Protokoll der Sitzung vom 17.10.2006

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was tun Sie? – Sie haben ein Programm aufgelegt, in ferner Zukunft 350 Stellen für ganz Bayern zu schaffen, was Sie noch nicht geleistet haben. In diesen beiden Jahren stellen Sie jeweils 800 000 Euro für diesen Posten ein. Das würde dann für 40 Stellen mehr pro Jahr reichen. Darauf können Sie richtig stolz sein.

Wir halten rund 1000 Stellen für ganz Bayern in den nächsten vier Jahren für nötig. Das kann sehr wohl

zusammen mit den Kommunen finanziert werden. Das würde diesen Schülern auch wirklich eine Hilfe sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich weiß nicht, ob Ihnen das gefällt, Herr Finanzminister. Aber aus diesem Haushalt kann man ablesen, dass die Schwächsten der Gesellschaft die geringste Lobby bei der Staatsregierung haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Hierzu zählen neben Menschen in existenzgefährdenden Problemlagen und Ausländern auch Menschen mit Behinderungen und alte Menschen, die unserer Hilfe eigentlich bedürften. Die Staatsregierung nimmt ihren Auftrag, für ein menschenwürdiges Leben aller zu sorgen, nicht ernst genug.

Am Beispiel des Blindengeldes kann man dies gut erklären. Blinde haben zur Bewältigung ihres Lebens ständig einen Mehrbedarf aufzubringen. Das Blindengeld hat die Zielsetzung, diesen Mehrbedarf aufzufangen. Deshalb ist das kein staatliches Almosen, sondern es soll Blinde und Sehbehinderte in die Lage versetzen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Bringschuld!)

Dazu reicht das seit dem Nachtragshaushalt 2004 gekürzte Blindengeld nicht aus. Wir setzen uns dafür ein, dass es wieder auf das alte Niveau steigt, damit diesen Menschen ein lebenswürdiges Leben möglich wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Noch ein Beispiel: Mit einem Federstrich, sozusagen in einem Nebensatz im Haushaltsausschuss, erfuhren wir, dass die Mittel für Investitionszuschüsse und Darlehen für Investitionen in der Altenhilfe einfach so gestrichen werden. Anders als bei Neubauten finden sich für die notwendige Renovierung, Modernisierung und den Substanzerhalt nur schwer Privatinvestoren, denen Sie das überlassen wollen. Zudem fiel mit dem Ende der staatlichen Unterstützung auch die kommunale Kofinanzierung weg. Es ist unserer Meinung nach sozialpolitisch unverantwortbar, diesen baulichen Verfallsperspektiven der bayerischen Altenheime durch den Rückzug staatlicher Mitfinanzierung Vorschub zu leisten.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abgeordneten Dr. Thomas Beyer (SPD) – Maria Scharfenberg (GRÜNE): Auch der Minister wird alt!)

Auch der Minister wird mal alt. Da darf man ihm wünschen, dass er nicht in einer solchen nicht renovierten Anlage landet.

(Zuruf von den GRÜNEN: In einem Schloss!)

Vielleicht findet er noch Verwendung für das MontgelasSchloss, das er noch nicht gekauft hat.

In den letzten Wochen gab es in der CSU Diskussionen, ob man das Landeserziehungsgeld möglicherweise zugunsten der Kinderbetreuung vielleicht – – aber halt! Da wurde die Diskussion schon unterbunden. Dabei kostet das Landeserziehungsgeld nicht nur sehr viel Geld, sondern es erreicht weder sein Ziel einer erhöhten Geburtenrate noch leistet es einen Beitrag zur dringenden Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Zudem fördert es faktisch eine Lebensplanung von Frauen am Herd, was in keiner Weise unserem Frauenbild entspricht; ich weiß nicht, ob es Ihrem Frauenbild entspricht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Und Sie wollten sich doch – Kollegin Görlitz, ich schaue auf Sie – ein modernes Frauenbild anschaffen, gerade um in den Städten punkten zu können. Ich weiß nicht, ob Sie das damit erreichen werden. Wenn Sie es ernst meinen mit Ihrer Politik für die Bürgerinnen und Bürger, müsste hier mehr geschehen.

(Zuruf des Abgeordneten Günter Gabsteiger (CSU))

Es tut mir leid, Kollege, aber ich habe so lange gewartet, jetzt dürfen Sie auch ein bisschen warten.

Viele Dinge harren in Bayern der Erfüllung, viele Dinge warten darauf, dass sie finanziert werden: Universitäten, Schulen, Krankenhäuser. Das sind Dinge, die allen zugute kommen. Es kann nicht angehen – damit spreche ich jetzt etwas an, was heute auch schon Thema war –, dass Sie unter anderem den Traum vom schnellen Fahren zum Flughafen träumen oder von tiefer gelegten Schiffen, die die Donau befahren können, oder von einer zweiten Stammstrecke in München und gleichzeitig die Kommunen oder andere Träger von Schulen sechs Jahre lang ihre Baumaßnahmen vorfinanzieren dürfen, schauen können, wie sie das irgendwie schultern, die Seniorenheime – wie ich es schon angesprochen habe – sehen können, von wem sie die Sanierung bezuschusst bekommen. Das kann nicht sein!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich lasse einmal die dritte Startbahn weg; ich bin ja lernfähig. Wenn Sie sagen, Sie erwarten, dass die Flughafen GmbH diese finanziert, dann gehen wir davon aus, dass das so passieren wird, wobei wir den Bau selbstverständlich ablehnen. Es bleiben die angemahnten drei Dinge: Stammstrecke, Donauausbau und Transrapid. Hier wird locker mit Milliarden herumjongliert in Ihren Häusern, in den Häusern Ihrer Kolleginnen und Kollegen.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Wobei Sie mit noch keinem Wort – –

(Zurufe des Staatsministers Prof. Dr. Kurt Faltl- hauser und des Abgeordneten Thomas Kreuzer (CSU))

Natürlich haben Sie gesagt, wir reden erst darüber, wenn es ordentlich finanziert ist. Dann verbieten Sie gefälligst Ihren Kollegen und auch dem Ministerpräsidenten das Wort!

(Lachen und Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf von den GRÜNEN: Jawohl!)

Herr Finanzminister, nur eine Frage: Hat Sie der Herr Huber gefragt, bevor er gesagt hat, er werde die Mittel Bayerns für den Transrapid verdoppeln? Hat er Sie gefragt oder nicht, bevor er das gesagt hat? Ja oder nein?

(Zurufe von den GRÜNEN)

Das hat er nämlich nicht getan. Und wenn er das kann, dann können wir sehr wohl, Herr Finanzminister, genauso für Schulen, für Lehrer und für soziale Projekte Gelder fordern

(Beifall bei den GRÜNEN)

und müssen uns nicht um die Gegenfinanzierung kümmern; denn Ihr Kollege macht genau dasselbe.

(Zuruf von der CSU)

Die angesprochenen Projekte sind ökologisch und verkehrspolitisch – das haben wir Ihnen hinreichend erklärt – überflüssig und zudem – das dürfte Ihnen auch langsam aufgehen – völlig unfinanzierbar.

Die Finanzplanung haben Sie selber angesprochen. Da steht kein Euro drin. Sie wissen nur jetzt schon – ich hatte es am Anfang bereits gesagt –, dass das strukturelle Defizit erhalten bleibt, die Mittel aus OZB und IZB auslaufen, und Privatisierungserlöse gibt es nicht mehr.

Was machen Sie dann? Sie persönlich werden sich interessiert aus der Urlaubsperspektive anschauen, wie Ihr Nachfolger oder Ihre Nachfolgerin versucht, einen Haushalt aufzustellen. Wir aber sind dann immer noch da, und wir wollen auch dann noch verantwortbare Finanzpolitik betreiben.

(Zuruf von der CSU)

Daher: Finger weg von Großprojekten, die uns in unbeherrschbare finanzielle Schwierigkeiten bringen!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Noch ein Wort zu Ihrem Fazit zum Finanzausgleich mit den Kommunen. Sie sagen, die Kommunen fühlen sich fair von Ihnen behandelt. Gilt das auch für die 24 % der Kommunen, die keinen Zuführungsbeitrag im Jahr 2006 erwirtschaften konnten? Sind auch die fair behandelt worden? Betrifft das auch die 20 %Kommunen, die ihren Haushalt nur unter rechtsaufsichtlicher Genehmigung erstellen konnten? Betrifft das auch die vielen Kommunen, kreisangehörigen Gemeinden, die Kassenkredite in schwindelerregender Höhe in den letzten Jahren aufgenommen haben? Betrifft die das auch, Herr Finanzmi

nister? – Solange das so ist, kann ich diese Befriedigung, der da Ausdruck gegeben wird, überhaupt nicht verstehen.

Es kann schon sein, dass es auf Städte wie Aschaffenburg – das gebe ich gerne zu – zutrifft. Wir haben dieses Jahr eine Gewerbesteuereinnahme so hoch wie noch niemals zuvor. Aber Aschaffenburg ist doch eine Ausnahme, das muss klar sein. Nicht alle Kommunen schwimmen so in der Gewerbesteuer und haben solche hervorragenden Haushalte: zehn Jahre mit null Neuverschuldung – ein gutes Beispiel für den Freistaat – wie Aschaffenburg. Solange das so ist, Herr Finanzminister, wäre ich vorsichtig mit dem Eigenlob.

Sorgen Sie bitte für einen Haushalt, der wirklich finanz-, bildungs- und sozialpolitisch nachhaltig ist, der die Kommunen in Not wirklich unterstützt! Wir werden in den kommenden Haushaltsberatungen unsere Anträge dazu stellen; einige habe ich schon skizziert. Wir freuen uns auf die rege Diskussion darüber. Wir freuen uns auch über Sinneswandel auf Ihrer Seite und Zustimmung.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN)

Zu Wort hat sich für die Staatsregierung Herr Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser gemeldet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich für diese erste Aussprache zu unserem Doppelhaushalt.

Ihnen, Herr Dupper, möchte ich sagen: Respekt vor Ihrer Rede. Sie haben ohne Schaum vor dem Mund Ihre Auffassung dargelegt, gut strukturiert – inhaltlich falsch.