Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Sie mögen sich vielleicht wundern, dass wir diese Petition ins Plenum gebracht haben. Aber das hat seinen guten Grund. Es ist eine von vielen Petitionen, die sich mit der Thematik Windkraft beschäftigen und insofern eigentlich mehr oder weniger ein Tagesgeschäft des zuständigen Wirtschaftausschusses. Diese Petition ist aber von einer sehr negativen Einstellung zur Windkraft geprägt.
Zum Vorgang Folgendes: Es gibt einige Vorläuferpetitionen und es gibt Gerichtsverfahren gegen konkrete Windkraftanlagen in der Nähe des Petenten. Es handelt sich also um einen umfassenden Vorgang, mit dem nicht nur die Verwaltungsbehörden im Freistaat Bayern, seien es die Landratsämter, das Umweltministerium und die Oberste Baubehörde, sondern auch andere Institutionen außerhalb des Freistaates bis hin zur Universität in Kiel befasst waren.
Die Petenten bitten, dass die Staatsregierung Regelungen erlassen möge, die sie besser vor den negativen Auswirkungen der Windkraft beschützen. Um Ihnen zu zeigen, in welche extreme Argumentation das Ganze hineinzielt, nur ein Zitat aus der Petition: „Ich will sachlich bleiben, dazu gehört auch, Extreme aufzuzeigen –: Periodischer Lärm, bekannt als chinesische Tröpfchenfolter, war und ist vielleicht auch noch eine psychologische Foltermethode.“
Die Auswirkungen der Windkraft werden hier also mit Foltermethoden verglichen. Wenn man bei so etwas Berücksichtigung vorschlägt, kann ich dem Ganzen nicht folgen. Zu Recht hat im Ausschuss sowohl der Vertreter des Umweltministeriums als auch der Vertreter der Obersten Baubehörde vor der Berücksichtigung gewarnt. Deshalb ist es unser Petitum, bei dieser Angelegenheit Material oder von mir auch aus Würdigung zu beschließen. Wir warnen vor der Berücksichtigung, da die Staatsregierung dann letzten Endes keine Möglichkeit mehr hat, dem Ganzen auszuweichen.
Ich bin kein Windkraftfetischist, weil die Windkraft durchaus an der einen oder anderen Stelle auch negative Auswirkungen hat. Man muss diese Technologie sicherlich an der einen oder anderen Stelle kritisch begleiten. Das ist überhaupt nicht der Punkt für mich. Wenn wir also für Material oder Würdigung votierten, gäben wir der Staatsregierung mit auf den Weg, sich der Thematik weiterhin zu widmen und für Verbesserungen in diesem Bereich zu sorgen. Aber insgesamt ist diese Petition so negativ in Richtung Windkraft eingestellt, dass ich es für absurd hielte, diesen Berücksichtigungsbeschluss des Wirtschaftsausschusses beizubehalten. Wir sollten, wie gesagt, den anderen Weg gehen und der Staatsregierung die Möglichkeit geben, sich um die Angelegenheit zu
kümmern. Sie sollte aber diese Petition nicht buchstabengetreu, wie es die Berücksichtigung verlangt, umzusetzen müssen. Deshalb bitte ich Sie, meine Damen und Herren, unserem Vorschlag zu folgen und von dem Votum der Berücksichtigung abzusehen.
Sehr geehrter Herr Präsident, Hohes Haus! Wir haben hier einen besonders tragischen Fall. Der Petent, der selbst im Ausschuss anwesend war, ist querschnittgelähmt. Er hat darauf hingewiesen, dass sein Sohn leider Gottes durch einen Unfall im Rahmen eines epileptischen Anfalls jetzt ebenfalls querschnittgelähmt ist. Das hat der Petent darauf zurückgeführt, dass er dem Schattenwurf der Windkrafträder ausgesetzt ist.
Grundsätzlich wird von dem Petenten gefordert – es soll dort eine dritte Windkraftanlage gebaut werden; zwei sind schon vorhanden –, dass die Argumente überprüft und Regelungen erlassen werden, die die Bürger vor den negativen Auswirkungen der Windkraft schützen. Diesem Petitum haben wir uns angeschlossen und gesagt, es solle Berücksichtigung durch die Staatsregierung erfolgen.
Mich hat gewundert, dass Kollege Magerl dies nicht unterstützt hat, sondern die Eingabe aufgrund von Stellungnahmen der Staatsregierung für erledigt betrachtet wissen will.
Es freut mich sehr, dass Kollege Magerl so viel Wert auf die Stellungnahmen der Staatsregierung legt, und es wäre schön, wenn die Stellungnahmen von ihm immer entsprechend gewürdigt würden.
(Dr. Heinz Kaiser (SPD): Herr Magerl, das ist imageschädigend! – Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Das ist abstrus, wie ihr argumentiert! Das ist der Hammer! Schämt euch doch! Unglaublich!)
Ich bitte Sie, unser Petitum auf Berücksichtigung zu unterstützen, wie es auch die Kollegen der SPD getan haben.
Herr Präsident, Kollegen und Kolleginnen! Ich halte es für bemerkenswert, dass die GRÜNEN die Staatsregierung unterstützen müssen. Bei dem Berücksichtigungsbeschluss handelt es sich um
keine Verschwörung gegen die Windkraft. Herr Kollege Graf von und zu Lerchenfeld hat dargestellt, dass es sich bei dem Petenten um einen Menschen handelt, der durch einen Unfall gehandikapt wurde. Seine Kinder sind vom gleichen Schicksal betroffen. In diesem Fall konnte ein negativer Einfl uss von periodischem Lärm und Infraschall auf ihren Gesundheitszustand nicht völlig ausgeschlossen werden. Darüber gibt es auch Untersuchungen.
(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Das ist unglaublich! Solche Argumente möchte ich einmal im Zusammenhang mit der Elektrostrahlung von euch hören! Das ist der Hammer! Da dreht es mir die Zehennägel auf!)
Herr Kollege Dr. Dürr, das ist dann das Problem Ihrer Zehennägel und wird dem Problem nicht gerecht. Wir sind der Auffassung, dass es in dieser Frage wissenschaftlicher Untersuchungen bedarf. Wenn dabei durch die Wissenschaft Auswirkungen nachgewiesen werden, muss dies Folgen für die Abstandsfl ächen zur Wohnbebauung haben. Deshalb sehen wir kein Problem darin, diese Eingabe zu berücksichtigen. Dabei bleiben wir.
Die Petentin trägt ein tragisches persönliches Schicksal; denn ihr Sohn leidet häufi g unter epileptischen Anfällen.
Jeder, der weiß, wie ein epileptischer Anfall zustande kommt, wie er abläuft und wie die Familienangehörigen leiden, kann verstehen, wie betroffen diese Frau ist und wie viele Bedenken sie hat. Ich kann auch verstehen, dass die Mutter alle Eventualitäten prüfen will, die die Krankheit dieses Kindes verstärken.
Allerdings muss ich auch die Fakten nennen. Fakt ist: Das Genehmigungsverfahren ist bundesrechtlich vorgegeben. Windkraftanlagen sind nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz zu genehmigen. Die Gemeinde hat die Ansiedlung von Windkraftanlagen durch Flächennutzungsplan und Bebauungsplan positiv gesteuert. Die Genehmigungsbehörde, also das Landratsamt, hat zu prüfen, dass von einer Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen und keine Gefahren für die Gesundheit ausgehen. Die Behörde hat rechtmäßig gehandelt. Es liegt kein Grund zur Beanstandung vor.
Die Auswirkungen der Anlage sind daher umfassend zu prüfen. Dabei stehen Fragen des Lärmschutzes und des Landschaftsbildes im Vordergrund. Geprüft werden auch der Schattenwurf, Eiswurf, Diskoeffekte, Infraschall, Rotorbruchgefahr, der so genannte Zwang zum Hinschauen und die optische Wirkung der Anlage. Dieses Vorgehen erfolgt bundeseinheitlich nach den einschlägigen wissenschaftlich begründeten Beurteilungskriterien von anerkannten Fachkreisen, zum Beispiel DIN-Normen, Umweltbundesamt und BMU.
Bayern liegen keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, die eine sachlich begründete Initiative zur Änderung der Genehmigungsvoraussetzungen rechtfertigen würden. Sind die Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt, besteht ein Genehmigungsanspruch des Antragstellers. Der Anspruch ist einklagbar. Ein Ermessen der Behörde zur Erteilung der Genehmigung oder zur Verschärfung der Genehmigungsvoraussetzung besteht nicht. Eine gesundheitliche Gefährdung durch Infraschall ist durch Einhalten der Grenzwerte und Richtlinien nach derzeitigem Wissensstand nicht gegeben. Abweichende Einzelmeinungen und wissenschaftliche Kontroversen gibt es, wie überall, auch hier.
Das Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz hat anlässlich der Petition, weil uns dies ein großes Anliegen ist, eine Anfrage an den Bund gestellt, um die Auswirkungen des Infraschalls nochmals wissenschaftlich zu überprüfen und zu bewerten. Eigene bayerische Verwaltungsvorschriften zur Verschärfung der Voraussetzungen zur Errichtung von Windkraftanlagen wären nicht zulässig und angesichts unserer Deregulierungsmaßnahmen und -bemühungen auch nicht angebracht.
Die Staatsregierung gibt den erneuerbaren Energien einen hohen Stellenwert. Die Schwerpunkte liegen nicht bei der Windkraft, sondern vorrangig bei Biomasse, Geothermie und Solarthermie. Aus diesem Grunde setzen wir auf Energien, die sich wirtschaftlich selbst tragen.
Kolleginnen und Kollegen erlauben Sie mir dazu noch ein paar Anmerkungen. Bei aller Problematik, die die Krankheit des Kindes dieser Familie darstellt, halte ich es zumindest für problematisch, einen Zusammenhang mit der Windkraft herzustellen. Zur Erklärung: Dieses Gebiet wurde von der Gemeinde Altusried als Vorranggebiet für Windkraftanlagen ausgewiesen. Um die Zahl der möglichen Windkraftanlagen zu reduzieren, kam man auf die Idee, einen Bebauungsplan zu machen. Frau Staatssekretärin Müller hat soeben gesagt, dass dies wasserdicht war und von allen Stellen abgesegnet und genehmigt wurde.
Wenn Sie in diesem Fall für Berücksichtigung plädieren, würde ich mir wünschen, dass Sie die Staatsregierung auch dann zum Reagieren aufforderten, wenn ein Petent darüber klagt, dass er durch die Mobilfunkstrahlung krank geworden sei.
Herr Kollege Sprinkart, mich würde sehr interessieren, ob Sie das Petitum dieser Petentin gelesen haben. Ihr geht es nicht darum, zu verhindern, dass in dem Gebiet eine dritte
Windkraftanlage gebaut wird. Sie möchte vielmehr, dass ihre Argumente überprüft und Regelungen erlassen werden, die in Bayern die Bewohner von Ortschaften schützen. Dabei geht es um Abstandsfl ächen und ähnliches mehr.
Herr Kollege, Sie befi nden sich nicht mehr im Bereich der Frage, sondern im Bereich der Begründung.
Herr Kollege, mit diesem Petitium habe ich überhaupt kein Problem, wenn Sie sich bei der Frage des Mobilfunks genauso verhalten wie in dieser Frage. Auch beim Mobilfunk wollen die Petenten nur eine Überprüfung erreichen. Da lehnen Sie jedoch eine Überprüfung der Mindestabstände konsequent ab.
Ein letzter Satz: Wir sollten uns in diesem Hause lieber mit den rechtswidrigen Bebauungsplänen befassen und nicht mit den rechtskräftigen.
Mir liegt keine weitere Wortmeldung vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wer dem Votum des Ausschusses für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU und der SPD. Gibt es Gegenstimmen? – Das sind die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und vier Stimmen aus den Reihen der SPD-Fraktion. Gibt es Stimmenthaltungen? – Eine Stimmenthaltung. Damit wurde dem Votum des Ausschusses für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie mit Mehrheit entsprochen.
Meine Damen und Herren, ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zu dem Antrag 15/3287 auf Änderung des § 648 a BGB bekannt: