Protokoll der Sitzung vom 16.02.2005

Förderschulen die Lehrer für das Gymnasium und für die Realschule abziehen.

Ich möchte hier nicht missverstanden werden. Ich spiele die Schularten nicht gegeneinander aus. Ich fordere frisches Geld, um alle Schularten zu ihrem Recht kommen zu lassen.

Die Realschulen habe ich schon erwähnt. Sie brauchen mindestens 800 Lehrer mehr, um zu einer vernünftigen Klassenstärke zu kommen.

Den Gymnasien streichen Sie 50 Stellen aus der Kollegstufenanrechnung. Der Arbeitsmarkt für Mathematik- und Physiklehrer ist leergefegt. Mich persönlich wundert es, dass Sie das erst erkannt haben, nachdem Sie das G 8 eingeführt haben. Ich glaube, kompetente Planer hätten es früher gewusst, ehe sie das achtjährige Gymnasium eingeführt haben. Herr Stoiber hat Ihnen aber nun etwas befohlen, und Sie als willfährige Erfüllungsgehilfen Ihres Herrn haben die Befehle befolgt. Die Ausgestaltung des G 8 bleibt nebulös, denn im Moment wagt keiner mehr zu sagen, wie das G 8 und die Intensivierungsstunden umgesetzt werden sollen.

Ich möchte auch noch die Migrantinnen und Migranten erwähnen. Frau Hohlmeier, Sie haben vorhin gesagt, wie viel Sie für die Migrantinnen und Migranten tun. In einer Studie ist aber Folgendes herausgekommen: Die Bildungssituation der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund fällt in Bayern vergleichsweise schlecht aus. Dies zeigt sich an den hohen Quoten ausländischer Schulentlassener ohne Abschluss. Ich werde das bei dem hochgezogenen Antrag noch einmal ausführen. Der letzte Satz dieser Studie heißt aber: „Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine gelingende Integration weit gefehlt ist.“

Sie bauen den muttersprachlichen Ergänzungsunterricht ab. In Ihrem eigenen Papier steht – ich zitiere –, dass für Sprachlernklassen kein Geld vorhanden ist. Sie bringen immer wieder Anträge ein, umschiffen aber weiträumig die Frage, wie Sie sie finanzieren, obwohl Sie das von uns immer wieder fordern, Herr Kollege Waschler. Da muss ich Ihnen sagen: Schmeißen Sie solche Anträge weg oder stellen Sie sie erst gar nicht! Gerade bei der Integration von Migrantinnen und Migranten zeigt sich Ihre Geisteshaltung ganz deutlich: dass nämlich nach dem darwinschen Gesetz die Stärkeren mit dem dicken Geldbeutel überleben und die anderen auf der Strecke bleiben. Sie, mit dem „C“ im Parteinamen, kümmert das nicht wirklich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zu den GRÜNEN-Anträgen im Einzelnen. – Meine Prämisse war es, erstens den Lehrer- und Lehrerinnennotstand zu beseitigen und zweitens qualitative Pflöcke einzuschlagen. Darüber haben wir im Rahmen der Haushaltsdebatten schon ziemlich viel gesagt. Ich habe die fehlenden Lehrer- und Lehrerinnenstellen beantragt. Mir war wichtig, im Haushalt des Kultusministeriums auch die Schulsozialarbeit langsam aufzubauen. Das Gleiche gilt für Psychologen. Ich denke, der bayerische Bildungstanker muss nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ in eine andere

Richtung gesteuert werden. Deshalb haben wir für die Qualifizierung der Lehrer und Lehrerinnen und auch für das ISB eigene Mittel beantragt.

Ein Wort noch zum Etat des Bayerischen Jugendrings. – Wir haben gefunden, dass dieser Etat zurück auf das Niveau von vor den Nachtragshaushalt 2004 zurückgeführt werden müsste. Die Haushaltssperre, die Sie jetzt ausgerufen haben, gibt mir Recht. Ich befürchte nämlich, dass die Jugend wieder wie eine Zitrone ausgepresst werden wird. Ähnliches gilt für den Sportbereich. Wir haben 1,6 Millionen Euro beantragt; die Mittel haben wir aus der Fußball-WM gegenfinanziert. Ich persönlich sehe nämlich nicht ein, dass wir die Fußball-WM sponsern, zu der nur einige wenige fahren können. Man muss für Eintrittskarten ziemlich viel Geld bezahlen; das können sich nicht alle leisten. Da bin ich doch eher für den Breitensport, Herr Kollege Waschler!

(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Das ist doch Geld für Breitensport!)

Wir haben hier in Bayern ein Bildungssystem, das drei Forderungen erfüllen muss: Erstens muss es erfolgreich sein, zweitens sozial gerecht, und drittens muss es die Schüler und Schülerinnen für die Wissensgesellschaft fit machen. Wie wir uns das vorstellen, wissen Sie längst. Darüber muss ich nicht mehr viel sagen.

Nächste Woche wird in Schleswig-Holstein gewählt, und, wie es aussieht, wird Rot-Grün wieder an den Start gehen. Dann wird in Deutschland erstmals ein Schulsystem umgestellt. Ich freue mich schon darauf, dass es sich dann mit Bayern in den Wettbewerb stellt.

Zum Abschluss möchte ich wieder in die Niederungen des bayerischen Haushalts zurückkehren, der von Geldknappheit geprägt ist. Ich möchte den Bogen zum Anfang spannen und ich hatte mit Benjamin Franklin begonnen, der Bildung für eine gute Investition hält. Ich schließe mit einem Zitat eines weiteren Amerikaners, nämlich Mark Twain. Mark Twain sagte: Bildung ist das, was übrig bleibt, wenn der letzte Cent weg ist. – Wenn Sie weiterhin so tun, als hätten Sie keinen Cent mehr übrig, dann stehen unsere Kinder eines Tages vor den verschlossenen Türen der Wissensgesellschaft.

(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Bei 8,2 Milliarden Euro?)

Das möchte ich nicht, Herr Kollege Waschler. Dafür kämpfe ich. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit, ganz besonders bedanke ich mich für die Aufmerksamkeit des Kollegen Fischer.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als Nächster hat das Wort Herr Kollege Schneider.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal sage ich an die Adresse der Opposition: Ob Sie es wahrhaben wollen oder nicht,

der vorliegende Haushalt ist ein Zeichen für die Priorität von Bildung in einer zugegeben finanzpolitisch schwierigen Zeit. Eine solche Prioritätensetzung ist nur möglich, wenn andere Haushaltsbereiche ihren Beitrag leisten und zum Teil auch Verzicht üben. Der Anteil von Schule und Hochschule beträgt nämlich zusammengenommen über 12 Milliarden Euro und damit über ein Drittel des Gesamthaushalts. Wir sind nämlich davon überzeugt, dass Bildungsinvestitionen auch Zukunftsinvestitionen sind. Da brauchen wir keine Nachhilfe von Ihnen, Frau Kollegin Tolle; das ist uns selbst bewusst.

(Beifall des Abgeordneten Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU))

Im Unterschied zu Ihnen und im Unterschied zu Ihren Kolleginnen und Kollegen, die dort Regierungsverantwortung tragen, reden wir nicht nur davon, sondern wir leisten auch unseren Beitrag. Ich möchte nur kurz auf einige Zahlen hinweisen: Der Gesamthaushalt ist in den letzten fünf Jahren um 6 % gestiegen, der Bildungshaushalt ist um 19 % gestiegen.

(Simone Tolle (GRÜNE): Das habe ich nicht bestritten!)

Auch in diesem Doppelhaushalt steigt der Bildungshaushalt stärker als der Gesamthaushalt, und die Zahl der Lehrerplanstellen ist seit 1999 um über 5300 gestiegen.

(Marianne Schieder (SPD): Jetzt geht es immer weiter zurück!)

Dankenswerterweise hat Prof. Dr. Waschler heute für Sie eine Intensivierungsstunde vor halber Klassenstärke gehalten. Er hat wiederholt, vertieft und eingeübt; irgendwann, denke ich, werden Sie das auch verstehen.

(Simone Tolle (GRÜNE): Das denken wir auch umgekehrt, Herr Kollege!)

Die Ergebnisse aller vorliegenden Vergleichsstudien geben die Spitzenstellung Bayern innerhalb Deutschlands wieder. Wo Rot-Grün die Verantwortung hat, müssen die Schüler die Zeche bezahlen. Das ist Fakt. Auch wenn Sie das nicht gerne hören, aber das müssen und können wir jedes Mal betonen.

(Beifall bei der CSU)

Wir haben das größte Unterrichtsangebot, die jüngsten Lehrkräfte – das belegt, dass wir permanent neu eingestellt haben –, wir haben die höchsten Ausgaben je Schüler und so weiter und so fort. Darauf hat Prof. Waschler bereits hingewiesen. Wir brauchen den Vergleich in Deutschland nicht zu scheuen. Wir sind gut, das wird uns in allen Studien bestätigt.

(Simone Tolle (GRÜNE): Das habe ich nicht bestritten!)

Wir sind auf jeden Fall besser als jedes rot regierte Land in Deutschland.

(Beifall bei der CSU)

Trotz schwieriger Haushaltslage haben wir zurückgehende Klassenstärken in Grund- und Hauptschule. Die durchschnittliche Klassenstärke beträgt an der Hauptschule 22, Frau Kollegin Schieder, an der Grundschule sind es 24. Das sind keine übergroßen Klassen.

(Marianne Schieder (SPD): 24? – Das ist hoch genug!)

Wir haben mehr M-Klassen, mehr M-Absolventen. Die Schüler haben damit mehr Chancen bei den Ausbildungsstellen. Wir haben damit jedes Jahr für über 10 000 Schüler den Weg von der Hauptschule über die Fachoberschule auf die Universität geöffnet, wenn sie das Zeug dazu haben und die Möglichkeit wählen. Wir haben mehr Praxisklassen und verbessern damit auch die Zukunftschancen gerade für diese Schülerinnen und Schüler. Wir haben mehr Sprachlernklassen als Voraussetzung für Integration, für Lernerfolg und letztendlich auch für gute Lebenschancen. Wir haben mehr Kooperationsklassen, mehr Außenklassen, mehr sonderpädagogische Dienste, um Integration zu ermöglichen. Wir haben im Bereich der Volks- und Förderschulen, Realschulen und Gymnasien mehr Nachmittags-, mehr Ganztagsangebote und mehr Ganztagsschulen. Wir haben die R 6 flächendeckend eingeführt,

(Simone Tolle (GRÜNE): Leider!)

und wir haben am Gymnasium Intensivierungsstunden geschaffen. Damit ist der Einstieg in eine stärkere individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler gelungen. Die Gewährleistung des breiten Unterrichtsangebots an den bayerischen Schulen ist eine große Herausforderung, das gilt aber nicht nur in Bayern. Wir negieren nicht, dass es vor Ort durchaus auch einmal zu Problemen kommen kann, wenn Lehrkräfte ausfallen. Wir negieren nicht, dass in manchen Situationen möglicherweise die mobile Reserve nicht ausreicht.

(Simone Tolle (GRÜNE): Es bleibt Ihnen ja gar nichts anderes übrig!)

Aber eines, Frau Kollegin Tolle, können wir feststellen: Außerhalb Bayerns gibt es in kaum einem Land mobile Reserven. Da fällt der Unterricht einfach aus. Wir hingegen können eine mobile Reserve mit über 2000 Planstellen stellen. Auch das gehört zur Wahrheit.

(Beifall bei der CSU)

Mit der Entscheidung von Staatsregierung und CSU-Fraktion, zusätzliche Lehrkräfte für eine gesicherte Unterrichtsversorgung bereitzustellen, zeigen wir wieder eindrucksvoll, wie wir die Herausforderungen angehen wollen. Mit 100 zusätzlichen Lehrerstellen zum Halbjahr,

(Simone Tolle (GRÜNE): Befristet bis zum Juli!)

500 zusätzlichen Lehrerstellen für das nächste Schuljahr und 300 zusätzlichen staatliche Bediensteten aus anderen Ressorts zur Entlastung der Schulen von Verwaltungsauf

gaben wird eine weitere Verbesserung der schulischen Situation erreicht.

Frau Kollegin Schieder, weil Sie wieder von den 160 Einstellungen gesprochen haben – ich habe es schon gestern zu erklären versucht; zweiter Versuch –: Ein Grund war, dass im nächsten Schuljahr eine Defizitlücke vorhanden gewesen wäre, weil aus unserer Sicht mehr Schüler früher eingeschult werden, als es mit den Haushaltsplanstellen zunächst gedacht war. Deshalb hat es die Beschlüsse in Wildbad Kreuth hinsichtlich der zusätzlichen Einstellungen gegeben. Mit diesen zusätzlichen Einstellungsmöglichkeiten wird dieser Bedarf gedeckt sein. Ich habe dies ausgeführt, damit Sie es noch einmal hören.

Mein Dank gilt allen Kolleginnen und Kollegen in der CSUFraktion, die diesen Kraftakt zugunsten von Bildung entschieden haben, besonders auch den Kolleginnen und Kollegen im Haushaltsausschuss, namentlich dem Vorsitzenden Manfred Ach und dem Berichterstatter Professor Dr. Waschler. Frau Kollegin Tolle, das ist kein Marketinggag.

(Simone Tolle (GRÜNE): Doch!)

Es ist auch nicht so, dass ich etwas anderes gefordert hätte. Unser Anliegen war, mehr Unterrichtsstunden in der Größenordnung von circa 800 Lehrerstellen zu bekommen.

(Simone Tolle (GRÜNE): Sie haben aber nur 500!)

Noch einmal, vielleicht gelingt es im zweiten Anlauf: Wir brauchen Unterrichtsstunden in der Größenordnung von circa 800 Lehrerstellen.