Das, was Sie uns heute hier erzählt haben, täuscht nicht darüber hinweg, dass es zum Beispiel ein Skandal ist, dass seit spätestens 1. März 2005 die massiven hygienerechtlichen Verstöße der Firma Berger bekannt sind, wir aber bisher nichts von Konsequenzen aus Ihrem Haus gehört haben.
Ich sage: Verbraucherinnen und Verbraucher haben Anspruch auf Schutz. Schutz heißt Prävention und nicht klägliche Versuche, durch Rufen im Wald Aktionismus dann vorzutäuschen, wenn – das Bild ist zuvor schon gewählt worden – das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist.
Die Verbraucherinnen und Verbraucher haben zum Beispiel Anspruch auf Razzien ohne Vorankündigung durch Pressemitteilungen aus Ihrem Haus
oder auf Razzien, ohne dass sie der Bundesminister zwei Wochen vorher öffentlich ankündigt – damit sich auch ja jeder darauf vorbereiten kann, der Dreck am Stecken hat.
Natürlich werden Sie kriminelle Energien nie ganz ausschließen können, aber zum Beispiel durch engmaschige Kontrollen, zum Beispiel durch Kommunikation zwischen allen Beteiligten, durch effi ziente Kontrollen und nicht solche, wie ich gerade genannt habe, kann Missbrauch vermieden werden.
Privatisierung von Kontrollen in Großbetrieben, wie Sie sie vorhaben, ist mit Sicherheit nicht der richtige Weg, solchen kriminellen Machenschaften Einhalt zu gebieten. Es ist vorher auch schon gesagt worden: Sie verweigern sich auch dem von uns vorgeschlagenen Verbraucherinformationsgesetz. Das heißt, überall da, wo es um konkrete Maßnahmen geht, tun Sie nichts. Diese konkreten Maßnahmen könnten eben nicht nur dazu führen, dass wir jetzt wieder einen Reparaturbetrieb aufziehen, sondern auch dazu, Missbrauch von vornherein zu verhindern – sicher nicht immer, aber mehr, als es jetzt passiert.
Wie sieht es denn aus mit Ihrer Kontrolle über Ihre nachgeordneten Behörden? – Auf Ihrer Homepage lässt sich jetzt der feinsinnige Unterschied zwischen Amtlichem Tierarzt und Amtstierarzt nachlesen – weil Sie nur für den Amtstierarzt die Verantwortung haben oder noch nicht einmal. Ja, wer, bitte schön, hat denn die Fleischbeschau privatisiert? – Das waren doch nicht wir; Ihre Partei hat dem doch unaufhörlich in allen Landkreisen das Wort geredet.
Was da passiert, ist wirklich eine unbeschreibliche Sauerei. Das kann man nicht anders sagen. Nach der Defi nition des LGL ist Fleisch verdorben, wenn starke Abweichungen in Geschmack und Geruch feststellbar sind. Das ist hier der Fall. Da ist durch injizierte Stärke Fleisch wieder aufgefrischt worden, da sind Stabilisatoren verwendet worden, da sind Ratten beigemischt worden.
Ja, was muss denn noch alles passieren, damit Sie im Vorfeld reagieren oder zumindest die Information, die letzten Juli schon weitergegeben worden ist, in Ihrem Haus zeitnah verarbeitet wird? Wie wollen Sie konkret weitere Fälle dieser Art verhindern? Der Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure sagt, dass dies nur die Spitze des Eisbergs sei. Sie riskieren, dass eine ganze Branche in Misskredit gebracht wird – hier in Bayern, in Deutschland und darüber hinaus. Daran ändern Ihre Reden nichts.
Sie müssen uns schon den Beweis dafür liefern, dass Sie das Richtige zu tun gedenken. Meine Kollegen haben es bereits gesagt: Wir werden Sie mit diesem Fragenkatalog dazu auffordern, uns Rede und Antwort zu stehen, und dann die politischen Konsequenzen aus Ihren Antworten ziehen.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich bin dem Kollegen Marcel Huber sehr dankbar, dass er meine Entschuldigung angenommen hat, bevor ich darum gebeten hatte, noch dazu, dass er es so charmant gemacht hat. Ich nehme den Zwischenruf gerne zurück, nicht deswegen, weil er unparlamentarisch ist – diese Einschätzung fi nde ich nach wie vor nicht richtig; ich fi nde ihn sehr wohl parlamentarisch –, sondern weil er einfach zu Ihnen nicht passt, Herr Kollege.
Kolleginnen und Kollegen, wer an die Ekel erregenden Zustände bei der Firma Berger in Passau und der Firma Frost in Deggendorf denkt – stinkendes Fleisch, Abfälle und Ungeziefer, das mit verarbeitet wurde –, und wer dann noch daran denkt, dass er diese Sauerei vielleicht eines Tages sogar selbst gegessen hat, essen musste, der kann über Ihre selbstgefällige Regierungsverklärung, Herr Minister, und Ihre Verweigerung, heute wirklich Aufklärung zu bieten, nur empört sein.
Die Verbraucherinnen und Verbraucher in Bayern sind empört, dass unser Land schon wieder das Zentrum krimineller Machenschaften ist, und zwar von Machenschaften der Fleischindustrie. Die Menschen haben die Nase davon voll, dass die Staatsregierung offensichtlich nichts aus ihren vielen Fehlern gelernt hat, und sie sind stinksauer, dass die staatliche Kontrolle zum wiederholten Mal versagt hat.
Sie sind auch sauer, dass es immer wieder dasselbe Muster des Versagens ist, und zwar bei den Behörden vor Ort bis zu Ihnen hinauf, Herr Minister Schnappauf. Wenn Essen billiger sein soll als Hundefutter, dann ist für einige Unternehmen die Versuchung offenbar sehr groß, auch tatsächlich Hundefutter zu verkaufen. Aber Ihre Aufgabe, Herr Minister, ist es, dafür zu sorgen, dass wir Verbraucher und Verbraucherinnen vor verfaulendem Wild und Hundefutter in der Hühnersuppe verschont bleiben.
Und wenn Sie dieses nicht schaffen, Herr Minister, dann haben Sie als Verbraucherschutzminister eklatant versagt und sollten sich eine andere Aufgabe suchen.
Leider haben Sie in den letzten Monaten zweimal hintereinander in großem Stil versagt. Das sehen auch Ihre Parteifreunde in Berlin so. Es wurde bereits erwähnt: Ihr Kollege Staatssekretär Müller erklärte: Die Verantwortung für diesen Fall liegt ganz eindeutig in Bayern, wo die Kontrollmechanismen offenbar nicht zufrieden stellend funktioniert haben. Die Verantwortung, Herr Minister, liegt bei Ihnen, und wir werden nicht zulassen, dass Sie diese Verantwortung auf die untergeordneten Behörden abwälzen.
Es ist Ihre Verantwortung. Sie haben die Voraussetzungen, die Rahmenbedingungen für die Versäumnisse vor Ort geschaffen, und Sie haben es versäumt, Korrekturen vorzunehmen, obwohl Sie spätestens im Herbst, im Oktober, schon gewusst haben, dass hier gravierende Mängel bestehen.
Kolleginnen und Kollegen, wir GRÜNEN werden nicht ruhen, bis wir den Fleischskandal und die solche Skandale begünstigenden Strukturen aufgeklärt haben.
Diesen Filz und diese mafi aähnlichen Zustände werden wir aufbrechen, und wir werden, Herr Minister, Ihre persönliche Verantwortung dafür genau herausarbeiten.
Dass es bei Berger zu einer Vielzahl von Auffälligkeiten kam, aber die jeweiligen Behörden trotzdem nicht wirklich aktiv geworden sind, nicht eingeschritten sind, deutet darauf hin, dass diese Behörden wussten, dass sie nicht handeln sollten. Filz und Mafi a funktionieren nur da, wo es
ein stillschweigendes Einverständnis gibt, wo eine schützende Hand über den jeweiligen Machenschaften liegt.
Ob es in Bayern mafi aähnliche Strukturen gibt, ob eine schützende Hand auf den Großbetrieben liegt, auf großen regionalen Arbeitgebern, ob das viele Hände sind – das werden wir uns genauer anschauen.
Frau Ministerin Merk, Sie haben vorher gebeten, wir mögen doch Fragen stellen. Der Minister hat in seinem Bericht ausgeführt – ich lese es vor:
Nach Ergebnissen der Soko hat sich zwischenzeitlich herausgestellt, dass das Veterinäramt Passau entgegen bisheriger Annahmen Unterlagen der Kripo Passau wohl schon am 20.12.2005 in Händen hatte. Allerdings betrafen diese Unterlagen Vorgänge aus den Jahren 2002 bis 2004.
Da würde uns natürlich interessieren, was das für Vorgänge waren. Uns würde auch interessieren: Wie oft haben die Kripo und die Staatsanwaltschaft die Veterinärbehörden informiert? Wie oft und wann wurde die Regierung von Niederbayern informiert?
Herr Minister, heute geht es um die Versäumnisse der Staatsregierung beim Verbraucherschutz. Aber es geht darüber hinaus um Ihre ganz persönliche Verantwortung. Wenn Sie diesen sich verdichtenden Verdacht nicht ausräumen, dass Sie als Minister persönlich versagt haben, dann sind Sie nicht mehr tragbar. Was Sie heute bisher vorgelegt haben, ist wirklich erbärmlich. Das kann niemandem reichen, nicht einmal den Kolleginnen und Kollegen der CSU-Fraktion.
Wir wollen von Ihnen plausible Antworten in mindestens vier Punkten, in denen Sie persönlich Verantwortung tragen.
Erstens. Keiner hat so laut und so grundlos den Menschen die heile Welt des Verbraucherschützers in Bayern vorgegaukelt wie Sie, Herr Minister.
Mit Ihrem Aktionismus haben Sie verschleiert, dass Sie faktisch kein bisschen besser kontrolliert haben als vorher. Sie haben wie wild getan, aber passiert ist unter der Oberfl äche überhaupt nichts.
Zweitens. Nach dem Ekelfl eischskandal bei Frost wussten Sie genau, dass die fehlende Kontrolle zwischen den Behörden dazu geführt hat – das haben Sie hier im Hohen Haus gesagt-, dass die kriminellen Machenschaften nicht frühzeitig aufgedeckt wurden. Schon damals hat Ihnen der Kollege Sprinkart vorgehalten, dass Sie nichts zur fehlenden Koordinierung in Bayern gesagt haben, und er hat gefragt, warum Sie nicht gehandelt haben. Sie haben jetzt wieder nicht gehandelt, obwohl Sie genau gewusst
Drittens. Auch für die Sonderkontrollaktion tragen Sie persönlich die Verantwortung. Sie haben sie persönlich selbst inszeniert. Was Sie da aber gemacht haben, war reine Augenwischerei; es war Verbrauchertäuschung. Wenn sich jetzt bestätigt, dass Sie die Sonderkontrolle so haben durchführen lassen, dass dieselben Personen, die sonst routinemäßig kontrollieren, jetzt auch die Sonderkontrollen durchgeführt haben, dann ist das skandalös. Es zeigt, dass Ihre Aktion nur eine Presseaktion war. Die Kontrolleure sollten nichts fi nden, sie wollten und durften nichts fi nden. Ein Beleg dafür ist, wie die Aktionen damals abgelaufen sind. Am 29. November haben sie eine Pressemitteilung herausgegeben und die Presse zur Musterkontrolle in ein Fleischkühlhaus eingeladen. Ich nehme an, Sie haben das so ähnlich überall angekündigt.
Bei diesen Kontrollen muss ja wohl was rauskommen, wenn man es vorher durch die Presse ankündigt. Es ging also nur darum, den Minister in Aktion zu zeigen. Wenn Sie heute anfangen, das auch noch zu vertuschen, wird es wirklich übel für Sie, Herr Minister. Sie haben nämlich heute behauptet, als es um die Sonderkontrollen ging, dass überprüft werden sollte, ob über Lebensmittellagerhäuser K-3-Material von außen in die Lebensmittelschiene eingeschleust wurde. Aber darum ging es nach Ihren eigenen Aussagen damals überhaupt nicht.
Am 1. Dezember haben Sie geschrieben, dass kein verdorbenes oder umetikettiertes Fleisch aufgefunden wurde. Also haben Sie doch danach gesucht.