Es wurde an diesem Nachmittag mehrmals davon geredet, dass die CSU immer dieselbe Platte aufl ege, Bayern sei Weltmeister. Erstens. Ich kenne diesen Titel nur aus Ihren Zitaten. Ich selber habe ihn nie gebraucht, andere auch nicht. Ich stelle jedoch fest: Die Ergebnisse, die bei Pisa und anderen Berichten entgegen den Erwartungen des Rests der Welt herausgekommen sind, belegen eine solche These, und das fi nden wir gut. Das ist unser gutes Recht.
Zweitens. Sie legen eine Gegenplatte auf und propagieren ein System, das im Ergebnis schlechtere Leistungen bei Schülern hervorruft. Die Belege unterstreichen das. Wo Sie und Ihr System regieren, sind die Leistungen der jungen Damen und Herren schlechter. Das ist gut so, weil wir damit den Beleg haben, dass wir ganz gut liegen und Sie umlernen müssten.
Drittens. Der Bildungsbericht des Kollegen Schneider – ich bin ihm dafür genauso dankbar wie Sie, auch für die Öffnung nach außen – belegt, dass die Bereitschaft in Bayern sehr groß ist, im Erwachsenenalter zu lernen und damit den Erfordernissen der heutigen Zeit zu entsprechen. Dort, wo sich Wissen in viereinhalb Jahren verdoppelt, ist es notwendig, das Bildungssystem umzustellen. Die Bereitschaft des Kollegen Schneider, sich deutlich für eine Umstellung auszusprechen, sollten Sie nicht dazu nutzen, alte Kamellen hervorzukramen. Vielmehr sollten Sie mit uns zusammen einen konstruktiven Weg in die Zukunft suchen. Darum bitte ich Sie.
Viertens. Wir wissen, dass in unserem Land etwa 40 % der jungen Leute die Hochschulreife haben. Wir wissen auch, dass nicht alle an die Hochschule gehen. Viel wichtiger ist aber, dass in Bayern rund 30 % eines Schülerjahrgangs an die Hochschule gehen und 30 % diese mit einem Abschluss verlassen. Wir wissen auch, dass in den anderen Bundesländern 40 % eines Schülerjahrgangs an die Hochschule gehen, aber ebenfalls nur 30 % einen Abschluss machen. Wer verliert denn da unterwegs einen Haufen Leute auf der Strecke? – Das sind doch wohl die Länder, die ein anderes System haben als das, das Bayern anwendet. Wir liegen also nicht falsch. Die Frage ist, wo wir Ergänzungen vornehmen müssen.
Fünftens. Ich stelle fest, dass in allen deutschen Schulsystemen, egal ob die Schulen in Mecklenburg-Vorpommern, bei uns in Bayern oder anderswo sind, 20 % eines Jahrgangs heute ohne eine gute Zukunftsaussicht sind. Das gilt für alle 16 Länder. Wenn man nachschaut, dann stellt man fest, dass es unterschiedliche Niveaus gibt. Über die müssen wir gemeinsam reden. Alles andere ist verlorene Zeit. Wenn wir uns im Parlament darüber unterhalten, ob in der einen Schule oder in einer anderen einer zuviel oder einer zu wenig den Abschluss macht, ist das Unfug. Lasst uns über die 20 % reden, die heute keine Zukunftsaussichten haben, weil wir falsch an die Dinge herangehen.
Nach meiner Überzeugung machen Sie, Herr Pfaffmann, einen Riesenfehler, wenn Sie darauf bestehen, dass es statt der 80 % 81 % sein müssen. Sie müssen vielmehr mit mir dafür sorgen, dass wir die 20 % fördern, damit das Gesamtniveau steigt. Ob am Ende 1 % oder 2 % an der einen oder anderen Schulart dazukommen oder nicht, ist unwichtig. Das ist auch nicht die Aufgabe des Parlaments. Das ist die Aufgabe der Eltern, der Erzieher und der Lehrer. Die müssen sich um die Kinder kümmern und feststellen, wo sie hingehören. Wenn wir merken, dass wir mehr brauchen, dann tun wir etwas dafür, und wenn wir weniger brauchen, dann tun wir etwas weniger.
Jetzt komme ich zur Frage des optimalen Einsatzes. Es wurde darüber diskutiert, ob wir Teilhauptschulen einrichten sollen oder nicht. Wenn in einem Teil Klassen mit 12 Kindern an der Tagesordnung sind und in größeren Städten und verdichteten Räumen Klassen mit 30 Kindern, dann muss ich im Interesse einer vernünftigen Aufteilung von Lehrkräften sehen, wie man das optimieren kann. Ob der Weg der richtige ist, werden wir in den nächsten Jahren sehen. Unseren Weg aber generell als grenzenlose Frechheit und Unverschämtheit gegenüber wem auch immer abzulehnen, nur weil die Gemeinden die Schulen nicht abfi nanziert haben, ist eine völlige Verdrehung der Fakten. Wir reden über Pädagogik und über nichts anderes.
Damit komme ich zum Schluss. Fünf Minuten sind gleich um. Ich will Ihnen nur sagen: Meine Absicht ist es, die nächsten Jahre zu nutzen. Wir haben die Hochschulen umgestellt, wir sind bei Bachelor und Master, bei den Lehrern noch nicht ganz. Es wird sich zeigen, wie wir uns zusammenraufen. Diese Rauferei muss sein. Wir sind in der Diskussion über die Umstellung der Hochschulen und wollen erreichen, dass die Studenten schneller fertig werden. Wir wollen sicherstellen, dass sie bei guten Professoren ein bisschen dichter dran sind, und wir müssen die Lehrerbildung ändern; denn diejenigen, die auf die Kinder losgelassen werden, brauchen Zeit für sie,
und diese Zeit kann ich nicht dadurch schalten, dass ich nur generell immer darüber rede, wie die Inhalte aussehen, sondern dadurch, dass ich mit ihnen darüber rede, wie die Didaktik und Methodik funktionieren; denn
Sie reden an der Sache völlig vorbei. Ihr Verständnis von Schule heute ist völlig vergessenswert, hat nicht die Kinder zum Ziel, sondern Ihre Ideologie – und das muss weg.
Gesetzentwurf der Staatsregierung Bayerisches Gesetz zur nachhaltigen Entwicklung der Agrarwirtschaft und des ländlichen Raumes (Bayerisches Agrarwirtschaftsgesetz – BayAgrarWiG) (Drs. 15/6052) – Erste Lesung –
Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Staatsregierung begründet. Ich darf hierfür Herrn Staatsminister Miller das Wort erteilen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 10. Juli dieses Jahres hat der Bayerische Ministerrat den Entwurf des Bayerischen Gesetzes zur nachhaltigen Entwicklung der Agrarwirtschaft und des ländlichen Raumes, BayAgrarWiG, beschlossen. Die Gründe für die Novellierung des seit 1974 geltenden Landwirtschaftsförderungsgesetzes, dessen grundlegende Ziele fortgeschrieben sind, lauten:
Erstens, die fortschreitende Globalisierung und Liberalisierung der Agrarmärkte, die natürlich Auswirkungen auf unsere Landwirtschaft haben; zweitens, die entkoppelten Beihilfen und die neuen Strategien der Europäischen Union nach der GAP-Reform, die neue Förderungsart, die neue Bewertung der Landwirtschaft; drittens, die zeitgemäße Neudefi nition staatlicher Aufgaben und die Zusammenarbeit mit den bäuerlichen Organisationen aufgrund der Verwaltungsreform; viertens, die Defi nition einer eigenständigen bayerischen Agrarpolitik aufgrund des künftig weltweiten Wettbewerbs; schließlich fünftens, der politische Auftrag des Landtags vom 17. März 2004.
Was sind nun die Ziele des Gesetzes? – Erstens. Bayern liefert mit dem Agrarwirtschaftsgesetz eine Antwort auf die fortschreitende Liberalisierung der Agrarmärkte. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wollen keine Brasilianisierung unserer bayerischen Landwirtschaft, sondern wir wollen weiterhin eine bäuerliche Landwirtschaft erhalten.
Zweitens. Wir legen mit dem neuen Gesetz ein klares Bekenntnis ab zu einer multifunktionalen und nachhaltigen Land- und Forstwirtschaft.
Drittens. Bayern sorgt mit dem neuen Agrarwirtschaftsgesetz für einen verlässlichen und zukunftsorientierten Rahmen, der die Wettbewerbsfähigkeit und die Innovationskraft der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft als Rückgrat des ländlichen Raumes erhält und nachhaltig verbessert.
Viertens. Unter dem Motto „Mehr Unternehmertum, weniger Bürokratie“ setzt die Staatsregierung mit dem Gesetzentwurf ein deutliches Signal für Bayern, für den, wie wir seit geraumer Zeit wissen, Agrarstandort Nummer eins in Deutschland, auch was den Beitrag zur Wertschöpfung der Landwirtschaft in der Bundesrepublik betrifft
Fünftens. Das bayerische Agrarwirtschaftsgesetz bildet die Grundlage für die Erschließung neuer Einkommensfelder, vor allem bei der Erzeugung und Verwertung nachwachsender Rohstoffe – ein Thema, das seit geraumer Zeit enorm an Bedeutung gewonnen hat. Inzwischen hat sich auch der amerikanische Präsident Bush für nachwachsende Rohstoffe ausgesprochen, und die Energiepreise sind bereits auf fast 80 Dollar pro Barrell Öl angestiegen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das bietet neue Perspektiven für unsere Landwirtschaft, und diese wollen wir genauso nutzen wie die Möglichkeiten, die sich im Dienstleistungsbereich ergeben.
Was ist nun neu im Bayerischen Agrarwirtschaftsgesetz? – Vom Landwirtschaftsförderungsgesetz unterscheidet sich das Bayerische Agrarwirtschaftsgesetz durch folgende sechs wesentliche Merkmale:
Erstens, es ist ein Rahmengesetz. Nähere Einzelheiten werden in Richtlinien, in Programmen und Verträgen festgelegt. Wir haben also mehr Flexibilität, was in der heutigen Zeit wichtig ist.
Zweitens, die Änderung des Fördersystems, anstelle einer institutionellen Förderung künftige Projektförderung, damit auch ein stärkerer Leistungsbezug.
Drittens, das ist etwas, wovon wir alle reden, Verwaltungsvereinfachung, Anwendung von Pauschalsätzen bei der Förderung, Vereinfachung des Anerkennungsverfahrens, Rückführung staatlicher Aufsicht. Ich würde das zusammenfassen mit Entbürokratisierung.
Viertens, Fördermöglichkeit neuer Tätigkeitsfelder. Ich habe die nachwachsenden Rohstoffe und die Dienstleistungen schon angesprochen, aber auch die Förderung von Vermarktungsinitiativen. Ich würde das unter Innovationsförderung subsumieren.
Fünftens, Beratung der Landwirte, neben der staatlichen Beratung der Aufbau eines Verbundes mit anerkannten nichtstaatlichen Anbietern. Unter dem Stichwort Verbundberatung möchte ich das abhandeln.
Sechstens, die Stärkung des ländlichen Raumes und der Erhalt einer hohen Lebensqualität durch eine wettbewerbsfähige, nachhaltige und fl ächendeckende Landbewirtschaftung, was heute schon in vielen europäischen Ländern nicht mehr gegeben ist, wo sich die Menschen
Hinzu kommen die Sicherung solider Wirtschaftskraft und die Schaffung von Arbeitsplätzen insbesondere im ländlichen Raum durch Erschließung und Aufbau neuer Produktions- und Einkommensmöglichkeiten, was besonders die Bäuerinnen aufgegriffen haben und was ausgebaut werden muss. Diversifi zierung ist hier das Stichwort.
Was sind die wesentlichen Inhalte des Bayerischen Agrarwirtschaftsgesetzes? – Dieses Gesetz wurde intensiv beraten. In der Verbandsanhörung wurden über 30 Verbände angehört, die sich gemeldet hatten, und die breite Mehrheit der Verbände hat diesen Entwurf voll akzeptiert; denn er sorgt für zukunftsorientierte Rahmenbedingungen, für eine wettbewerbsfähige und innovationsfreundliche Agrarwirtschaft.
Als wesentliche Inhalte möchte ich hervorheben: Das sind eigenständige bayerische Leitgedanken zur Agrarpolitik, wie wir das schon in der Vergangenheit gehabt haben und womit wir auch deutsche und europäische Agrarpolitik geprägt haben, insbesondere zur Stärkung des ländlichen Raumes und des Unternehmertums in der Landwirtschaft. Sie erweitern die Grundlagen dieses Gesetzes. Im Gesetzentwurf werden die Sicherung der Tiergesundheit sowie die Qualität und die Sicherheit der Nahrungsmittel als wesentliche Ziele noch deutlicher herausgestellt. Das war im bisherigen Landwirtschaftsförderungsgesetz nicht enthalten.
Wichtig ist auch die Planungssicherheit für die Selbsthilfeeinrichtungen, die noch einmal erheblich verbessert wurden durch längerfristige Fördermöglichkeiten. Brüche bei der Novellierung des Gesetzes werden weitgehend vermieden.
Zentrale Maßnahmen von besonderem staatlichem Interesse, die mit Rechtsanspruch gefördert werden können: Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt kein derartiges Gesetz in anderen Ländern, schon gar keines mit Rechtsanspruch. Dieser Rechtsanspruch wurde konkretisiert. Das gilt für den Wissens- und Informationstransfer, für die Qualitätssicherung und Sicherung der Tiergesundheit. Die Quersubventionierungen wurden ausgeschlossen und damit die Bedenken der Wirtschaft, dass es zur Wettbewerbsverzerrung kommt, ausgeräumt.
Die Tätigkeitsfelder der Bildungszentren „Ländlicher Raum“, die wir fördern, insbesondere die Landvolkshochschulen und die Landjugendorganisationen, haben wir im Rahmen der Zielvorgaben des Gesetzentwurfs auf den gesamten ländlichen Raum ausgeweitet. Wir wollen, dass sich diese werteorientierte Fortbildung und die Arbeit der Landjugendgruppen auf den gesamten ländlichen Raum beziehen und nicht nur auf die Landwirtschaft beschränkt sind. Die Kostenfreiheit der staatlichen Beratung und den Ausbau der Verbundberatung haben wir in diesem Gesetz verankert. Die Fördermöglichkeit der Beratung von Waldbesitzern durch forstwirtschaftliche
Mit diesem Agrarwirtschaftsgesetz eröffnen wir unseren Landwirten Zukunftschancen. Wir erschließen zusätzliche Einkommensmöglichkeiten und verbessern ihre Wettbewerbsfähigkeit; denn eines muss uns klar sein: Von der Arbeit der Land- und Forstwirte profi tieren nicht nur diese selber. Der Berufsstand, der Lebensmittel erzeugt und Lebensraum gestaltet, hat wesentlichen Einfl uss auf unsere Lebensqualität. Fußballkaiser Beckenbauer hat gesagt, beim Flug zwischen den Stadien habe er feststellen müssen, wie herrlich die Landschaft sei. Ich bin felsenfest davon überzeugt: Da muss er über Bayern gefl ogen sein.
Dieses Agrarwirtschaftsgesetz ist eine hervorragende Grundlage zur Sicherung des Agrarstandortes Bayern und für den Erhalt vitaler ländlicher Räume. Es steht fest: Kein anderes Bundesland hat etwas Vergleichbares für seine Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft sowie für den ländlichen Raum aufzuweisen. Wir legen damit ein eindeutiges Bekenntnis zum Agrarstandort Bayern ab. Damit haben wir ein zeitgemäßes und unverwechselbares Markenzeichen bayerischer Agrarpolitik geschaffen. Dadurch erhält unsere Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft als wirtschaftlich, landeskulturell und gesellschaftlich bedeutender Sektor im ländlichen Raum eine zukunftsorientierte Perspektive.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Vom Ältestenrat wurden pro Fraktion fünf Minuten vereinbart. Frau Kollegin Lück, Sie sind schon bereit, bitte schön.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen, werte Kollegen! Herr Minister Miller, die Botschaft hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.