Drittens. Sie beklagen, dass bei den Bauern zu viel kontrolliert wird. Da kann ich Ihnen teilweise Recht geben. Vor allem wird das Falsche kontrolliert. Kontrolliert wird, was überhaupt kontrolliert werden kann, also zum Beispiel, ob die Kuh zwei Marken am Ohrwaschel hat.
Das hat mit Verbrauchersicherheit wenig zu tun. Ich habe Ihnen vorher das Beispiel mit den Pestiziden geschildert, das mehr als besorgniserregend ist. Da wird offensichtlich zu wenig kontrolliert.
Entschuldigen Sie, wenn sich der Herr Minister nicht zu Wort meldet, dann erteile ich ihm auch nicht das Wort, Herr Kollege. Die Aussprache ist geschlossen. Damit kommen wir zur Abstimmung.
Zur Abstimmung werden die Anträge wieder getrennt. Ich bitte jetzt alle Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses, zur Abstimmung Platz zu nehmen.
Ich lasse zunächst über den Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Ulrike Gote und anderer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, betreffend „Konsequenzen aus dem Fleischskandal“, Drucksache 15/4343, abstimmen. Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 15/4343 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? – Die CSU-Fraktion. Wer enthält sich der Stimme? – Niemand. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Ich lasse über den Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 15/4344 abstimmen. Das ist der Antrag der Abgeordneten Franz Maget, Christa Naaß, Heidi Lück und anderer, SPDFraktion, betreffend „Fleischskandale – Was tut die Bayerische Staatsregierung? – Keine Privatisierung der Lebensmittelkontrolle!“. Wer dem seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? – Die CSU-Fraktion. Enthält sich jemand der Stimme? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Wir kommen zur namentlichen Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion auf Drucksache 15/ 4341. Dafür stehen drei Minuten zur Verfügung. Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, nicht zu weit wegzugehen, da noch zwei weitere namentliche Abstimmungen beantragt wurden.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich beende die Abstimmung. Die Stimmen werden ausgezählt und das Ergebnis wird später bekannt gegeben.
Dringlichkeitsantrag der Abg. Franz Maget, Angelika Weikert, Franz Schindler u. a. u. Frakt. (SPD) Bleiberecht (Drs. 15/4342)
Für diesen Antrag wurde von der SPD-Fraktion namentliche Abstimmung beantragt. Als Erster erteile ich Frau Kollegin Weikert das Wort.
Bei der Diskussion um die Dringlichkeitsanträge muss man im Kopf etwas umschalten. Das Klingeln im Hintergrund ist von daher vielleicht ganz gut. Kolleginnen und Kollegen der CSU, die SPD-Fraktion bittet Sie um Zustimmung zu diesem Dringlichkeitsantrag, mit dem ein Bleiberecht für langjährig geduldete Flüchtlinge in unserem Land gefordert wird. Ziel dieses Antrags ist es, dass der Innenminister des Landes Bayern, Herr Dr. Beckstein, der sicher an der Innenministerkonferenz am 9. und 10. Dezember teilnehmen wird, sich dort für ein Bleiberecht für Flüchtlingskinder und für Ausländerinnen und
Auf dieser Innenministerkonferenz wird über eine Reihe von Initiativen aus den Bundesländern, zum Beispiel aus Nordrhein-Westfalen und aus Berlin, diskutiert. Ich möchte nur am Rande erwähnen, dass das Land Nordrhein-Westfalen inzwischen von einer anderen Regierung geführt wird. Die genannte Initiative stammt aus der neueren Zeit. Diese Initiative ist aus einer Diskussion im Innenausschuss des Landes Nordrhein-Westfalen entstanden.
Kolleginnen und Kollegen, wir bitten Sie im Sinne der betroffenen Menschen um Ihre Zustimmung. Für die SPDFraktion geht es bei diesem Antrag darum, dass in Deutschland aufgewachsene und integrierte Kinder, die zum Teil hier geboren sind, ein Bleiberecht erhalten. Es geht um Kinder, die in Deutschland geboren, aufgewachsen oder in jungen Jahren nach Deutschland gefl üchtet sind, hier ihre Sozialisation erlebt haben, die deutsche Sprache sprechen, sich mit den Wertvorstellungen unserer Gesellschaft identifi zieren, und die bereit und gewillt sind, eigenständig ihren Lebensunterhalt in Deutschland zu verdienen.
Als Beispiel nenne ich Ihnen ein Mädchen aus Eritrea, eine mir bekannte Frau, die etwa 23 Jahre alt und mit etwa 15 Jahren nach Deutschland gefl üchtet ist. Sie lebt seitdem in Deutschland, ging hier in die Schule und durchlief eine hauswirtschaftliche Berufsausbildung. Da sie keine Arbeitserlaubnis mehr bekommen hat, kann sie dieser Arbeit nicht mehr nachgehen. Dieser jungen Frau wird jetzt gesagt, dass sie nach Eritrea zurückkehren müsse. Eritrea ist ein Land, in dem Frauen und junge Mädchen beschnitten werden. Dies ist ein unglaublich grässlicher Vorgang. Ich bitte Sie, sich einmal in einen solchen Menschen hineinzuversetzen, der seine Sozialisation in Deutschland hatte, der mit unserem kulturellen Hintergrund, auf den wir stolz sein können, aufgewachsen ist und unsere Wertvorstellungen hat. Ich halte es für unmenschlich, diese junge Frau nach Eritrea zurückzuschicken.
Kolleginnen und Kollegen von der CSU, uns geht es auch um eine Gruppe von Äthiopiern, die in Nürnberg leben. Herr Dr. Beckstein kennt diese Gruppe sehr genau. Diesen Menschen wurde die Arbeitserlaubnis entzogen, weil die Behörden glauben, die Kette der Duldungen irgendwann einmal unterbrechen zu müssen. Die rechtliche Perspektive für diese Menschen ist völlig ungeklärt.
Kolleginnen und Kollegen, uns geht es um die betroffenen Menschen, aber auch um die Vollzugsbeamten im Freistaat Bayern, die mit diesen menschlichen Schicksalen konfrontiert werden und aufgrund der rechtlichen Vorgaben oftmals nicht anders handeln können. Dies kam zum Beispiel in dem Brief von Herrn Dr. Beckstein an die Ausländerbehörden sehr deutlich zum Ausdruck. Wenn es einen anderen rechtlichen Hintergrund gäbe, hätten die Behörden vor Ort und das Innenministerium des Landes Bayern die Möglichkeit, in diesen Fällen anders zu handeln.
Uns geht es auch um die vielen Eingaben, die wir im Petitionsausschuss zu diesem Thema behandeln. Herr Kollege König, Sie sagen den betroffenen Menschen oft, dass Sie sie verstehen könnten. Uns liegen Petitionen von Bürgermeistern, Sportvereinen und von Leuten vor, die sich für Menschen einsetzen, die in Bayern integriert sind. Uns sind jedoch die Hände gebunden, weil wir rechtlich keine Möglichkeiten haben. Diesen Zustand können Sie ein Stück weit aufheben, indem Sie mit anderen Innenministern auf der Innenministerkonferenz in Berlin Kriterien für Menschen fi nden und diese in Erlassen festschreiben, damit die von mir beschriebene Gruppe von Menschen die Möglichkeit hat, weiterhin in Deutschland zu bleiben.
Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, auch vor dem Hintergrund zurückgehender Asylbewerberzahlen, um Zustimmung zu diesem Antrag. Die Diskussion, die wir hier führen, musste vor Jahren noch viel strenger geführt werden, weil wir damals wirklich eine hohe Zahl von Menschen hatten, die in Deutschland Zufl ucht gesucht haben. Diese Zahlen sind erheblich gesunken. Herr Dr. Beckstein kann es sicher bestätigen. Die Zahlen liegen vor. Für die unbegleiteten Minderjährigen, für die Flüchtlingskinder, habe ich die Zahlen im Kopf. 1992 waren es über 1000 Jugendliche, die in den Einrichtungen aufgenommen wurden. Im Jahr 2004 waren es noch 35. Das heißt also, dass diese Zahl immer geringer wird. Das ist auch ein Hintergrund dafür, dass wir als Staat, der sich der Humanität und der Menschlichkeit verpfl ichtet und verschrieben hat, den Menschen eine Zukunft bei uns bieten. Ich bitte Sie ganz herzlich um Zustimmung zu meinem Antrag.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Bleiberecht hat schon immer die Unterstützung der Partei des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN gefunden. Mehr noch, wir haben uns immer für die Verbesserung der Lebensinhalte und Lebensgrundlagen der bei uns lebenden Flüchtlinge eingesetzt. Wir sind der Meinung, wer lange hier lebt, muss auch bleiben dürfen; der hat auch ein Recht auf Integration.
Wir setzen uns für eine unbürokratische und großzügige Bleiberechtsregelung ein. Wir wollen, dass Alleinstehende, die fünf Jahre hier leben, ein Bleiberecht bekommen. Familien mit Kindern sollen ein Bleiberecht bekommen, wenn sie drei Jahre hier leben. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sollen bereits ab zwei Jahren hier bleiben dürfen. Dafür gibt es auch ein breites gesellschaftliches Bündnis. Das fordern Kirchen, das fordern Gewerkschaften, das fordern Flüchtlingsverbände wie Pro Asyl, aber das fordern auch ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete, wie Herr Schwarz-Schilling oder Frau Süssmuth. Das fordert aber auch eine breite Öffentlichkeit. Aufgerüttelt durch Fälle, in denen Kinder hier bleiben durften, die Eltern aber gehen mussten, wurde durch Nachbarschaftsinitiativen und Unterschriftensammlungen in der Bevölkerung bereits kund getan – viele Fälle davon erreichten
auch den Landtag –, dass die Menschen mit einer unmenschlichen Abschieberegelung nicht einverstanden sind. Deshalb müssen wir versuchen, dieses Bleiberecht einzuführen und auf eine menschliche Basis zu stellen.
Im Moment schaut die Abschiebepraxis folgendermaßen aus: Familien werden auseinander gerissen. Es gibt Bundesländer, die abschieben, es gibt Bundesländer, die das nicht tun. Es gibt aber auch Ausländerämter, die grundsätzlich abschieben, und es gibt Ausländerämter, die es nicht tun. Das kann kein Dauerzustand sein. Die Abschiebung darf nicht davon abhängen, in welchem Bereich man zufällig wohnt.
Unter Punkt eins wird gefordert, dass die Kinder hier bleiben dürfen. Man kann aber nicht fordern, dass nur die Kinder hier bleiben dürfen, weil man dann Gefahr läuft, dass Familien auseinander gerissen werden. Eltern müssen gehen, und Kinder dürfen dableiben. Das ist eine Regelung, die mindestens ebenso unglücklich ist wie die Regelung, die jetzt gilt.
Unter Punkt zwei hat die SPD offensichtlich etwas außer Acht gelassen. Sie fordert nämlich, dass diejenigen, die zwei Jahre für ihren Lebensunterhalt selbst gesorgt haben, ein Bleiberecht bekommen dürfen. Es muss Ihnen doch bekannt sein, dass gerade im Moment sehr vielen ausländischen Mitbürgern die Arbeitserlaubnis entzogen wird. Gerade den Äthiopiern wird in München und in Nürnberg massenhaft die Arbeitserlaubnis entzogen. Wie sollen die selbstständig für ihren Lebensunterhalt sorgen? Genau das fordern Sie aber. Damit leisten Sie einer Regelung Vorschub, wonach doch wieder abgeschoben werden muss, weil die Betroffenen nicht für ihren Lebensunterhalt sorgen können. Ich unterstelle, dass die Absicht der SPD ausgesprochen positiv ist, dass sie den hier lebenden Flüchtlingen tatsächlich ein Bleiberecht verschaffen will, aber Sie wissen es offensichtlich nicht ganz genau,
denn sonst hätten Sie diesen Antrag anders formuliert. Er ist falsch formuliert. Er bringt die Sache nicht auf den Punkt. Sie riskieren das Auseinanderreißen von Familien. Sie leisten der Argumentation Vorschub, dass die Menschen abgeschoben werden, weil sie keine Arbeitserlaubnis haben.
Das ist doch bisher passiert. Genau das darf nicht mehr passieren. Genau das fordern Sie aber wieder.
Wir können diesem Antrag, so wie er vorliegt, nicht zustimmen, weil er uns zu gefährlich ist. Er ist nicht korrekt formuliert. Er birgt Gefahren in sich, die wir nicht eingehen dürfen. Da wir Ihnen aber dennoch eine gute Absicht unterstellen, werden wir uns bei Ihrem Antrag enthalten. Wir hoffen für die Zukunft, dass es gelingt, gemeinsam eine Regelung zu fi nden, die tatsächlich den Menschen gerecht wird und eine solide Grundlage für ein Bleiberecht schafft.