Protokoll der Sitzung vom 16.02.2005

(Zahlreiche Abgeordnete verlassen den Sitzungs- saal)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie müssen jetzt nicht fluchtartig den Saal verlassen. Die Fragen sind alle sehr interessant.

(Allgemeine Heiterkeit – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ich bitte um Ruhe für die Fragesteller. Erster Fragesteller ist Herr Kollege Nöth. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Staatsminister, angesichts eines Presseartikels in den „Nordbayerischen Nachrichten“ vom 28.01.2005 – Seite 21 – mit der Überschrift „S-Bahn bleibt ungewiss“ frage ich die Staatsregierung, wie sie in Anbetracht der dort verbreiteten Tatsachen und Vermutungen aus ihrer Sicht der Dinge die Realisierung der S-BahnStrecke von Nürnberg nach Forchheim heute bewertet, wann der Bund endlich seinen 60 %-igen Anteil an dem Projekt zusagt, und wann der erste Spatenstich frühestens erfolgen könnte.

Herr Präsident, Hohes Haus! Wir halten an der Zielsetzung fest, dass wir den Bau der S-Bahn Nürnberg – Erlangen – Forchheim bis zum Jahr 2010 realisieren. Der Bau- und Finanzierungsvertrag ist für den bayerischen Anteil, für die 40 %, bereits im letzten Jahr, im Februar unterschrieben worden. Der Vertrag liegt in Berlin auf. An der Finanzierung des 60 %-igen Bundesanteils für die SBahn-Maßnahmen aus dem GVFG-Topf besteht derzeit kein Zweifel. Ich hoffe, dass dieser Topf nicht gekürzt wird, es sollte aber eigentlich alles klar sein für die S-Bahn-Strecke.

Die DB AG hat den Finanzierungsvertrag mit dem Freistaat aber noch nicht unterzeichnet. Sie hat auch noch nicht den GVFG-Antrag beim Bund eingereicht, und zwar deshalb, weil die so genannten Zusammenhangmaßnahmen zwischen Nürnberg und Fürth – das sind die Fernbahnmaßnahmen – gleichzeitig mit dem S-Bahn-Ausbau durchgeführt werden müssen, und die sind noch nicht gesichert. Von den Fernverkehrsmitteln ist lediglich ein Anteil von 10 Millionen Euro eingestellt, und der reicht bei weitem nicht aus, um die notwendigen Maßnahmen zwischen Nürnberg und Fürth durchzuführen. Die S-Bahn kann erst dann in Angriff genommen werden, wenn auch diese Maßnahmen sichergestellt sind, das ist zumindest der Standpunkt der Bahn und des Bundes.

Erste Maßnahmen im Abschnitt Nürnberg – Fürth können mit den 10 Millionen Euro allerdings durchgeführt werden. Recht weit kommt man dabei allerdings nicht, weil der Gesamtbedarf bei 118 Millionen Euro liegt. Die sollten vom Bund erbracht werden. Im letzten Jahr war von Vertretern der SPD und der GRÜNEN angekündigt worden, dass diese Mittel bis Ende 2004 sichergestellt würden. Bis heute sind die 118 Millionen Euro aber noch nicht sichergestellt, es geht nichts weiter.

Noch eine Zusatzfrage, Herr Staatsminister. Sie haben sicherlich Verständnis, dass die Bürger, die Anwohner, insbesondere aber die Pendler im Nahraum Nürnberg im Moment sehr verunsichert sind, weil über diese Strecke fast täglich neue Meldungen im

Umlauf sind. Ich darf deshalb noch einmal nachfragen: Sind Sie also der Meinung, dass bis zum Jahr 2010 höchstens im Bereich der Strecke Nürnberg – Fürth eine Verbesserung erreicht werden kann und dass erst nach dem Jahr 2010 mit der Weiterführung dieser Strecke bis Forchheim begonnen werden kann?

Nein, der Meinung bin ich nicht. Es ist so: Wenn in diesem Jahr begonnen werden kann, zunächst mit kleineren Maßnahmen, und dann die Finanzierung der Zusammenhangmaßnahmen erfolgt, wenn dann die Finanzierung für die S-Bahn sichergestellt werden kann, dann könnte, auch nach den Aussagen der Bahn, die Gesamtstrecke noch bis zum Jahr 2010 fertig werden. Das ist wichtig, doch dann müsste noch in diesem Jahr mit der Maßnahme begonnen werden und die Sicherstellung der Finanzierung erfolgen.

Der Bund doktert daran herum. Wir haben dem Bund angeboten, mit dem Bau von der Endstation aus zu beginnen, sprich: von Forchheim aus. Die Zusammenhangmaßnahmen könnten dann in ein paar Jahren gebaut werden und wären dann auch bis 2010 fertig. Darauf hat sich der Bund bisher nicht eingelassen. Mir geht es darum, dass wir jetzt möglichst zügig eine Finanzierungslösung erhalten, damit der Termin 2010 noch eingehalten werden kann. Wenn sich das allerdings weiter verzögert, kann der Termin nicht mehr eingehalten werden.

Eine weitere Frage: Sie haben in diesen Tagen sicherlich auch gehört, dass der Bund plant, unter Umständen eine weitere Milliarde aus dem gesamten Investitionsbereich zu streichen. Hätte dies Ihrer Meinung nach Auswirkungen auf diese Maßnahme?

Herr Staatsminister.

Wenn der Bund in die GVFG-Töpfe eingreift, was ja angekündigt war, dann aber wieder zurückgenommen worden ist – jetzt ist das in der Schwebe –, bekommen wir bei den Finanzierungsmaßnahmen über das GVFG, die von Bundesseite erfolgen, mit Sicherheit Probleme. Dann kommt es darauf an, was alles rechtzeitig abgesichert werden kann. Dann kommt aber einiges ins Schwimmen.

Gut, danke sehr!

Nächste Frage: Frau Kollegin Dr. Kronawitter. Bitte schön.

Herr Staatsminister, was waren für das Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie die Gründe, die Warengruppe Fahrräder aus dem zentrenrelevanten Sortiment zu nehmen, welche Wirkung wird diese Entscheidung auf den einschlägigen Fachhandel in Bayern voraussichtlich haben, und ist vorgesehen, im Zuge der Neufassung des Landesentwicklungsprogramms die Warengruppen hinsichtlich zentrenrelevant/nicht zentrenrelevant neu zuzuordnen?

Herr Staatsminister.

Frau Kollegin, ausschlaggebend für die Zuordnung des Sortiments Fahrrad zur Gruppe der nichtinnenstadtrelevanten Sortimente war die Veränderung der Handelsform für dieses Sortiment, die in den letzten Jahren stattgefunden hat. Die Entwicklung läuft in Richtung zunehmender Sortimentstiefe und weiterer Spezialisierung. Der Kunde verlangt in der Regel eine größere Auswahl. Er verlangt nicht nur das einfache Rad; er verlangt Mountainbikes, Trekking-Fahrräder etc., er verlangt Teststrecken, auf denen er es gleich ausprobieren kann, und er verlangt Flächen für Reparatur, Montage etc. Die hierfür notwendigen Flächen sind in Innenstadtlagen in der Regel kaum mehr verfügbar. Es sind wenige, die das noch machen. Das, was nach den neuen Ansprüchen erforderlich ist, kann in den Innenstädten in der Regel nicht mehr dargestellt werden.

Eine Einschätzung der Auswirkungen auf den einschlägigen Fachhandel in Bayern durch die geänderte Zuordnung des Sortiments kann ich heute nicht treffen. Großflächige Fahrradmärkte sind in den Innenstädten aufgrund der gestiegenen Flächenanforderungen nicht mehr realisierbar, auch schon aufgrund kaufmännischer Überlegungen. Die Firmen machen dies auch nicht mehr. Diese Vorhaben siedeln sich demnach bevorzugt in Stadtrandlagen an. Die Zuordnung spiegelt somit die Veränderung in der Handelslandschaft wider.

Erste Zusatzfrage: die Fragestellerin. Frau Kollegin, bitte.

Herr Staatsminister, der Fachhandel für Fahrräder beklagt diese Entscheidung sehr, weil er bisher einen Anteil am Gesamtumsatz in Höhe von 50 % hatte. Sie sagen, Sie können die Wirkung nicht abschätzen. Ich bitte Sie aber doch, eine Einschätzung vorzunehmen, inwiefern sich der Fachhandel von den Innenstädten ins Umland verlagern wird.

Herr Staatsminister.

Die Lage ist schlicht und einfach so, dass die bestehenden Geschäfte auch bestehen bleiben können, dass neue Investoren aber nicht mehr in die Innenstädte gehen. Das ist Faktum. Deswegen können Sie das Fahrrad bei Neuinvestitionen nicht mehr dem innenstadtrelevanten Sortiment zurechnen. Das ist die Entwicklung im Markt, und diese kann ich in diesem Fall auch nicht aufhalten.

Weitere Zusatzfrage: Frau Kollegin.

Herr Staatsminister, hat Ihre Entscheidung, die im Haus wohl auch strittig diskutiert wurde, etwas damit zu tun, dass es einen ganz konkreten Investor in Garching gab, der dort aber offenbar von der Planungsseite nicht mehr unterstützt wird?

Herr Staatsminister.

In den Diskussionen mit mir hat das keine Rolle gespielt. Der Fall ist mir nicht bekannt, echt nicht.

(Dr. Hildegard Kronawitter (SPD): Echt nicht?)

Nein! Ich kenne ihn nicht. In der Diskussion mit mir hat das keine Rolle gespielt. Ich bin jetzt überrascht. Ich bin nicht davon ausgegangen, dass dies von irgendeinem Einzelfall abhängig gemacht worden wäre. Ich müsste nachfragen, ob das auf Fachebene eine Rolle gespielt hat.

(Dr. Hildegard Kronawitter (SPD): Dort war ein großes Projekt vorgesehen!)

Weitere Zusatzfrage: Frau Kollegin. Sie haben noch eine.

Herr Staatsminister, ich glaube, Sie sehen mir nach, dass ich das nicht direkt in eine Frage kleiden kann. Tatsache ist aber, dass dort ein sehr großes, ein etliche tausend Quadratmeter großes Projekt vorgesehen war und sich ein früherer Investor sehr enttäuscht zeigte, weil er bis vor kurzem nur einen kleineren 800 Quadratmeter großen Raum ermöglicht bekommen hätte. Wie werten Sie diese Informationen, die im Fachhandel jetzt die Runde machen?

Herr Staatsminister.

Dem muss ich nachgehen. Das ist meines Wissens nicht über meinen Tisch gelaufen. Ich gehe dem aber gerne nach. Ich kann jetzt, offen gesagt, keine klare Auskunft geben, aber ich kann Sie gern informieren. Ich gehe der Sache nach. In Garching bei München?

(Dr. Hildegard Kronawitter (SPD): Ja!)

Gut.

Ich darf dann für die nächste Frage Frau Kollegin Peters aufrufen. Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Präsidentin! Herr Staatsminister, wie sollen Gemeinden, die für den Donauausbau mit Ausgleichsflächen übermäßig herangezogen werden, entlastet oder entschädigt werden, und wie will man der Landwirtschaft entgegenkommen, die mit circa 40 Zentimeter Grundwassererhöhung und entsprechender Vernässung zu rechnen hat, und sieht die Staatsregierung darüber hinaus in der Ausweitung der Retentionsflächen eine Alternative zu den zum Teil 6,50 Meter hohen Deichen bei allen Varianten des Donauausbaus?

Herr Staatsminister.

Hinsichtlich des Hochwasserschutzes sind nicht alle Varianten gleich. Sie wissen mit Sicherheit, dass die Variante A mehr Hochwasserschutz als alle anderen Varianten erfordert. Insofern gibt es bei der Variante A mehr Probleme. Das verschweigt man gerne. Bei dieser Variante gibt es einen Anstieg des Grundwasserspiegels und sind mehr Retentionsflächen erforderlich. Die Anhänger der Variante A verschweigen das immer.

Ich kann Ihnen aber heute die Frage nach Ausgleichsflächen und Entschädigungen nicht beantworten, weil sich diese Fragen nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens stellen. Wir sind im Raumordnungsverfahren. Dort gibt es auch nicht die parzellenscharfe Abgrenzung, die dann im Planfeststellungsverfahren möglich ist. Das Planfeststellungsverfahren findet nach dem laufenden Raumordnungsverfahren statt.

Die Schaffung von neuen Retentionsflächen durch Deichrückverlagerungen wurde im vorliegenden Hochwasserschutzkonzept bereits berücksichtigt. Eine weitere Ausweitung von Retentionsflächen ist der Bevölkerung im Donautal wohl kaum zumutbar – das nehme ich an. Die Frage lässt sich heute aber nicht beantworten, weil die Datengrundlage noch nicht vorliegt.

Eine Zusatzfrage: Bitte schön, Frau Kollegin.

Herr Staatsminister, Sie stimmen mir doch zu, dass die Menschen an der Donau über die Auswirkungen informiert werden sollen. Ich frage Sie: Wie, glauben Sie, sollen sich die Kommunalpolitiker, die Bürgermeister und Interessierte objektiv informieren können, wenn sie rund 4000 Seiten Raumordnungsunterlagen haben? Wenn man für jede Seite drei Minuten rechnet, müssen sie 25 Tage lang acht Stunden nonstop lesen – von den quadratmetergroßen Plänen ganz zu schweigen. Wie stellen Sie sich das vor?

Herr Staatsminister.

Erstens. Ich muss zunächst sagen, dass Sie zu denen gehört haben, die darauf gedrängt haben, dass alle möglichen Untersuchungen möglichst gründlich gemacht werden.

(Beifall bei der CSU)

Sich heute darüber zu beklagen, ist etwas sonderbar.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Sie beklagt sich doch nicht!)