessenen Eigenbeitrag der Studierenden zu definieren, die ihre Rolle stärker vom Objekt hin zum Subjekt verschiebt und zum wahrgenommenen Gegenstand und Kern der Lehre macht. Wer sich einer solchen Überlegung entzieht und auf Sozialneiddebatten ausweicht, handelt bei einer der wichtigsten Weichenstellungen, die wir in der Hochschulpolitik vornehmen müssen, an der Schwelle des 21. Jahrhunderts unverantwortlich.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Wer hat denn die MensaVerkäuferin ins Spiel gebracht?)

Frau Gote, an Ihrer Stelle als Vertreterin der bayerischen GRÜNEN wäre ich besonders still; denn wesentliche Vertreter Ihres Landesverbandes haben sich in der Frage der Einführung von Studiengebühren um 180 Grad anders verhalten als Sie. Herr Hartmann, Herr Wiedemann oder Frau Hörlein haben sich diesem Gedanken wesentlich offener angenähert.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Haben Sie gehört, was sie gestern gesagt haben?)

Worum geht es? Wir wollen – und wir halten dies für wissenschaftspolitisch geboten – die Annahme der Studierenden als Subjekte im Verhältnis akademischer Lehrer zu den Studierenden durch einen angemessenen und sozialverträglichen Eigenbeitrag der Studierenden ganz neu definieren. Wer sich hier anstrengt – das ist Ausfluss unseres neuen hochschulpolitischen Grundkonzepts mit Überwälzung von Autonomie –, der wird unmittelbar materiell belohnt. Für den Hochschullehrer wird es sich ganz individuell lohnen, wenn er sich mit den Studierenden in ganz anderer Weise auseinander setzt als bisher. Das ist für uns der strategische Grundansatz zur Einführung von Studiengebühren: Es geht um das Verhältnis von Lehrenden und Lernenden in Zeiten hoher Studierendenzahlen, die wir aus strategischen Gründen über lange Zeit brauchen – Stichwort: rohstoffarmer Standort Bayern.

Wenn wir diesen strategischen Grundansatz als richtig erachten, kommt der zweite Punkt, nämlich die sozialpolitische Verträglichkeit. Im Unterschied zu dem, was Sie in diesen Tagen von sich geben – 500 Euro pro Monat, volle Abzahlungsfähigkeit bereits während des laufenden Studiums und so weiter, was draußen alles zu hören ist, wir sind ja unterwegs, vielleicht im Gegensatz zu Ihnen –, ist die Sozialverträglichkeit das Kernstück unserer Überlegungen zur Einführung von Studiengebühren. Das ist nicht erst jetzt vom Himmel gefallen, sondern seit über einem Jahr definieren die CSU-Landtagsfraktion und die CSU die Rolle von Studiengebühren genau nach diesen Maximen: Sie sind wissenschaftspolitisch-strategisch geboten und sozialverträglich auszugestalten bei nachlaufender Abfinanzierung und entsprechender Begleitung durch Bildungskredite mit geringstmöglichem Verwaltungsaufwand.

Jetzt kommt Punkt drei, und insofern ist auch die entsprechende Ziffer des SPD-Antrags falsch und eine Unterstellung: Wir haben mit der Stimme des Staatsministers der Finanzen vor genau einem Jahr in Wildbad Kreuth bereits beschlossen, dass die Mittel, die aus den Studiengebühren kommen, in vollem Umfang in den Hochschulen verbleiben. Dies steht auch heute wieder als dritter Eckpunkt in unserem Antrag.

(Adelheid Rupp (SPD): Der ist doch so weit wie möglich gefasst, ein Grundsatzbeschluss!)

Dieser Grundsatzbeschluss ist im vergangenen Herbst gefasst worden, er ist im Januar dieses Jahres wieder erneuert worden.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Und was ist mit den 10 %, die in den … Topf fließen sollen?)

Wir stehen am Beginn einer intensiven Modelldebatte.

(Wolfgang Vogel (SPD) meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Ich möchte meine Ausführungen zu Ende bringen, wir können dann gern im weiteren Dialog miteinander darüber sprechen.

Wir wollen, dass diese Mittel ausschließlich für die Lehre zur Verfügung gestellt werden. Das sind die Rahmenbedingungen, unter denen wir es wissenschaftspolitisch für geboten und sozialpolitisch für vertretbar halten, einen Eigenbeitrag von Studierenden für die Verbesserung ihrer konkreten Studiensituation in Bayern einzuführen.

(Beifall bei der CSU)

Mir liegt die Wortmeldung des Kollegen Prof. Dr. Stockinger vor.