Die schnellstmögliche Information der Verbraucher auf der Basis eines bundesweit geltenden Verbraucherinformationsgesetzes, von dem wir von Minister Schnappauf schon gehört haben und das wir baldmöglichst ersehnen, ist für mich ebenfalls ein ganz wesentlicher Punkt.
Wir brauchen jetzt kein parteipolitisch motiviertes, refl ektorisches Gezeter, sondern eine saubere, umfassende, lügenlose und lückenlose Analyse des Geschehens – der Herr Minister hat sie angekündigt –, und zwar unter Einbeziehung aller Ebenen und aller Institutionen. Wir müssen dann die geeigneten Schlussfolgerungen ziehen, die die entdeckten Fehler künftig unmöglich machen.
Erlauben Sie mir noch eine letzte Anmerkung zur regionalen Vermarktung. Wer seinen Rehschlegel beim Jäger in der Nähe holt, hat relativ große Sicherheit, dass er kein Känguru kauft.
(Lebhafter Beifall bei der CSU – Joachim Wahn- schaffe (SPD): Die größte Sicherheit hat der Wilderer! – Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))
Herr Kollege Huber, Sie sind soeben Ziel eines Zwischenrufs gewesen, den ich weder als parlamentarisch noch als akademisch betrachte.
Herr Kollege Dürr! - Ich wiederhole noch einmal: Herr Kollege Dürr! Es wäre schön, wenn Sie der Versammlung folgen würden. Ich habe gerade gesagt, dass Sie einen Zwischenruf getätigt haben, den ich weder als parlamen
(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Schön, dass der Kollege Huber meine Entschuldigung angenommen hat, bevor ich darum gebeten habe!)
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Schnappauf, Sie sind mit Ihrer Ideologie der freiwilligen Selbstkontrolle, die auch die Ideologie der CSU und der Bayerischen Staatsregierung ist, gescheitert.
Das ist Fakt nach dem zweiten heftigen Skandal, der die Lebensmittelwirtschaft beschäftigt. Sie sollten das bitte endlich zur Kenntnis nehmen.
Kolleginnen und Kollegen, die zehn Gebote wurden nicht eingeführt, weil der Mensch gut ist, und Gesetze wurden nicht geschaffen, weil der Mensch gut ist, und die Polizei wurde nicht geschaffen, weil der Mensch gut ist, sondern weil es Menschen gibt, die sich halt nicht an Spielregeln halten.
Kolleginnen und Kollegen, wer sich darüber im Klaren ist, dass es diese Probleme gibt, der kann nicht Rundfunksender beschimpfen, wenn sie Radarkontrollen bekannt geben. Der Minister kündigt Kontrollen vorher an und wundert sich dann, wenn er nichts mehr fi ndet. Ich habe im Ausschuss gesagt: Wer nach dieser Ankündigung der Kontrollen erwischt wird, der gehört nicht bestraft, weil er Schweinereien betreibt, sondern weil er so blöd ist, sich erwischen zu lassen.
Kolleginnen und Kollegen, so geht das nicht, und das wissen Sie, Herr Minister, auch ganz genau. Was ich Ihnen, Herr Minister, heftig ankreide, ist Folgendes – ich zitiere aus Ihrer Rede. Sie haben gesagt, wir hätten hier einen Fall, in dem offenbar das Fehlverhalten einzelner Mitarbeiter eines Unternehmens Arbeitsplätze gefährde. Herr Minister, es ist schäbig, jetzt Arbeitnehmer dafür zu verurteilen, was offensichtlich von ganz oben gewollt und mitgetragen wurde. Nehmen Sie die Unternehmensleitung in die Pfl icht und lassen Sie die Arbeitnehmer in Ruhe!
Die erfüllen ihre Pfl icht, und wenn sie das nicht machen, fl iegen sie raus. Aber Sie sind viel zu weit weg davon, um so etwas zu wissen.
Jetzt sind wir beim nächsten Punkt, Herr Minister. Vor drei oder vier Jahren – das können Sie nachlesen – haben wir für die Lebensmittelüberwacher eine bessere Vernetzung, funktionierende Software und vieles mehr gefordert, und vor allem haben wir gefordert: Weg mit den Lebensmittelüberwachern von den Landratsämtern hin zu verantwortlichen Stellen, die diese Verantwortung dann auch politisch wahrnehmen müssen, nämlich zu den Ministerien. Das wurde damals abgelehnt.
Nein, jetzt nicht. Ich habe wenig Redezeit. – Herr Minister, da haben Sie und die dafür Verantwortlichen versagt. Bereits vor drei oder vier Jahren wurden diese Fehler gemacht.
Ein weiterer gravierender Fehler kommt hinzu, den Sie natürlich nicht zugeben dürfen: Sie haben mit einer völlig überhasteten, verfehlten und an der Verbraucherpolitik vorbeigehenden Verwaltungsreform die Beschäftigten zutiefst verunsichert, die Strukturen zerstört und wundern sich jetzt, dass nichts mehr funktioniert.
Manchmal kann auch die Kultur des Wegsehens ein Protest sein. Ich unterstelle den Leuten gar nichts, ich sage nur: Man kann Menschen auch demotivieren. Das haben Sie gründlich geschafft. – Nicht Sie alleine. Der zuständige Minister ist nicht da, und der Ministerpräsident, wie ich sehe, im Übrigen auch nicht. Das interessiert ihn scheinbar nicht.
Meine Damen und Herren, was ist es für ein Verständnis von Parlamentarismus, wenn der Kollege Kaul fordert, wir sollten kontrollieren? Was denn? – Der Minister ist für die Kontrolle der Behörden zuständig, nicht das Parlament.
Das Parlament kontrolliert den Minister, und dieser hat dafür Sorge zu tragen, dass seine Behörden funktionieren.
Im Übrigen: Dass der erste Skandal nicht, wie Sie vermutet haben, die Sensibilität in Niederbayern gefördert hat, sehen Sie am Folgeskandal. Das wirft eine ganze Reihe von Fragen auf. Zum Beispiel sagt der Herr Minister in seiner Rede, am 13. Januar habe das Ministerium von den lebensmittelrechtlichen Verstößen bei Berger-Wild erfahren. Dann hat man sich offensichtlich bis zum 21. Januar Zeit gelassen – so Ihre Rede –, und erst dann hat das LGL die landesweite Beprobung durchgeführt. Das heißt, man hat ein gemütliches Tempo vorgelegt, bis man endlich gehandelt hat, um den Verbraucher vor Dreck und Schmutz zu schützen.
Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, dies gilt es aufzuklären, und zwar in aller Deutlichkeit. Sie bekommen einen Fragenkatalog. Der Kollege Müller hat es schon angekündigt: Wenn dieser uns nicht befriedigt, müssen wir weiter darüber nachdenken, wie wir Verbraucherinnen und Verbraucher vor dem Versagen von Behörden schützen können, die dafür da sind, Verbraucher zu schützen.
Es kommt darauf an, dass Strukturen hergestellt werden. Damit bin ich bei Marcel Huber. Das sollten wir ideologiefrei über die Parteien hinweg machen, und wir sollten dafür Sorge tragen, dass solche Dinge nicht mehr passieren können.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Kaul, was Sie vorgetragen haben, war ein untauglicher Versuch, hier über das Versagen der Staatsregierung hinwegzureden. Sie beklagen, dass wir unseren Zorn über das kriminelle Potenzial nicht geäußert hätten. Natürlich haben wir das, genauso wie Sie. Darüber brauchen wir doch gar nicht zu diskutieren. Damit beschäftigt sich die Staatsanwaltschaft; es ist aber nicht unser Thema hier.
Herr Minister Schnappauf, die Bevölkerung hat ein Recht auf gesunde Lebensmittel. Der Verbraucherschutz steht über allen anderen Interessen. Die Bevölkerung hat das Recht auf Information. – Das alles haben Sie uns heute mit
markigen Worten erklärt. Und Sie haben eine Task Force eingerichtet. Ihre markigen Worte haben wir wohl gehört, aber was die ganze Zeit fehlt, sind Taten von Ihnen.
Das, was Sie uns heute hier erzählt haben, täuscht nicht darüber hinweg, dass es zum Beispiel ein Skandal ist, dass seit spätestens 1. März 2005 die massiven hygienerechtlichen Verstöße der Firma Berger bekannt sind, wir aber bisher nichts von Konsequenzen aus Ihrem Haus gehört haben.