Protokoll der Sitzung vom 18.05.2006

(Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

Und da wird es noch etwas kritischer, Herr Kollege Dr. Runge. Sie haben vorhin gesagt, das Ganze sei betrügerisch. Da muss ich Ihnen entgegenhalten: Sie lügen die Wählerinnen und Wähler in München und Bayern an. Und zwar lügen Sie sie deshalb an, weil Sie nicht sagen, dass wir für den MAEX Bestellerentgelte zahlen müssten. Der Freistaat Bayern müsste geschätzt pro Jahr derzeit rund 20 Millionen Euro aus seinen Mitteln, die ihm für den ÖPNV zur Verfügung stehen, für diese „Geisterbahn“

investieren, als Bestellerentgelte hinzugefügt zu dem, was er schon für den Bau investiert hat. Und Sie stellen sich hier her und sagen, wenn wir den Transrapid bauen, geht das zulasten vielleicht der S-Bahn in Nürnberg, des Regio-Schienentaktes in Augsburg und des ÖPNV im fl achen Land. Irrtum!

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Und in der Oberpfalz!)

- Oberpfalz von mir aus auch! Ich nehme den kompletten ÖPNV im ganzen Freistaat Bayern. Aber Tatsache ist, dass das Modell, das die SPD hier will, nämlich den Airport-Express, eindeutig zulasten des ländlichen Raumes geht in Konkurrenz zu wichtigen Schienenverkehrsprojekten und S-Bahn-Projekten in Nürnberg, in Konkurrenz zum Regio-Schienentakt in Augsburg und in vielen anderen Bereichen des fl achen Landes.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Runge.

Oh bitte! Es war für mich schon hart an der Schmerzgrenze, seine Ausführungen zu ertragen. Das lässt mir keine Hoffnung, dass die Frage besser wäre als das, was er hier ausgeführt hat. Also erspare ich mir das.

(Beifall bei der CSU – Maria Scharfenberg (GRÜNE): Das ist reiner Hohn!)

Letzter Punkt, warum wir den Transrapid auch wollen. Das ist der industriepolitische Aspekt. Man muss den Leuten draußen im fl achen Land in Bayern und in Deutschland sagen, 1,5 Milliarden Euro sind bisher für Forschung und Entwicklung des Transrapid aufgewandt worden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist doch volkswirtschaftlicher Schwachsinn, 1,5 Milliarden Euro auszugeben, um ein Hochtechnologieprojekt zu entwickeln und dann zu sagen, jetzt fährt es in China und dann kommt es in die Schublade. Das ist die größte Verschwendung von Forschungsmitteln, die es je in der Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik in einem solchen Fall geben würde.

(Dr. Martin Runge (GRÜNE): Das haben Sie zu verantworten!)

Ich verstehe Sie auch nicht, weil dieses Projekt ja unter Rot-Grün wieder nach vorn gekommen ist. Ich denke da nur an Ihren Bundeswirtschaftsminister Clement und Ihren Bundesverkehrsminister und auch an die Bundestagsfraktion der SPD, die dieses Projekt wieder auf die Tagesordnung genommen haben.

Es war auch nicht umstritten, dass dieses Projekt in den Koalitionsvertrag aufgenommen wird. Diesen Koalitionsvertrag, das bitte ich jetzt endlich einmal zur Kenntnis zu nehmen, haben zwei Seiten unterschrieben. Da gibt es wie in einer Ehe den Satz: In guten wie in schlechten Tagen. Das gilt dann auch für diese Themen.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Sie könne sich nicht einfach nur etwas herauspicken, was Ihnen aus ideologischen Gründen - mehr ist es nicht - nicht in den Kram passt. Deshalb werden wir bei diesem Vorhaben bleiben.

Abschließend darf ich noch darauf verweisen, dass Sie, Herr Kollege Volkmann, zur Fragestunde des Bayerischen Landtags heute Morgen die Frage eingereicht haben, wie es mit den Spin-off-Effekten bei der Transrapid-Technologie aussieht.

Ich habe es in der Aktuellen Stunde der letzten Plenardebatte schon klargemacht: Dieses Projekt hat erstens eine große Zahl von Zulieferfi rmen. Das sind auch mittelständische Betriebe im Freistaat Bayern. Die profi tieren von diesem Vorhaben. Was die Leistungselektronik und den Fahrzeugbau angeht, was neue Werkstoffe und neue Technologien angeht, was den Übergang vom Stahlbau zum Aluminiumbau bei den Bahnfahrzeugen betrifft, wurde Hervorragendes bewerkstelligt. Die Entwicklung des Transrapid hat in vielen anderen Wirtschaftsbereichen schon zu erfolgreicher Anwendung von Spin-off-Effekten geführt.

Abschließend verweise ich auf das Plenarprotokoll vom 30. März dieses Jahres. Ich darf Ihnen sagen, dass sich an der Haltung des Wirtschaftsministers Huber und aller Redner, die damals für die CSU Stellung bezogen haben, nichts geändert hat. Wir halten an diesem Vorhaben fest.

Wir wünschen, dass wir gemeinsam mit der bayerischen SPD – bei den GRÜNEN ist, was dieses Thema angeht, Hopfen und Malz verloren – an einem Strang ziehen können, wenn es darum geht, in Berlin entsprechende Mittel für dieses Projekt lockerzumachen.

(Beifall bei der CSU)

Ich gebe zwischendurch das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Entwurf der Staatsregierung eines Bayerischen Hochschulgesetzes Drucksache 15/4396 - Tagesordnungspunkt 7 - bekannt. Mit Ja haben 75, mit Nein 39 Abgeordnete gestimmt. Es gab keine Stimmenthaltungen. Das Gesetz ist damit so angenommen. Es hat den Titel „Bayerisches Hochschulgesetz“.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 4)

Mit der beschlossenen Fassung des Gesetzentwurfs hat der Änderungsantrag Drucksache 15/4600 seine Erledigung gefunden. Wir nehmen davon Kenntnis.

Nun fahren wir in der Beratung über den Transrapid fort. Nächster Redner ist Herr Kollege Volkmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will nicht auf all das eingehen, was Herr Pschierer gesagt hat. Die immer wieder vorgebrachte Argumentation, der Flughafen wäre ohne Transrapid in 15 oder 20 Jahren nicht erreichbar, ist – entschuldigen Sie – voll daneben. Der Transrapid hat eine Kapazität, die ungefähr 25 % der Kapazität einer S-Bahn ausmacht. Wir

haben dort zwei S-Bahn-Linien, die vom Hauptbahnhof dorthin fahren. Es ist ganz offenkundig, dass eine S-Bahn natürlich eine wesentlich höhere Fahrgastzahl befördern kann, als es der Transrapid könnte. Solche Bemerkungen sollten Sie wirklich unterlassen.

(Beifall bei der SPD)

Ich darf mir noch die Vorbemerkung erlauben, dass ich es irgendwie unterhaltsam fi nde, dass der exzellente Vorkämpfer für den Transrapid im Bayerischen Wirtschaftsministerium, Herr Staatsminister Erwin Huber, heute – wie übrigens die gesamte Regierung – nicht vorhanden ist. Er hat seinen Stellvertreter hergeschickt. Wahrscheinlich gibt es dafür eine plausible Begründung. Ich fi nde: Wenn ihm das Projekt so wichtig ist, dann sollte er es auf alle Fälle mit erwähnen.

(Thomas Kreuzer (CSU): Das diskutieren Sie alle vier Wochen!)

- Das Bedauerliche ist nur, Herr Kreuzer, dass es bei Ihnen noch nicht geholfen hat. Aber wir werden uns darum bemühen, es auf den richtigen Weg zu bringen.

Der Transrapid ist eine interessante Technologie; darüber brauchen wir überhaupt nicht zu reden. Ich sage auch, dass es im Grunde gleichgültig ist, wann die Entwicklung stattgefunden hat oder die Patente erteilt worden sind. Wenn es eine interessante und zukunftsweisende Technologie ist, dann ist sie zu unterstützen; das ist keine Frage. Die Geschwindigkeit ist interessant, das Schweben ist interessant. Aber das Schweben hat auch ein bisschen die Vorstellung ausgelöst, dass der Transrapid ganz leise fährt. Ich habe mich in Schanghai hierfür interessiert. Bei 420 Kilometern pro Stunde entsteht ein dermaßen brutal lauter Lärm, dass es wirklich erschreckend ist. Das ist so, wenn der Zug in einer Sekunde 120 Meter zurücklegt.

Ich sage ganz offen: Ich habe die Vermutung, dass es der CSU bei all diesen Debatten nur noch um eine taktische Frage geht, nämlich darum, wie man uns Technikfeindlichkeit unterstellen kann. Das ist völlig daneben, meine Damen und Herren. Wenn der Transrapid eine Leuchtturmfunktion hat, wie es viele von Ihnen sagen, und wenn es wirklich ein so zukunftsweisendes Projekt ist, das sich weltweit vermarkten lässt, dann erwarte ich von der Bayerischen Staatsregierung eigentlich, dass sie nicht wie üblich sagt, der Bund sollte Milliarden lockermachen und Geld geben, das er nicht hat, sondern dann sollten Sie einen massiven Beitrag leisten, statt hier die beschämenden 10 % zur Grundlage zu machen. Sie müssten den Betrag etwa um das Drei- bis Vierfache erhöhen. Dann könnten Sie auch anders mit dem Bund verhandeln. Dort nur hinzugehen und zu sagen, dass der Bund zu wenig zahlt, geht nicht. Sie sollten die Mittel, die Sie selber angekündigt haben, einsetzen.

(Beifall bei der SPD)

Es geht auch nicht an – das sage ich nur nebenbei; es gehört nur indirekt hierher -, dass Sie in der ganzen Bundesrepublik ständig angeben wie eine – ich bin geneigt, es so zu sagen – Steige voller Affen und sagen, was Sie für

tolle Hechte sind wegen eines ausgeglichenen Haushalts. All dies erzielen Sie doch auf Kosten der eigenen Gemeinden, die in die Verschuldung getrieben werden. Und beim Bund sagen Sie, er sollte das Geld auf den Tisch legen. Weiter sagen Sie: Wir sind die ganz Tollen, weil wir beim Abschluss des Haushalts schuldenfrei sind.

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas zur mutmaßlichen Entwicklung beim Transrapid. Was mich erst in diesen Tagen wirklich verblüfft hat, ist das, was die entscheidenden Firmen Siemens und Thyssen, die das Ganze verkaufen wollen, gesagt haben. Die haben gesagt, was für einen Beitrag sie leisten wollen, um das Leuchtturmprojekt weltweit in Bayern vorführen zu können. Was die einsetzen wollen, ist null. Nichts wollen die einsetzen! Aber jedes Industrieunternehmen, das nur eine einigermaßen reale Chance wittert, ein Objekt weltweit zu vermarkten, wird natürlich zumindest den Eindruck erwecken, dass sich die Anstrengungen lohnen. Die Firma wird vielleicht sagen: Wir legen noch 100 Millionen drauf. Hinterher holt sie es durch Preise wieder herein, weil die Fahrzeuge teurer werden oder die Ausrüstung teurer wird. Das Verblüffende ist aber, dass man noch nicht einmal diesen Eindruck erweckt hat.

Jetzt zu dem Projekt Münchener Airport-Express, das Herr Pschierer ziemlich heruntergeredet hat. Ich kann nur sagen: Das ist ein städtebaulich außerordentlich interessantes Projekt. Das ist in erster Linie aber nur für München von Interesse, weil hier für 10 000 Menschen Wohnungen und für Arbeitsplätze in Gewerbegebieten neue Bereiche erschlossen werden können. Das lässt sich jetzt aber nicht verwirklichen, weil wir in dem Gebiet höhengleiche Bahnübergänge haben. Dort sind die Schranken zum Teil 40 Minuten pro Stunde geschlossen.

Verkehrstechnisch ist das Projekt aber hochinteressant, weil es ganz überwiegend eine Trasse nutzt, die heute bereits zweigleisig ausgebaut ist. Sie ist in Ismaning und Unterföhring untertunnelt und überhaupt nicht ausgelastet. Alle 20 Minuten fährt dort eine S-Bahn. Das ist lächerlich. Die Strecke muss besser ausgenutzt werden. Dazu ist der MAEX genau die richtige Lösung.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Zum Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN möchte ich nur so viel sagen, dass die Ausführungen zu den Regionalisierungsmitteln durchaus ihre Berechtigung haben. Ich fi nde es ausgesprochen schade und vielleicht auch kleinlich, Herr Runge, dass Sie jetzt wegen einer Formulierung in unserem Antrag sagen, Sie wollten sich bei unserem Antrag der Stimme enthalten. Ich sage Ihnen: Wir sind bei Ihnen nicht so kleinlich; wir werden Ihrem Antrag zustimmen. Für die Zukunft sollten Sie sich überlegen, ob es gut ist, bei solchen Dingen auszuweichen und auf die geballte Macht der bayerischen Oppositionsparteien zu hoffen. Sie ergreifen die Flucht, wenn Sie sich in die Stimmenthaltung begeben.

(Beifall bei der SPD)

Was die Regionalisierungsmittel in dem Antrag der GRÜNEN betrifft, so sind die Ausführungen dort plausibel

dargelegt. Die Abgeordneten der CSU müssen in ihren eigenen Stimmkreisen überlegen, was sie in dieser Hinsicht machen wollen.

Der Transrapid ist schneller; das ist gar keine Frage. Ich will auf seine Nachteile jetzt gar nicht im Einzelnen eingehen. Aber in Zeiten steigender Energiepreise muss man sagen: Der Transrapid würde zwischen Hauptbahnhof und Flughafen ungefähr viermal so viel Strom, viermal so viel Energie verbrauchen wie eine S-Bahn. Das muss man wissen. Dabei hat der Transrapid eine wesentlich geringere Kapazität. Die Kapazität der S-Bahn ist für die Personenbeförderung viermal so hoch.

(Beifall bei der SPD)

Ich muss Ihnen jetzt noch einmal eine Zahl sagen. Sie steht in unserem Antrag. Ich habe sie erst heute ermitteln können, was nicht so einfach war. Sie wollen für den Transrapid 2 Milliarden Euro ausgeben. Das ist okay. Aber für diese 2 Milliarden Euro werden 17 000 Fahrgäste am Tag befördert. Entschuldigen Sie, das ist wirklich lächerlich. 17 000 Fahrgäste sind weniger, als eine Straßenbahnlinie in München befördert. Und dafür wollen Sie 2 Milliarden Euro ausgeben.

In den letzten 40 Jahren wurden in München für den gesamten U-Bahn-Bau 4 Milliarden ausgegeben. Das ist nur das Doppelte. Mit diesen 4 Milliarden werden aber täglich fast 1 Million Fahrgäste befördert. Überlegen Sie sich einmal, ob das, was Sie vertreten, etwas ist, was Sie nach außen verantworten wollen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Zum Schluss ein Argument, das plausibel wäre, wenn es tragen würde. Sie sagen, es gebe viele Nachfolgeprojekte, mit denen die deutsche Industrie weltweit glänzen könne; sie könne viele Nachfolgeprojekte an Land ziehen. Was hat denn Herr Staatsminister Huber erst vor wenigen Tagen gesagt? In Deutschland bleibt das Projekt einmalig. Hier kommt nichts nach. Ich sage Ihnen, in Europa ist es genauso. Europa ist mit der Schiene schon so gut erschlossen. Heute gibt es über 4000 Kilometer Schiene, auf denen Hochgeschwindigkeitszüge mit mehr als 250 Stundenkilometern fahren. Da ist der Sprung auf 350 nicht mehr so bewegend.

Das ist auch der Grund dafür, dass die Industrie nicht wirklich bereit ist, in dieses Projekt einzusteigen. Sie weiß, dass die Investition in den Transrapid etwa zweieinhalbmal so hoch ist wie die Investition in eine Hochgeschwindigkeitsstrecke für den ICE, denn sie müssen die Träger je nach Untergrund bis zu 15 Meter in den Boden einlassen. Darüber hinaus hat der Transrapid im Vergleich zur Schiene den Nachteil, dass er keine Güter transportieren kann. Wenn irgendjemand auf der Welt vor der Entscheidung steht, ob er zwischen zwei großen Städten eine Bahnverbindung oder den Transrapid bauen soll, wird er sich schon überlegen, ob er etwas baut, das doppelt so teuer ist, aber nur die Hälfte des Zweckes, nämlich nur die Personenbeförderung, erfüllt. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass er dann in den Transrapid investieren wird. Es tut mir Leid, ich halte den Transrapid auch für eine span

nende Technologie. Das sollten aber auch Sie, meine Damen und Herren, bedenken.

(Beifall bei der SPD)