Protokoll der Sitzung vom 05.04.2005

gibt es in der Bundesrepublik noch 1750 Dieselloks, die das Anforderungsprofil in Sachen Filter auch erfüllen müssen.

Ein weiterer Punkt ist – ich meine, es ist notwendig, noch viel intensiver eine Kooperation zu versuchen –, zumindest mit den in Bayern ansässigen Automobilherstellern dieses Thema noch stärker, noch engagierter aufzugreifen und dieses Thema in Forschung und Entwicklung technologisch noch intensiver anzugehen.

Herr Kollege Wörner, diesbezüglich verstehe ich Ihre Kritik überhaupt nicht, oder aber Sie haben es noch nicht gelesen –: Unter Punkt 5 des Maßnahmenpakets steht, dass die Staatsregierung den betroffenen Kommunen, die die strengen europäischen Grenzwerte überschreiten, grünes Licht für verkehrsleitende Maßnahmen gibt. Dies ist die konsequente Weiterführung der Beschlüsse, die wir im Oktober im Umweltausschuss in Sachen Luftreinhaltepläne zusammen mit den Aktionsplänen und Maßnahmen gefasst haben.

Ich möchte einen weiteren Punkt ansprechen. Natürlich hilft es den Menschen vergleichsweise wenig, wenn wir auf andere Bereiche verweisen. Um aber die Diskussion zu versachlichen, insbesondere was den europäischen Raum anbelangt, darf ich noch einmal auf den „Focus“ zurückgreifen und daraus zitieren, wie es denn in anderen europäischen Staaten mit der Umsetzung, beziehungsweise mit der Reaktion auf die EU-Luftreinhalterichtlinie aussieht, die am 1. Januar 2005 in Kraft getreten ist. Meine Damen und Herren, Sie können dort lesen, dass zum Beispiel in Frankreich, in Paris, trotz Tagesspitzenwerten von 100 bis 120 Mikrogramm pro Kubikmeter ein Fahrverbot für Lkw erst ab 360 Mikrogramm pro Kubikmeter erlassen wird. Das ist zumindest ein zarter Hinweis darauf, wie manche Staaten mit dieser Richtlinie umgehen.

Ich meine, es ist nicht unkeusch, vor dem Hintergrund der gestrigen neuen aktuellen Wachstumsprognose der EUKommission die Aspekte Planungssicherheit und hysterische Verunsicherung mit Blick auf Wachstum, Arbeit, Arbeitslosigkeit und Arbeitsmarkt nicht völlig vom Tisch zu kehren.

Auch dies ist ein Aspekt, den wir gerade vor dem Hintergrund der Zusammenarbeit zwischen Ökologie und Ökonomie an diesem sensiblen Punkt und auch in dieser Umweltdiskussion dick unterstreichen und betonen müssen. Dies fordern wir ein, und dies möchte ich auch heute tun.

Ein letzter Punkt. In dem Maßnahmenpaket kommt zum Ausdruck, dass es nicht bei Einzelaktionen bleiben darf. Ich bin schon froh darüber, dass selbst Trittin mittlerweile vor Einzelaktionen wie einzelnen Sperrungen oder Citymaut warnt. Man darf den Leuten nicht weismachen, man könnte mit Maßnahmen, die die GRÜNEN bereits vor 20 oder 30 Jahren auf ihren Tagesordnungen stehen gehabt haben, diese Probleme lösen. Es wäre eine Verachtung des ehrlichen Bemühens der Menschen, wenn man meint, mit diesen vordergründigen Aktionen so große Probleme auch nur im Ansatz lösen zu können.

Daher ist es wichtig – dies werden wir mit unserem Antrag im Umweltausschuss auch noch einmal aufgreifen –, dass wir über die Problematik und Thematik Feinstaub nicht nur im Zusammenhang mit dem Verkehr diskutieren. Dies wäre zu kurz gesprungen. Nach Äußerungen von Fachleuten gehen die Anteile, zu denen die Verkehrsemissionen zur Feinstaubproblematik beitragen, von 6 % über 10 % bis zu 25 %. Alle weiteren Emissionen kommen aus Kleinfeuerungsanlagen, aus Industrieanlagen, aber auch aus der Natur. Es wäre falsch, und wir wären auf einem Auge blind, wenn wir diese Aspekte außer Acht lassen würden und wenn wir die Äußerungen, die von Fachleuten gemacht werden, nicht berücksichtigen würden.

Daher wird die CSU-Fraktion dieses Maßnahmenpaket klar unterstützen. Wir werden in einem Antrag auch die einen oder anderen weitergehenden Aspekte mit aufgreifen. Vor hysterischen Diskussionen warnen wir. Wir werden ein vernünftiges, effizientes und auch konsequentes Vorgehen von den Stellen einfordern, die Verantwortung tragen und die auch die Hebel in der Hand haben. Ein großer Hebel steht in Berlin Rot-Grün zur Verfügung. Dieser wurde bislang leider noch nicht umgelegt.

(Beifall bei der CSU)

Als Nächste hat Frau Kollegin Paulig das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Umweltminister, in der Tat schaut die Bilanz Bayerns nicht sehr günstig aus. In Bayern ist nicht nur München Spitzenreiter, sehr dicht folgen Augsburg, Passau, Bayreuth, Neu-Ulm oder Landshut. Es gibt eine verdammt lange Liste von bayerischen Städten, die die Grenzwerte bereits jetzt nicht einhalten oder kurz vor der Nichteinhaltung stehen.

(Dr. Otmar Bernhard (CSU): Dann gehen Sie doch dahin, wo es gar keine Messstationen gibt!)

Genau, die Messstationendebatte möchte ich gleich führen. In der Bundesimmissionsschutzverordnung ist genau festgelegt, wie zu messen ist. Zum einen werden die Hintergrundbelastung und zum anderen die Verkehrsbelastung gemessen.

(Christian Meißner (CSU): Wird das auch überall gemacht?)

Eine Messstation in Andechs oder an manchen anderen Standorten hat die Funktion, die Hintergrundbelastung zu erfassen. Wenn wir in München an unterschiedlichen Standorten messen, erfassen wir zum Beispiel am Mittleren Ring vor allem die Verkehrsbelastung. Natürlich macht es etwas aus, wo ich die Verkehrsbelastung messe. Hier wurde Köln angeführt. Dort haben wir eine breite schwarze Mehrheit. Ich kann Ihnen versichern, die GRÜNEN, die dort mitarbeiten, wollen die Messstationen korrekt aufstellen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Christian Meißner (CSU): Noch sind wir Rot-Grün regiert!)

Lassen wir das, aber Köln wird von einer breiten schwarzen Mehrheit regiert. Dass Sie Köln als schlechtes Beispiel anführen, fällt auf Sie zurück. Lassen Sie doch bitte ihre Zwischenrufe. Sie sind zwar amüsant, und ich gehe auch immer gerne darauf ein, ab und zu aber möchte auch ich das Wort haben.

Trotzdem möchte ich hier feststellen, dass das Landesamt für Umweltschutz in Bayern durchaus korrekt misst. Es macht tatsächlich etwas aus, ob ich einen Standort hier oder einen Standort dort wähle. Man sieht es zum Beispiel an Bayreuth. Dort hatten wir bereits im Jahr 2004 Überschreitungen. 2003 waren es weniger, obwohl es aufgrund des Wetters ein Jahr mit großen Belastungen war. Von 2003 bis 2004 wurden über 30 Standorte gewechselt. Ich verstehe nicht, warum wir für Bayreuth noch keinen Luftreinhalteplan haben, obwohl wir dort so nah an den Grenzwerten sind. Die Debatte darüber, dass diese oder jene falsch messen, führt uns nicht weiter.

(Beifall der Abgeordneten Margarete Bause (GRÜNE))

Ich hoffe, dass in Bayern überall korrekt gemessen wird und dass wir klaren Verstandes zwischen Hintergrundbelastung und Verkehrsbelastung unterscheiden können, um dann die notwendigen Maßnahmen ergreifen zu können.

Zu den Maßnahmen. Nachdem Herr Umweltminister Schnappauf seinen Urlaub im Reinluftgebiet Irland vorzeitig abbrechen musste, hat sich das Kabinett endlich aufgerafft, konkrete Maßnahmenpakete vorzuschlagen. Die Maßnahmen, die derzeit in den Luftreinhalteplänen stehen, sind in der Regel langfristig. Daneben brauchen wir aber kurzfristige Maßnahmen. Wir brauchen ein Maßnahmenbündel aus kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen. Darüber, glaube ich, sind wir uns einig. Wir brauchen eben auch kurzfristige Maßnahmen. Deswegen haben wir schon im letzten Plenum gefordert, Aktionspläne aufzustellen, damit ab dem In-Kraft-Treten der Grenzwerte im Jahr 2005 mit konkreten Maßnahmen die Luftbelastung gesenkt werden kann. Das ist leider bis jetzt nicht passiert. Jetzt ist der Hund zum Jagen getragen worden, und wir haben auch einige Vorschläge. Es sind fünf Vorschläge, der sechste Vorschlag ist eigentlich nur ein Palaver über die Festlegung der Messstandorte und der Messgeräte. Ich glaube, das ist keine Maßnahme. Damit stänkert man nur ein bisschen gegen andere. Das bringt uns wirklich nicht voran. Übrig bleiben fünf Punkte.

Erstens. Aufkommensneutrale steuerliche Anreize für Dieselfahrzeuge mit Rußpartikelfilter sind richtig. Das ist sicher notwendig und richtig, wenn wir die Belastungen durch die Dieselautos reduzieren wollen. Insgesamt macht das laut TÜV Bayern aber nur 5 % aus. Trotzdem liegt die gesamte durch den Verkehr verursachte Belastung bei 50 %; Ballungsräume, Umland und Städte sind hier einbezogen.

In dem Kabinettsbeschluss lese ich jetzt: Bayern fordert die Bundesregierung auf, aufkommensneutrale steuerliche Anreize für Dieselrußpartikelfilter bundesweit zu schaffen. Das ist wunderbar. Der Bund versucht seit einem Jahr, eine Regelung voranzubringen. Die Länder

kassieren die Kfz-Steuer, sie wollen die steuerlichen Anreize aber nicht übernehmen. Wenn Sie es mit steuerlichen Anreizen wirklich ernst meinen, wäre es angemessen, jetzt in Abstimmung mit den anderen Ländern eine Bundesratsinitiative einzubringen, sie mit dem Bundesfinanzminister abzustimmen und diese Initiative dann auch wirklich Gesetz werden zu lassen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sicher ist es richtig, das vorhandene System in der KfzSteuer voranzutreiben, wonach für schadstoffstärkere Autos mehr zu bezahlen ist als für schadstoffarme. Wir können aber nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag warten. Wir können auch nicht darauf warten, dass die unionsregierten Länder im Bundesrat die Vorschläge von Herrn Eichel zurückweisen und sagen: So nicht, Herr Minister.

(Johannes Hintersberger (CSU): Von Ihnen kommt doch nichts aus Berlin!)

Das sage ich doch gerade. Wenn Ihnen in den Ländern dieses Anliegen ernst ist, fordere ich Sie hier auf, sich unter den Ländern abzustimmen und eine Bundesratsinitiative einzubringen; das Gesetz kann dann bis zum Sommer stehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Tun Sie das, aber sagen Sie nicht, Bayern fordert die Bundesregierung auf. Wir wissen, dass die Vorschläge der Bundesregierung auf dem Tisch liegen. Sie sagen, so wollen Sie es nicht. Die steuerliche Entlastung beträgt 350 Euro bei Neuwagen und 250 Euro bei Nachrüstung. Diese Vorschläge liegen auf dem Tisch. Die Mehreinnahmen, die Bayern bei den Dieselfahrzeugen erzielt, liegen weit über dem, was diese steuerliche Entlastung das Land Bayern bei der Nachrüstung kosten würde.

Da haben wir es doch! Dann seien Sie bitte in der Diskussion ehrlich und legen Ihre konkreten, konstruktiven Vorschläge zur steuerlichen Entlastung auf den Tisch. Das wäre eine glaubwürdige Politik und sehr viel besser, als immer nur auf andere zu zeigen und dann, wenn Vorschläge auf dem Tisch liegen, zu sagen: So aber nicht!

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN – Christi- an Meißner (CSU): Wer zeigt denn jetzt auf andere?)

Ich glaube, dazu habe ich jetzt ausführlich genug gesprochen. – Den Vorschlag einer niedrigeren Maut für umweltfreundliche Lkws halte ich für in Ordnung; das ist ein richtiger Vorschlag. Ich erwarte Ihre Unterstützung im Bundesrat, wenn dieser Vorschlag dann Gesetz werden soll.

Ich vermisse unter den Vorschlägen des Kabinetts, dass Bundesfernstraßen einbezogen werden, die als Schleichwege genutzt werden; wir stellen eine Verlagerung von 10 bis 15 % des Lkw-Verkehrs fest. Ich denke, das ist überfällig.

Spaß macht mir der dritte Beschluss des Kabinetts – das ist wirklich köstlich; Ihren Ausführungen, Herr Hintersberger, habe ich aufmerksam zugehört –, die Fahrzeuge bei Staat und Behörden mit Rußpartikelfiltern auszustatten. Das macht wirklich Spaß. Vor über einem Jahr, am 11.02.2004, haben wir diesen Antrag eingebracht, und die CSU hatte nichts Besseres zu tun, dies als einen Schaufensterantrag abzulehnen, Herr Hintersberger. Im Protokoll ist zu lesen: „Daher wäre es absolut kurz gesprungen, jetzt diesen Antrag zu beschließen.“ Der … Antrag sei … „ein reiner Schaufensterantrag, wie man es von den GRÜNEN gewohnt sei... Des Weiteren sei die Industrie derzeit nicht in der Lage, die gängigsten Fahrzeugtypen in dieser Größenordnung nachzurüsten.“

Das wurde in der Debatte im Umweltausschuss am 04.03.2004 gesagt. Es war schon blamabel, wie Sie die Industrie da hingestellt haben. Weiter heißt es:

Da würde ein Beschluss in keiner Weise den vermeintlichen Nachdruck erzeugen.

Dann begründen Sie noch einmal, warum Sie diesen Antrag ablehnen:

Die CSU-Landtagsfraktion werde den vorliegenden Antrag ablehnen und einen entsprechenden Prüfauftrag überlegen.

Da haben Sie bis jetzt überlegt. Irgendwann ist es dann Ihrem obersten Chef, dem netten Herrn Stoiber, doch zu bunt geworden, und er hat gesagt: Herr Umweltminister, das beschließen wir und setzen wir um. Das ist auch dringend nötig. Das ist wieder ein typisches Beispiel dafür, wie es immer abläuft: Wir GRÜNE fordern etwas, ein Jahr später ist die CSU in ihren Erkenntnissen genauso weit und sagt: Wir haben ein Maßnahmenpaket, das machen wir jetzt.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN – Christi- an Meißner (CSU): Haben Sie damit ein Problem?)

Wir hätten damit wirklich vor einem Jahr beginnen können, um die Luft und den Gesundheitszustand zu verbessern. Dann stünden wir heute auch in diesem Punkt besser da.

Lachen muss ich auch bei dem Beschluss Nummer 4: Kooperation mit der bayerischen Automobilindustrie zur schnellen Partikelfiltereinführung. Die Automobilindustrie hat inzwischen begriffen, dass sie geschlafen und einiges versäumt hat. Sie hat gemeint, sie könne dieses Problem mit der EURO-IV-Norm bewältigen. Nein, das konnte sie eben nicht. Die Industrie wäre gut beraten, wenn sie künftig frühzeitig ökologische Notwendigkeiten zur Grundlage ihrer Geschäftsideen machen würde. Dann wäre sie jetzt nicht in der fatalen Situation, dass zum einen die Käufer abwarten und zum anderen auf die Angebote des französischen Automobilmarktes zurückgegriffen wird. Die Industrie bei uns, insbesondere die Automobilindustrie hat immer noch nicht begriffen, dass der Verbraucher auf umweltfreundliche Mobilität setzt und nicht auf PS-starke

Wägen mit hohem Spritverbrauch. Aber gut, der Ölpreis wird noch einige Lerneffekte bewirken.

Herr Staatsminister, ich frage mich wirklich: Sind denn diese Unternehmen nicht schon seit langem im Umweltpakt? – Ein Unternehmen im Umweltpakt sollte hier tatsächlich vorbildlich und rechtzeitig handeln.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Durch Schaden wird man klug. Leider ging dieser Lerneffekt auch auf Kosten der Gesundheit der Bürger.

Besonders nett ist der fünfte Punkt: Grünes Licht für verkehrsleitende Maßnahmen durch die Kommunen.

(Margarete Bause (GRÜNE): Hurra!)

Fantastisch! Ich freue mich natürlich über den Ausdruck „Grünes Licht“; denn auch damit wird eine Forderung der GRÜNEN aufgegriffen.