Ich sage aber auch deutlich: Unser Ziel muss und wird es sein, möglichst alle Schülerinnen und Schüler zu guten schulischen Abschlüssen zu führen. Das ist große Anstrengungen wert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, interessierte Kreise versuchen nun, den Bildungserfolg in Bayern dadurch schlecht zu reden oder gar mies zu machen, dass sie auf die niedrige Gymnasialbesuchsquote verweisen. Wer aber Bildungserfolg mit dem Besuch des Gymnasiums gleichsetzt und dies nur mit dem Besuch des Gymnasiums tut, missachtet die Anstrengungen und die Leistungen unserer Haupt- und Realschüler.
Unsere Realschüler haben bei der Pisa-Studie 2000 bestens abgeschnitten, und dies wird sich auch bei der Studie 2003 wieder zeigen.
Im Übrigen weise ich darauf hin, dass für über 50 % der R-6-Schüler auch durchaus die Möglichkeit bestünde, aufs Gymnasium zu gehen. Sie entscheiden sich ganz
bewusst für den Bildungsweg Realschule. Deshalb ist es eine Unverschämtheit zu behaupten, sie würden nicht am Bildungserfolg teilhaben.
Über 12 000 Schülerinnen und Schüler haben dieses Jahr den mittleren Bildungsabschluss an der Hauptschule erworben. Das sind mittlerweile 20 % aller mittleren Abschlüsse. Auch das ist ein ganz hervorragendes Zeichen dafür, wie die Förderung an unseren Hauptschulen gelingt. 39 % der Schüler der P-Klassen, also der PraxisKlassen, erhalten durch gezielte Förderung auch einen Ausbildungsplatz. Daran müssen wir anknüpfen; daran werden wir weiter arbeiten.
Tatsache ist auch, dass inzwischen 42 % der Hochschulzugangsberechtigten über die berufl ichen Schulen kommen. 42 % der Studierenden beginnen ihr Studium in Bayern an einer Fachhochschule oder an einer Universität, ohne das Gymnasium besucht zu haben. Das bedeutet gegenüber 1995 eine Steigerung von 64 %. Niemand wird wohl ernsthaft behaupten, dass diese jungen Menschen keinen Bildungserfolg haben, nur weil sie nicht am Gymnasium waren.
Unser Grundsatz lautet: Kein Abschluss ohne weiteren Anschluss. Mit der Öffnung der Schullaufbahnen stellen wir im gegliederten Schulwesen sicher, dass alle Schülerinnen und Schüler den ihnen angemessenen Abschluss von jeder Schulart aus auch erreichen können.
Dass unsere Maßnahmen richtig waren, hat Pisa 2003 eindrucksvoll bewiesen. Diesen Weg werden wir weiterhin gehen und unsere Energie nicht auf Nebenkriegsschauplätzen wie Schulstrukturfragen vergeuden. Gerade das hervorragende Ergebnis von Pisa 2003 ist für uns ein Ansporn. Wir werden uns nicht zurücklehnen, sondern weiterhin alles dafür tun, damit unsere Kinder und unsere Jugendlichen hervorragende Bildungschancen bekommen und haben.
Vielen Dank, Herr Staatsminister. Es bleibt bei der vereinbarten Redezeit von 15 Minuten. Der Herr Staatsminister war knapp darunter. Ich eröffne die Aussprache. Erste Wortmeldung: Herr Kollege Pfaffmann.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Staatsminister, wir teilen mit Ihnen die Freude, dass Bayern bei dieser Pisa-Studie gut abgeschlossen hat.
dass die bayerischen Schülerinnen und Schüler bei den Pisa-Ergebnissen vor den Schülern und Schülerinnen anderer Länder einen Vorsprung haben. Daran kann kein Zweifel bestehen. Aber lassen Sie mich auch sagen: Diese guten Ergebnisse sind trotz der miserablen Rahmenbedingungen an den Schulen entstanden.
(Beifall bei der SPD – Lachen bei der CSU – Franz Josef Pschierer (CSU): Das ist ja Wahnsinn! Das ist ja nicht zu fassen! – Prof. Dr. Walter Eykmann (CSU): Ja, wo leben Sie denn? – Weitere Zurufe)
Ich denke, dass die Eltern einen entscheidenden Anteil am guten Abschneiden ihrer Kinder haben – die Eltern, die Lehrer und die Schüler, aber nicht die CSU-Bildungspolitiker in diesem Land, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD – Thomas Kreuzer (CSU): Heißt das, die Eltern in den anderen Bundesländern haben versagt?)
Während die Gymnasien mit 550 Pisa-Punkten gute Ergebnisse erzielt haben und bei der Pisa-Studie 2003 zulegen konnten – im Bereich Mathematik haben Sie Recht –, verschweigen Sie aber, dass 20 % der Schülerinnen und Schüler nur die unterste von sechs Qualitätsstufen bei der Pisa-Qualifi zierung erreichen. Diese 20 % schreiben Sie einfach ab. Das kann doch keine gute Bildungspolitik sein, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Denn Tatsache ist, dass Ihre fatale Sparpolitik der letzten Monate seit der Landtagswahl bei diesem Pisa-Ergebnis noch gar nicht berücksichtigt ist.
Das sind doch Ergebnisse aus dem Jahr 2003. Sie haben aber nach der Landtagswahl die bayerische Bildungspolitik bespart wie nie zuvor.
Die Auswirkungen werden sich 2006 zeigen, Herr Staatsminister. Vorsicht also mit dem heutigen Jubel! Daran, dass sich die Sparpolitik auswirken wird, kann überhaupt kein Zweifel bestehen.
Ich erinnere an die zu großen Klassen, an den Unterrichtsausfall, den Sie wegdiskutieren, an den Lehrermangel, den wir an Bayerns Schulen nach wie vor haben. Diese Fakten können auch von den Pisa-Ergebnissen nicht beschönigt werden und bleiben nach wie vor bestehen. Selbst wenn Sie sie nicht wahrhaben wollen, ändert sich daran nichts.
Der Schwerpunkt des Pisa-Ergebnisses lag im Bereich Mathematik. In der Lesekompetenz ist aber eine so deutliche Steigerung nicht feststellbar, wie Sie sie hier immer gerne darstellen. Das ist nicht so. Das Gesamtergebnis wird entscheidend sein. Wir werden die Wahrheit dann anlässlich der nächsten Pisa-Fortschreibung diskutieren.
(Eduard Nöth (CSU): Das ist die reine Miesmacherei! – Günter Gabsteiger (CSU): Nur kein Neid! – Weitere Zurufe von der CSU)
Es nützt nichts, heute das Ganze schönzureden, wenn die Ergebnisse nicht komplett sind, meine sehr verehrten Damen und Herren. Es gilt, dieses gute Ergebnis, das wir gar nicht wegdiskutieren wollen, zu stabilisieren. Das muss Aufgabe der Politik hier im Hause sein. Dazu gehört aber auch, dass Sie endlich die Bildungsinvestitionen erhöhen. Sie liegen nämlich immer noch unter dem deutschen Durchschnitt, lieber Herr Staatsminister.
Bayern gibt 2,0 % des Bruttoinlandsprodukts für Bildung aus; der Durchschnitt der deutschen Länder liegt bei 2,3 %. Sie geben weniger für die Bildungspolitik aus als andere Länder. Da muss die Anmerkung erlaubt sein: Wenn Sie die Bildungsinvestitionen steigerten, könnten wir möglicherweise noch besser sein. Aber das tun Sie nicht. Sie schreiben nämlich diejenigen Schülerinnen und Schüler ab, die von den Pisa-Testergebnissen nicht erfasst sind. Das ist doch das Problem, das wir haben.
(Günter Gabsteiger (CSU): Mir kommen die Tränen! – Eduard Nöth (CSU): Bei uns wird keiner abgeschrieben!)
Unsere Kritik an der Frage der Lehrerstellen müssen Sie eben auch zur Kenntnis nehmen. Sie sagen, Sie hätten 6000 Lehrerplanstellen in den letzten Jahren geschaffen. Das mag sein. Sie verschweigen aber immer wieder, dass wir im gleichen Zeitraum über 21 % mehr Schülerinnen und Schüler haben. Der Lehrerbedarf für diesen Schülerberg ist mit diesen 6000 Lehrerstellen eben nicht gedeckt. Deswegen kommen die großen Klassen ja zustande. Genau das ist der Grund, warum bei uns Unterricht ausfällt. Auch hier müssen Sie etwas tun, wenn Sie die Ergebnisse stabilisieren wollen.
Auch inhaltlich gibt es überhaupt keinen Grund zum Jubeln, was die Politik betrifft. Sie überdecken mit Ihrer Argumentation immer noch, dass 10 % aller Schülerinnen und Schüler diese bayerischen Schulen ohne Abschluss verlassen. 25 % davon kommen aus Migrationsfamilien. Auch das wollen Sie nicht wahrhaben. Wir müssen uns auch um diese Kinder kümmern. Auch das ist eine bildungspolitische Wahrheit in diesem Lande.
Sie verschweigen auch, dass 20 % der Schülerinnen und Schüler das Gymnasium im Lauf der Gymnasialzeit wieder verlassen und auf andere Schulen zurückgehen. Aber dieses Problem müssen Sie doch zur Kenntnis nehmen.
(Prof. Dr. Walter Eykmann (CSU): Das ist doch alles in Pisa gar nicht gemessen worden; was wollen Sie denn?)
Ja eben! Das ist bei Pisa nicht gemessen worden. Man kann vom Ergebnis der Pisa-Studie eben nicht auf eine gute bayerische Bildungspolitik rückschließen.