Kollege Pfaffmann, Sie machen es genauso wie beim Bayerischen Kinderbildungs- und betreuungsgesetz. Sie verkaufen hier die Einschnitte als von der CSU gemacht. Die CSU sei daran schuld, dass Schulstandorte geschlossen werden müssen.
(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das war doch Ihr Antrag, Herr Sailer! Wollen Sie die Wahrheit wegschieben? – Das darf ja nicht wahr sein!)
Sie blenden völlig aus, Herr Pfaffmann, dass die Ursache dafür – hören Sie doch einmal zu – die rückläufigen Geburtenzahlen sind.
(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Wenn Sie die Verantwortung nicht haben wollen, dann hören Sie doch auf zu regieren!)
Die Kinder, Herr Pfaffmann, die heute nicht in die Schule gehen, hätten bereits vor sechs Jahren geboren werden müssen, und die, die wir in sechs Jahren in der Schule haben wollen, müssen schlicht und ergreifend in diesen Tagen zur Welt kommen.
Sie blenden die demografische Entwicklung völlig aus. Wenn wir heute wissen, dass wir bis zum Jahr 2020 rund 300 000 Kinder im Alter von 0 bis 19 Jahren weniger haben,
Ihr Einsatz für wohnortnahe Schulen in allen Ehren, da sind wir im Grundsatz gar nicht weit auseinander.
Im Übrigen, Herr Pfaffmann, finde ich es schon erstaunlich, dass Sie hier für Dinge Werbung machen, aber überhaupt kein Konzept vorlegen.
Zum Thema Zusammenlegung von Realschule und Hauptschule, das vor wenigen Tagen medial noch wunderbar angepriesen worden ist, haben Sie heute keinen Ton gesagt. Ich muss schon sagen: sehr überraschend.
Ich sage ganz bewusst auch heute: Deutschland schaut mit Recht auf Bayern, schaut auf unser bayerisches bewährtes dreigliedriges Schulsystem und schaut auch auf Bayern, weil wir gleiche Bildungschancen für alle Kinder und Jugendlichen gewähren.
(Widerspruch der Abgeordneten Margarete Bause (GRÜNE) und der Abgeordneten Helga SchmittBussinger (SPD))
Gestern hatten wir die Einbringungsrede für den Doppelhaushalt 2007/2008. Sie blenden völlig aus, was der Freistaat in diesen beiden Jahren zusätzlich gerade in den ländlichen Raum hineinsteckt: weitere 180 Millionen Euro aus diesen 750 Millionen Euro nur für den ländlichen Raum
und weitere 46 Millionen Euro für den Ausbau der Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen, sprich der Krippen. Das blenden Sie aus, und Sie sagen hier auch nicht, wie Sie all das, was Sie vorhaben, finanzieren wollen. Auch das ist unredlich. Wenn Sie schon über gleiche Bildungschancen und über den Erhalt der wohnortnahen Schulen sprechen, dann müssen Sie auch sagen, wie diese zu finanzieren sind.
Wir können zu Recht sagen, dass Bayern ein attraktiver Bildungsstandort ist. Wir haben nahezu in allen Landkreisen mindestens ein Gymnasium und eine Realschule.
Dann hier zu sagen, es gebe keine gleichen Bildungschancen für den ländlichen Raum, halte ich für unredlich.
Wir bieten auch durch unseren Antrag auf jahrgangskombinierte Klassen in der Grundschule, meine ich, ein interessantes und attraktives Konzept an, um die Schulen im wohnortnahen Bereich zu halten getreu dem Motto: Kinder mit den kurzen Beinen brauchen einen kurzen Schulweg. Wir verfügen weiterhin über ein qualifiziertes Bildungssystem und die entsprechende Infrastruktur, die unseren Jugendlichen in einer globalisierten Welt die besten Bildungschancen bietet.
Sehr geehrter Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen der CSU, heute wieder einmal glauben machen wollen, dass Sie das Wohl des ländlichen Raumes im Auge haben, zeigt Ihre reale Politik genau in die entgegengesetzte Richtung.
Schauen Sie sich einmal genau an, Herr Nöth, was vor Ort los ist. Sie vonseiten der CSU-Fraktion und auch die Staatsregierung tun seit vielen Jahren genau das Gegenteil dessen, was Sie heute hier einfordern. Durch die von Ihnen verantwortete Schulpolitik, die Einführung der sechsjährigen Realschule
die Kommunen haben es nicht verdaut, die Schülerinnen und Schüler haben es nicht verdaut, Herr Nöth –
und durch Ihre Beschlüsse für die Zukunft der Teilhauptschulen und Hauptschulen machen Sie die Schulen im ländlichen Raum systematisch kaputt. Seit Einführung der sechsjährigen Realschule – das können Sie auch nachlesen und nachzählen – sind bereits über 350 Teilhauptschulen und Hauptschulen geschlossen worden, und damit ist das Schulsterben noch nicht beendet. Bis zum nächsten Jahr werden es – Herr Pfaffmann hat es gesagt – an die 500 Schulen sein, denen Sie den Garaus gemacht
haben werden. Das, verehrte Kolleginnen und Kollegen, waren und sind im Wesentlichen nicht Stadtschulen, sondern es sind Schulen im ländlichen Raum. Genau 472 Schulen haben Sie in den letzten zehn Jahren schließen lassen. Sie tragen die Verantwortung für ein massives und beispielloses Schulsterben im ländlichen Raum.
Vor diesem Hintergrund erheben Sie die Forderung, die Schule im Dorf zu lassen, wie Ihr Fraktionsvorsitzender Herrmann gestern in einer Pressemitteilung verlauten ließ. Das ist reine Heuchelei.
(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Das ist bodenlos! – Dr. Thomas Beyer (SPD): Na, na, na, Herr Waschler!)
Ihre Politik ist bodenlos, das ist richtig. Sie erkennen zwar offensichtlich, dass eine wohnortnahe Schulversorgung für den ländlichen Raum eine Schlüsselfrage ist – so wird es in Ihrer Pressemitteilung genannt – und Sie erkennen offensichtlich auch den Attraktivitätsverlust einer Gemeinde ohne Schule. Sie beschränken das allerdings auf die Grundschule.
Wenn man den ländlichen Raum ansieht, bleiben nicht viele Dinge, die die Kommunen dort noch verlieren könnten. Wie gesagt: Die Teilhauptschulen und Hauptschulen haben Sie ohnehin meist nicht mehr. Die Verwaltungsreform hat ein Übriges dazu getan, mit der Schließung kleiner Forstämter oder Finanzamtaußenstellen und vieles mehr.
Kolleginnen und Kollegen der CSU, eine Gemeinde verliert auch an Attraktivität, wenn die Eltern wissen, dass es dort nach der Geburt ihres Kindes keine oder nur eine unzureichende Betreuung gibt, wenn die Eltern wissen, dass es nach dem Schuleintritt keine zuverlässige oder gar flexible Betreuung gibt und wenn die Eltern wissen, dass nach der vierten Klasse mit der Wohnortnähe Schluss ist, da dann für 10-Jährige der stundenlange Bustransport ansteht. Das dürfen Sie bei Ihrer Betrachtung nicht ausblenden. Deswegen fordern wir vonseiten der SPD-Fraktion eine längere gemeinsame Schulzeit. Wir fordern mehr Ganztagsangebote, mehr Betreuungsmöglichkeiten und nicht zuletzt eine Regionalschule.