Jeder vernünftige Mensch weiß doch, dass mit dem ständigen Stop and go immer mehr Emissionen freigesetzt werden.
Zum nächsten Beschluss des Kabinetts: Wir haben heute den Kommunen grünes Licht für verkehrsleitende Maßnahmen im Stadtgebiet gegeben. Schließlich hängen verkehrsleitende Maßnahmen von den örtlichen Gegebenheiten ab. Das ist in jeder Stadt anders. Einige Städte haben auch bereits gehandelt. Der Oberbürgermeister von Düsseldorf hat verkehrsbeschränkende Maßnahmen, gestützt auf die Straßenverkehrsordnung, für Lkws in einem Straßenzug angeordnet. Die Landeshauptstadt München hat sich bislang mehr oder weniger damit begnügt, Pressekonferenzen zu geben und Forderungen an andere zu stellen.
Wir haben heute noch einmal klargestellt, dass die Kommunen gestützt auf den § 45 der Straßenverkehrsordnung selbst verkehrsleitende Maßnahmen anordnen können, um damit zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen, wie es in der Straßenverkehrsordnung heißt, die notwendigen Maßnahmen zu treffen. Unabhängig davon werden die Luftreinhalte- und Aktionspläne fortgeschrieben. Auch dort werden entsprechende verkehrsleitende Maßnahmen Eingang finden. Das betrifft zum Beispiel die Diskussion über so genannte Umweltzonen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch hier hat der Ministerrat klargestellt, dass wir von der Bundesregierung erwarten, dass sie eine Kennzeichnungsverordnung vorlegt, die die Voraussetzung dafür ist, um sauberen Verkehr von dem noch nicht mit Rußpartikelfiltern ausgestattetem Verkehr zu unterscheiden. Das gilt insbesondere für die Lkws. Es hätte neben der Mautspreizung eine zusätzliche Lenkungswirkung, wenn in ganz bestimmte Zonen nur saubere Fahrzeuge hineinfahren könnten, sodass die vielen Dienstleister, die in die Kernstädte Deutschlands und Europa fahren, damit auch einen zusätzlichen Anreiz haben, schnellstmöglich auf saubere Fahrzeuge umzustellen.
Darüber hinaus erwarten wir, dass auch in den anderen Ländern ehrlich gemessen und offen kommuniziert wird. Es kann nicht sein, dass sich am Ende ausschließlich diejenigen mit diesem Thema befassen, die ehrlich messen und offen darüber reden, während die anderen das Thema hinter dem Berg halten oder versuchen, es unter den Teppich zu kehren.
Es ist schon ein geradezu einmaliges Ereignis, dass ausgerechnet die grüne Umweltministerin in Nordrhein-Westfalen bis heute nicht an einem einzigen Verkehrsknoten
punkt eine Messstation errichtet hat und dass die Luftreinhaltepläne nur zu einem Bruchteil vorliegen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb muss insgesamt fair gemessen und offen darüber kommuniziert werden, damit wir eine Gesamtstrategie verfolgen können. Denn nur wer die Messergebnisse kennt, wer die Ursachen zuordnen kann, kann auch die darauf gestützten Maßnahmen ergreifen.
Bayern hat sich analog dem Vorgehen bei anderen Belastungen auch in Bezug auf den Feinstaub zu einer Gesamtstrategie entschlossen. Wir wollen die Feinstaubemissionen in einer umfassenden Strategie konsequent verringern. Wir werden deshalb in Kürze dem Minister für die Bereiche Hausbrand, Industrie und Gewerbe ein Konzept vorlegen und unseren Bürgerinnen und Bürgern ein Verbraucherinformationsangebot unterbreiten, wie jeder einzelne helfen kann, den Feinstaub zu reduzieren, um die Belastung in den Griff zu bekommen. Es hilft hier weder kurzfristiger Aktionismus noch Polemik. Auch den Ball ständig an andere weiterzuspielen, macht keinen Sinn. Wir haben durch unsere Vorbildmaßnahmen im eigenen Fuhrpark ein Zeichen gesetzt, und wir erwarten, dass es auch bei Kommunen und anderen öffentlichen Stellen Schule macht. Aber auch die Privatwirtschaft sollte nicht bis zum letzten Zeitpunkt warten, um erst dann zu handeln. Wir haben heute schon neue Grenzwerte für Industrie und Gewerbe. Die Staubgrenzwerte sind von 50 auf 20 Milligramm heruntergesetzt; es besteht noch eine Übergangszeit bis Oktober 2007.
Ich appelliere von dieser Stelle aus an die Unternehmen, zu helfen, diese neuen, schärferen Grenzwerte schnellstmöglich zu erreichen. Was den Betrieb von Lkws angeht, rechnet es sich für die Unternehmen. Sie sollten im Interesse eines Miteinanders von Ökonomie und Ökologie auf neue verfügbare Technologien setzen, um einen Beitrag dazu zu leisten, das Thema Feinstaub schnellstmöglich unter die neuen Grenzwerte zu drücken. Das Thema Feinstaub eignet sich nicht, um sich letzten Endes in Aktionismus zu ergehen.
Aber es ist sehr wohl dafür geeignet, im Interesse der Gesundheitsvorsorge für unsere Bürger eine konsequente Reduktionsstrategie zu verfolgen.
(Beifall bei der CSU – Franz Maget (SPD): War das alles? – Zuruf von der SPD: Das war nicht einmal Feinstaub!)
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es gibt zwischen den Fraktionen keine Redezeitvereinbarung. Damit sind die Gesamtredezeit und die Anzahl der Redner nicht begrenzt. Jeder darf nach der Geschäftsordnung 15 Minuten sprechen, es sei denn, es wird für den ersten Redner anderes reklamiert. Ich gebe einen Überblick über die gegenwärtig gemeldeten Redner: Kollegen Wörner und Hintersberger, Kollegin Paulig, Kollegen Meißner und Herbert Müller. Das Wort hat Herr Kollege Wörner.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Dr. Schnappauf, da war fast der Nebelwurf noch dichter als jetzt die Stellungnahme zum Staub. Ich kann verstehen, dass man, wenn man zwischen dem Finanz- und dem Wirtschaftsminister eingeklemmt ist, nicht mehr sagen darf, was man gerne tun würde, und dass dann so etwas herauskommt, was Sie gerade verkündet haben. Glauben Sie ernsthaft, dass dies Menschen weiterhilft? Glauben Sie ernsthaft, dass das, was ich in den letzten Tagen als 10-Punkte-Programm vorgeschlagen habe, Aktionismus ist? Was machen dann Sie?
Verbesserung Abgastechnik an Pkw bei leichten und schweren Nutzfahrzeugen; Abnahme der partikelförmigen Emissionen um circa 40 % bis 2005; Einsatz besonders emissionsarmer Fahrzeuge, zum Beispiel beim ÖPNV, bei kommunalen Dienstleistern und Taxis; verkehrslenkende und verkehrsberuhigende Maßnahmen; Verstetigung des Verkehrs statt Logistikzentren; gegebenenfalls lokale Verkehrsbeschränkungen oder Fahrverbote bei Überschreitungen der Emissionswerte; Verbesserung der Kraftstoffe; weitere Reduzierung des Schwefelgehalts in Kraftstoffen; Verringerung des Reifenabriebs durch Einsatz abriebsarmer und kraftstoffsparender Reifen; Reduzierung des Aufwirbelns von Stäuben bei Transport staubender Güter im Bereich von Baustellen; steuerliche Maßnahmen, Schwerlastverkehrsabgabe.
Durch gezielten Einsatz dieser Maßnahmen können die Emissionsbelastungen durch Feinstäube deutlich unter gesundheitsrelevante Konzentrationen gebracht werden.
Herr Minister, das ist nicht der Horrorkatalog des Ludwig Wörner der SPD-Fraktion oder irgendwelcher anderer, sondern es ist die Stellungnahme Ihres Hauses aus dem Jahre 2002. Welche dieser Maßnahmen haben Sie im Interesse der Gesundheit der Menschen in Bayern umgesetzt? Keine. Sie stehen vor dem Scherbenhaufen Ihrer eigenen Politik.
Herr Minister, noch einmal: Als ich vor Ostern hier gesagt habe, eigentlich müssten Sie zurücktreten, weil Sie Ihren Amtseid gebrochen hätten, war das alles bekannt. Sie haben in dieser Frage, ebenso wie in vielen anderen Fragen, versagt.
Ich werfe Ihnen das nicht persönlich vor. Wir wissen nämlich, dass Sie nicht so dürfen, wie Sie möglicherweise sogar wollen. Sie haben vom Finanzminister eine auf den Deckel gekriegt. Sie haben sinnigerweise Trittin aufgefordert, endlich Partikelfilter ins Rennen zu schicken. Zwei Tage später hat Ihnen dann Finanzminister Prof. Dr. Faltl
hauser erklärt, welchen Unsinn Sie reden, denn die Maßnahme wäre aus seiner Kasse finanziert worden. Dann sind Sie zurückgerudert.
Herr Minister, was ist „Aktionismus“, wenn Ihr Pressesprecher in Ihrem Auftrag noch am Ostermontag erklärt, der Saharastaub sei schuld? Ich finde, wenn ich mag, noch einen größeren Unfug.
Auf so etwas sollte man sich nicht einlassen, wenn Sie über Aktionismus und Menschen reden; denn es geht hier um Menschen und ihre Gesundheit. Was mich immer wundert, ist die zusammenhanglose Politik, die in diesem Haus betrieben wird; da verweist man immer auf andere Bundesländer, weil man selber keine Hausaufgaben macht. Herr Minister, aber es gibt immer den Zusammenhang zwischen Lohnnebenkosten und Bronchialerkrankungen.
Das mache ich gerne. Es gibt eine Anfrage von mir, in der festgestellt wird, wo in Bayern die Bronchialerkrankungen mit am häufigsten sind, und sinnigerweise besteht zwischen Feinstaub und Bronchialerkrankungen ein Zusammenhang.
Ich wünsche Ihnen nicht, dass Sie einmal Asthma haben werden. Aber vielleicht braucht man dieses Gefühl, um zu begreifen, welche Ängste solche Menschen, vor allem, wenn es Kinder sind, haben. Ich wünsche Ihnen wahrlich nicht, dass Sie ein Kind sehen müssen, das einen Asthmaanfall hat, denn sonst würden Sie jetzt einen solchen Unfug nicht versuchen.
Zum Zusammenhang mit den Lohnnebenkosten: Die Gesundheitskosten sind Lohnnebenkosten, weil sie die Krankenkassen verlangen. Mit diesem Bruch der Feinstaubgeschichte verursachen wir höhere Lohnnebenkosten. Allein aus diesem Grund müssen wir – unabhängig von allen anderen Aspekten, auch vom menschlichen Leid – dafür Sorge tragen, dass eine Regelung nicht erst dann umgesetzt wird, wenn sie in Kraft tritt, sondern längst zuvor.
Herr Minister Dr. Schnappauf, jetzt sind wir bei einem so kleinen Ablauf. Seit 1994 wird diese Richtlinie in Brüssel diskutiert. 1996, also noch unter der unionsgeführten Bundesregierung, wurde diese Richtlinie mehr oder weniger in ein Papier gepackt. Dabei wurde sie bereits auf Betreiben der damaligen Bundesregierung verschlechtert. Die Weltgesundheitsorganisation hat nämlich für den Fall der Feinstaubüberschreitung im Jahresmittel maximal 15 Tage vorgeschlagen. Die damalige Bundesregierung
hat mit dafür gesorgt, dass es – wider besseres Wissen gegen die Gesundheit von Menschen – 35 Tage wurden. Seit 1999 haben wir diese Richtlinie. Seit 1999 ist die Umsetzung Ihnen und allen anderen bekannt. 2002 haben Sie noch getönt – ich habe daraus zitiert –, Sie bekämen das locker in den Griff.
Gemäß dem Papier aus Ihrem Hause haben Sie den Münchnerinnen und Münchnern sogar versprochen, dass die Grenzwerte zwar im Jahr 2002 noch überschritten, aber im Jahr 2005 eingehalten werden. Das steht in Ihrem Papier; das können Sie im Internet nachlesen. Sie haben dieses Versprechen wie so viele gebrochen. Sie haben dieses Versprechen nicht eingehalten. Vor diesem Hintergrund stellt sich schon die Frage, warum Sie die Schuld anderen Ländern zuweisen. Glauben Sie, dass einen Münchner, einen Weidener oder einen Passauer interessiert, was in Düsseldorf oder Dortmund passiert? – Nein, Herr Minister, die Leute hier interessiert, was bei uns vorgeht.
Ich muss mit einem Unfug aufräumen, der offensichtlich nicht aus Ihrem Kopf geht, was vielleicht auch damit zusammenhängt, dass Sie München nicht so gut kennen. Der erste Punkt ist, dass München eine der ersten Städte war, die auf Betreiben von Rot-Grün in ihre Busse Rußfilter eingebaut haben. Das war damals allen voran die Firma Neoplan, die man hier ruhig nennen kann. Es war außerdem auf Druck der Konkurrenz die Firma MAN. Danach ist Daimler-Benz gekommen. Die Programme sind teilweise vom Wirtschaftsminister gefördert worden. Allerdings hat niemand überprüft – Sie können das in meiner Anfrage nachlesen, nachdem ich mich mit dem Thema im Gegensatz zu Ihnen schon lange beschäftige –, was aus den Filtern geworden ist, ob sie dauernd in Betrieb sind und wie sie nach zehn Jahren funktionieren. Es ist Ihre Politik, Ankündigungen zu machen, Spatzendreck liegen zu lassen, sich Neuem zuzuwenden und die Hausaufgaben nicht zu erledigen.
Herr Minister, die Sache ging weiter. Sie haben 2002, als das Thema Feinstaub in der Länderkammer auf der Tagesordnung stand, die Beschlüsse mit abgenickt. Sie haben Herrn Trittin nicht gesagt, er muss, soll oder darf, sondern Sie haben alles mit abgenickt. Wenn Sie sich also heute hierher stellen und sagen, Sie hätten etwas getan, ist das falsch. Vielleicht sollten Sie einmal die Protokolle nachlesen. Sie haben nichts dazu gesagt, auch nicht im Jahr 2004. Damals stand das Thema nämlich noch einmal auf der Tagesordnung der Umweltminister in der Länderkammer. Sie haben auch damals nichts gesagt.
Herr Minister, Sie beten gesund, aber Sie ergreifen keine echten, nachvollziehbaren und wirksamen Maßnahmen, sonst wäre nämlich das eingetreten, was Sie 2002 in Ihrem Papier versprochen haben, dass nämlich 2005 nicht nur in München, sondern auch in anderen Ballungsräumen die Feinstaubgrenzen eingehalten werden. Ich wiederhole es noch einmal, auch wenn es Ihnen unangenehm sein sollte: Sie haben in dieser Frage schlicht versagt.
Zu dem, was Sie heute vorlegen, kann ich nur sagen, ich kann zwar verstehen, dass man in seiner Not wider
sprüchlich handelt, aber man soll es nicht übertreiben. Ausgerechnet dieses Kabinett, dessen Minister nach dem Subventionsabbau geradezu grölen, weil Subventionen des Teufels sind, fordert jetzt eine Subvention für den Rußfilter und beschimpft den Kanzler, weil er dagegen war. Das müssen Sie mir schon erklären, wie Sie diese Kurve kriegen. Darauf bin ich gespannt. Das kann es wohl nicht sein, dass man Politik auf Zuruf je nach Situation betreibt.
Ich komme zu einem zweiten Punkt. Herr Minister, die Mautspreizung, die Sie heute fordern, gibt es bereits. Sie fordern eine stärkere Spreizung der Maut. Was für einen Spagat wollen Sie denn noch machen? – Dann sind wir wieder bei der Subvention. Wäre es nicht angebracht, der Wirtschaft wie in Kalifornien zu sagen, wir fordern dies und jenes, und wenn es Ihnen nicht passt, können Sie uns nicht mehr beliefern? Wäre das nicht die Aufgabe der Politik? – Aber bei uns wird immer erst gefragt: Was dürfen wir denn? Dann wundern wir uns, wenn es schief geht. Bei diesem Thema nehme ich die Politiker insgesamt nicht ganz aus.