Entgegen all den öffentlichen Klagen sage ich, wir haben zur Fußball-Weltmeisterschaft den höchsten Stand beim Personal, den die bayerische Polizei jemals hatte. Wir nutzen dabei auch die 42-Stunden-Woche, die notwenig ist. Bei den Koalitionsgesprächen hat die SPD für die Beamten der Bundespolizei immerhin die 41-StundenWoche zugestanden. Ich bitte um Verständnis, wir wollen auch Sie an die neue Rolle gewöhnen, die die CSU erleidet. Bisher war es so, dass für das Gute wir zuständig waren und für die Fehler Berlin. Jetzt kann man das nicht mehr so eindeutig sagen.
Auch die SPD im Bayerischen Landtag muss sich an die neue Rolle gewöhnen. Leider sind Sie von der SPD der Zeit weit hinterher, was man an Ihrer Rede, Herr Schindler, gemerkt hat.
Lassen Sie mich in aller Klarheit sagen: Auch ich trete für die Verwendung der Daten ein, die bei der LKW-MautErfassung gewonnen werden. Ich befi nde mich hier in einem gewissen Spannungsfeld – ich sage das ganz bewusst – mit meinem Freund, dem Fraktionsvorsitzenden der CSU, der in der Frage sehr zurückhaltend ist. Wir haben das Thema bei den Koalitionsverhandlungen zur Sprache gebracht; denn es wird zu einem Gesetzentwurf der Bundesregierung kommen. Alle Innenminister Deutschlands unterstützen das Vorgehen, dass wir zur Verfolgung schwerer Verbrechen die Mautdaten der LKWs heranziehen. Es gibt den schlimmen Fall, in dem ein Lastwagenfahrer einen Parkwächter ermordet hat und in dem es keinerlei Ermittlungsansätze gab außer den Mautdaten. Ich meine, der Datenschutz bezüglich der LKW-Mautdaten hat Nachrang gegenüber der Aufklärung eines Mordes.
Bei allen Debatten bitte ich auch zu beachten, wie wir im europaweiten Vergleich dastehen. Ich bin im Moment der Vertreter der Innen- und Justizminister der Länder Deutschlands auf europäischer Ebene. Auf europäischer Ebene haben wir völlig andere Diskussionen. Dort würde es absurd erscheinen, was wir hier diskutieren, weil dort für die organisierte Kriminalität im Zusammenhang mit dem Terrorismus weit umfangreichere Kompetenzen zur Diskussion stehen. Der englische Innenminister ist derjenige, der im Moment die Ratspräsidentschaft innehat und das Ganze im Einzelnen auf den Weg bringt.
Die Befugnis zur präventiven Telekommunikationsüberwachung ist sinnvoll, zweckmäßig und notwenig. Dass die Polizei Instrumente, die seit langem zur Strafverfolgung verwendet werden, auch zur Abwehr konkreter Gefahren
einsetzen darf, ist nach meiner Auffassung unabdingbar. Wenn Herr Schindler und Frau Kamm – ich glaube, es war Frau Kamm – sagen, es gibt keine Fälle, in denen die präventive Telekommunikationsüberwachung notwendig ist, dann verweise ich darauf, dass bei der Anhörung im Ausschuss auf Antrag der SPD-Fraktion der Sachverständige Preußinger des Landeskriminalamtes Rheinland-Pfalz angehört worden ist, der folgenden Fall aus der Praxis des LKA Rheinland-Pfalz genannt hat.
Die Verantwortung in dem Fall hatte ein Innenminister, der der SPD angehört und der Dienstvorgesetzte des LKAPräsidenten ist. Ich gebe wieder, was Herr Preußinger gesagt hat:
Eine Person, die nach Verbüßung einer mehrjährigen Haftstrafe in der forensischen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses untergebracht war, ist gefl ohen. Der Strafvorwurf war sexueller Missbrauch von Kindern. Die Prüfung der Unterbringungsvoraussetzungen kam zu dem Ergebnis, dass der Untergebrachte außerhalb der Einrichtung erneut rechtswidrige Taten begehen würde. Der Betroffene hat dies zum Anlass genommen zu fl üchten. Die mit herkömmlichen Ermittlungsmethoden durchgeführte Zielfahndung erbrachte das Ergebnis, dass der Gefl ohene Kontakt zu einem Helfer hatte, der der Polizei bekannt war. Eine Telekommunikationsüberwachung nach § 100 a StPO ist nicht möglich, weil es an der Anlassstraftat fehlt.
Ich sage, das ist ein typischer Fall, den wir zur Grundlage nehmen sollten. Ich weiß, dass es bei der Staatsanwaltschaft Überlegungen gibt, den Begriff der strafbaren Handlung nach Möglichkeit extrem weit auszudehnen, um damit präventive Maßnahmen zu verhindern. Ich halte das für falsch. Ich meine, wir sollten den Anfangsverdacht nicht extrem weit ausdehnen, sondern zu präventiven Befugnissen greifen.
Der Gesetzentwurf der Staatsregierung ist vom Landesbeauftragten für den Datenschutz ausdrücklich gelobt worden. Er hat bestätigt, dass die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ebenso wie die Vorgaben des Datenschutzes eingehalten werden.
Der Schutz der Berufsgeheimnisträger ist ebenso berücksichtigt, wie alle sonstigen schutzwürdigen Belange. Die Anträge der SPD und der GRÜNEN reichen demgegenüber nicht aus. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 3. März 2004 ausdrücklich die Wohnraumüberwachung für grundsätzlich verfassungsgemäß erachtet. Die Geeignetheit der Maßnahme zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus wurde mehrfach belegt. Der Bundesgerichtshof hat sich gerade in einer Entscheidung über die Verlängerung der Untersuchungshaft, auf Ergebnisse einer präventiven Wohnraumüberwachung gestützt.
Dem Gesetzentwurf liegen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zugrunde. Zwischen Gefahrenabwehrrecht und Strafverfolgung gibt es wesentliche Unterschiede, was nicht zuletzt aus den verschiedenen Anforderungen nach Artikel 13 Absatz 3 und Absatz 4 des Grundgesetzes deutlich wird. Wir brauchen diese Maß
nahmen, und ich sage mit aller Klarheit: Aus meiner Sicht ist es wichtiger, terroristische Anschläge zu verhindern, als hinterher die Täter zu bestrafen.
Der Strafanspruch des Staates mit seinen repressiven Maßnahmen versagt bei Selbstmordattentätern völlig. Wenn ein Attentäter seinen eigenen Tod in Kauf nimmt, manchmal sogar geradezu vorbereitet, dann hilft die Drohung nicht, ihn zu bestrafen, wenn man ihn erwischt. Wir müssen vielmehr dafür sorgen, dass Selbstmordanschläge nicht durchgeführt werden. Deshalb brauchen wir diese Maßnahmen.
Ein besonderes Augenmerk wurde bei der Novellierung auf den Schutz von Berufsgeheimnisträgern und engsten Vertrauten gelegt. Die berechtigten Interessen von Geistlichen, Verteidigern, aber auch von Journalisten und Abgeordneten werden durch Abhörverbote, Unterbrechungspfl ichten und durch Verwendungsverbote gewährleistet. Ich hebe auch hier, in diesem Hohen Hause, hervor, dass unter Geistlichen nach Auffassung der Staatsregierung nur die Geistlichen der großen Konfessionen und der öffentlich-rechtlichen Körperschaften zu verstehen sind, nicht aber die Imame von Moscheen und Vereinen. Das wird in den großen Kommentaren des Strafprozessrechtes überall dargelegt. Ich hebe dies hervor, damit niemand daran Zweifel haben kann. Andernfalls hätten wir das nicht in so umfangreicher Weise vorgelegt. Die Geistlichen der Konfessionen und der öffentlich-rechtlichen Körperschaften sind erfasst, nicht aber beispielsweise die Imame der Tabligh-i Jamaad und oder ähnlicher Organisationen. Dort haben wir bei Überwachungsmaßnahmen festgestellt, dass Hassprediger gerade zu Gewalt aufrufen. Hier brauchen wir die Möglichkeiten der modernen technischen Überwachung. Deshalb sind die Geistlichen ausgenommen, die Beschäftigten von kleineren Moscheen oder Vereinen aber nicht.
Ich füge hinzu, dass wir Diskussionen über die Frage hatten, inwieweit Journalisten betroffen sind. Ich bin überzeugt, wenn es um bevorstehende schwerste Straftaten geht, dann wird uns ein Journalist Informationen geben, wenn er beispielsweise die Information bekommt, dass ein Mensch entführt werden soll oder dass ein großer Anschlag bevorsteht. Der Journalist wird das Berufsgeheimnis und seine Aufgabe, zu recherchieren, zurückstellen, um auf diese Weise vor unüberschaubaren Gefahren für die Allgemeinheit zu warnen. Wo der Journalist aber Mittäter ist, besteht die Möglichkeit, auch mit polizeilichen Maßnahmen gegen ihn vorzugehen. Das halte ich auch für notwendig. Ich sage das nicht im Hinblick auf die Journalisten, die wir hier landläufi g kennen. Wir wissen aber, dass es gerade im Nahen Osten Medien gibt, die häufi g in einer geringen Distanz zu Terrororganisationen stehen. Wenn ein Korrespondent, beispielsweise bei al-Jasira oder bei ähnlichen Fernsehsendern arbeitet, und der Verdacht der Mittäterschaft besteht, dann wird eine überwältigende Mehrheit der Menschen, die bei uns leben, sagen, dass es richtig ist, gegen solche Journa
Lassen Sie mich noch einige Bemerkungen zu den weiteren Befugnissen machen. Wir haben den Einsatz automatisierter Kennzeichenerkennungssysteme aufgenommen. Die Kennzeichenerkennungssysteme arbeiten nach den Diskussionen mit den Datenschutzbeauftragten nach folgendem Prinzip: Durch technische Maßnahmen werden nur die Kennzeichen gespeichert, die in der Fahndung ausgeschrieben sind. Das heißt, ein Kennzeichen, das nicht in der Fahndung ist, wird auch nicht gespeichert. Es werden nur solche Kennzeichen erfasst, die zur öffentlichen Fahndung ausgeschrieben sind, einschließlich der beobachtenden Fahndung. Es ist aber klar, dass eine automatisierte Abgleichung vorgenommen wird. Das ist notwendig, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir müssen den Mut haben, in einer Zeit, in der die Anonymität eine andere Dimension hat als noch vor etwa zwanzig oder dreißig Jahren, mit elektronischen Daten und mit Kommunikationstechnologie dafür zu sorgen, dass nach Fahrzeugen gefahndet werden kann. Wenn am Autobahnkreuz München-Nord 180 000 Fahrzeuge pro Tag gezählt werden, dann kann die Fahndung nicht mehr aufgrund der Fahndungslisten der Polizei erfolgen, in denen nachgeschlagen wird. Entweder die Fahndung erfolgt computergestützt oder es wird keine Fahndung durchgeführt. Wir werden deshalb diese Art der Fahndung an einzelnen Stellen in Bayern systematisch installieren.
Ich will auch hier sagen, was mein Traum wäre, auch wenn das technisch bisher noch nicht möglich ist. Ich führe es an, damit Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, wissen, wohin die technische Entwicklung führt. Wenn wir in einigen Jahren Gesichtsfelderkennungssysteme haben, dann muss mit diesen Systemen nach Personen gefahndet werden können, die in der Öffentlichkeitsfahndung sind, die beispielsweise mit Fahndungsplakaten gesucht werden. Das geht heute technisch noch nicht, deshalb haben wir dafür auch noch keine Rechtsgrundlage. Wenn das technisch möglich wird, dann halte ich das auch für erforderlich. Das wird unter Fachleuten auch wenig umstritten sein.
Noch eine vorletzte Bemerkung zu den Tasern. Ich freue mich immer, wenn die GRÜNEN in Bayern Maßnahmen scharf kritisieren, die sie in anderen Bundesländern, als sie dort noch an der Macht waren, eingeführt haben. In Nordrhein-Westfalen wurde der Taser eingeführt, Frau Kollegin Kamm. Der Taser wurde unter Verantwortung einer rot-grünen Landesregierung eingeführt. Ich sage deshalb an die Adresse der GRÜNEN: Ich werfe Ihnen vor, dass Sie lieber den Tod des Menschen durch eine scharfe Pistole in Kauf nehmen als den Einsatz von Tasern.
Wer sich hinstellt und den Eindruck erweckt, der Taser sei eine gefährlichere Waffe als die scharfe Pistole, dem kann ich nur sagen, dass er ein schäbiges Spiel spielt.
Ja, ich möchte nur noch einen letzten Satz sagen: Die GRÜNEN treiben ein schäbiges Spiel. Sie erwecken den Eindruck, dass der Taser gefährlicher als die zugelassene Pistole wäre. Ich sage Ihnen: Die Distanzwaffen sind ein langjähriges Anliegen aller Fachleute der Polizei, um auf diese Weise zu erreichen, dass,
(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Scharf und schäbig sind Sie! – Gegenruf des Abgeordneten Markus Sackmann (CSU): Reißt euch zusammen, da drüben!)
bevor scharfe Waffen eingesetzt werden, auf der Gefährlichkeitsskala darunter liegende Waffen verwendet werden können. Ich fordere die GRÜNEN auf, ehrlich zu sagen: Es soll lieber scharf geschossen werden, bevor wir eine neue Distanzwaffe zulassen.
Ich habe zwei Fragen. Erste Frage: Kennen Sie Untersuchungen, dass der Taser wirklich gefahrenfrei ist?
Die zweite Frage: Ist in dem Gesetzentwurf, den Sie vorlegen, der Einsatz des Tasers ähnlich beschränkt wie der Schusswaffeneinsatz, sodass Ihre Unterstellung zutreffend ist, dass der Taser praktisch nur anstelle der Schusswaffe eingesetzt wird, oder ist Ihr Gesetzentwurf so gefasst, dass der Taser bei Einsätzen eingesetzt werden kann, bei denen die Schusswaffe derzeit nicht eingesetzt werden kann?
Frau Kollegin Kamm, wenn Sie die Meinung vertreten, der Taser darf nur dann zugelassen werden, wenn auch die scharfe Schusswaffe zugelassen ist, dann sollten Sie das hier sagen. Darüber kann man diskutieren.
Sie lehnen den Taser darüber hinausgehend ab. Sie müssen sagen, dass Ihnen der Einsatz einer scharfen Schusswaffe lieber ist als der Einsatz eines Elektroschockgeräts. Ich halte das – ich bitte um Nachsicht – für unvertretbar. Das ist menschenverachtend.
Es zielt auf die Unkenntnis der Öffentlichkeit, wenn man sagt: Wir wollen den Taser nicht – Klammer auf –, lieber soll die Schusswaffe eingesetzt werden.
Ich sage Ihnen: Wir haben das sorgfältig überlegt, wir werden den Taser zunächst nur in Spezialeinheiten anwenden. Selbst der Herr Landtagsvizepräsident hat mehr als zehn Jahre lang als Vorsitzender des Sicherheitsausschusses beispielsweise den Einsatz von Gummischrot-Waffen und ähnlichen Distanzwaffen mit auf den Weg gebracht. Es wäre wünschenswert, eine Waffe zu bekommen, die einen Täter sofort außer Gefecht setzt, ohne ihn tödlich zu verletzen. Beim Einsatz der Schusswaffe ist die Gefahr einer tödlichen Verletzung größer als beim Einsatz des Tasers. Ein Taser ist nicht ungefährlich; jemand, der zum Beispiel herzkrank ist, kann durch einen solchen Schock selbstverständlich verletzt werden. Das Gleiche gilt übrigens auch für Blendwaffen oder Lärmwaffen, die man ebenfalls einsetzt. Es geht hier ausschließlich darum, polizeiliche Einsatzmaßnahmen mit weniger gefährlichen Mitteln durchzusetzen. Ich wehre mich deshalb mit dieser Vehemenz, weil Sie bewusst einen völlig falschen Eindruck in der Öffentlichkeit erwecken. Sie müssen sich deshalb – selbst so kurz vor Weihnachten – in dieser Härte angreifen lassen.
Meine Damen und Herren, ich denke, der Gesetzentwurf trifft einen Ausgleich zwischen den berechtigten Interessen des Grundrechtsschutzes und den notwendigen Befugnissen zur Abwehr schwerwiegender Gefahren. Er gewährleistet die Vorreiterrolle des Freistaates in Fragen der inneren Sicherheit. Mit dem novellierten PAG werden wir unserer Marktführerschaft bei der inneren Sicherheit gerecht. Wir haben darin aber auch Bürgerrechte in einem außerordentlich hohen Maße berücksichtigt. Ich denke, wir werden mit diesem Gesetz in Karlsruhe bestehen. Wir haben uns jedenfalls intensiv darum bemüht, alle nur erdenklichen Maßgaben aus Karlsruhe zu berücksichtigen, aber dennoch den Anforderungen der polizeilichen Praxis einigermaßen gerecht zu werden.
Ich bedanke mich bei den Kolleginnen und Kollegen, die in den Ausschüssen über das Gesetz beraten haben. Ich bedanke mich, dass wir es in diesem Jahr verabschieden, sodass insbesondere die Kennzeichenerkennung, über das im Ausschuss weitgehend Einigkeit bestanden hat, im nächsten Jahr eingeführt werden kann. Im Vertrauen auf die Verabschiedung haben wir die Geräte in der Zwischenzeit bestellen können. Wir werden das im nächsten Jahr auf den Weg bringen. Ich denke, dass wir damit unserer Marktführerschaft gerecht werden.