Ich komme zu den Punkten im Einzelnen. Sie wollen verbindliche Sprachstandserhebungen bei Kindern mit Migrationshintergrund. Wir wollen – das haben wir bei den Beratungen zum Bayerischen Kinderbildungs- und betreuungsgesetz – BayKiBiG – schon des Öfteren betont – verbindliche Sprachstandserhebungen bei allen Kindern; denn die Nichtbeherrschung der deutschen Sprache ist mitnichten nur ein Problem von Kindern mit Migrationshintergrund. Die Sprachförderung darf auch nicht erst mit der Sprachstandserhebung ein Jahr vor der Einschulung beginnen,
mir geht es jetzt ähnlich wie dem Kollegen Stahl, der konnte dann auch nicht mehr sprechen –, sondern Sprachstandserhebung muss mit Eintritt in den Kindergarten erfolgen. Hierfür ist ein Faktor von 1,3, wie Sie ihn im BayKiBiG vorgesehen haben, nicht ausreichend.
Im Speziellen läuft meine Kritik an Ihrem Integrationsvorhaben auf Folgendes hinaus: Sprachförderung muss mit Eintritt in den Kindergarten beginnen; dort muss die Förderung stattfi nden. Die Erzieherinnen müssen darauf vorbereitet sein, und die Sprachförderung muss sich in der Schule fortsetzen.
Der geplante Sprachstandstest setzt deshalb zu spät an. 160 Stunden sind vier Stunden die Schulwoche. Das halte ich für zuwenig. Zum Vergleich Folgendes: Ich habe mich informiert: Finnland bietet pro Woche bis zu 20 Stunden an.
Außerdem müssen wir die Sprachlernklassen ausbauen, die Sie erst im Jahr 2002/2003 eingeführt haben. Dieses Modell halte ich für erfolgreich. Herr Kollege Eisenreich, ich freue mich, dass Sie meine Aussagen recherchieren. Das machen hier im Hohen Hause die wenigsten. Ich bleibe bei der Aussage: Der Bund hat die Mittel um 32 % gekürzt. Ich glaube, es wäre ein gutes Signal gewesen, diese 60 Millionen im Haushalt zu belassen und auch die Zahl der Empfänger auszuweiten. Zurzeit ist diese Zahl noch sehr begrenzt. Das wäre dann auch eine konsequente Integration.
Dass ich das in der Ersten Lesung verschwiegen habe, liegt an den fünf Minuten Redezeit, die man dort hat.
Im Übrigen habe ich auch im Nachtragshaushalt der Staatsregierung recherchiert. Dort wurden die Mittel für Integration um 1,352 Millionen Euro gekürzt. Ich kann somit nicht erkennen, dass Sie ein Interesse an der Integration haben, wenn Sie gleichzeitig die Mittel kürzen.
Der Beweis dafür, dass Sie es mit der Integration nicht ernst meinen, ergibt sich auch aus den Kosten, die Sie im Gesetzentwurf veranschlagen. Außer der Verpfl ichtung zur Zahlung der Fahrtkosten, die sich aus § 90 des SGB VIII ergibt, fi ndet sich dort nichts. Ich glaube, wer Sprachförderung in einem Gesetzentwurf verankert, aber letzten Endes dafür keine Kosten veranschlagt, meint es nicht ernst. Das unterstelle ich Ihnen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der CSU.
Jetzt kommen wir zum Schulausschluss. Sie haben gesagt, es sei wichtig, die Leute auszuschließen. Dem möchte ich eine Expertenmeinung entgegenhalten. Der Landesjugendhilfeausschuss schreibt Folgendes:
Die Problemanzahl besteht tatsächlich. Aber auch bisher wurden im Hinblick auf diese kleine Zahl von Schülerinnen und Schülern in der Regel zufriedenstellende Lösungen im Zusammenwirken von Schule und Jugendhilfe gefunden, soweit tatsächlich eine rechtzeitige und vertrauensvolle Zusammenarbeit gegeben ist.
Wenn dies im Einzelfall nicht gelingt, so liegt es daran, dass die personelle und strukturelle Ausstattung der Schule wie der Jugendhilfe oftmals nicht dem pädagogischen Notwendigen entsprechend vorhanden ist. Dieser Mangel lässt sich durch weitere repressive Maßnahmen nicht beheben.
Ich hoffe, meine Damen und Herren, Sie haben verstanden, was die Experten dazu sagen. Es ist genau das Problem: Hätte man genügend Personal, ließe sich mit der geringen Anzahl dieser Kinder umgehen. Das ist das, was ich der Expertenstellungnahme entnehmen kann, die im Übrigen nicht die einzige Stellungnahme ist, die aber alle in die gleiche Richtung gehen.
Kollege Pfaffmann hat die Situation der Schulsozialarbeit dargestellt. Im Jahre 2003 hatten wir 1 877 982 Schülerinnen und Schüler und 500 Psychologen. In Unterfranken kommt an den berufl ichen Schulen ein Psychologe auf 51 386 Schülerinnen und Schüler. Diese Zahlen sprechen für sich, Herr Kollege Eisenreich, und machen klar, wo das Problem liegt.
Es gibt viele gute Projekte, das möchte ich noch einmal betonen, die an den Schulen Gewaltprävention in den Vordergrund stellen. Ihnen fehlt allerdings ein roter Faden. Sie haben es abgelehnt, einen solchen roten Faden einzuziehen. Ich möchte nur an die entsprechende Debatte erinnern.
Wir lehnen Gewalt ab. Wir müssen aber auch die Probleme beschreiben, um sie lösen zu können. Gewalt hat Ursachen, nämlich die Perspektivlosigkeit, und unser Schulsystem birgt anscheinend auch wenig positive Botschaften. Was wir nicht brauchen, sind Hau-ruck-Maßnahmen und eine Verbots- und Ausschlusspolitik.
Wir brauchen eine gute Ausstattung der Schulen mit Pädagogen, Sozialarbeitern und Psychologen sowie ein Gewaltpräventionskonzept. Das lehnen Sie leider immer wieder ab.
Jetzt möchte ich Ihnen noch eine weitere Stellungnahme des Jugendhilfeausschusses zur Kenntnis geben. Dort ist zu lesen, dass es in quantitativer Hinsicht – es handelt sich um 0,01 % der Schülerinnen und Schüler – angesichts dieses niedrigen Fallaufkommens geradezu unverhältnismäßig erscheint, in der vorgeschlagenen, weitreichenden Form in die rechtlichen Grundstrukturen einzugreifen. Der Landesjugendhilfeausschuss befürchtet weiter, dass es dann, wenn Sie den Schulausschluss vollziehen, noch mehr Schülerinnen und Schüler in Bayern geben wird, die ihre Schule ohne Abschluss in die Perspektivlosigkeit verlassen müssen.
Ich komme jetzt zu den Punkten in Ihrem Gesetzentwurf, denen ich zugestimmt habe. Das war zum Beispiel bei der Aufnahme von Bildungsstandards ins EUG der Fall. Auch das vereinfachte Verfahren zur Zulassung für Schulbücher an berufl ichen Schulen erscheint mir sinnvoll. Allerdings stelle ich mir die Frage, warum dieses vereinfachte Verfahren nicht in allen Schulen verwendet wird und warum wir das nur der Berufsschule erlauben. Es wäre für mich ein deutlicher Beitrag zur Entbürokratisierung.
Bei der Änderung zur Regelung der Pressefreiheit von Schülerzeitungen stimmen wir zu. Allerdings geht mir die Regelung nicht weit genug. Das habe ich im Ausschuss bereits gesagt.
Wenn die Schüler und Schülerinnen damit aber einverstanden sind, gibt es für uns keinen Grund, dagegen zu sein. Deswegen werden wir uns bei der Abstimmung über
den Gesetzentwurf des Kollegen Förster der Stimme enthalten, weil ich logischerweise nicht gleichzeitig für zwei Verfahren sein kann. Es tut mir Leid, dass dieser Gesetzentwurf heute verabschiedet wird; denn, wie gesagt, die Kinder haben in der heutigen Zeit eine Hau-drauf-Pädagogik nicht verdient. Es gibt intelligente Konzepte dafür, wie man damit umgehen kann. Herr Kollege Eisenreich, ich würde mich freuen, wenn Sie einmal in diese Richtung recherchieren würden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte nur einige Anmerkungen im Rahmen der Zweiten Lesung machen, weil es wichtig ist, das eine oder andere klarzustellen und auch richtig einzuordnen. Ich will drei Punkte herausgreifen.
Erstens. Wir wollen sicherstellen, dass Kinder mit Migrationshintergrund über ausreichende Deutschkenntnisse verfügen. Wir setzen hier bereits im Kindergarten einen Schwerpunkt. Vor dem letzten Kindergartenjahr führen wir eine systematische Sprachstandserhebung durch. Das bedeutet keineswegs, dass vorher nichts geschehen würde. Selbstverständlich fi ndet im Kindergarten ab dem Zeitpunkt, zu dem ein Kind den Kindergarten besucht, Sprachförderung statt. Wir haben mit dem Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz die Möglichkeit eröffnet, dass dann, wenn Kinder mit Migrationshintergrund und mit nicht ausreichenden Deutschkenntnissen einen Kindergarten besuchen, ein höherer Faktor zugestanden wird, um die Sprachförderung zu ermöglichen.
Letztlich wird gesichert – und das ist bedeutsam –, dass jedes Kind, das eingeschult wird, gut genug Deutsch sprechen kann; denn Deutschkenntnisse sind der Schlüssel zum schulischen Erfolg. Es ist nicht so, wie Sie darzulegen versucht haben, als wäre die Opposition schon immer der Meinung gewesen, dass jeder vor dem Schuleintritt Deutsch sprechen muss. Das Gegenteil ist der Fall. Dass Sie seit ein paar Jahren etwas klüger sind, ehrt Sie zwar, aber Sie dürfen hier doch nicht so tun, als ob das schon immer Ihre Meinung gewesen wäre. Kollege Eisenreich hat deutlich gemacht, wie Sie darüber gesprochen haben.
Eines ist eindeutig: Wer in Deutschland dauerhaft leben und sich hier eine Zukunft aufbauen will, muss Deutsch können, und er muss dafür sorgen, dass seine Kinder Deutsch können. Nur mit genügend Deutschkenntnissen sind schulische Erfolge möglich, und nur mit schulischen Erfolgen ist ein berufl icher Erfolg möglich.
Deshalb systematisieren wir das. Deshalb werden im Kindergarten zusätzliche Förderstunden eingerichtet, die von Erzieherinnen, aber auch von Grundschullehrern abgehalten werden. Unser Ziel ist es, dass jedes Kind bereits vor dem Schuleintritt Deutsch kann. Wenn man bei der Einschulung feststellt, dass keine Deutschkenntnisse vorhanden sind und noch kein Vorkurs besucht wurde, wird dieser verpfl ichtend durchgeführt werden. Ist bereits ein Vorkurs besucht worden, wird überprüft, ob ein sonderpädagogischer Förderbedarf vorliegt. Nur in diesem Fall, wenn also ein sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt wird, ist eine weitere Unterrichtung in der Förderschule geplant.
Ansonsten werden wir Förderkurse einrichten. So stand das immer im Gesetzentwurf. Der Ministerpräsident hat auch von speziellen Förderklassen gesprochen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Als zweites Thema möchte ich den Schulausschluss ansprechen. Eines ist doch selbstverständlich: dass junge Menschen in der Schule einen Anspruch darauf haben, in Ruhe lernen zu können und nicht von anderen Schülern massiv und grob vom Lernen abgehalten zu werden. Deshalb gibt es eine Vielzahl von Präventionsmaßnahmen. Herr Beyer – jetzt ist er gerade hinausgegangen – hat dazwischengerufen: Mit Pädagogik sollen sie beginnen! Was machen denn nach Ihrer Meinung die Lehrer in der Schule? – Sie tun so, als würden Lehrer nur darauf warten, dass ein Schüler etwas anstellt, um ihn dann hinauszuwerfen. Welches Bild haben Sie von unseren Schulen? – In den Schulen wird vom ersten Tag an versucht, präventiv zu arbeiten durch Streitschlichterprogramme, Auszeitklassen, durch Beratung der Eltern, durch Kontakte mit dem Jugendamt und den Jugendbeamten der Polizei, durch Prävention im Team, mithilfe von Schulpsychologen und Schulberatungsstellen. Niemand kann etwas dagegen haben, dass es noch etwas mehr sein könnte. Es entspricht aber nicht der Wirklichkeit, wenn Sie hier behaupten: Da fi ndet keine Pädagogik statt; da verfährt man nur nach dem Motto „hau drauf“.
Das entspricht nicht der Wirklichkeit. Wenn Sie das nicht glauben, dann schauen Sie sich doch einmal in den Schulen um.
Wir machen also Prävention, und unsere Lehrkräfte leisten dabei Enormes; das ist festzuhalten. Es gibt aber Einzelfälle, in denen die Schule, wenn ich das einmal so sagen darf, mit ihrem Latein am Ende ist. Es gibt Situationen, wo die Lehrerkonferenz feststellt: Wir können das nicht mehr leisten, auch nicht mit unserer Ausbildung; hier brauchen wir die Mitarbeit des Jugendamtes.
Bevor ein Schulausschluss beschlossen werden kann, muss sich die Lehrerkonferenz damit befassen, müssen Schulpsychologen einbezogen werden und muss ein Gespräch mit dem Jugendamt geführt werden. Wenn Jugendamt und Schule gemeinsam der Auffassung sind, dass die Schule diese Aufgabe nicht mehr leisten kann, werden auch Maßnahmen der Jugendhilfe ergriffen, damit der junge Mensch einerseits nicht zu einem Störfaktor für die anderen wird und andererseits selbst Entwicklungschancen hat. Im Gesetzentwurf ist ausdrücklich vorgesehen, dass ein Schüler, wenn sich die Maßnahmen bewähren, jederzeit in die Schule zurückkehren kann. Wir können in solchen Fällen nicht einfach nur zusehen und einen runden Tisch nach dem anderen machen, ohne dass uns interessiert, ob die anderen Schüler darunter leiden; so können wir mit diesen Fragen nicht umgehen.
Als Drittes spreche ich das Handy-Nutzungsverbot an. Die mit dem Handy verbundenen Möglichkeiten steigen von Monat zu Monat.
Beispielsweise können pornographische Inhalte ausgetauscht werden. – Frau Kollegin Biedefeld, ich weiß nicht, wie lange Sie sich schon damit befassen, dass zum Beispiel Happy Slapping stattfi ndet, dass also Schüler traktiert werden und das gefi lmt und weiterverbreitet wird. Das ist neu. Nun kann man sich überlegen, ob man das in der Schule zumindest technisch zulässt oder ob man sagt, in der Schule hat so etwas nichts zu suchen. Es gibt keinen Grund dafür, dass Schüler zwischen den Unterrichtsstunden oder in der Pause telefonieren müssen. Jahrzehntelang hat es diese Möglichkeit nicht gegeben, und unsere Welt ist auch nicht zugrunde gegangen.
In der Ersten Lesung wurde das klar abgelehnt. Da war nicht davon die Rede, dass das zwar gut sei, aber dass man die Entscheidung den Schulen überlassen solle. Ihre Änderung kam erst, als Sie die Ergebnisse Ihrer Anhörung auch in der Öffentlichkeit wiedergefunden haben.
Ich trage jetzt nicht vor, was Kollege Eisenreich schon vorgetragen hat, dass nämlich die Kinder bei einem strikten Handy-Verbot besser aufeinander zugehen. Ich trage zwei andere, ganz entscheidende Punkte vor. Erstens. Bei einem ungezügelten Handy-Gebrauch lassen die Zuverlässigkeit und die Entscheidungsfreude von Jugendlichen spürbar nach. Zweitens. In der Schule hat das zur Folge, dass die Handy-Nutzer nicht wirklich bei der Sache sind. Angesichts derartiger Aussagen muss ich gewährleisten, dass junge Menschen bei der Sache bleiben können.