Protokoll der Sitzung vom 18.10.2006

(Zurufe der Abgeordneten Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU) und Eduard Nöth (CSU))

Wir können viele Fragen im Anschluss klären, meine Herren Kollegen, aber lassen Sie mich zunächst einmal meine Gedanken zu Ende führen. Diese sind Ihnen offensichtlich sehr unangenehm. Wenn Sie Ihre Dorfbürgermeister fragen, was diese von Ihrer Bildungspolitik halten, dann sagen die Ihnen – das wissen Sie längst –, dass Ihre Bildungspolitik nicht im Sinne des ländlichen Raumes ist.

(Beifall bei der SPD)

Sie sagen Ihnen, dass Sie den ländlichen Raum nicht stärken, sondern alles tun, ihn zu schwächen. Die Kommunalpolitiker vor Ort glauben längst nicht mehr, dass Sie etwas für die Gemeinden tun. Zu oft haben Sie Ihre Versprechen nicht gehalten, angefangen beim kommunalen Finanzausgleich, der vor allen den strukturschwachen Gemeinden keinerlei Perspektiven lässt, bis hin zu Ihrer Schulpolitik, die genau diesen kleinen Gemeinden nach und nach die Schule als Ort der Identifikation und als Symbol für Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl einer Gemeinde genommen hat und weiter nimmt.

Sie tragen die Verantwortung dafür, meine Damen und Herren von der CSU, dass unsere bayerischen Gemeinden immer weiter geschwächt werden und Sie schwächen damit auch ein intaktes Gemeindeleben.

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

Ich gehe ein Stück weiter und sage: Genauso wie Sie vor zwei oder drei Jahren die Einheit der Hauptschule propagiert haben, hinter der nichts anderes steckte als eine Sparpolitik auf Kosten der betroffenen Schülerinnen und Schüler, propagieren Sie heute die Stärkung der Grundschulen im ländlichen Raum vor allem mit der Notwendigkeit, jahrgangsübergreifende Klassen einzurichten. Was Sie tatsächlich damit beabsichtigen ist, auf Kosten des ländlichen Raumes und auf Kosten der Schule im ländlichen Raum zu sparen.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): So ist es! – Eduard Nöth (CSU): Ach!)

Niemand sagt, dass Klassengrößen von 14, 15 oder 16 Schülerinnen und Schülern nicht möglich wären, ja sie sind sogar pädagogisch sinnvoll. Solche Klassengrößen würden einen Schulstandort im Wettbewerb mit den großen Städten vielleicht sogar stärken. Aber kleine Klassen mit 15 oder 16 Schülerinnen und Schülern brauchen genauso viele Lehrerstunden wie große Klassen mit 30 oder 32 Schülerinnen und Schülern. Deswegen bilden Sie jahrgangsübergreifende Klassen, deswegen verändern Sie die Sprengel so, dass wieder große Klassen herauskommen.

Frau Kollegin, ich möchte darauf hinweisen, dass Sie die Redezeit erheblich überzogen haben.

(Zuruf von der CSU: Typisch SPD! Die überziehen immer!)

Ich habe eben vieles zu sagen und möchte die CSU dazu bewegen, unseren Gedanken zu folgen.

(Zurufe von der CSU)

Letzter Satz: Sie sparen am ländlichen Raum, nennen es Stärkung des ländlichen Raums und meinen, niemand merkt es.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin, Sie strapazieren meine Toleranz sehr stark.

(Dr. Bernd Weiß (CSU): Das ist doch typisch, die SPD überzieht immer! – Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Herr Weiß, die Wahrheit muss gesagt werden, auch wenn das etwas länger dauert!)

Das hat aber seine Grenzen, Herr Kollege Volkmann.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Nicht Volkmann, Pfaffmann!)

Entschuldigung.

(Dr. Bernd Weiß (CSU): Sie sind da aber nicht zuständig, Herr Pfaffmann!)

Nächster Redner ist Herr Kollege Pachner.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Am letzten Freitag hat der Geschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. – VBW –, Herr Brossardt, zu Beginn seines Statements bei einem Bildungsforum gesagt – Herr Pfaffmann, hören Sie gut zu, auch wenn Sie es nicht gerne hören –, dass das bayerische Bildungssystem das beste von allen Bundesländern in der Bundesrepublik Deutschland sei.

(Beifall bei der CSU – Dr. Thomas Beyer (SPD): Wo kommt der denn her? Wo war der Mann vorher beschäftigt? – Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Das war doch zu etwas ganz anderem!)

Meine Damen und Herren, wenn Sie jetzt so reinschreien, gehe ich davon aus, dass ich Sie kalt erwischt habe.

(Simone Tolle (SPD): Oh, oh! – Johanna WernerMuggendorfer (SPD): Da muss es schon ein bisschen dicker kommen!)

Dieser Ausspruch stammt von einem Mann der Wirtschaft, nicht von einem aus der CSU.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Und wo kommt er her?)

Er ist schon lange Geschäftsführer des VBW, Herr Beyer. Fragen Sie ihn doch selbst. Sie haben doch die besten Verbindungen.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Ich weiß es, aber ich frage Sie, weil Sie es offensichtlich nicht wissen! – Zuruf der Abgeordneten Maria Scharfenberg (GRÜNE))

Wenn Sie immer reinschreien, überziehe ich heute auch.

(Heiterkeit und Beifall bei der CSU – Peter Weln- hofer (CSU): Mit Genehmigung des Herrn Präsidenten!)

Ich stelle nur fest, dass die Wirtschaft bzw. ein Mann der Wirtschaft das Bildungssystem in Bayern für richtig hält.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Einer!)

Wir von der CSU finden es auch richtig. Es gibt kein besseres System. Ich habe es Ihnen schon vor ein paar Monaten gesagt. Ein mittlerer Realschüler von NordrheinWestfalen hat das gleiche Bildungsniveau wie ein mittlerer Hauptschüler hier in Bayern.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von der SPD – Maria Scharfenberg (GRÜNE): Glauben Sie das immer noch?)

Das sagt sehr viel aus. Das liegt am Bildungssystem, das wir hier haben und auch brauchen.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, Sie beschimpfen uns hier als Lügenbarone; wir seien die Totengräber der Schulen vor Ort. Lesen Sie doch die Zeitungsmeldungen über die Zusammenlegung von Real- und Hauptschulen. Sie sprechen von den Regionalschulen. Wollen Sie vielleicht die 1000 Hauptschulen mit den 200 Realschulen zusammenlegen?

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Nur, wo es notwendig ist!)

Und wollen Sie dann sagen, dass die Schule noch vor Ort bleibt? – Wenn Sie das machen, ist die Schule nicht mehr vor Ort, sondern noch 40 oder 50 Kilometer weiter vom Wohnort entfernt.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das ist nicht wahr! Sie haben das Konzept offensichtlich nicht verstanden!)

Das ist unmöglich; diese Geschichten so auseinanderzuklauben, ist falsch. Ich lasse mich ungern als Lügenbaron beschimpfen, da wir doch alles versuchen, die Schule vor Ort zu erhalten.

(Beifall bei der CSU – Helga Schmitt-Bussinger (SPD): Ha, ha!)

Wir sind fest entschlossen, auch bei rückläufigen Schülerzahlen gerade die Grundschule vor Ort zu erhalten.

(Helga Schmitt-Bussinger (SPD): Und was ist mit den kleinen Klassen? – Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Ja, die kleineren Klassen!)

Dazu sind wir fest entschlossen und das werden wir auch durchziehen. Ich habe es gestern schon bei der Beratung der Petition gesagt. Wir wollen auch die jahrgangskombinierten Klassen mit einführen. Wir sind uns doch alle darüber einig, dass die jahrgangskombinierten Klassen pädagogisch sinnvoll sind. Das Lernverhalten wird dadurch besser, ebenso wie das Sozialverhalten, und es funktio

niert. Wenn wir die Schulen vor Ort erhalten wollen, werden wir das tun.

Und um dies zu ermöglichen, möchten wir auch Versuche mit Verbünden von mehreren Schulstandorten durchführen. Es soll eine Zusammenarbeit von selbstständigen Schulen in Schulverwaltungsverbünden geben.

(Zuruf der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

Seien Sie doch mal ruhig; Sie können ja auch ans Pult gehen und selber reden. Aber Sie haben wahrscheinlich daheim nichts zu sagen.