Protokoll der Sitzung vom 29.09.2005

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein weiterer Punkt ist unausgesprochen und hartnäckig versteckt: Sie wollen weiter den Energiemix mit Atomkraft. Im Entwurf zum Landesentwicklungsprogramm sind wieder die Kernkraftwerke an den bestehenden Standorten als Ziel festgeschrieben – nicht nur als möglicher Grundsatz, sondern als Ziel: Ausbau der Atomenergie. Zum Glück trauen Sie sich das in Ihrem Antrag schon gar nicht mehr zu nennen. Wir wissen aber: Der Energiemix der CSU sieht den Ausbau der Atomenergie vor. Nicht mit

uns, und nicht mit mehr als 70 % der Bevölkerung Deutschlands.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ihre Klimaschutzbilanz ist dürftig. Die Atomenergie wird von der Bevölkerung abgelehnt, Sie aber beharren darauf trotz Wettbewerbsverzerrungen. Sie wollen inzwischen vom Öl weg, aber nur ganz langsam, weil Sie die ökonomische Entwicklung auf diesen Weg zwingt. Im Wirtschaftsministerium wird aber an Studien festgehalten, die für die nächsten 15 Jahre von einem Rohölpreis zwischen 20 und 30 US-Dollar pro Barrel ausgehen. Ich meine: Derart untaugliche Studien können doch wohl nicht weiter die Grundlage Ihrer Energiepolitik sein. Trotzdem haben Sie aber in der Antwort auf eine Anfrage von mir genau darauf beharrt. Rückwärts gewandter, als Sie in Ihren Studien und Aussagen sind, geht es wohl nicht.

Da lobe ich mir zum Beispiel – er ist zwar nicht da, das Lob wird er aber wohl zu Ohren bekommen – den Landwirtschaftsminister. Er lobt im Gesamtkonzept „Nachwachsende Rohstoffe“ den Ausbau der Biogasanlagen in Bayern. Er sagt: Biogasanlagen wurden positiv auf nun 650 von deutschlandweit 2000 ausgebaut. Er schreibt – das ist das erste Mal, dass ich so etwas von Vertretern der Staatsregierung höre oder lese –: „Der wesentliche Grund für diese positive Entwicklung bei Biogasanlagen liegt in der im August 2004 in Kraft getretenen Novelle des EEG.“ – Sieh mal an! Erstaunlich! Endlich traut sich einmal einer aus der CSU-Ministerriege zuzugeben, dass die grünen Förderprogramme des Bundes für Bayern erfolgreich sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie haben es abgelehnt, wir bayerische Bürgerinnen und Bürger und grüne Minister haben dieses durchgesetzt. Daran sieht man doch, wo es hingeht. Sie im Wirtschaftsministerium beharren aber wirklich auf Positionen von vorgestern.

Ich betrachte die Maßnahmen, die Sie in Ihrem Antrag vorschlagen. Wieder einmal geht es um Informationen für Hausbesitzer, Schulen, Studenten und Architekten. Das kennen wir zu Genüge. Das war auch das Einzige, was Sie in Ihrer Klimaallianz dauernd zu verkaufen versuchten. Wo aber bleiben wirkliche Konzepte zum Vorrang erneuerbarer Energien bei staatlichen Liegenschaften? Wo bleibt die Kraft-Wärme-Kopplung bei staatlichen Gebäuden? Wo bleibt die Umsetzung der Energieeinsparpotenziale in staatlichen Gebäuden, wie sie vom Rechnungshof seit vielen Jahren angemahnt wird? – Nichts, gar nichts!

Zum Verkehr sagen Sie: Wir brauchen jetzt die Beimischung biogener Treibstoffe. Das wurde durch die Entscheidung der GRÜNEN in der Bundesregierung, die Besteuerung biogener Treibstoffe einzustellen, unterstützt und gefördert. Das ist ein Faktum, das die GRÜNEN eingeführt haben und das hier zum Tragen kommt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir brauchen aber nicht nur andere Treibstoffe, sondern wir brauchen auch andere Autos. Erst im August 2005 hat der Sachverständigenrat für Umweltfragen wieder darauf hingewiesen. Wir brauchen andere Autos, die die CO2Emissionen deutlich mindern. Als Zielvorgabe werden bis 2012 100 g pro 100 km gesetzt. Wenn wir uns den derzeitigen Automobilmarkt anschauen, sehen wir, wie weit wir von diesen Zielvorstellungen entfernt sind. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen schlägt einen Emissionshandel für Pkws bis zum Jahr 2012 vor. Dieses zu unterstützen, wäre Ihre Aufgabe. Dann muss aber leider auch die bayerische Automobilindustrie heute zugeben, dass sie auf völlig falsche Modelle setzt. Schauen wir einmal auf die IAA. Das war peinlich: große leistungsstarke Autos, höchster Komfort, 500 PS. Der Verbraucher, die Verbraucherin wünscht aber sparsame, leichte, effi ziente Autos mit niedrigstem Spritverbrauch. Das ist möglich, wird aber derzeit leider nicht umgesetzt.

Wir brauchen auch vernünftige Wärmestandards und Wärmeeinsparungen im Altbausektor. Vielleicht können Sie ja künftig in Ihrer möglichen Regierungsverantwortung einmal Marker setzen. Wir warten darauf. Sie schaffen es von Bayern aus doch nicht einmal, den Niedrigenergiestandard bei Neubauten zu kontrollieren. Wir haben in der Energieeinsparverordnung, die die GRÜNEN durchsetzen, die Forderung nach einem Niedrigenergiestandard. In Bayern wird er bis heute nicht angemessen kontrolliert. Das wäre eine Länderaufgabe, aber Sie versagen wieder.

Man kann also nur sagen: Der Antrag ist banale Schaumschlägerei. Effektive Maßnahmen fehlen. Eine miserable Klimaschutzbilanz kennzeichnet die Politik der Bayerischen Staatsregierung.

Ich komme zu den Gaspreisen. Ich meine, in einigen Punkten sind wir uns sicher einig. Lassen Sie mich aber noch ganz kurz drei Punkte ansprechen. Das Bundeskartellamt hat das Zusammengehen von Eon und Ruhrgas immer kritisiert. Ein Blick hin zur SPD und zu Ihrem Antrag: Es war doch gerade die SPD mit den Ministern Müller und Clement, die zu dieser Marktdominanz im Gassektor überhaupt geführt hat, indem eine Ministererlaubnis gegen die Entscheidung des Bundeskartellamtes erteilt wurde.

Ein Weiteres. Alle haben immer wieder verhindert, die Bundesnetzagentur einzurichten. Dank der Verhinderungsstrategie der beiden großen Parteien war Deutschland das letzte Land der damals 15 EU-Staaten, das die Bundesnetzagentur eingerichtet hat. Auch hier haben Sie gebremst und blockiert. Jetzt liegen von beiden Fraktionen Anträge vor, in denen der Zustand, der jetzt herrscht, bedauert wird.

Ein letzter Punkt. Ich meine, das ist wirklich witzig. Sie gehen auf die Arbeit der Landeskartellbehörden ein. Diese sollen ordnungsgemäß arbeiten. Das ist doch selbstverständlich. Auf etwas sei aber durchaus hingewiesen: Noch im Februar hat sich das Landeskartellamt gerühmt: Wir haben bei 16 bayerischen Gasversorgern den Preisanstieg, den Tarifanstieg verhindert – für drei Monate, nämlich April, Mai und Juni; danach konnten die Gaspreise wieder steigen. Das ist Ergebnis der Arbeit des Bayeri

schen Landeskartellamts. Ich muss dazu schon sagen: Sie brauchen Ihre Kartellbehörde nicht zu loben oder aufzufordern zu arbeiten. Es ist überfällig, dass etwas Angemessenes getan wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir müssen jetzt handeln; denn der Klimaschutz ist notwendig, zum einen, um bei hohen Ölpreisen vom Öl wegzukommen, zum anderen, um größere Schäden, um größere Kosten zum Beispiel durch Hochwasserereignisse zu verhindern. Mit diesem Antrag aber, liebe CSU, werden Sie die Aufgaben, die heute anstehen, nicht bewältigen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Weitere Wortmeldung, Herr Kollege Runge? – Herr Kollege Runge.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ruth Paulig hat in ihrer Rede, selbstverständlich mit einem kleinen Spott versehen, anklingen lassen: Wir halten die Forderungen in den Anträgen der CSU-Fraktion und der SPD-Fraktion hinsichtlich Wettbewerb im Gasmarkt grundsätzlich für richtig, und wir werden demzufolge dem Antrag der SPD auch zustimmen. Weshalb wir dem Antrag der CSU nicht zustimmen können, wurde bereits ausgeführt.

Man muss ganz klar festhalten: Der Bund ist hinsichtlich Wettbewerb im Gasmarkt auf dem richtigen Weg. Jetzt haben wir das neue Energiewirtschaftsrecht. Im Juni gab es ja die entscheidende Sitzung des Bundesrates. Alle Seiten sind aus dieser Sitzung jubelnd herausgekommen. Wir haben jetzt auch das Einschreiten des Bundeskartellamtes, welches, meine ich, von allen Seiten hier nicht in Abrede gestellt wird.

Es ist und war ein Trauerspiel, dass es nach mehreren Jahren noch immer nicht gelungen ist, die Vorgaben der einschlägigen EU-Richtlinie zu erfüllen, sodass im März wieder einmal eine Mahnung aus Brüssel fällig geworden ist.

Jetzt aber noch einige Anmerkungen zur Debatte um die hohen Gaspreise, denn diese Debatte hat unseres Erachtens den einen oder anderen falschen Zug. Ganz klar geht es um Fragen des Wettbewerbsrechts, der Wettbewerbspolitik und des Kartellrechts. Unseres Erachtens geht es aber nicht an, Defi zite in der Sozialpolitik, unzureichende Verteilungsgerechtigkeit über Umweltpolitik, Energiepolitik oder Wettbewerbspolitik heilen zu wollen. Das heißt, sozialpolitische Ziele dürfen nicht Bestimmungsfaktoren für das Handeln in der Umweltpolitik, in der Wettbewerbspolitik, im Kartellrecht und in der Energiepolitik sein. Auch ist preisgünstige Energie per se für uns kein Ziel für sich – darin unterscheiden wir uns zumindest von der Überschrift des CSU-Antrags. Leider bewirken bei uns erst die hohen Energiekosten ein Umsteuern. Ein Beispiel dafür ist die Schlafmützigkeit der deutschen Autoindustrie. Auch in dieser Debatte muss man ganz klar daran festhalten, dass Umweltschutz kein Luxusthema ist; Umweltschutz ist existenziell.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Umgekehrt ist es aber so, dass wir keine künstlich überhöhten Preise akzeptieren; sprich, wir akzeptieren keine Wucherpreise, und mit solchen haben wir es jetzt zu tun. Unseres Erachtens würden die hohen Gaspreise jede Menge an Spielraum für Umweltschutz bei der Gasgewinnung hergeben. Hinter solchen Maßnahmen sollte auch bei uns die Politik stehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zur Ölpreisbindung. In der Debatte wird dieses Thema meines Erachtens überstrapaziert. Es war und ist angesichts fehlender Marktpreise und einer Monopolanbieterschaft sicher richtig, Indikatoren für die Preisbildung zu fi nden und zu setzen. Es geht hier um riesige Investitionen, es geht um Langfristigkeit und Berechenbarkeit. Allerdings muss ganz klar festgehalten werden, dass die Gestehungskosten etwa bei einem Drittel des Gaspreises liegen. Wenn die Preise steigen, kann nicht nur auf die Ölpreisbindung gezeigt und gesagt werden, deshalb steigen die Gaspreise weiter an. Dafür brauchen wir schon eine andere Rechtfertigung und bessere Argumente. Zumindest brauchen wir für die anderen zwei Drittel, die nicht von den Gestehungskosten ausgemacht werden, einen anderen Preisindikator als die Entwicklung des jeweiligen Ölpreises.

Im Antrag der SPD-Fraktion lesen wir, dass der Gasmarkt durch die Ölpreisbindung zu wenig Wettbewerb habe. Es gibt ganz massiv andere Gründe als nur die Ölpreisbindung. Diese anderen Gründe werden wieder ganz massiv – Frau Paulig hat es angesprochen – durch Politiker Ihrer Fraktion beeinfl usst und gesteuert. Die Erlaubnisse durch die Minister Müller und Clement sind angesprochen worden. Ein anderer Punkt fällt mir in der Debatte immer wieder auf. Die Frage, ob Wettbewerb stattfi nden soll oder nicht, hängt ganz entscheidend davon ab, wie lange Verträge mit Vorlieferanten laufen dürfen, vor allem dann, wenn diese eine marktbeherrschende Stellung innehaben.

Wie und wo wird zurzeit geblockt und gemauert? Wie und wo wird zurzeit prozessiert, werden zurzeit Klagen angekündigt? Zum Beispiel kündigt die Firma N-ERGIE – wir wissen, wem die zuzuordnen ist – im Streitfall Dinkelsbühl eine Klage an. Erinnert sei auch an den Streit zwischen Dachau und den Stadtwerken München. Worum ging es dabei? Die Stadtwerke Dachau wollten die Gasversorgung auf der letzten Meile übernehmen. Die Stadtwerke München haben ganz massiv blockiert und erklärt, Dachau würde dann kein Gas von ihnen bekommen. Verantwortliche der Firma Bayerngas wären auch nicht begeistert, wenn wir von ihnen fordern würden, dass ihre Verträge künftig weitaus kürzere Laufzeiten haben müssten. Mit diesen Instrumenten können wir aber Wettbewerb generieren. Ich habe jetzt die Unternehmen NERGIE, Bayerngas und Stadtwerke München angesprochen. Wir wissen alle, wer bei diesen Werken mehr und wer weniger steuern kann. Auch das gehört zur Debatte über Wettbewerb und Preise.

Jetzt komme ich wieder zur aktuellen Situation. Das geänderte Energiewirtschaftsrecht ist angesprochen worden. Die Netzagentur ist bemüht worden. Dabei müssen wir

uns aber auch darüber im Klaren sein, dass es mit dieser Agentur am Gasmarkt genauso wie am Strommarkt noch lange nicht geschehen ist. Ganz klar sind die Durchleitungsentgelte auf dem Gasmarkt zu hoch. Die hohen Durchleitungsentgelte sind wiederum eine ganz entscheidende Barriere gegen den Markteintritt. Hier muss etwas passieren. Dass hier allerdings das Abgehen von der Kostenregulierung – ich bringe hier noch einmal das Beispiel der Stromverbändevereinbarung – hin zur Agentur und die so genannte Anreizregulierung so schnell Abhilfe schaffen werden, glauben wir eher nicht. Uns allen muss bewusst sein, dass es auf dem Gasmarkt noch ein sehr langer und harter Weg sein wird, um mehr Wettbewerbselemente einzuziehen. Wir wollen aber quer durch alle Fraktionen, dass daran gearbeitet wird. Das ist unsere Begründung dafür, dass wir den Antrag der SPD-Fraktion unterstützen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich habe keine weitere Wortmeldung vorliegen. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 15/4019 – das ist der Antrag der CSU-Fraktion – seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die CSU-Fraktion. Gegenstimmen? – Die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Die SPD-Fraktion. Damit ist der Antrag angenommen.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 15/4023 – das ist der Antrag der SPD-Fraktion – seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Niemand. Damit ist der Antrag mit Mehrheit abgelehnt.

Ebenfalls zur gemeinsamen Behandlung rufe ich auf:

Dringlichkeitsantrag der Abg. Franz Maget, Johanna Werner-Muggendorfer, Herbert Müller u. a. u. Frakt. (SPD) Wirksamer Hochwasserschutz in Bayern (Drs. 15/4020)

Dringlichkeitsantrag der Abg. Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Ulrike Gote u. a. u. Frakt. (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Bericht über Ausmaß und Folgen des jüngsten Hochwassers in Bayern sowie die notwendigen Konsequenzen (Drs. 15/4025)

Dringlichkeitsantrag der Abg. Joachim Herrmann, Markus Sackmann, Manfred Ach u. a. u. Frakt. (CSU) Beschleunigung des Hochwasserschutzaktionsprogramms 2020; zusätzliche Mittel zur Hochwasserschadensbeseitigung und zum Hochwasserschutz (Drs. 15/4027)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Erste Wordmeldung: Frau Kollegin Werner-Muggendorfer.

Johanna Werner-Muggendorfer (SPD) (von der Red- nerin nicht autorisiert): Herr Präsident, liebe Kollegen, liebe Kolleginnen! Aus den Augen, aus dem Sinn – so könnte man ihr Verhalten bezeichnen. Denn kaum ist das Hochwasser vorüber, werden die vollmundigen Versprechen, die während der Katastrophe gegeben wurden, vergessen. Denn wie anders ist es möglich, dass seit 1999, dem Jahr also, in dem uns die große Hochwasserkatastrophe heimgesucht hat, zwar sehr viel Papier beschrieben wurde, ein tolles Aktionsprogramm aufgelegt wurde, viel versprochen wurde und sicherlich viele Maßnahmen vorangetrieben und geplant wurden, aber nur so wenig umgesetzt wurde von dem, was damals versprochen wurde? Denn kaum war das Programm beschlossen, schon wurden die Finanzen im Nachtragshaushalt 2004 eingeschränkt. Zudem herrschte bei den Wasserwirtschaftsämtern große Unsicherheit darüber, was aus den Mitarbeitern dort werden würde. Das hat natürlich nicht unbedingt zur Motivation der Wasserwirtschaftsämter beigetragen.

Das Hochwasserereignis des Jahres 2005 hat deutlich gemacht, dass es absolut falsch ist, an dieser Stelle zu sparen. Wir haben heute zwar schon gehört, dass es auch falsch ist, in der Bildungspolitik zu sparen. Aber beim Hochwasserschutz zu sparen, ist sicherlich auch absolut falsch. Es wäre weitaus günstiger, preiswerter und ökonomisch weitsichtiger, vorbeugend zu handeln. Das gilt in zweifacher Hinsicht: einmal beim Hochwasser selbst, also das Wasser dort zu halten, wo es auftrifft, zum anderen aber beim Hochwasserschutz vorbeugend tätig zu sein, um sich so später millionenschwere Hilfsprogramme sparen zu können.

(Beifall bei der SPD)

Es wäre weitaus sinnvoller, so zu verfahren. An dieser Stelle möchte ich namens der SPD-Fraktion den vielen Helferinnen und Helfern danken, die auch heuer wieder bei der Hochwasserkatastrophe das Schlimmste verhindert und den Menschen vor Ort sehr geholfen haben. Klar ist, dass es keinen hundertprozentigen Schutz vor Naturereignissen gibt. Aber man kann natürlich das eine oder andere an Schutz gewährleisten. Da, denke ich, hat der Freistaat eine große Aufgabe. Der Schutz der Bevölkerung soll in Angriff genommen werden, er soll vor allen Dingen fi nanziert werden. Solange die Finanzierung nicht klar ist, werden die Kommunen mit den Problemen allein gelassen. Hier müssen wir mit unserem Antrag dem Freistaat und der Staatsregierung auf die Sprünge helfen. Denn es kann nicht so weitergehen mit dieser Lobhudelei – ich muss es mal so nennen. Sie ist unerträglich. Da wird immer gesagt, dass Bayern in den Hochwasserschutz mehr investiert als jedes andere Bundesland. Es wäre doch noch schöner, wenn man sich hier mit anderen Bundesländern vergleichen wollte! Die anderen Bundesländer haben keine Alpen, haben keine Mittelgebirge, haben nicht die gleiche Fläche wie Bayern und haben keine so großen Flüsse. Insofern ist es nur recht und gut, wenn Bayern hier am meisten ausgibt, weil es hier auch die meisten solcher Ereignisse gibt.

Zu kritisieren ist auch das Jonglieren mit den Millionensummen, der kreative Umgang mit Millionen, den Umweltminister Schnappauf immer wieder betreibt. Wenn die Summe von 2,3 Milliarden Euro genannt wird – das ist eine gewaltige Summe –, wird verschwiegen, dass der Bund, die EU und vor allen Dingen die Kommunen sehr viel Eigenleistung einbringen. Der größte Teil dieser Summe wird nämlich von anderen aufgebracht, nicht vom Freistaat Bayern. Das muss man in diesem Zusammenhang auch mal sagen.

Den Vorwurf des Ministers, die Kommunen hätten ihre Hausaufgaben nicht gemacht, muss ich vehement zurückweisen. Der Vorwurf hat mich geradezu empört.

(Markus Sackmann (CSU): Er hat das doch nicht verallgemeinert!)

Tut mir Leid, er hat es schon verallgemeinert. Deshalb werde ich auch hier meine allgemeine Kritik anbringen. Da werde ich nämlich wirklich wütend, weil ich weiß, was beispielsweise meine Heimatgemeinde auf den Weg gebracht hat, man hat dort sogar Eigenleistungen der Bevölkerung requiriert. Dort wäre man bereit, Eigenleistungen im Wert von 200 000 Euro zu erbringen. Da ist es doch der wahre Hohn, wenn es heißt, man habe seine Hausaufgaben nicht gemacht. Die Planungen sind da, die Grundstückskäufe sind getätigt worden, das Wasserwirtschaftsamt hat an dieser Stelle wirklich Großartiges geleistet, auch die Eigenleistung der Betroffenen ist gegeben. Die Gemeinde ist bereit, ihren Beitrag zu leisten, aber es kann nicht angefangen werden. Warum wohl? – Weil der Freistaat nicht in der Lage ist, seinen fi nanziellen Beitrag zu leisten. Das ist skandalös! Man muss sich da doch nicht auch noch beschimpfen lassen, man habe seine Hausaufgaben nicht gemacht. Wer macht denn da seine Hausaufgaben nicht? Man müsste hier vielleicht von anderen Bundesländern lernen. Uns wird so gern und oft gesagt, dass es in anderen Bundesländern so viel besser ist. Schauen wir doch einmal nach Rheinland-Pfalz. Dort müssen die Gemeinden lediglich 10 % der Kosten selbst aufbringen, während es bei uns 35 und mehr Prozent sind.