Protokoll der Sitzung vom 06.04.2005

Wir bieten Übergangsklassen an: über 140 Klassen mit fast 2000 Schülern. Wir bieten auch 19 Eingliederungsklassen mit 263 Schülern an. Ich möchte noch eine Zahl nennen, die mir sehr wichtig ist, damit die Kolleginnen und Kollegen aus der CSU-Fraktion, aber auch Sie von der Opposition diese Zahl nach außen vertreten können, wenn der Vorwurf kommt, Bayern würde zu wenig tun. Wir stellen für die jetzt genannten Maßnahmen über 730 Lehrerplanstellen zur Verfügung mit einem finanziellen Aufwand von 33,2 Millionen Euro pro Jahr. Das ist eine enorme Leistung unseres Bundeslandes für die Integration ausländischer Kinder. Herr Volkmann, ich bitte, dies zur Kenntnis zu nehmen und zu würdigen. Ich glaube, in Berlin haben Sie das auch getan. Vielleicht sind wir gar nicht so weit auseinander. Ich möchte diese Zahlen aber deutlich hervorheben.

Wir setzen weiter auf den „Fokus Deutsch“. Er ist wichtig: denn je früher die Kinder deutsch lernen, umso einfacher ist es hinterher an den Schulen. Das Beste, was uns passieren kann, wenn ein Kind aus dem Kindergarten kommt, ist, wenn es bei der Einschulung in Deutsch so gut ist, dass es in der Regelklasse sofort überall mitmachen kann. Wir stellen fest, dass sich der „Fokus Deutsch“ sehr bewährt hat. Im Moment haben wir 336 Vorkurse mit 2800 Kindern laufen.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Dahinter steht im Übrigen ein finanzieller Aufwand in Höhe von 546 000 Euro. Wir möchten das ausbauen, und wir wollen, dass die Kinder künftig ein ganzes Jahr gefördert werden. Mehr als das, was wir hier in Bayern leisten, ist in keinem anderen Bundesland feststellbar.

Ich möchte noch etwas erwähnen; Siegfried Schneider und Renate Dodell können es bestätigen. Als bildungspolitische Sprecher der CSU-Fraktion kennen sie die Zahlen und Fakten genauso gut. Man muss sich einmal vorstellen: Bei Pisa haben die türkischen Schüler aus Bayern in der Lesekompetenz genauso gut abgeschnitten wie die Gesamtzahl der Schüler in Bremen. Das zeigt doch mehr als deutlich, dass an unseren Schulen eine exzellente Arbeit geleistet wird. Wir tun in der Tat alles, damit Kinder aus anderen Nationen einen guten Start ins Leben bekommen. Das wollte ich hier einmal sachlich darstellen, meine Damen und Herren, damit es nicht länger heißt, wir

in Bayern würden nicht genügend tun. Wenn sich alle Länder so anstrengen würden, wie Bayern das tut, dann ginge es vielen ausländischen Kindern in Deutschland besser.

(Beifall bei der CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit ist die Aussprache geschlossen. Bevor ich zur Abstimmung über diese beiden Tagesordnungspunkte komme, gebe ich noch das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf

Drucksache 15/2197 betreffend „Keine Verlagerung der Direktion für Ländliche Entwicklung von Regensburg in die nördliche Oberpfalz“ bekannt. Das betrifft Tagesordnungspunkt 8. Mit Ja haben 15 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 93; es gab 35 Stimmenthaltungen. Damit ist der Antrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 5)

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 9 und 10. Die CSU-Fraktion hat für ihren Antrag namentliche Abstimmung beantragt. Ich lasse deshalb zunächst über den Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 15/2240, Tagesordnungspunkt 10, abstimmen. Der federführende Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport empfiehlt die Ablehnung dieses Dringlichkeitsantrages. Wer für die Ablehnung ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer gegen die Ablehnung ist, den bitte ich ebenfalls um das Handzeichen. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag mit den Stimmen der CSU-Fraktion gegen die Stimmen der beiden anderen Fraktionen abgelehnt.

Ich komme jetzt zur namentlichen Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion auf Drucksache 15/ 2215, Tagesordnungspunkt 9. Der federführende Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport empfiehlt die Zustimmung mit der Maßgabe, dass dem Satz 1 in Absatz 3 ein neuer Halbsatz eingefügt wird. Ich verweise insoweit auf die Drucksache 15/2720. Die namentliche Abstimmung

(Unruhe)

hören Sie mir bitte noch einen Moment zu – findet im gewohnten Rahmen statt. Nach der namentlichen Abstimmung, für die ich jetzt nur vier Minuten anberaume, unterbreche ich die Sitzung für die Mittagspause. Die Sitzung wird dann um 14.00 Uhr wieder aufgenommen. Wer seine Stimmkarte abgegeben hat, kann sich schon jetzt seinen weiteren parlamentarischen Verpflichtungen widmen.

(Namentliche Abstimmung von 12.56 Uhr bis 13.00 Uhr)

Die vier Minuten sind abgelaufen. Ich unterbreche deshalb die Sitzung. Sie wird um 14.00 Uhr wieder aufgenommen.

(Unterbrechung der Sitzung von 13.00 Uhr bis 14.02 Uhr)

Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir nehmen die Beratungen wieder auf.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Beratung der zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsanträge

Als Ersten beraten wir den

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Franz Maget, Marianne Schieder, Angelika Weikert und anderer und Fraktion (SPD) Echte Lehrer auf echte Planstellen – Masterplan zur Lehrerversorgung (Drucksache 15/3075)

Ich eröffne die Aussprache. Als Erste hat das Wort Frau Kollegin Schieder.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, ich sage nichts Neues, wenn ich feststelle, dass die Lage an Bayerns Schulen schon lange nicht mehr so angespannt war, wie sie es zurzeit ist. Nicht die pädagogischen Notwendigkeiten und Erfordernisse bestimmen, was geschieht, sondern der Rotstift gibt in der Bildungspolitik den Ton an. Eine Reform jagt die andere, und eine ist so schlecht vorbereitet wie die andere. Von der Pädagogik ist nahezu nirgendwo die Rede. Es geht meist ausschließlich um Haushaltskonsolidierung und Stelleneinsparungen.

Allerorten herrscht Mangelverwaltung; an allen Schularten und an nahezu allen Schulen fehlen viele Lehrerinnen und Lehrer. Die Klassen sind viel zu groß; für die individuelle Förderung bleibt weder Zeit noch Raum. Der Unterrichtsausfall ist beträchtlich. Die Mobile Reserve ist überall dort, wo es sie gibt, meist schon seit Schuljahresbeginn ausgebucht. Für kranke oder aus irgendeinem anderen Grund am Dienst gehinderte Lehrerinnen und Lehrer gibt es keinen Ersatz. Schulleiterinnen und Schulleiter sagen mir: Ich brauche im Schulamt gar nicht mehr anzurufen; denn sie haben sowieso niemanden, den sie mir schicken könnten. Die Schulen und deren Leiterinnen und Leiter haben die Not, den Mangel vor Ort verwalten zu müssen, und werden mit ihren Sorgen und Nöten allein gelassen.

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

Staatsregierung und CSU-Fraktion ziehen es nämlich vor, die Realität zu ignorieren, das Problem zu verschleiern und die Lage schönzureden und schönzurechnen, wo immer es nur geht. Dabei wissen Sie doch genau, liebe Kolleginnen und Kollegen, was Sache ist. Die Situation ist nicht vom Himmel gefallen; sie ist vielmehr Folge einer verfehlten Bildungspolitik und die Folge von Beschlüssen, die Sie hier im Hause herbeigeführt haben.

Sie wussten doch zum Beispiel, dass die Arbeitszeiterhöhung für Bayerns Lehrerinnen und Lehrer, die Sie entge

gen Ihrer Versprechen vor der Wahl sofort nach der Wahl durchgesetzt haben, zu einer Verringerung um mindestens 2000, wenn nicht mehr Lehrerplanstellen führen würde. 2000, wenn nicht sogar mehr, Lehrerinnen und Lehrer werden an den Schulen fehlen. Sie wussten auch, dass mit derselben Maßnahme circa 3000, wenn nicht sogar 3500 junge, gut ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer auf der Straße stehen würden, obwohl sie heute und erst recht morgen dringend an unseren Schulen gebraucht würden. Sie wussten doch, dass die Kürzung um 12,4 Millionen Euro im Nachtragshaushalt 2004 im Bereich der Aushilfslehrkräfte zur Streichung von circa 250 Stellen führen würde und dass damit die Mobile Reserve unter Personalmangel leiden würde.

Sie wussten doch, dass die Streichung von 400 Stellen für Grundschullehrer, die Sie errechnet haben, weil Sie die Absicht hatten, den Religionsunterricht in der Grundschule zu verkürzen – dazu ist es aber dann nicht gekommen –, auch dort ihre Spuren hinterlassen würde. Sie wissen doch genauso lange wie ich, dass wir ein gravierendes Problem mit dem Lehrernachwuchs haben und ein noch größeres bekommen werden. Denn Sie wussten doch, dass das Kultusministerium wieder einmal weder in der Lage war, eine verlässliche Lehrerbedarfsplanung zu erstellen, noch im Rahmen einer nachhaltigen Personalpolitik dafür Sorge zu tragen, dass sich genügend junge Menschen für ein Lehramtsstudium entscheiden. Inzwischen mussten Sie sogar offiziell einräumen, dass, so sagen Sie, nach Ihren Berechnungen 800 bis 900 Lehrerinnen und Lehrer fehlen.

Ich meine, man sollte ehrlicherweise besser von den Zahlen ausgehen, die die Lehrerinnen- und Lehrerverbände vorlegen: Sie konstatieren eine Zahl von mindestens 1000 fehlenden Lehrkräften. Inzwischen mussten Sie doch auch einräumen, dass Ihre Personalpolitik wieder einmal gescheitert ist und dass wir einen gravierenden Mangel an Hauptschullehrern bekommen werden, dass es viel zu wenige Berufsschullehrerinnen und Berufsschullehrer gibt und dass es, das Gymnasium betreffend, in zentralen Fächern wie Mathematik, Latein, Deutsch und den Fremdsprachen jetzt schon keine Lehrer gibt. Auch in den nächsten Jahren wird es dort Mangel an Lehrerinnen und Lehrern geben. Sie haben, so meine ich, also wirklich keinen Anlass, hier im Landtag immer wieder große Lobreden zu halten, sondern Sie hätten allen Grund, eine Bankrotterklärung für Ihre Bildungspolitik abzugeben.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben – und ich sage es noch einmal – die angespannte Lage an unseren Schulen zu verantworten, wo es heute viel zu wenige Lehrerinnen und Lehrer gibt, weil Sie nicht bereit sind, welche einzustellen, und wo es morgen viel zu wenige Lehrerinnen und Lehrer geben wird, weil Sie aufgrund Ihrer schlechten Personalpolitik die Weichen so gestellt haben, dass es sie in weiten Bereichen auf dem Markt wirklich nicht mehr geben wird.

Aber anstatt endlich ehrlich Bilanz zu ziehen und sich auf den Weg zu machen, um die dringend erforderlichen Verbesserungen in die Wege zu leiten, verschlimmern Sie die Not vor Ort und machen das Chaos noch größer. Denn

anstatt, wie es den Menschen eigentlich versprochen wurde, im Doppelhaushalt die fehlenden Lehrerinnen und Lehrer einzustellen und die dazugehörigen Planstellen zu schaffen, gibt es in diesem Doppelhaushalt wieder keine Stellen für Lehrerinnen und Lehrer.

Und da lachen Sie, Herr Schneider! Zwar ist die Rede von 887 zusätzlichen Lehrerplanstellen, aber Sie wissen, dass diese Stellen nur auf dem Papier stehen, um den Schein zu wahren und den Eindruck zu erwecken, als hätten Sie die Absicht, diese Lehrerinnen und Lehrer tatsächlich zusätzlich zur Verfügung zu stellen. Sie wissen, dass sie herbeigerechnet werden, indem man zunächst einmal nahezu 1000 Stellen an den Hauptschulen streicht, und dass sie herbeigerechnet werden, indem man die schon erwähnten 400 Grundschullehrerstellen, die ja eigentlich nur ein Ersatz sind, dazurechnet. Sie wissen, dass sie herbeigerechnet werden, indem man 160 Grundschullehrerstellen hinzurechnet, die man braucht, weil es durch die frühere Einschulung zusätzliche Schülerinnen und Schüler geben wird. Auf diese Art und Weise kommt man auf dem Papier irgendwann zu zusätzlichen Lehrerstellen. Ich bin gespannt, was von den 500 befristeten Stellen übrig bleiben wird, die Sie ebenfalls angekündigt haben. Sie sagen ja selbst, dass 160 dieser 500 befristeten Stellen benötigt werden, um die eigentlich 320 notwendigen Grundschullehrerinnen und -lehrer zur Verfügung zu stellen, die notwendig sind, um die frühere Einschulung in die Tat umsetzen zu können.

Und jetzt setzen Sie dem Ganzen noch die Krone auf, indem Sie den aberwitzigen Versuch unternehmen, all die Beamten, die aufgrund Ihrer undurchdachten und chaotischen Verwaltungsreform an den Forstämtern, an den Landwirtschaftsverwaltungen, an den Vermessungsämtern und wo auch immer nicht mehr gebraucht werden, in die Schulen zu versetzen und sie schnell zu Lehrerinnen und Lehrern zu machen. Ich frage Sie ernsthaft: Wozu gibt es ein Studium des Lehramtes? Wozu gibt es die Lehrerbildung? Weshalb diskutieren wir zurzeit vermehrt über diese Lehrerbildung, wenn scheinbar jeder, der Abitur und ein Universitätsstudium abgeschlossen hat, auf die Schnelle Lehrer oder Lehrerin werden kann?

(Susann Biedefeld (SPD): Künftig auch noch Sekretärinnen!)

Ich frage Sie ernsthaft: Meinen Sie denn wirklich, dass eine solche Personalpolitik dem Ansehen und der dringend notwendigen Aufwertung des Lehrberufs einen guten Dienst erweisen kann? – Ich glaube, dass eine solche Personalpolitik das Gegenteil erreichen wird.

(Beifall bei der SPD)

Diese Personalpolitik ist nicht in der Lage, die dringend notwendigen Lehrerinnen und Lehrer für die Schulen zur Verfügung zu stellen. Sie ist ein Schlag ins Gesicht all der gut ausgebildeten jungen Lehrkräfte, die auf der Straße stehen und vergeblich auf die Einstellung warten. Sie wissen, dass es hervorragend geeignete Lehrerinnen und Lehrer sind und nicht etwa solche, die aufgrund des schlechten Notendurchschnitts nicht genommen wurden.

Ich glaube, dass Ihre Personalpolitik in einem solch wichtigen zentralen Politikbereich wie der Bildungspolitik unverantwortlich ist und als reine Flickschusterei und Chaospolitik bezeichnet werden muss.

(Beifall bei der SPD – Susann Biedefeld (SPD): Ein Armutszeugnis für dieses Land!)

Unterlassen Sie doch endlich die Schnellschüsse und die kurzfristigen Maßnahmen, sondern sorgen Sie in der Bildungspolitik für nachhaltige und verlässliche Personalpolitik. Legen Sie einen Masterplan vor, wie wir das im Dringlichkeitsantrag fordern, der eine der Realität entsprechende bedarfsgerechte kurz-, mittel- und langfristige Personalprognose aufzeigt, mit der die Versorgung von Bayerns Schulen mit voll ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern sichergestellt werden kann. Geben Sie endlich zu, dass es keinen anderen Weg gibt, als die Mittel zur Verfügung zu stellen, damit Lehrerinnen und Lehrer eingestellt werden können. Das sollen echte Lehrer auf echten Planstellen sein und nicht Lehrkräfte im Rahmen von irgendwelchen Zwölfmonatsverträgen, deren Problematik wir bereits ausführlich in diesem Hause erörtert haben.

(Beifall bei der SPD)

Ich hoffe sehr, dass Sie heute in der Lage sind, endlich eine ehrliche Bilanz zu ziehen und unserem Antrag zuzustimmen. Ich hoffe, dass Sie endlich damit anfangen, das Übel zu beseitigen und in geeigneter Art und Weise unseren Schulen zur Seite zu stehen.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Schneider.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Das ist nicht die erste Debatte zu diesem Thema. In regelmäßigen Abständen stellen die SPD-Fraktion oder/und die GRÜNEN bei Plenarsitzungen ähnliche Anträge.

(Susann Biedefeld (SPD): Solange wir den Zustand haben, werden wir Anträge stellen!)

Trotz der gut gemeinten Anträge – wohlwollend formuliert – werde ich Ihnen einige Argumente und die Begründung liefern, warum wir diesem Antrag nicht zustimmen werden.