Protokoll der Sitzung vom 01.02.2006

Die Betriebstätten der Berger-Wild GmbH wurden von Fleischbeschautierärzten des Landkreises Passau und Amtstierärzten des staatlichen Landratsamtes kontrolliert. Die Fleischbeschautierärzte kontrollierten nach Angaben des Landratsamtes Passau die Wildverarbeitungsbetriebe arbeitstäglich, zumindest immer während der Fleischuntersuchung und das Kühlhaus in Passau regelmäßig in monatlichen Abständen. Bei diesen Kontrollen wurden im Kühlhaus in Passau keine Auffälligkeiten oder Probleme festegestellt. In der Betriebsstätte Fischhaus/Ruderting stellte der amtliche Tierarzt nach den unserem Ministerium vorliegenden Berichten des Landratsamtes Kapazitätsüberschreitungen und in Folge dessen eine Absenkung der Betriebshygiene fest.

Die amtlichen Tierärzte teilten in einer Besprechung am 24. Januar 2006 mit, dass die Verständigung mit den Arbeitern wegen Sprachproblemen nahezu unmöglich gewesen sei. Nach derzeitigem Kenntnisstand sind allerdings aus unserer Sicht Mängel im Betriebsmanagement die Hauptursache für die Hygieneprobleme. Die Gründe hierfür werden von der vom Umweltministerium eingesetzten Sonderkommission derzeit untersucht.

Die Amtstierärzte führten den Berichten des Landratsamts zufolge in den Jahren 2003 und 2004 je vier Kontrollen, 2005 drei Kontrollen und 2006 zwei Kontrollen in den Wildverarbeitungsbetrieben Ortenburg und Ruderting durch. Die Ergebnisse im Einzelnen: Nachkontrolle am 09.01.03: geringe Hygienemängel; Routinekontrolle am 10.01.03: geringe Hygienemängel, nicht gekennzeichnete Ware im Betrieb; Routinekontrolle am 23.09.03: mittelgradige Hygienemängel, Mängel an der Einrichtung, Nachkontrolle des amtlichen Tierarztes hat ergeben: Mängel behoben; Routinekontrolle am 23.10.03: geringe Hygienemängel, Eigenkontrollkonzept in Ordnung; Routinekontrolle am 04.03.04: Hygienemängel, Kennzeichnungsmängel; Routinekontrolle am 13.10.04: geringe Hygienemängel; Routinekontrolle am 25.11.04: mittelgradige Hygienemängel, Personalprobleme; Nachkontrolle am 02.12.04: Hygienemängel lediglich geringfügig, Personalprobleme behoben; Routinekontrolle am 20.09.05: keine Beanstandungen; Sonderkontrolle am 01.12.05: kleinere Kennzeichnungsmängel, kein Material der Kategorie 3; Sonderkontrolle am 01.12.05: kleinere Kennzeichnungsmängel, kein Material der Kategorie 3; Kontrolle am 16.01.06: gravierende hygienische Mängel und Kontrolle am 18.01.06: gravierende hygienische Mängel.

Zusatzfrage: Frau Kollegin.

Herr Staatssekretär, es hat so gut wie immer Mängel gegeben. Ich habe eben von Ihnen gehört, dass es dann immer wieder Routinekontrollen gegeben hat. Haben Mängel nicht zu Sonderkontrollen geführt und was ist in einem solchen Fall üblich?

Herr Staatssekretär, bitte.

Routinekontrolle bedeutet, dass immer wieder kontrolliert wird und dass bei der Feststellung von Mängeln die Behebung der Mängel verlangt wird. Das hat immer wieder stattgefunden, wie Sie aus der Aufstellung sehen. Es ist eine Frage der Bezeichnung, ob Sie es als Routine- oder Sonderkontrolle ansehen, wenn wir in den Betrieb gehen, kontrollieren und Mängel feststellen, und zwar in dieser zeitlichen Abfolge, wie ich es Ihnen geschildert habe.

Weitere Zusatzfrage: Frau Kollegin Peters.

Wie viele Routinekontrollen sind üblich oder vorgeschrieben?

Das wird aus der Kenntnis der Betriebe vor Ort risikoorientiert gemacht. Ich kann Ihnen jetzt nicht von der Statistik her sagen, wie oft in anderen Fällen kontrolliert wird.

Letzte Zusatzfrage: Frau Kollegin.

Herr Staatssekretär, wie erklären Sie es sich, dass im August 2003 dem Herrn Landrat Mängel schriftlich mitgeteilt wurden, dass daraus im Landratsamt aber offensichtlich keine Konsequenzen gezogen wurden?

Das ist eine der zentralen Fragen, mit denen wir uns hier befassen. Es ist Aufgabe dieser Sonderkommission, aufzuklären, welche Kenntnisse im Einzelnen vorhanden waren und wie das Landratsamt darauf reagiert hat.

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. – Die Fragestunde ist abgeschlossen. Herzlichen Dank für die Beantwortung der Fragen.

Kolleginnen und Kollegen, außerhalb der Tagesordnung gebe ich gemäß § 26 Absatz 2 der Geschäftsordnung noch folgende Ausschussumbesetzungen der CSU-Fraktion bekannt:

Neues Mitglied im Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen wird anstelle von Herrn Staatssekretär Dr. Otmar Bernhard Frau Kollegin Monika Hohlmeier.

Anstelle von Bernd Sibler wird Herr Kollege Hans Rambold neues Mitglied im Ausschuss für Jugend, Bildung und Sport.

Außerdem wird Frau Kollegin Ulrike Scharf-Gerlspeck anstelle von Frau Annemarie Biechl neues Mitglied im Ausschuss für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik.

Das Hohe Haus nimmt davon Kenntnis.

Ich darf Tagesordnungspunkt 1 aufrufen:

Aktuelle Stunde

Für die heutige Sitzung war die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN vorschlagsberechtigt. Sie hat eine Aktuelle Stunde zum Thema „Verbraucherschutz geht vor – keine Gentechnik auf unseren Feldern“ beantragt. Wir wissen, wie die Aktuelle Stunde gemäß Geschäftsordnung abläuft.

Frau Kollegin Paulig, ich darf Ihnen jetzt das Wort erteilen. Für Sie wurden zehn Minuten beantragt.

Kolleginnen und Kollegen! Frau Präsidentin! Keine Gentechnik auf Bayerns Äckern! Mehr als 70 % der Verbraucherinnen und Verbraucher lehnen Gentechnik in Lebensmitteln ab. Europaweit haben sich 160 Regionen zu gentechnikfreiem Anbau zusammengefunden. Ein Bündnis formiert sich. Österreich setzt fl ächendeckend auf gentechnikfreien Anbau, die Schweiz hat mit der Initiative „Gentechfrei – ja bitte!“ den gentechnikfreien Anbau in der Verfassung verankert. Verarbeiter und Handel setzen auf gentechnikfreie Produktion, darunter einer, der europaweit größten Betriebe für Babykost. Claus Hipp hat dies unmissverständlich zum Ausdruck gebracht. Die Lebensmittelhersteller und -händler RitterSport, „du darfst“/Unilever, tegut, Edeka Nord, NeuformReformhäuser und viele mehr setzen auf gentechnikfreien Anbau. Nicht zuletzt setzen europaweit alle Ökobetriebe darauf. Allein in Bayern haben wir 5000 Ökobetriebe. Nehmen wir den Handel und die Verarbeiter hinzu, kommen wir vielleicht auf 20 000, 30 000, 40 000 Arbeitsplätze. Dies alles wollen Sie dem Risiko des GentechAnbaus aussetzen.

Die CSU, der bayerische Landwirtschaftsminister Miller und der so genannte Bundesverbraucherschutzminister Seehofer halten in unheiliger Allianz mit dem Bauernverbandspräsidenten Sonnleitner an der Agrogentechnik fest. Der bayerische Verbraucherschutzminister, der sonst für Aktionismus, für Super-Super-Task-Force-Einsätze bekannt ist, ist abgetaucht. Er hat ja mit dem Gammelfl eisch auch genug zu tun. So machen sich die Verantwortlichen als Handlager der Konzerne und als Wegbereiter für Risikotechnologien ohne Nutzen vom Acker.

In der Tat: Die Heilsversprechen der Gentechnikindustrie zur Durchsetzung der Agrogenindustrie haben sich als leere Hülsen und als Lügen erwiesen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Früher hieß es einmal: weniger Einsatz von Pestiziden. Inzwischen wissen wir, dass die Schädlinge resistent werden und der Einsatz von Pestiziden steigt. Es hieß auch, Koexistenz sei möglich. Das stimmt nicht. Bayerische wie auch internationale Studien zeigen, dass Maispollen über 600 Meter weit getragen werden. Beispielsweise waren in Honigproben noch in 200 Meter Entfernung von der staatlichen Versuchsfl äche bei Kaisheim 4 % Gentechpollen feststellbar.

Auch das bayerische Umweltmonitoring zeigt, dass der Schaden für die Umwelt da ist. Es gibt schädliche Auswirkungen auf Schmetterlinge, Florfl iegen, Spinnen und Wanzen. Nützlinge werden geschädigt. Und dabei war versprochen worden, dass es keine Auswirkungen auf die Umwelt geben werde.

Schauen wir uns die angebliche Ungefährlichkeit an: Inzwischen wissen wir, dass es kein Baukastensystem ist. Sie können nicht ein Gentechfragment in ein anderes einbauen. Australische Versuche haben das gezeigt. Das Gentechagens der Bohnen in den Erbsen hat zu heftigen Erkrankungen bei Mäusen geführt. Die Studien werden jetzt abgebrochen. Die Fütterungsversuche von Monsanto mit Bt-Mais – die Ergebnisse wurden erst nach einem Gerichtsbeschluss einigermaßen bekannt gegeben – zeigten ebenfalls Schädigungen bei den Tieren. Trotzdem hat die EU-Kommission diese Sorte MON 863 nunmehr für die Verarbeitung in Lebensmitteln freigegeben.

In dieser unheiligen Allianz befi nden Sie sich. Glauben Sie etwa immer noch, dass Agrogentechnik geeignet ist, Fehlernährung und Hunger in der Welt zu bekämpfen? Schauen Sie auf die Begriffe! Die Terminatortechnologie macht es den Bauern unmöglich, Saatgut selbst anzubauen und wieder zu verwenden. Dazu wären andere Schritte notwendig. Erhalt der traditionellen Sorten, Entschuldung, Bekämpfung von Korruption und Krieg, Verlangsamung des Klimawandels – damit würde der Hunger in der Welt bekämpft werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aber zurück nach Bayern. Langsam wird es einsam um die CSU herum. Die Privaten ziehen aus guten Gründen ihre Standortanmeldungen zurück. Hatten wir 2004 noch 20 Hektar, so waren es 2005 nur noch 8 Hektar Gentechmais auf staatlichen Flächen. Dieser Prozess geht weiter; denn die Verantwortlichen, die Bauern, machen nicht mit, weil ihnen das Schadensrisiko zu groß ist.

Die CSU aber hält unbeirrt an ihrem Vorhaben fest und handelt nach dem Motto: „Wenn ich nicht mehr weiter weiß, gründ’ ich einen Arbeitskreis.“ Bravo, Herr Huber, bravo, CSU-Landtagsfraktion. Aber ich darf daran erinnern, dass es bei der BSE-Krise später geheißen hat: „Läuft’s dann immer noch recht dumm, gründ’ ich ein Ministerium.“ Schauen wir mal, aber davon würde ich Ihnen abraten. Wechseln Sie lieber ein paar Minister aus.

(Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN)

Unsere Forderungen lauten: Lassen Sie die Finger von der Aufweichung des Gentechnikgesetzes. Wir brauchen die Haftung des Gentechnikanwenders und wir brauchen das Standortregister. Lassen Sie die Finger vom erneuten Genmaisanbau. Sogar Miller sagt inzwischen, es gebe keinen Nutzen für die Landwirtschaft. Warum brauchen Sie dann die Sortenversuche, Herr Miller?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn Sie in einigen Jahren wirklich in den Gentechnikanbau einsteigen wollen, können Sie das immer noch

tun. Aber wenn Sie jetzt die Gentechfragmente über Bayern ausstreuen, können Sie diese nicht mehr zurückholen und dann haben Sie ganz erhebliche Risiken für Bayern auf den Weg gebracht.

Setzen Sie sich ein für gentechnikfreie Futtermittel und einen gentechnikfreien Saatgutmarkt. Sichern Sie gentechnikfreie Lebensmittel für die Gesundheit der Verbraucherinnen und Verbraucher. Sichern Sie die Arbeitsplätze in der ökologischen, aber auch in der konventionellen Landwirtschaft, bei den Bauern, bei den Anwendern, beim Handel, bei den Verarbeitern. Setzen Sie auf die Chancen der bayerischen Landwirtschaft mit ihrer Qualitätsproduktion. Nicht mit Allerweltsprodukten auf dem Weltmarkt hat die bayerische Landwirtschaft Chancen, sondern nur mit Qualität. Bayern als gentechnikfreier Feinkostladen Europas, ist die Chance, Herr Staatsminister, Kollegen und Kolleginnen der CSU.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Machen Sie sich doch nichts vor! Andere Chancen hat die bayerische Landwirtschaft nicht. Eine gentechnikfreie Region Bayern ist notwendig für die Umwelt, für die Wirtschaft und für unsere Gesundheit. Geben Sie Ihr starres, ideologisch begründetes, rückwärts gewandtes Festhalten an der Agrogentechnik auf.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Dr. Marcel Huber. Für Sie wurden ebenfalls zehn Minuten beantragt. – Aber Sie dürfen es auch kürzer machen. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Als ich gelesen habe, welches Thema Sie heute relativ kurzfristig für die Aktuelle Stunde auf die Tagesordnung gesetzt haben, habe ich mich – ehrlich gesagt – gefreut. Es ist endlich notwendig, das Für und Wider dieses für uns wichtigen Themas öffentlich zu erörtern.

Wir müssen uns keine Position aus den Fingern saugen. Um nach einer wirklichen Diskussion eine Position zu fi nden, haben wir in der CSU-Fraktion heute eine Arbeitsgruppe gegründet. Wir wollen uns diesem Thema ganz gewissenhaft nähern.

(Zuruf der Abgeordneten Ruth Paulig (GRÜNE) – Gegenruf des Abgeordneten Philipp Graf von und zu Lerchenfeld (CSU))

Die öffentliche Meinungsbildung, die Sie zurzeit beobachten können, geschieht mehr über kampagnenartige Veranstaltungen, die in der Regel von Horrorszenarien geprägt sind. Eine abwägende Diskussion ist dort meistens nicht möglich. Nach dem, was ich im Vortrag von Frau Paulig eben gehört habe, gehört ihre Position zu denselben Positionen.

Dabei verstehe ich die vorgetragenen Bedenken sehr wohl. Es ist sicherlich ernst zu nehmen, dass viele Men

schen dieser Technik gegenüber Ängste hegen. Weil ich diese Ängste ernst nehme, will ich dabei helfen, sie zu strukturieren.

Erstens. Wie Frau Paulig ausführte, haben sie Angst vor dem Einfl uss auf die Agrarstruktur. Die negativen Beispiele, die man in der Welt beobachten kann, zum Beispiel Baumwolle in Indien, herbizidresistente Sorten von Mais in Nord- und in Südamerika, genmanipulierter Raps in Kanada, sind klassische Beispiele, die zu der Position führen: Gentechnik ist etwas, wovor wir Angst haben müssen, denn sie zerstört kleine landwirtschaftliche Strukturen und bringt kleine Landwirte in die Abhängigkeit von Konzernen.