Kolleginnen und Kollegen von der CSU, die Sie den Landwirten näher stehen als ich – ich möchte hinzufügen, vermeintlich näher stehen –, darf ich Sie daran erinnern, dass gentechnisch erzeugte Produkte in erster Linie der Agrargroßindustrie dienen und nicht den kleinstrukturierten bäuerlichen Betrieben in Bayern? Sie schaden doch Ihrem eigenen Stand!
Das haben die Bauern in ihrer Gesamtheit noch nicht begriffen, teilweise wohl schon, denn sonst würden sie ihre Felder nicht zurückgeben. Jetzt sind wir bei dem Unterschied zwischen Europa, Deutschland und Bayern. Selbstverständlich gibt es eine europäische Gesetzgebung und eine Bundesgesetzgebung. Was aber spricht dagegen, wenn wir uns hier in Bayern, über alle Parteigrenzen hinweg, auf die Seite unserer Landwirte stellen und sagen: Das wollen wir nicht. Keiner kann einen Landwirt zwingen, genmanipulierte Lebensmittel zu erzeugen. Sie tun doch gerade so, als müssten die Landwirte das tun. Das ist doch falsch. Die Landwirte dürfen das auf der gesetzlichen Grundlage tun. Wenn wir die Bauern aber moralisch und fi nanziell stärken, damit sie bei der herkömmlichen Landwirtschaft bleiben und von diesem – wie ich meine – „gefährlichen Zeug“ die Finger lassen, tun wir ihnen einen größeren Gefallen als wenn wir sie in die Fänge der Großagronomie treiben und damit das Absterben der ländlichen Betriebe weiter fördern. Wenn Sie das wollen, dann müssen Sie sagen, die Landwirte sollen Genmais und andere genmanipulierte Lebensmittel anbauen.
Ich sage Ihnen, damit tun Sie unseren Landwirten keinen Gefallen. Wir meinen deshalb: Es ist dringend geboten, sorgfältig gemeinsam darüber nachzudenken, was Kollege Müller vorgeschlagen hat: Wir sollten versuchen, Bayern gentechnisch freizuhalten, und zwar als Markenzeichen. Sie sind doch sonst auch für die Markenzeichen, immer nach dem Motto „Bayern vorn“. Warum wollen Sie das hier nicht? – Kolleginnen und Kollegen, lassen sie uns doch hier, sowohl für die Tourismusindustrie als auch für die Landwirte, gemeinsam den Weg beschreiten, dass wir uns von den anderen unterscheiden, dass wir besser sind, und dass wir es auch ohne das genmanipulierte Zeug können.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon interessant, wenn man die Diskussion aufmerksam verfolgt, wie unsicher sich die SPD zeigt. Sie ist in ihrem Bemühen, die richtige Lösung zu fi nden, noch nicht endgültig am Ziel angekommen. Ich werte das nicht negativ. Die Ausführungen von Herrn Müller haben gezeigt, dass die SPD die ganze Diskussion noch als Lernprozess versteht.
Die GRÜNEN sind wieder einmal ideologisch festgefahren. Sie wollen nicht wahrhaben – auch Sie nicht, Frau Paulig –, dass es ihre frühere Landwirtschaftsministerin, Frau Künast, war, die einerseits über das Bundessortenamt 30 Tonnen verändertes Maissaatgut hat genehmigen lassen, andererseits aber eine Haftungsregelung aufgelegt hat, die den Anbau in der Praxis unmöglich machte.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, die grüne Gentechnik wird von Experten und Fachleuten als Zukunftstechnologie mit großen Chancen eingestuft. Gleichwohl muss beim Umgang mit der Gentechnik an erster Stelle das Vorsorgeprinzip stehen. Deshalb macht es schon einen Sinn, an dieser Technologie weiter zu forschen. Frau Paulig, wenn Sie unseren Landwirtschaftsminister zitieren, sollten Sie auch zum Ausdruck bringen, dass selbst Ökobauern den Minister aufgefordert haben,
Herr Dr. Dürr, was Sie nicht wahrhaben wollen, ist aus Ihrer Sicht einfach Propaganda. Gerade auch die Ökobauern wollen erforscht wissen,
welche Auswirkungen die Gentechnik auf ihre Produktion hat, welche Abstandsfl ächen zwingend erforderlich sind, und vieles andere mehr. Das sind doch existenzielle Fragen, die diese Landwirte letzten Endes bewegen.
Frau Paulig, die Anbaufl äche ist ganz einfach deswegen zurückgegangen, weil die Haftungsregelung für den Landwirt unpraktikabel und unzumutbar ist. Das ist der einzige Grund. Letztlich muss man Frau Künast vorwerfen, dass sie diese Frage nicht gelöst, sondern bewusst vernachlässigt hat.
Auch bei verschuldungsunabhängiger Haftung kann keinem Landwirt zugemutet werden, Genmais anzubauen. Ich habe jedem davon abgeraten, das bei der jetzigen Haftungsregelung zu tun.
Ich bin aber gespannt darauf, was jetzt die Österreicher während ihrer Ratspräsidentschaft tun werden, denn gerade österreichische Bundesländer pochen auf Sonderregelungen. Ich bin auch darauf gespannt, wie die Europäische Union reagiert, wenn die Griechen – zumindest laut Medienberichten – weiterhin für 18 Monate den
Anbau von Genmais untersagen. Deswegen stellen sich für mich, verehrte Kolleginnen und Kollegen, einige wichtige Fragen, die noch nicht geklärt sind.
Erstens. Werden EU-Recht und damit auch EU-Pfl ichten in allen EU-Staaten gleichermaßen eins zu eins angewandt? Werden die angedrohten Zahlungen – für Deutschland sind es 700 000 bis 800 000 Euro – auch von den Griechen und den Österreichern eingefordert?
Zweitens. Die derzeitige Haftungsregelung bedarf dringendst einer Reform und einer praktikablen Lösung. Bundeslandwirtschaftsminister Seehofer hat angekündigt, dass er diese Haftungsfrage zumindest vorübergehend mit einem Haftungsfonds geregelt haben möchte.
Aus meiner Sicht haben wir auch noch nicht abschließend geprüft und geklärt, wie die Auswirkungen auf die kleinstrukturierte bäuerliche Landwirtschaft in Bayern sein wird. Deswegen macht es schon einen Sinn, Herr Wörner, dass wir den Erprobungsanbau fortsetzen. Wir können nicht auf Ergebnisse von ein oder zwei Jahren verweisen und daraus langfristige Folgerungen ziehen. Wenn wir auf unseren staatlichen Gütern unter wissenschaftlicher Begleitung weiter forschen, geschieht dies im Interesse der Verbraucher und im Interesse der Praktiker in der Landwirtschaft. Wir haben quasi auch den Auftrag dazu, bevor wir uns klar positionieren.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, die CSU hat einen Arbeitskreis und eine Arbeitsgruppe eingerichtet, weil sie sich fachlich und wissenschaftlich beraten lassen will.
Im Gegensatz zu den GRÜNEN wollen wir nicht ideologisch argumentieren. Herr Dr. Dürr, Sie sind wieder einmal beratungsresistent. Das haben Sie schon des Öfteren unter Beweis gestellt. Letztendlich sind Sie auch gar nicht in der Lage, den mündigen Bürgern und den Verbrauchern das Recht zuzubilligen, selbst zu entscheiden. Wir brauchen eine klare Kennzeichnung. Wenn der Verbraucher solche Produkte nicht wünscht, wird es der Markt von selbst regeln.
Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Lück. Frau Kollegin Paulig, Sie haben hier im Plenarsaal einen Stuhl, auf dem Sie sich niederlassen können.
man sehr gut emotionalisieren und die Menschen erregen kann, denn die Gentechnik ist ein Feld, über das in der breiten Öffentlichkeit noch nicht so diskutiert wird, wie wir es gerne wollen und wie wir es seit Jahren – fast schon seit Jahrzehnten – über den Landtag zu erreichen versuchen.
Herr Kollege Brunner, Sie wissen ganz genau, dass wir in der SPD nicht unsicher, sondern sehr sicher sind. Wir sagen zur Forschung und zur Abwägung der Risiken Ja, zu Versuchen auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger und gegen den Willen der Bürgerinnen und Bürger sagen wir absolut Nein. Wir wollen sachlich darüber diskutieren, welche Chancen und welche Risiken bei der Gentechnik bestehen. Wir wollen, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher aufgeklärt werden, weil sie sich auch durch Ihr Handeln und durch die Skandale, deren Takt sich immer mehr erhöht, massiv verunsichert fühlen.
Sie sagen den Bürgern immer, sie hätten vollstes Verständnis für ihre Sorgen und Nöte, dann machen Sie aber genau das Gegenteil dessen, was Sie hier so schön öffentlich darstellen. Bisher haben Sie die Sorgen und Nöte der Bürgerinnen und Bürger nicht wahrgenommen. Das gilt sowohl für die Bauern, die gentechnikfrei arbeiten wollen als auch für diejenigen, die mit Gentechnik arbeiten wollen, wie auch für die Verarbeiter, die gentechnikfrei arbeiten wollen, und insbesondere auch für die Imker – das ist ein kleiner Teil –, die auf Pollenproduktion setzen. Man kann ihnen doch nicht sagen, sie hätten Pech gehabt, wenn die Pollen nicht mehr gentechnikfrei sind und ihnen deshalb die Arbeitsgrundlage entzogen wird. Diese Fragen müssen beantwortet werden.
Wir sind für Freisetzungsversuche. Herr Miller, ich frage Sie aber, was ein Fleckerlteppich über ganz Bayern mit Versuchsfeldern von 100 oder 60 Quadratmetern bringen soll? Können diese Versuche nicht konzentriert auf den großen Feldern gemacht werden? Mir kommt es so vor – das haben Sie auch schon durchblicken lassen –, dass wir gewissermaßen über die Hintertür in Bayern fl ächendeckend Gentechnik anwenden, um damit freiwillig ausgewiesene gentechnikanbaufreie Zonen zu verhindern. Herr Minister, wir wollen nicht, dass ganz Bayern zum gentechnikfreien Gebiet erklärt wird. Das geht schon nach dem Gesetz nicht. Wir wollen aber, dass der Staat Regionen unterstützt, die sich freiwillig entschließen, auf ihrem Gebiet gentechnikanbaufreie Zonen zu errichten. Das wollen Sie nicht. Das bräuchten wir aber unbedingt. Eine gentechnikfreie Zone bedeutet Wettbewerbsvorteile. Das machen uns Österreich, Griechenland, andere Länder und insbesondere auch die Schweiz vor.
Ich sehe nicht ein, dass unsere Bauern, die das wollen, keine Sicherheit mit staatlicher Hilfe bekommen.
Herr Brunner, noch etwas. Sie sagen, sie wollten den Fonds. Bisher haben sich aber die Saatguthersteller geweigert, einen Fonds zu speisen. In allen anderen Fragen auf diesem Gebiet gilt das Verursacherprinzip. Warum wollen Sie das ausgerechnet bei der Gentechnik aushebeln? – Auch hier muss das Verursacherprinzip gelten. Wieso sollen Ökobauern, die absolut nicht mit Gentechnik produzieren wollen, in einen Fonds einzahlen,
um sich dann hinterher den Schaden ersetzen zu lassen? Wenn Sie einen Fonds aufl egen, der wirklich von der Wirtschaft gespeist wird und von denjenigen, die Gentechnik einsetzen wollen, dann mag das in Ordnung sein. Das ist aber in der Vergangenheit nicht gelungen.
Ich sehe es nicht ein, dass wir es bei der Gentechnik so machen wie bei der Atomkraft, dass alle für die Risiken zahlen und nur wenige den Nutzen haben. Das kann nicht in unserem Sinne sein. Deswegen regeln wir es doch gemeinsam, wie wir schon vieles gemeinsam geregelt haben: Prüfen wir die Risiken, und geben wir den Bürgerinnen und Bürgern die Sicherheit, dass sie das haben können, was sie wollen, nämlich gentechnikfreie oder mit Gentechnik hergestellte Lebensmittel. Das muss so eindeutig geklärt sein, dass keine Risiken und keine Nachteile für diejenigen entstehen, die die Gentechnik nicht wollen. In diesem Sinne freue ich mich auf die Diskussion im Ausschuss. Ich glaube, da gibt es noch viel zu diskutieren.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin sehr dankbar, dass ich als Praktiker, der Mais anbaut, ein paar Sätze zu dem Thema sagen darf.
Mais ist die Futtergrundlage für meine Milchviehhaltung. Mais ist als Grundlage eines Futtermenüs mit hoher Energiedichte die wesentliche Voraussetzung, um im europäischen und im internationalen Wettbewerb standhalten zu können. Das Ernteverfahren ist einfach, der Qualitätsstandard hoch.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, unser Problem ist die Verfahrensregelung. Das Kernthema ist die Verunsicherung hinsichtlich der Haftung. Die Haftungsfrage ist die zentrale Frage. Deshalb brauchen wir Versuche und Erfahrungen und nicht die gentechnikfreie Zone als Verkaufsschlager. Zunächst muss man wissen, wovon man redet. Wir müssen wissen, um was es sich handelt. Ich möchte zunächst die Positivliste erwähnen. In den USA ist eine Einsparung bei den Spritzmitteln von 32 % erreicht worden. Dabei geht es nicht nur um die Einsparung von Chemie, sondern auch um die reduzierte Belastung des Grundwassers. Das will keiner sagen. Das Nächste ist, dass man die Inhaltsstoffe insbesondere bei den nachwachsenden Rohstoffen wesentlich verbessern und optimieren kann.