Die Waldfunktionsplanung, die aus unserer Sicht eine Sollbestimmung sein sollte – darüber haben wir uns lange unterhalten –, wird, wenn es denn eine gewisse Änderung im Bundeswaldgesetz geben soll, zur Kann-Bestimmung.
Was mich am meisten stört, ist Folgendes. Unsere Intention war, als Leitbild für unsere Staatswälder die standortheimische Baumartenzusammensetzung im Gesetz festzuschreiben. Das ist bedauerlicherweise nicht geschehen. Stattdessen wird auf standortgemäße Baumarten abgehoben. Das kann es wohl nicht sein. Herr Prof. Röhle, einer der Sachverständigen, den wir für die Anhörung vorgeschlagen haben, hat klar und deutlich gesagt, dass auf 70 % der bayerischen Landesfl äche auch die Fichte als standortgemäß gilt. Es kann doch wohl nicht sein, dass man in einem modernen Waldgesetz so stark auf diesen Begriff abhebt und nicht ökologisch fortschrittlich für den Staatsforst die standortheimischen Baumarten als Leitbild in das Gesetz hineinschreibt.
In Artikel 18 heißt es, dass hierzu die natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten durch eine auf einen artenreichen gesunden Wildbestand ausgerichtete Bejagung im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen ermöglicht werden soll. Das ist eine mangelhafte Regelung, weil es nur um die standortgemäßen Baumsorten geht. Und auch wenn es heißt, dass es im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen ermöglicht werden soll, dann ist das ein sehr unbestimmter Rechtsbegriff, und es ist sehr dehnbar auszulegen, ab welchem Zeitpunkt die Sache wesentlich ist. Da ergibt sich von vornherein ein im Gesetz eingebauter Streitfall. Hier hätte ich eine klarere und deutlichere Regelung bevorzugt, wie wir sie in unseren Gesetzentwurf hineingeschrieben haben.
Die Privatwaldberatung in der bisherigen Form wird gestrichen. Wenn man sich die entsprechenden Mittel im Staatshaushalt der letzten Jahre ansieht und beobachtet, wie die Ansätze geschwankt haben, wie sie teilweise ausgegeben oder auch nicht ausgegeben wurden, sehe ich schwere Zeiten für den privaten Waldbesitzer in Zukunft anbrechen. Es wird einen deutlichen Rückschritt zur bisherigen Praxis geben.
In dem neu zu gründenden Unternehmen, eine Anstalt des öffentlichen Rechts „Bayerische Staatsforsten“ – das haben wir immer wieder kritisiert und sehen auch keinen Grund, diese Kritik jetzt zurückzunehmen – gilt der Grundsatz der Gewinnmaximierung. Die Anstalt ist nach den Grundsätzen betriebswirtschaftlicher Gewinnorientierung zu führen. In dieser Vorschrift erkennen wir klar und deutlich, dass die Nutzung der momentanen Staatsforsten intensiviert wird, und das kann, insbesondere wenn man Artikel 141 der Bayerischen Verfassung ansieht, wo der Schutz des Waldes besonders hervorgehoben ist, nicht unsere Zukunft sein.
Die Anstaltsgründung und diese Forstreform, die Sie vorhaben, werden zu einem erheblichen Abbau von Arbeitsplätzen führen. Es handelt sich um hoch qualifi zierte Arbeitsplätze in der Größenordnung von 15 bis 20 %. Auch dies haben wir immer wieder kritisiert. Der Frust der Forstbeamten, beginnend bei den Studenten bei mir daheim in Weihenstephan bis hin zu den jetzt beim Staatsforst beschäftigten Personen ist groß, ebenso wie die Demütigung, dass sich jeder neu hatte bewerben müssen. Was uns da zu Ohren gekommen ist über die Demotivation, für die Sie verantwortlich sind, ist gigantisch. Es wird eine gewaltige Anstrengung notwendig sein, die Motivation, die unsere guten Försterinnen und Förster gehabt haben, wieder herzustellen.
Die Finanzierung der Anstalt ist für mich mehr als nebulös. Zum einen soll die Anstalt das erhalten, was an Einschlag in diesem Jahr erzielt wird. Wie viel an Holz irgendwo herumliegt, weiß keiner. Die Kollegin Lück hat gefragt, wie die Erstausstattung aussieht. Ich glaube nicht, dass ein Einziger hier im Hohen Hause diese Frage beantworten kann. Wir sind sehr gespannt, wie die Eröffnungsbilanz aussehen wird. Ob in der Eröffnungsbilanz 150 000 Festmeter Holz als Eröffnungskapital genannt werden, ist mit einem großen Fragenzeichen zu versehen ebenso wie die Frage, was man damit am Markt erlösen kann.
Was mich ebenfalls außerordentlich stört, ist die Tatsache, dass die Anstalt durch Grundstücksverkäufe fi nanziert werden soll. Im Rahmen des Volksbegehrens haben Sie das immer wieder dementiert, wenn es angesprochen wurde. Sie haben gesagt, hier werde Täuschung betrieben. Dann wurde als Änderung in die Beratung des Landwirtschaftsausschusses der neue Passus eingebracht: Daneben erhält die bayerische Staatsforstenanstalt entbehrliche, betrieblich nicht notwendige Grundstücke im Wert von bis zu 10 Millionen Euro als zusätzliche Einlage. Das bedeutet den Verkauf von Grundstücken im Wert von 10 Millionen Euro. Das haben Sie vorher dementiert, jetzt ist es da zu lesen. Sie fi nanzieren die Anstalt also aus Grundstücksverkäufen.
Auch beim Aufsichtsrat dieser Anstalt haben Sie erneut Veränderungen vorgenommen, die wir so ebenfalls nicht gutheißen können. In die ursprüngliche Fassung haben Sie hineingeschrieben, dass dem Aufsichtsrat bis zu zwei unabhängige Vertreter aus der Wirtschaft angehören. Also bis zu zwei, insbesondere unabhängige Vertreter! Dies ist in den Ausschussberatungen mutiert und so steht jetzt zu
lesen: Zwei Vertreter der Wirtschaft. Da ist nichts mehr von Unabhängigkeit zu lesen, obwohl in der Begründung damals stand, nicht aus der Holzwirtschaft kommend. Das ist jetzt weggefallen. Damit wollen Sie klar und deutlich die Türe für den Einfl uss der Holzwirtschaft in diesen Aufsichtsrat öffnen. Das ist klar und deutlich Ihre Intention. Wir erkennen daran klar und deutlich, wohin Ihr Denken geht und wohin Sie wollen, nämlich in Richtung Privatisierung. Das muss man Ihnen leider Gottes immer wieder vorhalten.
Der federführende Landwirtschaftsausschuss hat mehrheitlich dieser Änderung nicht zugestimmt; sie kam aber über den Haushaltsausschuss wieder hinein. Das zeigt deutlich, dass es der CSU bezüglich dieses Beirats nicht darauf ankommt, dass der Vorsitzende des Fachausschusses den Vorsitz übernimmt, sondern nur darauf, dass dieser Vorsitzende aus der Mitte des Landtags gewählt wird, unabhängig davon, ob es ein Finanzer, ein Wirtschaftler, ein Jäger oder sonst jemand ist. Das ist eine Weichenstellung in eine völlig falsche Richtung. Wir wollen keine Entmachtung des Vorsitzenden des Fachausschusses.
Wir sagen das klar und deutlich. Wir haben das auch mit der großen Mehrheit des Landwirtschaftsausschusses abgelehnt. Ich hoffe, dass genügend Fachpolitiker aus den Reihen der CSU – ich denke zum Beispiel an den Waldpräsidenten – den Mut haben und sagen, dass der Vorsitzende des Fachausschusses den Vorsitz übernehmen soll und nicht irgendjemand anderes.
Was mir überhaupt nicht gefällt, ist eine Änderung des Jagdgesetzes, die im Rahmen der Gesetzgebung, über die wir sprechen, durchgeführt worden ist. Ich meine damit die Aufhebung des Artikels 54 des Bayerischen Jagdgesetzes. In unseren Augen ist dies eine klare „Lex Vocke“. Der Jagd wird damit Tür und Tor geöffnet. Sie erhält damit Zugriff auf den Staatsforst. Bislang hat das Forstamt den Abschuss selbst festgelegt und vollzogen. Nach meiner Auffassung wurde das bisher in aller Regel sehr gut gemacht. Das war die Grundlage für einen gesunden, dem Wald angepassten Wildbestand im Staatsforst, der eine ausreichende, zum Teil hervorragende Naturverjüngung im Staatsforst ermöglicht hat. Dies gehört nun der Vergangenheit an.
Herr Kollege von Rotenhan, warten Sie bitte, bis ich meine Rede beendet habe. Sie können nachher selbst noch etwas dazu sagen.
Künftig wird für die gesamte Fläche – auch für die Staatsforsten – die Untere Jagdbehörde am Landratsamt zuständig sein. Ich bin Mitglied eines Jagdbeirates und kenne mich einigermaßen aus. Ich kenne viele Untere Jagdbehörden. Die Probleme, die durch die Verfl echtung der Unteren Jagdbehörde mit Jagdvereinen bestehen, sind mir wohl bekannt. Ich kenne auch den Streit, der zwischen dem Staatsforst und der Jagd stattfi ndet, bei dem meistens die Untere Jagdbehörde auf der Seite der Jäger stand. Kolleginnen und Kollegen, mit dieser Regelung haben wir Konfl ikte vorprogrammiert.
Nicht umsonst triumphiert Herr Kollege Prof. Dr. Vocke im Editorial der „Jagd in Bayern“, Heft 4, wo er schreibt:
Ein riesiger Erfolg, den jeder Jäger spüren wird, ist die Bündelung aller jagdlichen Kompetenzen bei den Unteren Jagdbehörden der Landratsämter. Erst die nachhaltige Interessenvertretung des BJV im Landtag hat in Zusammenarbeit mit den Landräten erwirkt, dass alle jagdlichen Zuständigkeiten für Staatsforst- und Privatreviere bei einer Behörde konzentriert werden sollen.
Gegen die Konzentration bei den Ämtern für Land- und Forstwirtschaft hätten wir nichts gehabt. Die Zuständigkeiten sind lediglich bei den falschen Behörden konzentriert worden. Herr Prof. Dr. Vocke schreibt:
Die Zeiten, in denen die Staatsforstverwaltung das Vegetationsgutachten erstellt hat und für ihre Reviere auch den Abschuss festlegen konnte, sind vorbei. Dies war ein langjähriger Traum der Jäger Bayerns. Unsere kontinuierliche Verbandsarbeit lässt ihn Wirklichkeit werden.
Das zeigt ganz klar, wohin hier gedacht und warum hier triumphiert wird. Der Grund ist, dass endlich auch für den Staatsforst Zugriffsmöglichkeiten bestehen.
Ich möchte klar und deutlich sagen, dass der Landesjagdverband unter Herrn Prof. Dr. Vocke den Grundsatz „Wald vor Wild“ nicht für richtig hält. Das ist bekannt. Dies zeigt, woher unsere Befürchtungen kommen. Herr Prof. Dr. Vocke schreibt im Editorial zum Heft 3 seiner „Jagd in Bayern“:
Ärgerlich ist, dass der Grundsatz „Wald vor Wild“ wie ein unverrückbares Dogma erstmals ins neue Waldgesetz eingefügt wird. Auch wenn ich mich hier an die Parlamentsbeschlüsse halten muss, so bedaure ich diese Aufnahme zutiefst. Es ist wenig zielführend, wenn wir Menschen selbstherrlich einen Teil der Schöpfung über einen anderen Teil stellen. Im Schöpfungsplan gibt es kein „vor“ sondern nur „und“.
Herr Prof. Dr. Vocke ist der Vertreter der privat organisierten Jäger. Herr Kollege von Rotenhan – –
Herr Kollege von Rotenhan, ich weiß, dass Sie nicht Mitglied sind. Sie kennen aber den Einfl uss. Hier ist etwas völlig Verkehrtes und völlig Falsches programmiert worden.
Das wissen Sie. Vorne steht „Wald vor Wild“ und hinten wird dieser Grundsatz durch solche Regelungen wieder ausgehebelt.
Ich fasse zusammen: Wir müssen klar und deutlich feststellen, das jetzt zur Abstimmung vorgelegte neue Waldgesetz und das Errichtungsgesetz werden keine Verbesserungen bringen. Sie werden in vielen Bereichen deutliche Verschlechterungen für unsere Wälder zur Folge haben. Deshalb müssen wir diese Gesetze ablehnen. Meine Damen und Herren von der CSU, ich fordere Sie noch einmal auf: Lehnen Sie diese Gesetzentwürfe ab. Sie sind der falsche Weg. Unser Gesetzentwurf ist der richtige Weg. Stimmen sie ihm bitte zu.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Dr. Magerl, es ist schon verwunderlich, dass Sie sich über etwas beschweren, was in Ihrem Sinne geregelt worden ist, nämlich den Grundsatz „Wald vor Wild“. Warum kritisieren Sie das? – Das steht doch so drin, wie Sie es haben wollten.
(Dr. Christian Magerl (GRÜNE): Im Oktober habt ihr auch schon gesagt, dass es drin steht, und es war nicht drin gestanden!)
Im Übrigen stimmt es nicht, dass die CSU aufgrund des Volksbegehrens diesen Begriff so deutlich formuliert habe, weil die Beratungen im Fachausschuss erst nach dem Volksbegehren erfolgt sind. Natürlich stand in dem ursprünglichen Gesetzentwurf auch, dass die faktische Auswirkung „Wald vor Wild“ war.
Wir haben der Naturverjüngung ganz klar Vorrang eingeräumt. Seit fünf Jahren sage ich bei jeder Hegeschau im Beisein vieler Jäger „Wald vor Wild“, ohne dass dies einen großen Widerstand auslösen würde. Ich habe ein gutes Verhältnis sowohl zum Wald als auch zum Wild.
Es ist falsch, die Anstalt zu verteufeln, weil sie eine Gewinnmaximierung zum Ziel hat. Ja, sie ist gewinnorientiert. Wir wollen wirtschaftlich handeln. Warum darf nur der
Privatwaldbesitzer einen wirtschaftlichen Nutzen aus dem Wald ziehen und nicht der Staat? – Das begreife, wer will.
Meine Damen und Herren, Bewerbungen für die Anstalt sind ausreichend vorhanden. Man kann also nicht von demotivierten Beamten sprechen. Ganz im Gegenteil. Die Beamten müssen nicht verpfl ichtet werden, sie bewerben sich freiwillig. Die Beamten könnten sich ausschließlich auf den hoheitlichen Bereich beschränken. Nein – Sie wollen in dieser Anstalt arbeiten. Ich habe genügend Rückmeldungen, dass sie sich freuen, ihre Fachkenntnisse in diese neue Organisation einbringen zu können.
Sehr verehrte Frau Lück, dass Sie die Fahrt nach Österreich als Beleg für die Fehlerhaftigkeit des Gesetzentwurfs anführen, schlägt dem Fass den Boden aus. Sie und die GRÜNEN sind völlig ernüchtert von dieser Info-Fahrt nach Österreich zurückgekehrt.
Sie mussten erkennen, dass die österreichischen Bundesforsten nicht nur eine große Akzeptanz in der gesamten Bevölkerung genießen, sondern auch sehr erfolgreich arbeiten.