Nun noch ein Wort zu dem Fragebogen: Gemäß dem Staatsbürgerrecht ist die Regelanfrage vorzunehmen. Wir stellen fest, dass bei ausländischen Organisationen keine Mitgliedschaft vorhanden ist. Wollen wir denn einen Sympathisanten einer Organisation, die den Holocaust leugnet, als deutschen Staatsangehörigen einbürgern? Wollen wir Mitglieder der Hamas, die in Deutschland Millionenbeträge gesammelt hat und die das Existenzrecht Israels bestreitet und meint, Israel müsse vernichtet werden, einbürgern? Da er nicht als Mitglied in Erscheinung tritt, kann er vom Verfassungsschutz nicht identifi ziert werden. Darum befragen wir die Betreffenden, ob jemand verfassungsfeindliche Organisationen unterstützt hat. Gibt er das an, führt das nicht automatisch zur Ablehnung, sondern man wird anhand eines Gespräches feststellen, ob es jemand ist, der zu uns passt und ob er sich an die Regeln in Deutschland hält. Wir wollen aber niemanden einbürgern, der die PKK oder die Hamas unterstützt. Deshalb ist der jetzt vorgesehene Fragebogen vernünftig.
Beim Prozess gegen den „Kalifen von Köln“ Kaplan erhoben sich die Leute beim Erscheinen des Gerichts nicht, weil Sie demonstrieren wollten, dass Sie ein weltliches Gericht nicht anerkennen. Sie haben eine abenteuerliche Wertordnung und meinen, es dürfe keine Religionsfreiheit geben, und der Islam müsse mit Gewalt verbreitet werden. Das ist die Überzeugung der Sekte des Kalifatstaates. Diese Leute können als Staatsangehörigkeit deutsch angeben, so dass sich Richter wundern, wie so etwas passieren kann. Das passierte in Nordrhein-Westfalen, nicht in Bayern. Bei uns wäre das nicht passiert. Wir sind aber der Meinung, dass sich auch die anderen Bundesländer daran halten müssen, keine Leute einzubürgern, die die deutsche Rechts- und Kulturordnung nicht anerkennen. Deshalb müssen wir das besser durchsetzen.
Der russische Innenminister machte mir in einem Gespräch große Vorwürfe, dass sich Personen aus Deutschland am Krieg in Tschetschenien beteiligten und als deutsche Staatsangehörige auf Seiten der Islamisten gegen Russland kämpften. Er merkte an, dass dies vor 60 oder 70 Jahren noch ein Grund für Krieg gewesen wäre.
Ich meine, wir müssen deutlich machen, dass wir genau prüfen müssen, wen wir einbürgern. Wir müssen uns die Leute ansehen, die die deutsche Staatsangehörigkeit
bekommen sollen. Wir freuen uns für den, der sich ordentlich integriert hat. Wer sich aber nicht ordentlich integriert hat, die deutsche Staatsbürgerschaft nur braucht, um weltweit besser reisen zu können, ohne unsere Rechtsordnung und Kultur anzuerkennen, den müssen wir ablehnen.
Wir sind für eine bessere Integration. Wir tun viel dafür. Wir wollen aber denjenigen, der sich bei uns nicht integriert, nicht einbürgern. Bei Ausländern sind die Rechtsverpfl ichtungen sehr viel geringer. Aber die Einbürgerung ist das Ende des Integrationsprozesses. Ich glaube, dass dieses System einer kritischen Durchleuchtung standhalten wird und bitte um Unterstützung.
Die Aktuelle Stunde wird sich verlängern, denn die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN hat schon einen weiteren Redner gemeldet. Ich bitte, auch den zweiten Redner zu melden. Ich möchte die Fraktionen bitten, ein Stück in sich zu gehen. Ich war heute mit der Redezeit für die einzelnen Redner und Rednerinnen sehr großzügig. Sie sollten deshalb bei einem Mitglied der Staatsregierung nicht 33 Sekunden rechnen. Ich müsste Ihnen sonst in Zukunft sofort das Mikrofon abschalten, wenn fünf Minuten vorbei sind.
Ich rede nicht von Ihnen. Sie können mit der Staatsregierung so umgehen, was die Redezeit anbelangt, aber dann seien Sie mir bitte nicht böse, wenn ich nach fünf Minuten das Mikrofon für die Rednerin oder den Redner abschalte. Wir müssen uns hier auf eine gewisse Kultur verständigen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Mein Beitrag befasst sich mit dem Thema der Integration von Zuwanderern in den Arbeitsmarkt. Bevor ich jedoch in die Materie einsteige, möchte ich Ihnen, Herr Dr. Dürr anbieten, mit mir über das Thema der Gewalt zu diskutieren. Ihr Beitrag hier und Ihre Sprache wecken in mir Aggressionen.
Herr Vogel, Ihnen möchte ich sagen, auch ich habe ein Abgeordnetenbüro vor Ort und berate viele Ausländer. Ich bekomme viel Unterstützung von der Staatsregierung, wenn es um die Probleme von Ausländern geht, sodass ich schon einigen zur Integration verhelfen konnte. Auch für die Projekte, die in meinem Landkreis laufen, brauche ich Gelder der Staatsregierung.
Ich meine, hier muss man ein gutes Miteinander pfl egen, wobei die Sprache eine gewisse Schärfe hineinbringen kann. Etwas erlaube ich mir noch zu sagen: Ich habe sehr viel mit Ausländern zu tun, aber keiner hat den Innenminister beschimpft, sondern es wird immer herausgestellt, dass gute Arbeit geleistet wird und dass der Minister ein hervorragender Vertreter für die Ausländer ist.
Die Integration bleibt ein grundsätzliches Thema und eine zentrale Herausforderung für unsere Gesellschaft. Die Integration ist gerade für uns Sozialpolitiker eine tragende Säule der Sozialpolitik. Im Zeitraum von 1990 bis 2002 sind insgesamt 4,6 Millionen Menschen in die Bundesrepublik Deutschland eingewandert. Das bedeutet auch ein riesiges Potenzial an Arbeitskräften. Diese Herausforderung mussten wir in unserer Integrationspolitik bewältigen.
Die Überalterung der Gesellschaft macht es dringend erforderlich, dass eine Integration besonders der jungen Menschen – egal, ob Deutsche oder Ausländer – ins Erwerbsleben gelingt. Interkulturelle Kompetenz könnte zu einem wichtigen Wettbewerbsvorteil für Deutschland werden und auch den allgemeinen privaten Wohlstand fördern. Wir haben aber ein großes Problem, nämlich dass ältere Ausländer nach dem Verlust ihres Arbeitsplatzes meistens keinen neuen Job fi nden. Jugendlichen und jungen Erwachsenen misslingt häufi g bereits der Einstieg ins Erwerbsleben.
Wir wissen, Ausländer sind bundesweit und bayernweit überproportional von Arbeitslosigkeit betroffen. Frau Ministerin Stewens sagte vorhin, mit 18,9 % sei die Arbeitslosenquote der Ausländer in Bayern doppelt so hoch wie die Arbeitslosenquote insgesamt. Der Ausländeranteil an den Arbeitslosen ist mit 16,4 % ebenfalls deutlich höher als der Ausländeranteil an der Gesamtbevölkerung. Im Jahresdurchschnitt 2004 waren rund 73 800 Ausländer arbeitslos gemeldet. Dies ist eine besonders schwierige Situation, und es gibt wesentliche Gründe dafür:
Zum einen gibt es das Problem der deutschen Sprache, das heute schon einige Male angesprochen wurde, und zum anderen ist die berufl iche Qualifi kation oft gering. Überdies sind Ausländer häufi g in Branchen und Tätigkeiten beschäftigt, die überproportional vom Strukturwandel und vom Arbeitsplatzabbau betroffen sind. Ich erinnere hier an die AEG in Nürnberg. Deshalb sind besondere Anstrengungen nötig, um die Integration von Zuwanderern in die Arbeitswelt zu fördern. Wir sind uns dieser Herausforderung bewusst und handeln entsprechend.
Im Rahmen der berufsbezogenen Jugendsozialarbeit fördern wir aus staatlichen Mitteln rund 50 Projekte für benachteiligte junge Menschen, Deutsche wie Migranten gleichermaßen. Im Jahr 2005 haben wir 4,8 Millionen Euro aus dem Kinder- und Jugendprogramm und weitere 0,7 Millionen Euro aus dem Arbeitsmarktfonds aufgewendet. Im Zeitraum von 2000 bis 2006 wurden weitere 53,3 Millionen Euro aus dem Europäischen Sozialfonds für die Eingliederung junger Menschen eingesetzt. Ich verweise auf das ESF-Mikroprojekt. Hier wurden in den beiden vergangen Jahren 70 lokale Initiativen zur Verbes
serung der Ausbildungs- und Arbeitsmarktsituation sozial benachteiligter Menschen mit insgesamt 1,3 Millionen Euro gefördert. Ich könnte die Liste fortsetzen, aber ich glaube, die Zeit ist etwas zu kurz.
Bund und Länder fördern die Integrationsberatung für Teilnehmer an Integrationskursen. Allein im Jahr 2005 haben 15 000 Zuwanderer einen solchen Integrationskurs besucht. Um die Sprachkompetenz der Zuwanderer zu verbessern, strebt die Staatsregierung eine Ausweitung des Stundenumfangs der Integrationskurse insbesondere für jugendliche Zuwanderer an.
Auch die bayerische Wirtschaft leistet ihren Beitrag zur Integration von Zuwanderern, zum Beispiel durch Informationsveranstaltungen oder Projektpartnerschaften. Ich begleitete zurzeit ein Projekt. Nächste Woche wird eine große Veranstaltung in der Lehrlingswerkstatt der INASchaeffl er-Werke in Herzogenaurach stattfi nden. Es existiert hier ein hervorragendes bürgerliches Engagement des Lions Clubs. Beteiligt sind die Hauptschule Herzogenaurach, das Liebfrauenhaus und die INA-Schaeffl erWerke. Ich werde als Abgeordnete das Projekt begleiten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch wir wissen, dass es Initiativen der Industrie- und Handelskammer gibt mit dem Ziel, ausländische Betriebsinhaber für die Ausbildung Jugendlicher zu gewinnen.
Entscheidend für die erfolgreiche Integration in den Arbeitsmarkt wird die gesamtwirtschaftliche Entwicklung sein. Wir brauchen generell mehr Arbeitsplätze, um eine deutlich niedrigere Arbeitslosenquote zu erreichen und auch die Zuwanderer in Lohn und Brot zu bringen. Deshalb sollten wir bei allem Engagement für gezielte Maßnahmen zur Integration von Zuwanderern in den Arbeitsmarkt das übergeordnete Ziel im Auge behalten. Wir brauchen eine Politik, die das wirtschaftliche Wachstum stimuliert, damit die Zahl der Arbeitsplätze wieder steigt.
Bayern leistet seinen Beitrag hierzu. Jetzt hoffe ich, dass auch aus Berlin die richtigen Impulse für einen dauerhaften und nachhaltigen Aufschwung am Arbeitsmarkt kommen. Das wird unseren Bemühungen um die Integration der Zuwanderer in den Arbeitsmarkt den nötigen Rückenwind geben.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch nachdem ich über eineinhalb Stunden zugehört habe, ist mir der Sinn der Aktuellen Stunde nicht klar geworden. Was allerdings schon wieder einmal deutlich geworden ist, ist das breite Spektrum, das wir innerhalb der CSU vorfi nden. Da gibt es Herrn Sailer und Frau Matschl, die für die Caritas, für alles Gute, Schöne und Wahre und für die Integration zuständig
Herr Welnhofer und Herr Dr. Beckstein, Sie schaffen es immer wieder, kein Ressentiment auszulassen. Selbst beim sensibelsten Thema verfallen Sie stets in die alten Denkschablonen und versuchen, dort Feinde ausfi ndig zu machen, wo keine sind.
Meine Damen und Herren, weil Sie so tun, als hätten Sie die Integration erfunden – wenngleich Frau Sem zugegeben hat, dass das nicht stimmt –, muss es erlaubt sein, zu sagen: Wer Unterschriften gegen Ausländer sammelt, der hat nicht das Recht, hier über die Notwendigkeit von Integration zu sprechen.
Wer in Bayern eine Kopftuch-Debatte mit dem Zweck beginnt, eine bestimmte Religion zu stigmatisieren, hat auch nicht das Recht, uns Vorhaltungen zu machen.
Meine Damen und Herren, obwohl über die Neuregelung des Zuwanderungsrechts jahrelang diskutiert worden ist, nachdem Sie sich jahrzehntelang geweigert haben, die Realität zur Kenntnis zu nehmen, obwohl man jahrzehntelang darüber diskutiert hat, dass Menschen zu uns kommen, weil man sie über Jahre hinweg geholt hat, begreifen Sie das Zuwanderungsrecht nach wie vor als Teil des Sicherheitsrechts und nicht als Möglichkeit der Integration.
Es wurde gesagt, dass in Deutschland keine Parallelgesellschaften entstehen dürften wie in den USA oder wohl zum Teil auch in Frankreich. Das ist richtig; da herrscht großer Konsens. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass das Problem in Frankreich durchaus anders zu betrachten ist als das Problem in Deutschland. All diejenigen, die in den Banlieues in Frankreich Autos anzünden, sprechen Französisch. Sie haben kein Sprachproblem; sie haben ganz andere Probleme. So ist es auch bei uns. Es gibt zwar ein Sprachproblem – das will ich nicht bestreiten –, aber es steht nicht im Vordergrund, sondern das sind die wirtschaftlichen Chancen unserer Zuwanderer.
Da Sie von Parallelgesellschaften gesprochen haben, meine Damen und Herren, bitte ich darum, ein bisschen ehrlich zu sein: In Deutschland gibt es auch Parallelgesellschaften von Deutschen. Es gibt die Gesellschaft jener, die am Starnberger See und im Hochtaunus wohnen, und jener, die am Hasenbergl wohnen. Das sind Parallelgesellschaften, die sich in Deutschland entwickelt haben.
Räumliche Segregation in Deutschland machen jene, die es sich leisten können, gerne und freiwillig; die ziehen an den Starnberger See oder in den Hochtaunus. Die anderen, die es sich nicht leisten können, bleiben dort, wohin sie abgeschoben werden, weil sie sonst keine Chance haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Thema „Integration“ wird der CSU nicht abgenommen. Sie hat es nicht erfunden. Sie verpfl ichten Regierungspräsidenten dazu, für Integration einzutreten, und Sie führen Integrationsveranstaltungen durch. Ich bitte doch, zur Kenntnis zu nehmen, dass sich diese Veranstaltungen allesamt als Flop herausgestellt haben.
Sie haben sich als das herausgestellt, was sie eigentlich sind: als ein Schein, der erweckt werden soll und mit der Realität nichts zu tun hat.