Die SPD-Fraktion hat aus diesem Wissen heraus, dass Bildungspolitik auch die beste Sozialpolitik sein kann, einen klaren Schwerpunkt auf gesteigerte Mittel für die bayerische Bildung gelegt.
Es geht um Geld für ein gescheites Bayern. Denn das bayerische Bildungswesen ist chronisch unterfi nanziert. Oft genug schon hat Ihnen Uli Pfaffmann vorgerechnet, dass Bayern nur 2 % seines Bruttoinlandsprodukts für Bildung ausgibt, wogegen die anderen Bundesländer im Schnitt um 0,3 % mehr ausgeben.
An den Schulen gibt es zu wenig Personal, zu große Klassen und zu wenig individuelle Förderung. Die Qualität der Bildung leidet. Die Qualität hängt in zunehmendem Maße auch von der sozialen Zugehörigkeit der Kinder ab.
Um diese beispielhaften Defi zite abzubauen, hat die SPD-Fraktion ein durchdachtes, an den Bedürfnissen aller Akteure des Bildungsnetzwerks orientiertes Maßnahmenbündel vorgeschlagen. Im Einzelnen enthielt es die Forderung nach mehr pädagogischem Personal. 2006 sollten 2000 Kräfte mehr eingestellt werden. Natürlich ging es auch um Personalmittel zur Einführung der Ganztagsschule dort, wo die Sachaufwandsträger Eltern und Schulen dies wünschen. Natürlich gehört dazu auch Geld für Jugendbildung und Jugendsozialarbeit. Zur Entlastung der Kommunen ist ein Investitionsprogramm für Schulhaussanierungen und vereinseigenen Sportstättenbau dringend notwendig.
All diese Anträge resultierten aus der tiefen Sorge um die Zukunft von Kindern und Jugendlichen und aus der festen Absicht, Perspektiven zu geben.
Ihre Antwort war: über 500 Beschäftigungsmöglichkeiten weniger für Pädagoginnen und Pädagogen als vor dem Doppelhaushalt 2005/06. Ich erinnere auch an das bürokratische Monstrum Büchergeld und das massive Infragestellen wohnortnaher Schulen, auch Berufsschulen.
Der großen Zukunftsaufgabe werden die Ansätze im Nachtragshaushalt nach unserer Meinung nicht gerecht. Wir als Bayerischer Landtag sollten uns der Mühseligkeit der Aufzucht und Bildung von Kindern, wie schon Platon forderte, stellen. Unterstrichen wird diese Notwendigkeit durch die beiden schon vorher zitierten Eingaben zum Nachtragshaushalt.
Keine Frage: Sie fordern Grundsätzliches und grundsätzlich Richtiges. Das Forum Bildungspolitik beklagt, dass schon kurz nach Beginn des Schuljahres 2005/06 die mobile Reserve nahezu aufgebraucht war. Es beklagt, dass in Hunderten von Schulen die Klassenstärke von 34 überschritten sei. Es beklagt, dass Förderungs- und Intensivierungsstunden nur auf dem Papier stattfi nden.
Hinzu kommt, dass die außerschulische Bildung und Jugendarbeit in Bayern seit den Kürzungen der letzten Jahre bedroht ist. Der Nachtragshaushalt – wir haben dazu ja einschlägige Anträge gestellt – gibt keine Antwort auf die Eingabe. Deswegen fordern wir natürlich Berücksichtigung.
Der BLLV macht in seiner Eingabe klar, dass beileibe nicht ein derart großes Einsparpotenzial bei den Lehrerinnen und Lehrern an den Hauptschulen zu verzeichnen ist, wie es im Nachtragshaushalt vollzogen ist. Er verweist auf die maximal 100 Stellen, die entbehrlich seien, und auf die Pensionierungswelle in den nächsten Jahren. Ich denke, auch diese Eingabe rechtfertigt die Beschlussfassung „Berücksichtigung“ und steht in guter Tradition unserer Bildungspolitik.
Zum Thema Soziales. Die enormen Einschnitte des Nachtrags 2004 fanden heuer keine unrühmliche Wiederholung. Sie wurden aber, obwohl in weiten Bereichen nötig, auch nicht kompensiert.
Das neue Bayerische Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz plagt derzeit die Praktiker vor Ort. Es wird sich zeigen, welche Segnungen damit über das Land gebracht wurden. Wir versuchten zum wiederholten Male, das Landeserziehungsgeld für eine zielgenauere Förderung einer modernen Betreuungsinfrastruktur umzuschichten,
leider ohne Erfolg. Dabei werden Sie uns an der Seite der Träger und der Kommunen, fi nden, wenn tatsächlich der kostenfreie Zugang zu Kindertagesstätten kommen sollte. Unsere Meinung kennen Sie: Das letzte Jahr sollte kostenfrei sein.
Im Landesaltenplan leisteten Sie sich ein starkes Stück. Nach den Neubauten fallen nunmehr auch alle Moderni
War bei den Neu- und Erweiterungsbauten die Begründung des mangelnden Bedarfs noch nachvollziehbar, gerinnt diese Argumentation bei den Sanierungen zur Ideologie. Real existierende Träger werden allein gelassen. Der Grundsatz „ambulant vor stationär“ zieht hier nicht. Das ist wahrlich kein Ruhmesblatt.
Ähnlich ist die Situation beim Landesbehindertenplan. Einem Antragsvolumen von cirka 100 Millionen Euro stehen spärliche einstellige Millionenbeträge im Nachtragshaushalt gegenüber. Herr Kollege Ach, ich erkenne an, dass diese Beträge erhöht wurden. Notwendige Einrichtungen für behinderte Menschen werden entweder nicht gebaut oder die Träger derartiger Einrichtungen müssen jahrelang Zwischenfi nanzierungen auf sich nehmen.
Schlussendlich komme ich zur Jugendsozialarbeit. Ehrgeizig war einst das Ziel der Ministerin. Eher blässlich ist die Realität.
Schon im zweiten Jahr hintereinander reicht das Geld nur für je eine Maßnahme pro Regierungsbezirk, obwohl Handlungsbedarf gegeben ist. Kein Wunder, dass sich die Akteure des sozialen Bayerns von der Staatsregierung im Stich gelassen fühlen. Wie weit Sie Herr Kollege Wahnschaffe bei den Beratungen zur Krankenhausgesetzesnovelle von der Richtigkeit unserer Vorschläge überzeugen kann, sei dahingestellt. Klar ist aber: Das Gesetz ist das eine, die Mittel für den Krankenhausbau sind das andere. Diese Mittel sind dringender denn je.
Nun zu den Hochschulen und zur Kunst: Die bayerischen Hochschulen werden die neuen Herausforderungen der Internationalität, der Qualitätsentwicklung in Forschung und Lehre oder des modernen Managements nur mit langfristig garantierten verbesserten Mittelzuweisungen bewältigen können. Die Unterfi nanzierung der letzten Jahre war in diesem Zusammenhang wenig hilfreich. Vielmehr ist gezielter Mitteleinsatz nötig. Sich allein auf den zweifelhaften Segen von Studiengebühren zu verlassen, verbietet sich. Sie wären gut beraten gewesen, unseren Anträgen zu Unis, Fachhochschulen, Bibliotheken und der Denkmalpfl ege zuzustimmen, damit diese Einrichtungen weiterhin ihre zentrale gesellschaftliche Aufgabe erfüllen können.
Nun zu den schönen Künsten: Sie scheinen der irrigen Vorstellung anzuhängen, dass einige wenige Großprojekte der Repräsentativkultur eine nachhaltige Förderung
bayerischer Kultur ersetzen könnten. Landauf und landab klagen regionale oder lokale Veranstalter und ehrenamtliche Macher über die kalte Schulter, die ihnen die Staatsregierung zeigt. Zum wiederholten Male klagte der Kunstminister dem Haushaltsausschuss sein Leid. Zitat: „Aufgrund der Haushaltssituation wird es 2006 unumgänglich sein, den Kulturfonds zur Kompensation von Kürzungen im regulären Haushalt heranzuziehen.“ Mehr sage ich nicht.
Innere Sicherheit: Die unzureichende Personalausstattung bei Polizei und Justiz wurde oft und völlig zu Recht beklagt. Im Verlauf der letzten Monate wurde die zum Teil marode Ausstattung evident. Die Streifenwagen mit Kilometerständen jenseits von Gut und Böse legen ein beeindruckendes Zeugnis ab. Ob die jetzt in Ansatz gebrachten Mittel diesen Zuständen tatsächlich ein Ende bereiten, bezweifeln wir.
Ein Megathema steht uns noch ins Haus, nämlich der BOS-Digitalfunk. Die Installierung desselben wird ein Gutteil der Investitionsmittel der nächsten Jahre beanspruchen. Immerhin fi ndet sich eine Verpfl ichtungsermächtigung von 567 Millionen Euro im Nachtragshaushalt. Dabei sind die Kosten für die Kommunen und deren Feuerwehren noch gar nicht berücksichtigt. Es wird Zeit, hier zu Lösungen zu kommen. In welcher Höhe fallen Betriebskosten an? Wie soll die Förderung der Endgeräteanschaffung aussehen? Oder sollen die Kommunen allen Ernstes auf die Mittel aus der Feuerschutzsteuer verwiesen werden? Ab wann steht dieses Netz den Kommunen überhaupt zur Verfügung? Viele Fragen und bislang keine Antworten. Man möchte fast glauben, dass mit dem Ausscheiden von Minister Schily der energische Schwung aus diesem Thema verschwunden ist.
Noch ein paar Anmerkungen zur Wirtschaft: Natürlich werden bei den anstehenden Beratungen zum Landesentwicklungsprogramm viele Weichen gestellt. Man darf gespannt sein, wie viel die schönen Worte zu den bayerischen Regionen und zum ländlichen Raum wert sind. Die nackten Haushaltszahlen lassen nichts Gutes erhoffen. So stehen 2006 für die regionale Wirtschaftsförderung fast 40 Millionen Euro weniger zur Verfügung als noch 2002. Zählt man alle einschlägigen Ansätze zusammen, so kann die bayerische Wirtschaft nur mehr mit halb so vielen Fördergeldern rechnen als noch 2002.
Aber Dank des neuen Zauberbegriffs „Cluster“ wird alles besser. Was genau, bleibt im Vagen. Auch die fi nanzielle Ausstattung bleibt unklar. So ist es kein Wunder, dass allenthalben die Akteure der regionalen Wirtschaft mit Resolutionen und Eingaben Klarheit fordern: Klarheit beim Thema Zugang zu landesweiten Clustern, Klarheit bei der Unterstützung regionaler Initiativen, Klarheit für die Bedürfnislagen von kleinen und mittelständischen Unternehmen sowie Offenheit bei Bedarfen in neuen Feldern.
Keine Frage – etzt ist staatliche Initiative gefragt, jetzt benötigen die Grenzregionen einen aktiven Staat. Jetzt benötigen Metropolen und ländlicher Raum klare Strategien. Für all das muss der Freistaat Mittel zur Verfügung stellen. Mit unseren Anträgen waren wir wohl der Zeit voraus.
Lieber Herr Kollege Sackmann, im Nachtragshaushaltsgesetz fi nden sich auch die ersten Folgen der segensreichen Verwaltungsreform, die diesmal unter dem Titel „Verwaltung 21“ daherkommt. Wir haben schon immer befürchtet und Frau Kollegin Naaß hat immer wieder darauf hingewiesen, was jetzt eintritt: Wir haben mehr Häuptlinge und weniger Indianer. B-Stellen werden gleich dutzendweise angehoben, während die Ämter in der Fläche geschlossen werden. Im Einzelplan 04 fi ndet sich eine praktische Auswirkung der überfl üssigen Justizreform und der überfl üssigen Liquidation von Amtsgerichtszweigstellen. Zwei Millionen Euro kostet es allein in einem Landkreis, die bisherigen Zweigstellen zuzusperren und am neuen Zentralort die nötigen Kapazitäten zu schaffen. Keine Frage: Eine Zustimmung zu diesem Haushaltsgesetz verbietet sich.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit komme ich zum kommunalen Finanzausgleich: Die Einnahmen der Kommunen haben sich tatsächlich verbessert. Das ist verbesserten Gewerbesteuereinnahmen und zum Teil höheren Grundsteuereinnahmen geschuldet. Das hilft jedoch denjenigen Kommunen nichts, die keine Gewerbesteuereinnahmen haben. Davon gibt es auch bei uns in Bayern eine Menge. Bereinigt – wie es sich gehört – sinken die reinen Landesleistungen im FAG um über 10 Millionen Euro. Die Papierform, in der eine Steigerung des FAG um 60 Millionen Euro ausgewiesen wird, rührt von den früher im Einzelplan 10 gewährten Mitteln für Kontingentfl üchtlinge her, die nunmehr im Finanzausgleichgesetz – FAG – verankert sind.
Auch die arg gefeierten Zusatzmittel für kommunale Investitionen halten einer näheren Überprüfung nicht stand. Statt der offi ziell angegebenen 120 Millionen Euro mehr für Straßen, Kanäle usw. handelt es sich bestenfalls um 30 Millionen Euro frisches Geld vom Staat. Der Rest steht oder stand den Kommunen ohnedies zu. Viel wichtiger aber ist, dass trotz der bescheidenen Erhöhungen der investiven Mittel in keinem der Ansätze das Niveau der Jahre vor dem Nachtragshaushalt 2004 erreicht wurde; weder im Hochbau noch beim Straßenbau, schon gar nicht bei Wasser oder Abwasser und auch nicht beim öffentlichen Personennahverkehr. Überall liegen sie weit daneben.
So ist es kein Wunder, dass dem dramatischen Verfall kommunaler Bauinvestitionen mit diesem Nachtragshaushalt kein Einhalt geboten werden konnte. Seit 1995 sanken diese Investitionen um ein Drittel, mit all den bekannten Auswirkungen auf die Binnenkonjunktur und die bayerische Bauwirtschaft. Natürlich ist auch in unseren Vorgesprächen mit den Spitzenverbänden immer wieder auf die Investitionsförderung als Schwerpunkt für 2006 hingewiesen worden. Auf mittlere Sicht werden wir jedoch nicht von der Forderung struktureller Verbesserungen für Bayerns Kommunen abrücken.
Frau Kollegin Schmitt-Bussinger hat es Ihnen schon ins Stammbuch geschrieben: Die Zielrichtung bei der allgemeinen Verbundquote liegt bei 15 % und die Zielrichtung beim Kfz-Steueranteil – wie früher – bei 65 %.
Wir müssen die Verwaltungshaushalte der Kommunen genauso stabilisieren wie die Investitionskraft. Die Popularklage der Bezirke Schwaben und Oberbayern, der Landkreise und Städte war doch – ich wiederhole mich – ein Menetekel. Hier wurde doch deutlich, wie weit die Situation schon gediehen ist, wie tief der Graben ist und wie tief das Misstrauen sitzt. Abgesehen davon, dass die Grundzüge des Finanzausgleichsgesetzes – FAG – in dieser Klage profund hinterfragt wurden und die SPDFraktion sich in ihrer Forderung nach einer grundlegenden Reform desselbigen bestätigt fühlen darf, wurde doch das ganze Dilemma deutlich: Die Kommunen wollen verlässliche, sprich gesetzlich verankerte Finanzierungen und keine Zuweisungen, die ins Belieben der Tagespolitik gestellt werden.
Es geht nicht nur eine angemessene Finanzausstattung, sondern vor allem um die Grundlagen fi nanzieller Eigenverantwortung als Element der kommunalen Selbstverwaltung.
Im Gegensatz dazu stehen die blanken Zahlen: Die kommunale Verschuldung hat sich in Bayern in den letzten 30 Jahren mehr als vervierfacht. Während Sie sich freuen, dass das Land Bayern bei den Zinsausgaben pro Kopf die geringste Belastung der Länder hat, ergibt sich bei Berücksichtigung der Zinsausgaben bayerischer Kommunen ein ganz anderes Bild. Bayern ziert dann mitnichten die Tabellenspitze. Natürlich lässt sich dann die methodische Verlagerung der Verschuldung aus dem Staatshaushalt zu den Kommunen hin statistisch erfassen. In den Jahren der Regierung von Ministerpräsident Stoiber sank der Anteil der FAG-Mittel am Gesamthaushaltsvolumen von 19 % auf nur mehr 16,3 %. Drei Details aktueller Landespolitik sollen das Gesagte verdeutlichen:
Zum G 8: Schon beim ersten „Echttest“ des Konnexitätsprinzips versucht die Staatsregierung zu kneifen.
Da wird über Nacht das achtjährige Gymnasium gegen den Rat unvoreingenommener Experten installiert. Die daraus resultierenden Investitionen aber sollen zum Gutteil andere fi nanzieren, nämlich der Bund und die Kommunen. Ohne die Mittel des Investitionsprogramms „Zukunft, Bildung und Betreuung“ – IZBB – der viel gescholtenen rot-grünen Bundesregierung stünden die bayerischen Kommunen im Hemd da. Denn auf die Staatsregierung war in dieser Frage kein Verlass.
Erst die Klagedrohung des Städtetags hat Bewegung in die Sache gebracht – wahrlich kein Meisterwerk bayerischer Zuverlässigkeit.