Protokoll der Sitzung vom 16.02.2005

(Simone Tolle (GRÜNE): 1,1 %, das ist doch lächerlich!)

zahlen wir doch mit dem Bund-Länder-Ausgleich an die hoch verschuldeten rot-grün-regierten Bundesländer oder die kommunistisch regierten Bundesländer.

(Beifall bei der CSU)

Ich halte es für Hohn, dass Sie Forderungen aufstellen, die Sie selbst nicht erfüllen könnten, die Sie in Ihren eigenen politischen Verantwortungen nirgendwo wahrnehmen. Sie geben für Marketing 4 Milliarden Euro aus, die Sie den Ländern geklaut haben – um dies deutlich zu sagen. Das Geld hätte den Ländern gehört. Das ist der Versuch, sich in die Bildungspolitik einzumischen – nichts sonst.

(Beifall bei der CSU)

Ich möchte sehr deutlich zum Ausdruck bringen: Wir übernehmen mit diesem Haushalt eine große Verantwortung. Wir geben zusätzlich Geld für die Bildung aus, und wir geben zusätzlich auch für Lehrkräfte Geld aus. Wir sind uns zwar darüber im Klaren, dass wir nicht jeden Wunsch erfüllen und auch manche Sorge nicht nehmen können. Ich lasse mich aber nicht von denjenigen kritisieren, die selbst eine Bankrotterklärung nach der anderen abgeben müssen, aber uns, die wir insgesamt eine erfolgreiche und solide Bilanz aufweisen, Ratschläge erteilen.

(Beifall bei der CSU)

In diesem Sinne bitte ich Sie, zum sachlichen Teil zurückzukehren. Über eines habe ich mich im besonderen Maße geärgert. Wenn wir die Lehrer wirklich unterstützen wollen, sollte nicht einer dem anderen, die den Lehrern Anerkennung aussprechen, Zynismus vorwerfen. Wir sollten gemeinschaftlich und parteiübergreifend die Anerkennung aussprechen.

(Beifall bei der CSU)

Wir werden den Schwerpunkt Bildung beibehalten. Wir wissen, dass auf uns riesige Herausforderungen zukommen. Wir wissen auch, dass wir manches schultern müssen. Aber wir tragen diese Verantwortung für unsere Kinder und Jugendlichen und im Bemühen, dass wir Bayern weiter voranbringen.

(Lang anhaltender Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Entwurf des Haushaltsplans 2005/2006, Einzelplan 05, sowie die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen auf der Drucksache 15/2722 zugrunde. Der Einzelplan 05 wird vom Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen mit den in der Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/2722 aufgeführten Änderungen zur Annahme empfohlen. Wer dem Einzelplan 05 entsprechend dieser Beschlussempfehlung seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Das ist die CSU-Fraktion. Danke.

Wer stimmt dagegen? – Das sind die Fraktion der SPD und die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Einzelplan mit den vom Ausschuss vorgeschlagenen Änderungen beschlossen.

Gemäß § 126 Absatz 6 der Geschäftsordnung gelten zugleich die vom Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen zur Ablehnung vorgeschlagenen Änderungsanträge als abgelehnt. Eine Liste dieser Änderungsanträge liegt Ihnen vor.

(siehe Anlage 3)

Außerdem schlägt der Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen noch folgende Beschlussfassung vor:

Das Staatsministerium der Finanzen wird ermächtigt, die aufgrund der beschlossenen Änderungen erforderlichen Berichtigungen insbesondere in den Erläuterungen, der Übersicht über die Verpflichtungsermächtigungen und den sonstigen Anlagen beim endgültigen Ausdruck des Einzelplans vorzunehmen.

Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe? – Niemand. Stimmenthaltungen?

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Das ist die Fraktion!)

Das ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Damit so beschlossen.

Unter Bezugnahme auf die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen auf Drucksache 15/2722 weise ich darauf hin, dass die Änderungsanträge auf den Drucksachen 15/ 2474 und 15/2621 ihre Erledigung gefunden haben. Das Hohe Haus nimmt hiervon zustimmend Kenntnis. Die Beratung des Einzelplans 05 ist abgeschlossen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, jetzt ist Mittagspause bis 12.30 Uhr. Anschließend folgt Tagesordnungs

punkt 10, Einzelplan 04 für den Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz. Guten Appetit!

(Unterbrechung von 12.02 bis 12.33 Uhr)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Mittagspause ist zu Ende. Ich bedanke mich bei den Kolleginnen und Kollegen, die anwesend sind, und bitte alle, die mich jetzt am Lautsprecher hören, in den Plenarsaal zu kommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Haushaltsplan 2005/2006; Einzelplan 04 für den Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz

Das Wort hat die Frau Staatsministerin. Im Ältestenrat wurde für Ihre Haushaltsrede eine Redezeit von 30 Minuten vereinbart. Frau Staatsministerin, bitte.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, Hohes Haus! Ich bedanke mich bei den Anwesenden dafür, dass Sie dem Haushalt der Justiz Ihre Referenz erweisen.

Was bekommen Sie heute für 5,50 Euro? - Dafür kann man eine günstige Pizza, fünf Liter Benzin oder, Herr Schindler, 25 Zigaretten oder aber einen leistungsfähigen Rechtsstaat bekommen. 5,50 Euro - so viel kostet die bayerische Justiz jeden Einwohner Bayerns pro Monat. Wenn jetzt der eine oder andere von Ihnen den Taschenrechner zur Hand nimmt, um nachzurechnen: Vergessen Sie dabei bitte nicht, dass die Justiz von den 1,6 Milliarden Euro an Ausgaben, die im Haushaltsplan für das Jahr 2005 vorgesehen sind, knapp die Hälfte durch eigene Einnahmen erwirtschaftet und damit den höchsten selbstverdienten Kostendeckungsbeitrag aller Geschäftsbereiche hat. Auch mit einem Anteil von nur 4,7 % am bayerischen Staatshaushalt nehmen wir unsere Verantwortung für das Ganze wahr. Der Justizhaushalt fügt sich nahtlos in die Leitlinien der Finanz- und Haushaltspolitik der Staatsregierung ein.

Wir sparen. Auch wenn es uns gewiss nicht leicht gefallen ist, können wir den Konsolidierungsbeitrag des Einzelplans 04 von 3,6 % im Jahr 2004 auf 4,2 % in den Jahren 2005 und 2006 erhöhen. Das sind immerhin 65,8 Millionen Euro jährlich und ein hart erarbeiteter Beitrag zum ausgeglichenen Staatshaushalt 2006.

Wir investieren. Trotz der schwierigen Haushaltslage konnten wir die Investitionen, das heißt die Ansätze für Hochbaumaßnahmen und für Sachausstattungen nahezu auf der gleichen Höhe wie 2004 halten. Allerdings werden wir unsere Hochbaumittel weitgehend für Sanierungen unserer Gebäude benötigen. Das heißt: Wir haben kaum mehr Geld für Neubauten.

Wir sichern die Zukunft. Mit einem ganzen Bündel von Maßnahmen - gerichtsorganisatorisch, strukturell und in der Gesetzgebung - sorgen wir dafür, dass die bayerischen Gerichte und Staatsanwaltschaften und der Strafvollzug auch in Zukunft ihre Aufgaben effizient, zügig und in hoher Qualität erledigen können, damit sich die Menschen in Bayern nicht nur wohl fühlen, sondern auch ihre innere Sicherheit gewährleistet bleibt und unser Wirtschaftsstandort gestärkt wird.

Sehr verehrte Damen und Herren, dass die bayerische Justiz ihre Aufgaben sorgfältig und auch zuverlässig erfüllt, sehen die meisten Bürger bei uns als selbstverständlich an - im Ergebnis auch zu Recht. In der Tat ist es den bayerischen Gerichten und Staatsanwaltschaften sowie den übrigen Justizbehörden auch in den zurückliegenden Jahren wieder gelungen, das in sie gesetzte Vertrauen voll und ganz zu rechtfertigen. Nun könnte dies leicht den Eindruck erwecken, die Justiz schultere die ihr übertragenen Aufgaben ohne Mühe. Das Gegenteil ist aber richtig: Die Erfüllung der Anforderungen, die an die Justiz gestellt werden, verlangt Jahr für Jahr erhebliche und immer wei

ter steigende Anstrengungen. Nur durch den hohen Einsatz und die gute Qualifikation aller Beteiligten lässt sich gewährleisten, dass wir gleichwohl gute Ergebnisse erzielen. Das möchte ich Ihnen an einigen Beispielen darlegen.

Die Belastung der bayerischen Richter, die in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen hat, rangiert im bundesweiten Vergleich an erster Stelle. Eindrucksvoll hat dies die PEBB§Y-Studie bestätigt. Auch die bayerischen Staatsanwälte sind nach den Feststellungen von PEBB§Y mit 142 % im bundesweiten Vergleich deutlich überdurchschnittlich belastet. So ist es auch überhaupt nicht verwunderlich, dass Staatsanwältinnen und Staatsanwälte laufend ohne Ausgleich in erheblichem Umfang Überstunden leisten und auch am Wochenende arbeiten.

Die steigende Kriminalität und die erfolgreiche Arbeit der bayerischen Strafverfolgungsbehörden spiegeln sich auch im Strafvollzug wider. Mit über 13 000 Gefangenen zum 31. Januar dieses Jahres haben wir den absoluten Höchststand in den bayerischen Gefängnissen seit dem Jahr 1948 erreicht. Im Hinblick auf die Zunahme schwerer Kriminalität und die große Zahl von Häftlingen aus anderen Staaten und Kulturkreisen und den damit einhergehenden Problemen stellt dies die circa 5000 Bediensteten des bayerischen Justizvollzugs vor gewaltige Herausforderungen und erfordert erhebliche Anstrengungen, damit wir die Qualität des Behandlungsvollzugs aufrechterhalten können und die Sicherheit für die Bevölkerung weiterhin gewährleisten können.

Gerade Letzteres ist ein Markenzeichen bayerischer Vollzugspolitik. Einmalig in der Geschichte des bayerischen Justizvollzugs ist es deshalb, dass seit über zwei Jahren keinem Gefangenen ein Ausbruch aus bayerischen Gefängnissen gelungen ist. Dabei muss der bayerische Steuerzahler diesen Erfolg nicht teuer erkaufen - ganz im Gegenteil: Im Vergleich mit den anderen Ländern hat Bayern mit rund 70 Euro die geringsten Kosten für den Haftvollzug pro Gefangenen und Tag aufzuweisen.

Lassen Sie mich noch eine Zahl nennen, die mich ganz besonders freut - zeigt sie doch, dass die Justiz längst keine Männerdomäne mehr ist: Von den im letzten Jahr neu eingestellten Richtern und Staatsanwälten waren sage und schreibe 55 % Frauen.

Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, so wichtig personelle Verstärkungen oder zusätzliche finanzielle Mittel in dem einen oder anderen Bereich sind - die ständig steigenden Anforderungen können wir nicht mit einem insgesamt steigenden Personalkörper beantworten. Die Verschuldung der öffentlichen Haushalte hat einen Stand erreicht, der zwingend eine konsequente Konsolidierungspolitik erfordert. Dazu hat auch die Justiz wie alle anderen Ressorts einen angemessenen Beitrag zu leisten.

Die bayerische Justiz will das auch und geht diese Herausforderung offensiv und erfolgreich an. Wir unternehmen alle Anstrengungen, um unser Potential optimal zu nutzen. Auch vor noch so schmerzlichen Strukturreformen scheuen wir nicht zurück, und wir zeigen mit einer

ganzen Reihe von Projekten, dass wir unsere Kapazitäten noch effektiver auf die wirklichen Schwerpunkte konzentrieren. So führen wir die Modernisierung von Geschäftsabläufen in unseren Gerichten und Staatsanwaltschaften mit Hilfe speziell ausgebildeter Organisationsberater und durch die Einrichtung von Qualitätszirkeln konsequent fort. Innovative Maßnahmen der Qualitätssicherung treten verstärkt neben die herkömmliche Fortbildung, damit die Zusammenarbeit zwischen den Entscheidungsträgern und den Serviceeinheiten optimal funktioniert.

Teambildungsseminare mit professioneller Unterstützung, Ausbildung justizeigener Moderatoren, die verstärkte Schulung von Richtern, Staatsanwälten und Rechtspflegern beim IT-Einsatz, ein Tutorensystem für junge Bedienstete, insbesondere für neu ernannte Richter, und zeitgemäße Maßnahmen der Arbeitsbegleitung möchte ich hier als Beispiele nennen.

Mit dem Projekt bajTECH 2000, dem größten bisher durchgeführten Modernisierungsprojekt der bayerischen Justiz, werden Gerichte und Staatsanwaltschaften auf Hightech-Standard gebracht und auf die Anforderungen der Zukunft vorbereitet. Dabei steht an erster Stelle die Modernisierung aller für den IT-Einsatz geeigneten Arbeitsplätze durch eine Ausstattung mit modernsten vernetzten PC-Systemen. Im Zuge der Umsetzung wurden seit Ende 2002 über 6000 PC-Systeme an den Arbeitsplätzen installiert. Damit ist beinahe die Hälfte des gesamten Roll-Out erreicht.

Um diesen wichtigen Schwerpunkt der Modernisierung und der Motivation weiter voranzutreiben, konnten wir trotz der schwierigen Haushaltslage die Mittel für die ITAusstattung der bayerischen Gerichte, Staatsanwaltschaften und Gefängnisse deutlich erhöhen. Damit ist sichergestellt, dass wir das Projekt bajTECH 2000 plangemäß fortsetzen können.

BajTECH 2000 bleibt aber nicht nur in den Justizbehörden. Im Rahmen dieses Projekts werden mittel- und langfristig etwa 200 Telearbeitsplätze eingerichtet. Das ist vor allem für die interessierten Frauen, aber auch für die Justiz ein Gewinn, der dadurch Vertretungen und der mit einem Wechsel verbundene Verlust an Know-how erspart bleiben.

Die Sicherung unserer Zukunftsfähigkeit erfordert aber auch den Mut zu strukturellen Reformen, selbst wenn dies im Einzelfall nicht immer leicht ist. Ich nenne nur die Auflösung des Bayerischen Obersten Landesgerichts und den Beschluss, die amtsgerichtlichen Zweigstellen innerhalb der nächsten fünf Jahre mit den Hauptgerichten zusammenzulegen. Damit stellen wir gerichtsorganisatorische Weichen dafür, dass die bayerischen Gerichte auch in Zukunft ihre Aufgaben effizient, zügig und in der gewohnten Qualität erledigen können.

Da unsere Gerichte und Staatsanwaltschaften die Belastbarkeitsgrenze erreicht haben und zusätzliches Personal nicht finanzierbar ist, müssen wir durch echte Reformen und neue Ideen die Gerichtsverfahren und -strukturen überprüfen und ändern, neue Formen der Konfliktbewältigung aufgreifen und erproben. Vorsorgende, präventive

und prozessvermeidende Strategien sowie außergerichtliche Verfahren sind ebenso gefragt wie die Reduzierung der Instanzen und die Bündelung der Gerichtszweige. Ich nenne hier die Zusammenfassung von Zuständigkeiten beim Großen Familiengericht als Beispiel und die Eingliederung des Wohnungseigentumsverfahrens in die Zivilprozessordnung.

Wir müssen uns fragen, wie wir die Rechtssicherheit, den Rechtsfrieden und die Qualität unserer dem Rechtsstaat verpflichteten Justiz noch effektiver und wirtschaftlicher gewährleisten können. An erster Stelle möchte ich in diesem Zusammenhang die Große Justizreform nennen. Die Justizministerinnen und Justizminister sind im Sommer letzten Jahres übereingekommen, ein Gesamtkonzept für eine leistungs- und zukunftsfähige Justiz zu erarbeiten. An diesem Projekt beteiligt sich auch mein Haus sehr engagiert, nämlich mit über 50 konkret unterbreiteten Vorschlägen.

An dieser Stelle ist nicht Raum, näher auf dieses Großvorhaben einzugehen. Wichtig ist mir aber, dass es sich um eine Reform für die Justiz handelt, eine Reform, die ihr die Möglichkeit eröffnen soll, ihre Aufgaben noch besser zu erledigen. Dabei muss es auch Inhalt der Reform sein, neue und unkonventionelle Wege zu gehen und Visionen zu wagen. Schon vor und neben den Überlegungen zur Großen Justizreform hat die bayerische Justiz mit einer Vielzahl von Projekten erfolgreiche Anstrengungen unternommen, um ihre Schlagkraft und vor allem den Bürgerservice weiter zu verbessern.