Protokoll der Sitzung vom 13.12.2005

(Zurufe von den GRÜNEN)

Herr Dürr, scheinheilig ist etwas, das nur diejenigen bestimmen können, die hier vor der kirchlichen Weihe ihre Ernsthaftigkeit nachgewiesen haben. Der Kardinal hat vorhin ausdrücklich an das Wort erinnert: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“

Frau Gote, wenn Sie uns so lieben, wie sich selbst, gehen Sie mit sich selbst ganz schön mies um. Das macht doch nachdenklich.

(Beifall bei der CSU – Johanna Werner-Muggen- dorfer (SPD): Gilt das auch für Sie?)

Mir wäre es sehr wichtig, dass wir über dieses Thema anders miteinander reden. Sie haben behauptet, wir hätten einen Rückzug aus der Finanzierung der Hochschulen. Das stimmt nicht. Wir haben 7,2 % Plus in 2005 und 2006. Das ist mehr, als wir in 2003 verlassen haben; damals hatten wir 5 % abgebaut, weniger als die Mehrzahl der Länder in den fünf, sechs Jahren davor. Zuvor hatten wir 4 Milliarden Sonderfi nanzierung für Hochschulbauten, die wir insgesamt aus Privatisierungserlösen dafür eingesetzt haben. Bayern kann sich sehen lassen. Wir stehen an der Spitze, auch wenn andere Länder in der einen oder anderen Position beim Zuwachs aus dem tieferen Tal womöglich ein bisschen aufholen.

Der Juniorprofessor verschwindet nicht, sondern er wird anschließend Privatdozent. Nur, damit ich aufweise, was Sie hier für Märchen verkünden: In anderen Ländern ist es so, dass der Juniorprofessor nach zwei mal drei Jahren gehen muss. Bei uns aber nicht. Er kann Privatdozent werden. Dann wird er berufen oder nicht. Ewige Zeiten bleibt er nicht in dem Halb-„Juniorprofessor“-Job. Apropos Berufsbeamtentum, da gibt es sehr wohl Dinge, die inzwischen anders geregelt werden. Das muss von Grund auf wachsen und kann nicht von heute auf morgen auf den Kopf gestellt werden. Die Habilitation als bayerischen Sonderweg reklamiere ich auch für die Zukunft. Damit Sie das ausdrücklich wissen: Ich möchte, dass wir eine breitere Angebotslage für die Art und Weise, um zur

Spitzenstellung in der Wissenschaft zu kommen, haben. Andere haben sich auf den Juniorprofessor ausgedünnt. Das ist der eigentliche Fehler. Der Diplomingenieur, alles was wir da haben, die großen Titel, die Sie gern beibehalten hätten, zum Teil sogar mit mir - -

Wenn ich dabei gewesen wäre, dann hätte ich Bachelor und Master nicht so einfach eingeführt, sondern ein bisschen intensiver darüber diskutiert, was wir damit aufgeben. Aber wenn Sie das schon wollen, dann müssen Sie auch deutlich sagen, dass Sie die Basis derer, die einen Hochschulplatz beanspruchen können, international deutlich verbreitern.

Ich will auch das ausdrücklich noch einmal unterstreichen: Der Hochschulrat bietet die Möglichkeit für den Raum, gemeinsam mit Wirtschafts- und Wissenschaftsvertretern, Leuten aus anderen gesellschaftlichen Gruppierungen dafür zu sorgen, dass Standort für Standort in der Zukunftsentwicklung in Lehre und Forschung in den nächsten Jahren eine Spitzenstellung erreichen kann. Da ist niemand mehr von außen, gar von München, der die Region benachteiligt. Da ist niemand da, der sagen könnte, er tut etwas gegen seine eigenen Interessen, sondern da werden die Menschen so zusammengeführt, dass sie ihren eigenen Raum im Auge haben, von dort aus arbeiten und für ihn planen. Und bekanntermaßen pfl egt man das eigene Sach am allerbesten.

Insoweit bin ich froh, dass wir in Bayern solche Zentren disloziert haben, insgesamt fast 40, an denen nächstens überall eigenständig mit dem Ziel gearbeitet wird, niemanden zurückfallen zu lassen, sondern zu ermöglichen, dass sich alle in der Spitzengruppe bewähren.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.

Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, die Gesetzentwürfe dem Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Das ist der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 e auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Monica LochnerFischer, Johanna Werner-Muggendorfer, Christa Naaß u. a. (SPD) zur Änderung des Bayerischen Gleichstellungsgesetzes (Drs. 15/4395) – Erste Lesung –

Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Antragsteller begründet. Als Redezeit sind im Ältestenrat zehn Minuten vereinbart worden.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Zehn Minuten für die Begründung! Fünf Minuten Redezeit!)

Ich darf Frau Kollegin Lochner-Fischer bitten.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es freut uns sehr, dass wir heute unseren Änderungsantrag genau an dem Tag einbringen können, an dem der neue Plenarsaal des Landtags eingeweiht worden ist. Wir können damit ein deutliches Zeichen setzen, dass die Gleichstellung zwischen Mann und Frau auch künftig ein ganz wichtiges Thema für die Landespolitik und für diesen Landtag sein wird und wir dieses Thema auch weiterhin sehr ernst nehmen. Ich hoffe, dass dieses Zeichen des Aufbruchs in eine neue Zeit auch dafür sorgen wird, dass die Mehrheit des Hauses dem Änderungsantrag, den wir heute einbringen, auch zustimmt.

Wir haben nämlich vonseiten der SPD-Landtagsfraktion heute, wenn Sie die Vorlage beachten, lediglich in drei zentralen Punkten einen Gesetzentwurf eingereicht, obwohl wir nicht verhehlen wollen, dass sich unsere grundsätzliche Kritik am Bayerischen Gleichstellungsgesetz damit nicht erledigt hat und auch nicht ad acta gelegt worden ist.

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

Wir wollen nach wie vor, was wir schon 1996 kritisiert und beantragt haben. Wir wollen nämlich ein Gleichstellungsgesetz mit klaren Zielvorgaben, zum Beispiel in Form von Quotenregelungen. Wir wollen ein Gleichstellungsgesetz, das nicht nur in einigen, sondern in allen Bereichen verbindlich ist, und vor allem eines, das den Frauenbeauftragten tatsächliche Rechte zubilligt. Wir wollen, dass die Frauenbeauftragten nicht viel Zeit damit vergeuden müssen – das tun sie heute –, dafür zu kämpfen, dass sie überhaupt arbeiten dürfen, dass ihre Arbeit überhaupt als berechtigt angesehen wird. Wenn wir diesen Kampf endlich einmal sein lassen könnten, dann hätten wir viel im Moment noch vergeudete Arbeitszeit, um das Gesetz tatkräftiger umsetzen zu können.

Wir wollen ein Gleichstellungsgesetz, das auch Sanktionsmöglichkeiten vorsieht. Denn jedes Gesetz kann unterlaufen werden. Das wissen wir als Gesetzgeber sehr gut. Nur dann, wenn auch geregelt ist, was passiert, wenn ein Gesetz unterlaufen wird, hat dieses Gesetz wirklich Zugkraft.

Und letzter Punkt, der nach wie vor von 1996 übrig geblieben ist: Der Finanzvorbehalt im Gleichstellungsgesetz ist unberechtigt. Wir haben den Verfassungsauftrag, die Gleichstellung von Mann und Frau umzusetzen. Dies kann nicht von der jeweiligen fi nanziellen Situation der jeweiligen Behörde oder Kommune abhängig gemacht werden. In anderen Bereichen gibt es ihn übrigens auch nicht. Es gibt eigentlich keine Begründung dafür, warum er gerade im Gleichstellungsgesetz steht.

Dies ist ein Teil der Bereiche, die im bestehenden Gleichstellungsgesetz nach unserer Meinung verbesserungswürdig und verbesserungsbedürftig sind. Umso schlimmer ist es, dass dieses Gleichstellungsgesetz, das einen Min

deststandard darstellt, von viel zu vielen im Vollzug ignoriert, unterlaufen und ausgehebelt wurde.

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

Der dritte Gleichstellungsbericht der Ministerin vor ein paar Monaten hat hierzu eine wirklich krasse Sprache gesprochen. Wir haben immer noch Dienststellen, die noch nicht einmal das erste Gleichstellungskonzept – wohlgemerkt nach neun Jahren – haben. Die Mehrheit der Behörden und Kommunen hat mit Sicherheit nicht ein Drittes; das haben nur knapp über 30 %. Das heißt, fast 70 % aller Behörden – vom Gesetz verpfl ichteten Behörden und Kommunen – haben die gesetzlichen Vorgaben allein bezüglich des Gleichstellungskonzeptes noch nicht einmal erfüllt.

Wir halten es angesichts dieser Tatsache trotz unserer Kritik am Gleichstellungsgesetz für derzeit am vordringlichsten, drei Punkte zu erledigen. Der eine und wichtigste ist, das bestehende Gleichstellungsgesetz muss bei aller Kritik weiter bestehen und darf nicht Ende Juni nächsten Jahres enden.

(Beifall bei der SPD)

Der zweite Punkt ist, einige wichtige Bereiche müssen vom Gesetzgeber klargestellt werden, und zwar in einem Sinne klargestellt werden, wie es der Gesetzgeber – und das sind Sie mit Ihrer Mehrheit in diesem Hause – eigentlich 1996 schon gewollt hat, bloß offensichtlich draußen ungern zur Kenntnis genommen wird. Und der dritte Punkt ist, der im Moment auch aktuell ist, dass wir unbedingt dafür sorgen müssen, dass dieses Gesetz auch umgesetzt wird und nicht nur auf dem Papier steht.

(Beifall bei der SPD)

Und jetzt zu den drei Bereichen kurze Begründungen: In der Gesetzesbegründung von 1996 steht: „Artikel 23 regelt das Inkrafttreten und Außerkrafttreten des Gesetzes.“

Jetzt kommt das Wichtigste: „Der Gesetzgeber geht davon aus, dass durch das Gesetz, insbesondere durch die Gleichstellungsbeauftragten und Gleichstellungskonzepte, jetzt noch bestehende Defi zite hinsichtlich der Gleichberechtigung von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst beseitigt werden können.“ Das hat der Bayerische Landtag 1996 mit der Mehrheit des Hauses beschlossen.

Wir alle wissen inzwischen – neun Jahre später –, dass dieser fromme Wunsch leider nicht in Erfüllung gegangen ist. Allein schon deshalb muss eine Entfristung des Gesetzes her. Wir sind in vielen Bereichen – ich will die Zahlen, die vor einigen Monaten im Ausschuss genannt wurden, nicht wiederholen – nicht dort, wo wir hinkommen wollten; wir sind noch weit von unseren Zielen entfernt. Nur ein Beispiel: Bei den Führungspositionen im öffentlichen Dienst liegen wir nach wie vor bei 20 %. Das entspricht nicht dem Anteil der Frauen im öffentlichen Dienst

und auch nicht dem Anteil der Frauen in der Gesamtbevölkerung.

(Beifall bei der SPD)

Der zweite Punkt, der unseres Erachtens bei einer Neufassung dringend klargestellt werden muss, ist die Frage, wie viel Zeit Gleichstellungsbeauftragten zur Verfügung steht. Ich möchte den Gesetzgeber an die Gesetzesbegründung von 1996 erinnern, die aus mir unerfi ndlichen Gründen von den Behörden und Kommunen praktisch nie oder nur selten gelesen wurde. In der Gesetzesbegründung heißt es: „Anders als Personalräte sind Gleichstellungsbeauftragte nicht ehrenamtlich tätig. Wegen der vielfältigen Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten kann bei einem sehr umfangreichen Tätigkeitsbereich eine völlige Entbindung von anderen Aufgaben geboten sein.“ Das heißt, der Gesetzgeber hat 1996 bereits deutlich erkannt – dem gingen viele Monate der Diskussion über diese Frage voraus –, dass eine Gleichstellungsbeauftragte das Gesetz natürlich nicht umsetzen kann, wenn sie diese Aufgabe neben ihrer normalen Tätigkeit als Sachbearbeiterin in der Sozial- oder Finanzverwaltung ausfüllen muss. Die Frauenbeauftragten und Gleichstellungsbeauftragten brauchen hierfür die nötige Zeit. Wir haben daher in unserem Änderungsvorschlag vorgesehen, dies so deutlich in den Text aufzunehmen, wie es der Gesetzgeber 1996 eigentlich schon beschlossen hatte, das heißt, wir gehen von einer halbtägigen – 50 % der regelmäßigen Arbeitszeit – Freistellung bei den Gleichstellungsbeauftragten aus. Darüber hinaus bleibt es nach wie vor bei der bisherigen Regelung, das heißt, die einzelnen Behörden und Kommunen werden bei den Gleichstellungsbeauftragten je nach Arbeitsanfall eine längere Freistellung vorsehen.

(Zuruf des Abgeordneten Thomas Kreuzer (CSU))

Nach meiner Uhr habe ich noch fünf Minuten.

Als Gesetzgeber müssen wir aber ein Mindestmaß vorschreiben, da wir bisher einen Anteil von mehr als 20 % an Gleichstellungsbeauftragten haben, die keinerlei Freistellung genießen und somit die Aufgaben gewissermaßen ehrenamtlich erfüllen; ein Großteil der anderen fi ndet nur unzureichende Regelungen hinsichtlich der Arbeitszeit bei der Umsetzung des Gleichstellungsgesetzes vor. Wir von der SPD haben den Antrag nicht so formuliert, wie wir ihn als SPD eigentlich hätten formulieren müssen, nämlich eine Gesetzesnovellierung von A bis Z zu fordern; wir wollen, dass die im Moment vordringlichen Punkte, die der Gesetzgeber 1996 vorsehen wollte, in die Praxis umgesetzt werden, und haben ihre Forderungen von damals versucht aufzunehmen. Ich bitte Sie daher, unserem Änderungsantrag zum Gesetz zuzustimmen. Wir gehen von der Zustimmung aus, weil es um den Fortbestand des Gleichstellungsgesetzes geht.

Ich kann mir zum Schluss eine halbböse Bemerkung nicht verkneifen: Wir alle wissen, dass nicht das Kabinett, sondern ausschließlich der Landtag Gesetze ändern kann. Zeitungsmitteilungen, wonach das Gesetz praktisch schon eine Verlängerung vorsieht, weil das Kabinett dar

über beschlossen hat, sind daher nicht nur irreführend und verwirrend, sondern schlicht falsch.

(Beifall bei der SPD)

Nur der Landtag kann über die Verlängerung beschließen und ich fordere Sie auf und bitte Sie darum, das zu tun. Die Möglichkeit hierzu haben Sie jetzt durch unseren Antrag.

(Beifall bei der SPD)

Das waren nunmehr Begründung und Aussprache in einem. Jetzt darf ich in der Aussprache fortfahren. Dafür sind pro Fraktion fünf Minuten Redezeit vorgesehen. Als nächster Rednerin darf ich Frau Kollegin Guttenberger das Wort erteilen.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Auf der Tagesordnung steht heute wiederum das Thema Gleichstellung, diesmal in Form eines Gesetzentwurfs zur Änderung des Gesetzentwurfs der Bayerischen Staatsregierung. Auch der CSU-Fraktion ist die Gleichstellung von Mann und Frau in der Gesellschaft und insbesondere im öffentlichen Dienst ein wichtiges Anliegen. Die Entwicklung zeigt, dass das Bayerische Gleichstellungsgesetz den richtigen Weg aufgezeigt, die richtigen Weichen gestellt und bereits gute Erfolge erzielt hat. Ich möchte jedoch nicht verhehlen, dass mir manches in der Entwicklung manchmal etwas zu langsam geht.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Was zum Beispiel?)

Deshalb war es für uns folgerichtig, dass wir bereits Anfang März dieses Jahres die Staatsregierung aufgefordert haben, einen Gesetzentwurf zur Verlängerung des Bayerischen Gleichstellungsgesetzes auf den Weg zu bringen. Der Landtag ist diesem Antrag gefolgt. Die Staatsregierung hat den geforderten Gesetzentwurf eingebracht und die Anhörung der Verbände ist derzeit in vollem Gange.

Ich möchte der Staatsregierung an dieser Stelle für den fachgerechten Entwurf danken. Die Güte des Gesetzentwurfs ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass wir die Qualität für gut befi nden, sondern auch daraus, dass die SPD nur einige geringe Anzahl von Änderungspunkten – drei zentrale Punkte, wie Sie, Frau Kollegin, sagten, – in Form eines Gesetzentwurf aufgeworfen hat. Auch die CSUFraktion sieht die Notwendigkeit, in einigen wenigen Punkten über Änderungen zu diskutieren.